„Sonnenapex“ – Versionsunterschied

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{{überarbeiten|grund=Die Historie der Messung der Apexposition könnte in einem eigenen Abschnitt schöner formuliert und mit geeigneten Belegen versehen werden. Eine Erläuterung, inwiefern die nicht-isotrope Geschwindigkeitsverteilung die Genauigkeit der Apexbestimmung beeinflußt und was man dagegen tut (meßtechnisch und rechnerisch), wäre auch nicht verkehrt. --[[Benutzer:Blauer elephant|Blauer elephant]] ([[Benutzer Diskussion:Blauer elephant|Diskussion]]) 13:30, 31. Aug. 2018 (CEST)}}
{{überarbeiten|grund=Die Historie der Messung der Apexposition könnte in einem eigenen Abschnitt schöner formuliert und mit geeigneten Belegen versehen werden. Eine Erläuterung, inwiefern die nicht-isotrope Geschwindigkeitsverteilung die Genauigkeit der Apexbestimmung beeinflußt und was man dagegen tut (meßtechnisch und rechnerisch), wäre auch nicht verkehrt. --[[Benutzer:Blauer elephant|Blauer elephant]] ([[Benutzer Diskussion:Blauer elephant|Diskussion]]) 13:30, 31. Aug. 2018 (CEST)}}
[[Datei:Sonnenapex.png|mini|250px|Position des Sonnenapex (roter Punkt)]]
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Der '''Sonnenapex''' (lateinisch ''apex'' = „Spitze“, „Kuppe“, „Helm“) ist der [[Fluchtpunkt]] der Bewegung unserer [[Sonne]] im Vergleich zum Mittel der benachbarten hellen [[Stern]]e, also relativ zum (fiktiven) [[Lokales Ruhesystem|Lokalen Ruhesystem]]. Dieser Punkt liegt im [[Sternbild]] [[Herkules (Sternbild)|Herkules]], südwestlich der [[Wega]]. Die entgegengesetzte Richtung nennt man '''Antapex''' und liegt im Sternbild [[Taube (Sternbild)|Taube]].
Der '''Sonnenapex''' (lateinisch ''apex'' = „Spitze“, „Kuppe“, „Helm“) ist der [[Fluchtpunkt]] der Bewegung unserer [[Sonne]] im Vergleich zum Mittel der benachbarten hellen [[Stern]]e, also relativ zum (fiktiven) [[Lokales Ruhesystem|Lokalen Ruhesystem]]. Dieser Punkt liegt im [[Sternbild]] [[Herkules (Sternbild)|Herkules]], südwestlich der [[Wega]]. Die entgegengesetzte Richtung nennt man '''Antapex''' und liegt im Sternbild [[Taube (Sternbild)|Taube]]. Der Sonnenapex kann auch als eine Art [[Pekuliargeschwindigkeit]] der Sonne gegenüber dem Lokalen Ruhesystem aufgefasst werden, auch wenn diese Bezeichnung wenig gebräuchlich ist.


== Geschichte ==
== Geschichte ==
Die erste Bestimmung des Apex wurde 1783 von [[Wilhelm Herschel]] durchgeführt. Ab 1822 hat auch [[Carl Friedrich Gauß]] mit sehr unterschiedlichen Methoden den Sonnenapex berechnet, die Rechnungen selbst aber nie veröffentlicht. Die erste genaue Bestimmung hat [[Friedrich Wilhelm August Argelander]] in seiner Abhandlung ''Über die eigene Bewegung des Sonnensystems'' (1837) veröffentlicht. Sein Resultat stimmte ziemlich gut mit dem von Herschel überein. Später wurde die wichtigste Methode von [[Auguste Bravais]] und [[George Biddell Airy]] unabhängig wiederentdeckt.
Die erste Bestimmung des Apex wurde 1783 von [[Wilhelm Herschel]] durchgeführt. Ab&nbsp;1822 hat auch [[Carl Friedrich Gauß]] mit sehr unterschiedlichen Methoden den Sonnenapex berechnet, die Rechnungen selbst aber nie veröffentlicht. Die erste genaue Bestimmung hat [[Friedrich Wilhelm August Argelander]] in seiner Abhandlung ''Über die eigene Bewegung des Sonnensystems''&nbsp;(1837) veröffentlicht. Sein Resultat stimmte ziemlich gut mit dem von Herschel überein. Später wurde die wichtigste Methode von [[Auguste Bravais]] und [[George Biddell Airy]] unabhängig wiederentdeckt. Gegen 1900 wurde dei Richtung des Apex mit <math>l = 56.2^\circ</math> und <math>b = 22.8^\circ</math> in galaktischen Koordinaten angenommen, bzw. im [[Äquatoriales Koordinatensystem|äquatorialen Koordinatensystem]] entsprechend <math>\alpha = 18^h</math> und <math>\delta = 30^\circ</math>. Die Geschwindigkeit in diese Richtung wurde zu etwa 20&nbsp;km/s bestimmt.<ref>{{Literatur |Autor=Hans-Heinrich Voigt, Hermann-Josef Röser, Werner Tscharnuter |Titel=Abriss der Astronomie |Auflage=6 |Verlag=Wiley-VCH |Ort=Weinheim |Datum=2012 |ISBN=978-3-527-40736-1 |Seiten=724–726|Online={{Google Buch | BuchID= 3VKnBAAAQBAJ|Seite= 724}}}}</ref>


Erst nach&nbsp;1900 wurde klar, dass eine Hauptschwierigkeit bei der Bestimmung des Apex der Sonnenbewegung auf der [[anisotrop]]en Geschwindigkeitsverteilung der Sterne beruht.
Erst nach&nbsp;1900 wurde klar, dass eine Hauptschwierigkeit bei der Bestimmung des Apex der Sonnenbewegung auf der [[anisotrop]]en Geschwindigkeitsverteilung der Sterne beruht. Insbesondere muss berücksichtigt werden, dass verschiedene Sternpopulationen unterschiedliche Geschwindigkeitsdispersionen besitzen, die von deren Alter, aber auch von deren Metallizität abhängen. Ebenso muss die Tatsache Rechnung getragen werden, dass sich die Sterne im Regelfall nicht auf idealen Kreisbahnen bewegen, sondern elliptische Orbits um das [[Galaktisches Zentrum|galaktische Zentrum]] vollführen.


== Bestimmung ==
Nach den aktuellen Werten von Anfang des 21.&nbsp;Jahrhunderts bewegt sich die Sonne relativ zum Lokalen Ruhesystem mit 19,7&nbsp;km/s in Richtung des Apex, der gemäß [[galaktisches Koordinatensystem|galaktischem Koordinatensystem]] bei einer galaktischen Länge von&nbsp;57° und einer galaktischen Breite von&nbsp;22° liegt. Das entspricht in [[Äquatoriale Koordinaten|äquatorialen Koordinaten]] etwa [[Rektaszension|RA]]=18&nbsp;h und [[Deklination (Astronomie)|DEC]]=30°.
Um die [[Pekuliargeschwindigkeit]] der Sonne zu bestimmen, ist es zunächst zweckmäßig, die Bewegung im zylinderförmigen [[Galaktisches Koordinatensystem|galaktischen Koordinatensystem]] zu betrachten. In diesem definiert man ein [[lokales Ruhesystem]] (auch Local Standard of Rest, LSR), das an der heutigen Position der Sonne fixiert ist und einer Rotation um das galaktische Zentrum in einem perfekt kreisförmigen Orbit folgt. Man benutzt die Geschwindigkeitskomponenten <math>U</math> in radialer Richtung, <math>V</math> in Richtung der Rotation der Galaxis und <math>W</math> in vertikaler Richtung.

Der Zusammenhang zwischen der Pekuliargeschwindigkeit der Sonne <math>\vec{v}_{\odot}</math> und der Pekuliargeschwindigkeit eines anderen Objekts <math> \vec{v}_{pec}</math> in Bezug auf den LSR ist wie folgt gegeben:<ref name="Schneider">{{Literatur | Autor=Peter Schneider| Titel=Einführung in die extragalaktische Astronomie und Kosmologie | Verlag= Springer| Jahr=2008 | Seiten=58 ff. | ISBN=978-3-540-30589-7 | Online = {{Google Buch | BuchID = JmQhBAAAQBAJ | Seite = 58}}}}</ref>

:<math> \vec{v}_{pec} = \vec{v}_{\odot} + \vec{v}_{hel}</math>
<math>\vec{v}_{hel}</math> bezeichnet dabei die [[heliozentrisch]] gemessene Raumgeschwindigkeit (etwa berechnet mithilfe der [[Eigenbewegung (Astronomie)|Eigenbewegung]] und der [[Radialgeschwindigkeit (Astronomie)|Radialgeschwindigkeit]]).
Um die drei Geschwindigkeitskomponenten <math>\vec{v}_{\odot} = \left( U,V,W \right)_{\odot}</math> nun für die Sonnenbewegung zu bestimmen, betrachtet man verschiedene Sterne in der direkten Sonnenumgebung. Für die radialen und vertikalen Komponenten <math>U</math> und <math>W</math> bildet man zunächst die Mittelwerte von deren (heliozentrisch gemessenen) Raumgeschwindigkeiten. Unter Annahme einer axialsymmetrischen und stationären Galaxie bewegen sich gleich viele Sterne von außen nach innen bzw. von unten nach oben, so dass die Pekuliargeschwindigkeitskomponenten <math>U_{pec}</math> und <math>W_{pec}</math> der betrachteten Sterne im Mittel Null sein müssen. Nach obiger Formel gilt dann, dass <math>U_{\odot}</math> und <math>W_{\odot}</math> den negativen Mittelwerten der Raumgeschwindigkeitskomponenten entsprechen: <math>U_{\odot} = - \langle U_{hel} \rangle</math> bzw. <math>W_{\odot} = - \langle W_{hel} \rangle</math>.

Weil die Bewegung der Sterne im Allgemeinen einem elliptischen, nicht einem kreisförmigen Orbit folgt und dabei der [[Geschwindigkeitsdispersion]] der jeweiligen Sternpopulation unterliegt, muss für die Berechnung der V-Komponente eine andere Methode gewählt werden. Nach herkömmlicher Vorgehensweise
benutzt man hierzu die empirisch gefundene Beziehung (auch asymmeterischer Drift oder Strömberg-Relation genannt):

:<math>\langle V_{hel} \rangle = - C \dot \langle U_{pec}^2 \rangle</math>

Je größer also die Geschwindigkeitsdispersion in radialer Richtung ist, desto stärker weicht die mittlere Rotationsgeschwindigkeit einer Sternpopulation von der Kreisbahngeschwindigkeit um das galaktische Zentrum ab. Die Konstante <math>C</math> hängt von der lokalen Dichte- und Geschwindigkeitsverteilung der Sterne ab. Trägt man beide Größen in einem <math>U_{pec}^2</math>-<math>V_{hel}</math>-Diagramm auf, lässt sich durch lineare Anpassung <math>V_{\odot}</math> bestimmen.

Nach dieser Methode erhält man den Wert <math>\vec{v}_{\odot} = \left( U,V,W \right)_{\odot} = \left(10.00,5.25,7.17\right) \, \text{km/s}</math>.<ref name="DB98">{{Literatur|Autor = Walter Dehnen, James J. Binney | Titel = Local stellar kinematics from ''Hipparcos'' data|Sammelwerk=Monthly Notices of the Royal Astronomical Society | Band=298| Nummer=2 |Seiten =387–394 |bibcode=1998MNRAS.298..387D |DOI= 10.1046/j.1365-8711.1998.01600.x}}</ref> Betragsmäßig entspricht dies einer Geschwindigkeit von 13.4&nbsp;km/s. Folglich bewegt sich die Sonne nach innen, nach oben, und schneller, als sie es auf einer Kreisbahn an diesem Ort tun würde.<ref name="Schneider" />

Diese Methode missachtet allerdings die Tatsache, dass die Geschwindigkeitsdispersion von Sternpopulationen mit deren [[Metallizität]] zusammenhängt: Allgemein besitzen jüngere Sterne (und damit auch frühe [[Spektraltyp]]en) eine deutlich höhere Metallizität als ältere Sterne (und somit auch späte [[Spektraltyp]]en). Ältere Sternpopulationen unterlagen auf ihrem Weg durch die Milchstraße jedoch über einen längeren Zeitraum den gravitativen Störungen umgebender Sterne oder Molekülwolken, so dass deren Geschwindigkeitsdispersion höher ist als die von jüngeren Sternpopulationen. Weiterhin weisen metallarme [[Unterzwerg]]e erhöhte Pekuliargeschwindigkeiten auf. Berücksichtigt man nun diesen Metallizitätsgradienten in der galaktischen Scheibe, ergibt sich eine Abweichung von der obigen Beziehung. Man erhält schließlich <math>\vec{v}_{\odot} = \left( U,V,W \right)_{\odot} = \left(11.1,12.24,7.25\right) \, \text{km/s}</math>. <ref name="Schönrich">{{Literatur|Autor = Ralph Schönrich, James Binney, Walter Dehnen | Titel = Local kinematics and the local standard of rest|Sammelwerk=Monthly Notices of the Royal Astronomical Society | Band=403 | Nummer=4 |Seiten =1829–1833 |arxiv=0912.3693 |bibcode=2010MNRAS.403.1829S |DOI=10.1111/j.1365-2966.2010.16253.x}}</ref>


== Bedeutung ==
== Bedeutung ==
Die Apexbewegung muss bei der Auswertung von [[Geschwindigkeitsmessung #Astronomie|Geschwindigkeitsmessungen]] in der [[Milchstraße]] berücksichtigt werden, um aus der Relativgeschwindigkeit zur Sonne Rückschlüsse auf die tatsächlichen galaktischen Bewegungen ziehen zu können.
Die Apexbewegung muss bei der Auswertung von [[Geschwindigkeitsmessung#Astronomie|Geschwindigkeitsmessungen]] in der [[Milchstraße]] berücksichtigt werden, um aus der Relativgeschwindigkeit zur Sonne Rückschlüsse auf die tatsächlichen galaktischen Bewegungen ziehen zu können. Hierzu wird nach der obigen Formel die Pekuliargeschwindigkeit der Sonne zu den heliozentrisch gemessenen Raumgeschwindigkeiten hinzuaddiert, um die enstprechenden Pekuliargeschwindigkeiten in Bezug auf das Lokale Ruhesystem zu erhalten.


== Erdapex ==
== Erdapex ==
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* [[Arnold Hanslmeier]]: ''Einführung in Astronomie und Astrophysik''. Spektrum Akademischer Verlag, 2. Auflage 2007, ISBN 978-3-8274-1846-3, S. 414.
* [[Arnold Hanslmeier]]: ''Einführung in Astronomie und Astrophysik''. Spektrum Akademischer Verlag, 2. Auflage 2007, ISBN 978-3-8274-1846-3, S. 414.
* Joachim Krautter et al.: ''Meyers Handbuch Weltall''. Meyers Lexikonverlag, 7. Auflage 1994, ISBN 3-411-07757-3, S. 242.
* Joachim Krautter et al.: ''Meyers Handbuch Weltall''. Meyers Lexikonverlag, 7. Auflage 1994, ISBN 3-411-07757-3, S. 242.
== Einzelnachweise ==

<references />


[[Kategorie:Himmelsmechanik]]
[[Kategorie:Himmelsmechanik]]

Version vom 28. Februar 2021, 23:19 Uhr

Position des Sonnenapex (roter Punkt)

Der Sonnenapex (lateinisch apex = „Spitze“, „Kuppe“, „Helm“) ist der Fluchtpunkt der Bewegung unserer Sonne im Vergleich zum Mittel der benachbarten hellen Sterne, also relativ zum (fiktiven) Lokalen Ruhesystem. Dieser Punkt liegt im Sternbild Herkules, südwestlich der Wega. Die entgegengesetzte Richtung nennt man Antapex und liegt im Sternbild Taube. Der Sonnenapex kann auch als eine Art Pekuliargeschwindigkeit der Sonne gegenüber dem Lokalen Ruhesystem aufgefasst werden, auch wenn diese Bezeichnung wenig gebräuchlich ist.

Geschichte

Die erste Bestimmung des Apex wurde 1783 von Wilhelm Herschel durchgeführt. Ab 1822 hat auch Carl Friedrich Gauß mit sehr unterschiedlichen Methoden den Sonnenapex berechnet, die Rechnungen selbst aber nie veröffentlicht. Die erste genaue Bestimmung hat Friedrich Wilhelm August Argelander in seiner Abhandlung Über die eigene Bewegung des Sonnensystems (1837) veröffentlicht. Sein Resultat stimmte ziemlich gut mit dem von Herschel überein. Später wurde die wichtigste Methode von Auguste Bravais und George Biddell Airy unabhängig wiederentdeckt. Gegen 1900 wurde dei Richtung des Apex mit und in galaktischen Koordinaten angenommen, bzw. im äquatorialen Koordinatensystem entsprechend und . Die Geschwindigkeit in diese Richtung wurde zu etwa 20 km/s bestimmt.[1]

Erst nach 1900 wurde klar, dass eine Hauptschwierigkeit bei der Bestimmung des Apex der Sonnenbewegung auf der anisotropen Geschwindigkeitsverteilung der Sterne beruht. Insbesondere muss berücksichtigt werden, dass verschiedene Sternpopulationen unterschiedliche Geschwindigkeitsdispersionen besitzen, die von deren Alter, aber auch von deren Metallizität abhängen. Ebenso muss die Tatsache Rechnung getragen werden, dass sich die Sterne im Regelfall nicht auf idealen Kreisbahnen bewegen, sondern elliptische Orbits um das galaktische Zentrum vollführen.

Bestimmung

Um die Pekuliargeschwindigkeit der Sonne zu bestimmen, ist es zunächst zweckmäßig, die Bewegung im zylinderförmigen galaktischen Koordinatensystem zu betrachten. In diesem definiert man ein lokales Ruhesystem (auch Local Standard of Rest, LSR), das an der heutigen Position der Sonne fixiert ist und einer Rotation um das galaktische Zentrum in einem perfekt kreisförmigen Orbit folgt. Man benutzt die Geschwindigkeitskomponenten in radialer Richtung, in Richtung der Rotation der Galaxis und in vertikaler Richtung.

Der Zusammenhang zwischen der Pekuliargeschwindigkeit der Sonne und der Pekuliargeschwindigkeit eines anderen Objekts in Bezug auf den LSR ist wie folgt gegeben:[2]

bezeichnet dabei die heliozentrisch gemessene Raumgeschwindigkeit (etwa berechnet mithilfe der Eigenbewegung und der Radialgeschwindigkeit). Um die drei Geschwindigkeitskomponenten nun für die Sonnenbewegung zu bestimmen, betrachtet man verschiedene Sterne in der direkten Sonnenumgebung. Für die radialen und vertikalen Komponenten und bildet man zunächst die Mittelwerte von deren (heliozentrisch gemessenen) Raumgeschwindigkeiten. Unter Annahme einer axialsymmetrischen und stationären Galaxie bewegen sich gleich viele Sterne von außen nach innen bzw. von unten nach oben, so dass die Pekuliargeschwindigkeitskomponenten und der betrachteten Sterne im Mittel Null sein müssen. Nach obiger Formel gilt dann, dass und den negativen Mittelwerten der Raumgeschwindigkeitskomponenten entsprechen: bzw. .

Weil die Bewegung der Sterne im Allgemeinen einem elliptischen, nicht einem kreisförmigen Orbit folgt und dabei der Geschwindigkeitsdispersion der jeweiligen Sternpopulation unterliegt, muss für die Berechnung der V-Komponente eine andere Methode gewählt werden. Nach herkömmlicher Vorgehensweise benutzt man hierzu die empirisch gefundene Beziehung (auch asymmeterischer Drift oder Strömberg-Relation genannt):

Je größer also die Geschwindigkeitsdispersion in radialer Richtung ist, desto stärker weicht die mittlere Rotationsgeschwindigkeit einer Sternpopulation von der Kreisbahngeschwindigkeit um das galaktische Zentrum ab. Die Konstante hängt von der lokalen Dichte- und Geschwindigkeitsverteilung der Sterne ab. Trägt man beide Größen in einem --Diagramm auf, lässt sich durch lineare Anpassung bestimmen.

Nach dieser Methode erhält man den Wert .[3] Betragsmäßig entspricht dies einer Geschwindigkeit von 13.4 km/s. Folglich bewegt sich die Sonne nach innen, nach oben, und schneller, als sie es auf einer Kreisbahn an diesem Ort tun würde.[2]

Diese Methode missachtet allerdings die Tatsache, dass die Geschwindigkeitsdispersion von Sternpopulationen mit deren Metallizität zusammenhängt: Allgemein besitzen jüngere Sterne (und damit auch frühe Spektraltypen) eine deutlich höhere Metallizität als ältere Sterne (und somit auch späte Spektraltypen). Ältere Sternpopulationen unterlagen auf ihrem Weg durch die Milchstraße jedoch über einen längeren Zeitraum den gravitativen Störungen umgebender Sterne oder Molekülwolken, so dass deren Geschwindigkeitsdispersion höher ist als die von jüngeren Sternpopulationen. Weiterhin weisen metallarme Unterzwerge erhöhte Pekuliargeschwindigkeiten auf. Berücksichtigt man nun diesen Metallizitätsgradienten in der galaktischen Scheibe, ergibt sich eine Abweichung von der obigen Beziehung. Man erhält schließlich . [4]

Bedeutung

Die Apexbewegung muss bei der Auswertung von Geschwindigkeitsmessungen in der Milchstraße berücksichtigt werden, um aus der Relativgeschwindigkeit zur Sonne Rückschlüsse auf die tatsächlichen galaktischen Bewegungen ziehen zu können. Hierzu wird nach der obigen Formel die Pekuliargeschwindigkeit der Sonne zu den heliozentrisch gemessenen Raumgeschwindigkeiten hinzuaddiert, um die enstprechenden Pekuliargeschwindigkeiten in Bezug auf das Lokale Ruhesystem zu erhalten.

Erdapex

In Anlehnung an den Sonnenapex wird vor allem bei Meteorbeobachtungen der Fluchtpunkt der Erdbewegung relativ zur Sonne – also die Richtung, in die sich die Erde mit etwa 30 km/s bewegt – als Erdapex bezeichnet. Diese Richtung ist tangential zur Erdbahn, steht also im rechten Winkel zur Linie Erde–Sonne. Daher ist der Erdapex am Sternenhimmel um ca. 90° versetzt zur Position der Sonne und wandert im Laufe eines Jahres entlang der Ekliptik. Er steht in den frühen Morgenstunden besonders hoch am Himmel, weshalb man in der zweiten Nachthälfte oft mehr Meteore zählen kann als in der ersten.

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. Hans-Heinrich Voigt, Hermann-Josef Röser, Werner Tscharnuter: Abriss der Astronomie. 6. Auflage. Wiley-VCH, Weinheim 2012, ISBN 978-3-527-40736-1, S. 724–726 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. a b Peter Schneider: Einführung in die extragalaktische Astronomie und Kosmologie. Springer, 2008, ISBN 978-3-540-30589-7, S. 58 ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. Walter Dehnen, James J. Binney: Local stellar kinematics from Hipparcos data. In: Monthly Notices of the Royal Astronomical Society. Band 298, Nr. 2, S. 387–394, doi:10.1046/j.1365-8711.1998.01600.x, bibcode:1998MNRAS.298..387D.
  4. Ralph Schönrich, James Binney, Walter Dehnen: Local kinematics and the local standard of rest. In: Monthly Notices of the Royal Astronomical Society. Band 403, Nr. 4, S. 1829–1833, doi:10.1111/j.1365-2966.2010.16253.x, arxiv:0912.3693, bibcode:2010MNRAS.403.1829S.