Adolf Schottmüller

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Frontispiz zu Luther. Ein Heldenleben

Carl Gustav Adolf Schottmüller, bis 1858 Müller (* 29. Januar 1798 in Berlin; † 1. März 1871 ebendort) war ein deutscher Historiker, Lyriker und Erzieher.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Adolf Müller kam als Sohn des Schriftstellers Gottfried August Müller (* um 1772) und der seit 20. Dezember 1789 mit ihm verehelichten Maria Carolina Henriette Müller, geb. Schott (um 1775–1812) zur Welt.[1] Er hatte mehrere Schwestern.

Zunächst wurde er im Privatinstitut eines Dr. Mehring unterrichtet. Nach dem Tod seiner Mutter wurde Müller in die Lehre zu einem Hersteller chirurgischer Instrumente geschickt. Doch machte ihm der Lehrberuf wenig Freude. Bei der Rückkehr Napoleons aus Elba wollte er sich 1815 zur Armee werden, wurde jedoch als untauglich abgewiesen. 1816 trat er seine Gesellenwanderschaft an, die nach Süddeutschland und nach München führte.[2]

Im Januar 1818 reiste Müller über Lindau nach Sankt Gallen und nach Zürich und fand im Sommer des Jahres eine Stelle bei einem Handwerker in Chur (Kanton Graubünden). Zu Beginn des folgenden Jahres verschlechterte sich seine Sehkraft. Augenärzte diagnostizierten bei ihm den Schwarzen Star. Im Juli 1819 kehrte er nach Berlin zurück. Da ihm seine mittellose Familie nicht helfen konnte, suchte er sich zum Privatlehrer auszubilden, wofür ihm Friedrich Wilhelm III. eine jährliche Unterstützung von 200 Talern gewährte.[2] Auch die Gräfin Sophie von Schwerin, geb. Dönhoff, zählte zu seinen Förderern.

Als er im Jahr 1823 mit Unterstützung eines Freundes, des späteren Konsistorial- und Schulrats in Posen, Wilhelm Alexander Mehring (* 1802; † 14. Juni 1871), Sohn seines ehemaligen Lehrers, die Abiturprüfung bestand, war er vollkommen erblindet. Trotzdem nahm er ein Universitätsstudium auf und hörte Vorlesungen bei August Boeckh, August Neander und, nach anfänglichen Vorbehalten, auch bei Georg Wilhelm Friedrich Hegel, der ihn neben Heinrich Leo am nachhaltigsten beeindruckte. 1825 und 1827 beteiligte er sich jeweils mit historischen Schriften über Heinrich VII. und Erasmus von Rotterdam an einem Preisausschreiben der philosophischen Fakultät und bekam in beiden Fällen die Auszeichnung. Mit der erstgenannten Schrift wurde er am 15. Oktober 1828 zum Doktor promoviert.

Anschließend wollte sich Müller auch habilitieren, doch seiner Sehbehinderung wegen konnte er nicht auf eine akademische Karriere an der Berliner Universität hoffen. Von dem Beauftragten des Kultusministeriums für die Universität, Johannes Schulze, wurde er mit den Worten abgewiesen: „Ich werde nie meine Stimme zu Ihrer Anstellung geben, denn ein Blinder wird in seinen Leistungen einem Sehenden immer nachstehen.“ Müller sah sich gezwungen, mit Privatunterricht und Veröffentlichungen seinen Lebensunterhalt zu verdienen und „den Titel Professor ohne alle amtliche Stellung zu erlangen“.[2]

Müller wurde Mitarbeiter an historischen und theologischen Zeitschriften und publizierte ein großes Werk über die Reformation in Brandenburg. Auf Empfehlung Wilhelm von Humboldts unterrichtete er die preußischen Prinzessinnen am Königshof.

Der Fleiß und die Belesenheit Müllers, der Literatur nur durch Vorlesen rezipieren konnte und seine Werke diktieren musste, stießen bei Gelehrten auf Bewunderung. Wilhelm von Humboldt sagte von ihm: „er ist mir die bedeutendste Erscheinung der neueren Zeit!“.[3] Zu seinen Schülerinnen gehörte die Salonière und Autorin Helene von Hülsen, die Erinnerungen an ihn veröffentlichte.

Müller stellte Anthologien mit Gedichten zu historischen Themen zusammen, die er mit Anmerkungen versah. Er dichtete seinerseits Lyrik, die er diktierte und mitunter veröffentlichte. Obwohl er die Revolution von 1848 ablehnte, wandte er sich in der Ära der Reaktion gegen den Konservatismus der Kreuzzeitungspartei und trat mit polemischen Schriften gegen Friedrich Julius Stahl und Ernst Wilhelm Hengstenberg auf.

Zu Jahresbeginn 1858 erhielt er die Genehmigung, den Namen Schottmüller aus dem väterlichen Namen und dem Mädchennamen seiner Mutter zu kombinieren und für sich und seine inzwischen zahlreiche Familie zu führen.

Nach kurzer Krankheit verstarb Schottmann am 1. März 1871 in Berlin.

Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Juni 1829 verlobte sich Müller mit Helene Rockenstein (* um 1808; † 7. August 1885 in Berlin),[4] die er am 13. April 1830 heiratete. Zu ihren Kindern gehört Waldemar Conrad Schottmüller, der ebenfalls Historiker wurde und seinem Vater die Schrift Die Entstehung des Stammherzogthums Baiern am Ausgang der karolingischen Periode widmete.[5]

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ernst Curtius: Professor Adolf Schottmüller. In: Preußische Jahrbücher 27 (1871), S. 614–623 (Web-Ressource).
  • Helene (d. i. Helene von Hülsen): Erinnerungen an einen Heimgegangenen. In: Der Salon für Literatur, Kunst und Gesellschaft 8 (1871), S. 688–697 (Digitalisat); dass. erweitert in: Aus alter und neuer Zeit, Plahn’sche Buchhandlung Henri Sauvage, Berlin 1874, S. 305–328 (Digitalisat).
  • Nikolas Immer: „Und herrlich tagt der Kosmos der Geschichte.“ Geschichtstransformationen in Adolf Schottmüllers Lyrikanthologie „Klio“ (1840). In Sonja Georgi, Julia Ilgner, Isabell Lammel, Cathleen Sarti, Christine Waldschmidt (Hrsg.): Geschichtstransformationen. Medien, Verfahren und Funktionalisierungen historischer Rezeption. transcript, Bielefeld 2015 (Mainzer historische Kulturwissenschaften, Bd. 24), ISBN 978-3-8394-2815-3, S. 393–415.
  • Nikolas Immer: Mnemosyne dichtet. Lyrisches Erinnern in der Mitte des 19. Jahrhunderts. In Katja Mellmann, Jesko Reiling (Hrsg.): Vergessene Konstellationen literarischer Öffentlichkeit zwischen 1840 und 1885. Walter de Gruyter, Berlin u. a. 2016 (Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur, Bd. 142), ISBN 978-3-11-047451-0, S. 297–319.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Vgl. den bei FamilySearch ausgewerteten Ehestands-Eintrag (Web-Ressource, nach Anmeldung entgeltfrei zugänglich).
  2. a b c Vgl. Leben des Verfassers. In: Adolf Schottmüller: Luther. Ein deutsches Heldenleben. B. Brigl, Berlin o. J. [1862], S. VII–XVII (Web-Ressource).
  3. Henriette Paalzow: Ein Schriftsteller-Leben. Josef Max, Breslau 1855, S. 98 (Web-Ressource).
  4. Todesanzeige in Königlich privilegirte Berlinische Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen Nr. 367, 9. August 1885, 3. Beilage (Web-Ressource).
  5. Vgl. Konrad Schottmüller: Die Entstehung des Stammherzogthums Baiern am Ausgang der karolingischen Periode, Otto Löwenstein, Berlin 1868 (Web-Ressource).