„Chillen“ – Versionsunterschied

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'''Chillen''' ([[Englische Sprache|englisch]] für „kühlen, abkühlen“; im amerikanischen [[Jargon|Slang]] auch für „sich beruhigen, sich entspannen, rumhängen, abhängen“) ist ein aus dem englischen Sprachgebrauch übernommener Begriff der Jugendsprache.
'''Chillen''' ([[Englische Sprache|englisch]] für „kühlen, abkühlen“; im amerikanischen [[Jargon|Slang]] auch für „sich beruhigen, sich entspannen, rumhängen, abhängen“) ist ein aus dem englischen Sprachgebrauch übernommener Begriff der Jugendsprache.


== Wortgebrauch ==
== Entwicklung ==
Das Wort "chillen" kam erstmals gegen Ende der 1980er Jahre in der [[Techno]]-Szene auf.<ref name=":0">{{Literatur |Autor=Jannis Androutsopoulos |Titel=… und jetzt gehe ich chillen: Jugend- und Szenesprachen als lexikalische Erneuerungsquellen des Standards |Sammelwerk=Standardvariation |Verlag=Walter de Gruyter |Datum=2005-01-17 |ISBN=978-3-11-018256-9 |DOI=10.1515/9783110193985.171 |Seiten=171–206 |Online=https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/9783110193985.171/html |Abruf=2022-07-11}}</ref><ref name=":1">{{Internetquelle |autor=Yağmur Mengilli |url=https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/jugend-und-protest-2021/340352/chillen-als-jugendkulturelle-protest-praxis/ |titel=Chillen als jugendkulturelle (Protest-)Praxis?! |werk=Aus Politik und Zeitgeschichte |hrsg=Bundeszentrale für politische Bildung |datum=2021-09-17 |sprache=de |abruf=2022-07-11}}</ref>Es wurde im Zusammenhang mit [[Chill-Out-Zone|Chill-Out-Räumen]] oder dem Chill-Out, also Möglichkeit des Runterkommens nach einer durchtanzten Nacht, verwendet und bezeichnete den Zustand fauler Geselligkeit auf oder nach einer Party und das Sich-Zurückziehen nach wildem Tanzen, um Kräfte zu sammeln.<ref name=":0" /><ref name=":1" /> Etwa zur selben Zeit wurde Chillen auch als ein zentraler Bestandteil von Events in der [[Hip-Hop]]-Szene ausgemacht.<ref name=":1" /><ref>{{Literatur |Autor=Ronald Hitzler |Titel=Leben in Szenen : Formen jugendlicher Vergemeinschaftung heute |Auflage=3., überarb. Aufl |Verlag=VS Verlag für Sozialwissenschaften |Ort=Wiesbaden |Datum=2008 |ISBN=3-531-15743-4 |Online= |Abruf=}}</ref>
Er wird vor allem in der heutigen Jugendsprache für „entspannen“ („Chill mal!“, statt „Reg dich ab!“) oder „abhängen“ („Lass ma’ chillen!“) verwendet.


2003 nahm der [[Duden]] den Begriff in sein Fremdwörterbuch auf und erklärte ihn folgendermaßen: "dem Nichtstun frönen; faulenzen; sich ausruhen".<ref name=":1" /> Im Verlauf der Zeit erhielten diese Übersetzungen bzw. Bedeutungen im englischsprachigen Raum einen Bedeutungswandel von "(ab)kühlen" zu "sich entspannen".<ref name=":1" />

== Gebrauch ==

=== Bedeutung ===
In mehreren Jugendstudien wurde auf die unterschiedliche Verständnisse von Praktiken des Chillens junger Menschen aufmerksam gemacht.<ref name=":1" /> Einerseits wird das Chillen als Nichtstun mit Passivität und Rückzug ins Zuhause verbunden, andererseits mit Vergemeinschaftung im öffentlichen Raum.<ref>{{Literatur |Autor=Peter Cloos, Stefan Köngeter, Burkhard Müller, Werner Thole |Titel=Die Pädagogik der Kinder- und Jugendarbeit |Verlag=VS Verlag für Sozialwissenschaften |Ort=Wiesbaden |Datum=2009 |ISBN=978-3-531-16597-4 |DOI=10.1007/978-3-531-91557-9 |Seiten=21 |Online=http://link.springer.com/10.1007/978-3-531-91557-9 |Abruf=2022-07-11}}</ref><ref name=":1" />

Es wird als Bestandteil der Abgrenzung der Jugendkultur eingeordnet, so zeigt es einerseits Unverfügbarkeit für externe Anforderungen, andererseits Verfügbarkeit für Vergemeinschaftung und ungeplante Erlebnisse mit Gleichgesinnten an.<ref name=":1" />

=== Variationen ===
Mit der Zeit entwickelten sich diverse Variationen des Begriffs „chillen“, wie zum Beispiel „chillig“, „Chiller“, „gechillt“ oder „Chillaui“. „Chillen“ hat sich mittlerweile auch allgemeiner für Tätigkeiten eingebürgert, die meistens entspannend, passiv und mit Genuss verbunden sind („auf dem Sofa chillen, chillen und snacken“, „relaxen“; der Begriff ist auch als [[Kofferwort]] „chillaxen“ zu finden.<ref>[http://www.urbandictionary.com/define.php?term=chillaxen Urban Dictionary], {{Webarchiv|url=http://www.troyal.de/tools/slangfuehrer440/chillaxen.html |wayback=20090610192218 |text=Slangführer }}</ref>)
Mit der Zeit entwickelten sich diverse Variationen des Begriffs „chillen“, wie zum Beispiel „chillig“, „Chiller“, „gechillt“ oder „Chillaui“. „Chillen“ hat sich mittlerweile auch allgemeiner für Tätigkeiten eingebürgert, die meistens entspannend, passiv und mit Genuss verbunden sind („auf dem Sofa chillen, chillen und snacken“, „relaxen“; der Begriff ist auch als [[Kofferwort]] „chillaxen“ zu finden.<ref>[http://www.urbandictionary.com/define.php?term=chillaxen Urban Dictionary], {{Webarchiv|url=http://www.troyal.de/tools/slangfuehrer440/chillaxen.html |wayback=20090610192218 |text=Slangführer }}</ref>)



Version vom 11. Juli 2022, 23:21 Uhr

Chillen (englisch für „kühlen, abkühlen“; im amerikanischen Slang auch für „sich beruhigen, sich entspannen, rumhängen, abhängen“) ist ein aus dem englischen Sprachgebrauch übernommener Begriff der Jugendsprache.

Entwicklung

Das Wort "chillen" kam erstmals gegen Ende der 1980er Jahre in der Techno-Szene auf.[1][2]Es wurde im Zusammenhang mit Chill-Out-Räumen oder dem Chill-Out, also Möglichkeit des Runterkommens nach einer durchtanzten Nacht, verwendet und bezeichnete den Zustand fauler Geselligkeit auf oder nach einer Party und das Sich-Zurückziehen nach wildem Tanzen, um Kräfte zu sammeln.[1][2] Etwa zur selben Zeit wurde Chillen auch als ein zentraler Bestandteil von Events in der Hip-Hop-Szene ausgemacht.[2][3]

2003 nahm der Duden den Begriff in sein Fremdwörterbuch auf und erklärte ihn folgendermaßen: "dem Nichtstun frönen; faulenzen; sich ausruhen".[2] Im Verlauf der Zeit erhielten diese Übersetzungen bzw. Bedeutungen im englischsprachigen Raum einen Bedeutungswandel von "(ab)kühlen" zu "sich entspannen".[2]

Gebrauch

Bedeutung

In mehreren Jugendstudien wurde auf die unterschiedliche Verständnisse von Praktiken des Chillens junger Menschen aufmerksam gemacht.[2] Einerseits wird das Chillen als Nichtstun mit Passivität und Rückzug ins Zuhause verbunden, andererseits mit Vergemeinschaftung im öffentlichen Raum.[4][2]

Es wird als Bestandteil der Abgrenzung der Jugendkultur eingeordnet, so zeigt es einerseits Unverfügbarkeit für externe Anforderungen, andererseits Verfügbarkeit für Vergemeinschaftung und ungeplante Erlebnisse mit Gleichgesinnten an.[2]

Variationen

Mit der Zeit entwickelten sich diverse Variationen des Begriffs „chillen“, wie zum Beispiel „chillig“, „Chiller“, „gechillt“ oder „Chillaui“. „Chillen“ hat sich mittlerweile auch allgemeiner für Tätigkeiten eingebürgert, die meistens entspannend, passiv und mit Genuss verbunden sind („auf dem Sofa chillen, chillen und snacken“, „relaxen“; der Begriff ist auch als Kofferwort „chillaxen“ zu finden.[5])

„Chüün“ kam bei der Auswahl zum österreichischen Jugendwort des Jahres 2013 auf Platz 3.[6] Zur Verbreitung dieser Schreibweise haben 2011 die Liedtitel zweier oberösterreichischer Musikgruppen beigetragen.[7][8] Daneben existiert die Schreibweise „tschün“.

Chill-out

In vielen Diskotheken und insbesondere in Techno-Clubs gibt es sogenannte Chill-out-Zonen (im Englischen auch: chillout rooms),[9] in denen sich erschöpfte Tänzer entspannen können, häufig begleitet von Chill-out Musik, wie beispielsweise Trance-, Ambient-, Dub-, oder Lounge-Musik. Auch auf Raves oder in Clubs gibt es einen Raum, in dem ruhige Musik gespielt wird. Dort kann man von hartem Techno pausieren. In Chill-outs werden bisweilen auch Obst oder spezielle Getränke serviert, um die Regeneration zu fördern. Den Begriff „Chill Out“ soll erstmals die Gruppe The KLF 1990 durch ihr Sound-Collage-Album Chill Out in die Szene eingeführt haben. Eine nachgeprüfte Herkunft ist jedoch nicht vorhanden.

Chillout im Techno-Club Ultraschall

Ganz allgemein wird mit Chill-out das Ausklingenlassen einer Veranstaltung bzw. eines Abends bezeichnet.

Außerhalb der Techno-Szene wurde die Bezeichnung Chill-out insbesondere durch die Musiksendung Chill Out Zone auf MTV bekannt. In diesem Zusammenhang entwickelte sie sich zu einer Sammelbezeichnung für ruhige, atmosphärische Musik zwischen Ambient, Techno und Electronica. Bekannte Künstler dieses Genres sind The Orb, Vargo, Thomas Lemmer, Blank & Jones, Ian Pooley, Moby und Gotan Project. Monatlich erscheinen in Deutschland unter der Bezeichnung DCOC die Deutschen Chill Out Charts[10] in den Sparten Single, Album und Compilations. Als DJs des Chill Out Sound sind unter anderem José Padilla, Raphaël Marionneau und Stéphane Pompougnac bekannt.

Trivia

The Big Chill ist das wichtigste britische Festival für alternative und Chill-out-Musik. Es wird seit 1994 veranstaltet. The Big Chill ist auch der Titel eines Films von Lawrence Kasdan. Hier hat das Wort „Chill“ aber eine andere Bedeutung. In Deutschland kam der Film unter dem Titel Der große Frust in die Kinos. Das Plattenlabel Kontor Records bringt jährlich eine Kompilation mit Chill-Musik (ruhige, entspannende Musik) unter dem Titel Sunset Chill heraus.[11]

Wiktionary: chillen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Chillout – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. a b Jannis Androutsopoulos: … und jetzt gehe ich chillen: Jugend- und Szenesprachen als lexikalische Erneuerungsquellen des Standards. In: Standardvariation. Walter de Gruyter, 2005, ISBN 978-3-11-018256-9, S. 171–206, doi:10.1515/9783110193985.171 (degruyter.com [abgerufen am 11. Juli 2022]).
  2. a b c d e f g h Yağmur Mengilli: Chillen als jugendkulturelle (Protest-)Praxis?! In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Bundeszentrale für politische Bildung, 17. September 2021, abgerufen am 11. Juli 2022.
  3. Ronald Hitzler: Leben in Szenen : Formen jugendlicher Vergemeinschaftung heute. 3., überarb. Auflage. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2008, ISBN 3-531-15743-4.
  4. Peter Cloos, Stefan Köngeter, Burkhard Müller, Werner Thole: Die Pädagogik der Kinder- und Jugendarbeit. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2009, ISBN 978-3-531-16597-4, S. 21, doi:10.1007/978-3-531-91557-9 (springer.com [abgerufen am 11. Juli 2022]).
  5. Urban Dictionary, Slangführer (Memento vom 10. Juni 2009 im Internet Archive)
  6. „Frankschämen“ ist Wort des Jahres 2013. In: steiermark.orf.at, 5. Dezember 2013
  7. Rastfahnda: Grüün, Chüün, Bierli Küühn („Grillen, Chillen, Bierchen kühlen“), Live-Premiere am 29. Jänner 2011 in der Spinnerei Traun, Youtube, Hochgeladen am 30. Jänner 2011
  8. Trackshittaz: Oida Chüüü („Alter, chille“), Youtube, 30. Oktober 2011
  9. Marc McNeill, Ken Parsons: Heat Stress in Night-Clubs. In: S.A. Robertson (Hrsg.): Contemporary Ergonomics 1996. Taylor & Francis, 1996, ISBN 978-0-7484-0549-7, S. 211 (englisch).
  10. Deutsche Chill Out Charts
  11. Kontor-Sunset-Chill. In: audio-style.de