Agostino Gemelli

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Agostino (Edoardo) Gemelli (* 18. Januar 1878 in Mailand; † 15. Juli 1959 in Mailand) war ein italienischer Arzt und Psychologe, er gehörte dem Franziskanerorden an und war Gründer der Katholischen Universität vom Heiligen Herzen in Mailand.

Leben

Der Weg zum Priester

Edoardo Gemelli wurde als Sohn einer wohlhabenden Mailänder Familie geboren, die der Freimaurerei angeschlossen war. Er studierte Medizin an der Universität in Pavia und übernahm die dort herrschende positivistische und antiklerikale Haltung. Er nahm eine sozialistische Haltung ein und engagierte sich während des Studiums in den sozialen Auseinandersetzungen. Seine mündliche Abschlussprüfung absolvierte er beim späteren Nobelpreisträger Camillo Golgi.

Nach dem Studium leistete Gemelli seinen Militärdienst im Mailänder Krankenhaus Sant’ Ambrogio (benannt nach dem Mailänder Bischof und Kirchenlehrer Ambrosius (340–397)) und kam dort intensiv mit dem katholischen Glauben in Berührung. Er trat 1903 überraschend in das Franziskanerkloster von Rezzato bei Brescia ein und erhielt den Namen Fra Agostino. Am 14. März 1908 wurde er dort zum Priester geweiht.

Wissenschaftliche Grundlagen

1909 gründete Gemelli mit Gleichgesinnten in missionarischer Absicht die „Zeitschrift der neoscholastischen Philosophie“ (Rivista di filosofia neoscolastica) und 1914 die Kulturzeitung „Leben und Denken“ (Vita e Pensiero). Darin veröffentlichte Gemelli den Artikel „Medioevalismo“, in welchem er feststellt, dass nur eine Rückkehr zur theozentristischen und organischen Konzeption des mittelalterlichen christlichen Glauben die Probleme der modernen Zivilisation lösen kann.[1] Gleichzeitig erarbeitete er sich in den Jahren 1909–1912 wissenschaftliche Kenntnisse und beschäftigte sich mit dem Phänomen der Wunderheilungen in Lourdes, hierüber verfasste er Streitschriften und ein wissenschaftliches Buch. Nach seiner Spezialisierung in Histologie an der Universität von Loviano beschäftigte sich Gemelli mit Psychologie. Er wirkte bei neurophysiologischen und psychologischen Experimente mit, beispielsweise bei Oswald Külpe und Emil Kraepelin in München. Er entwickelte psychologischen Theorien, z.B. für die „Psychologische Einschätzung und Auswahl von Piloten in Luftfahrzeugen“; ähnliche Studien und Ansätze folgten bald in den meisten der europäischen Länder und in den Vereinigten Staaten von Amerika.

Erster Weltkrieg

In der Zeit des Ersten Weltkrieges leistete er Militärdienst als Arzt und Priester und beschäftigte sich, in einem von ihm geleiteten Labor, mit der psychologischen Belastung von Soldaten. Er unterstand dem allerhöchsten Befehl der Armee und setzte die psychologischen Eignungstests für Piloten in die Tat um.

Nach Kriegsende kehrte er in die Forschung zurück und arbeitete in verschiedenen Bereichen der Psychologie, Neurologie, experimentellen Psychologie, Arbeitspsychologie und Kriminalpsychologie. Er griff dabei auf die im Weltkrieg gewonnenen Erkenntnisse zurück.

Ordensgründung

In Zusammenarbeit mit Armida Barelli gründete er das jetzige Säkularinstitut der Missionare vom Königtum Christi.

Rektor an der katholischen Universität

Gemeinsam mit Filippo Meda gründete er am 16. April 1919 das Istituto di studi superiori Giuseppe Toniolo, aus welchem sich dann der Plan zur Errichtung einer Katholischen Universität erwuchs. Nachdem er bereits 1920 die nötige staatliche Erlaubnis von Benedetto Croce, dem damaligen Bildungsminister, erhalten hatte, fand dieser Plan am 9. Februar 1921 die Zustimmung Papst Benedikts XV. Die Katholische Universität vom Heiligen Herzen (Università Cattolica del Sacro Cuore) wurde dann am 7. Dezember desselben Jahres mit den zwei Fakultäten Philosophie und Sozialwissenschaften eröffnet; Gemelli wurde ihr erster Rektor. Trotz dieser umfangreichen Arbeit verfasste er viele Publikationen und Fachberichte, aber auch seine Abhandlungen über den Franziskanerorden fanden allgemeinen Zuspruch. Darüber hinaus förderte er die aktive Mitarbeit von Laien in der Mission.

Im Jahr 1937 wurde er zum Mitglied der Leopoldina gewählt. Im gleichen Jahr übernahm er den Vorsitz der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften, den er bis zu seinem Tod ausübte, sein größter Traum sollte sich jedoch erst später erfüllen. Er war Mitinitiator zum Bau der Poliklinik in Rom, deren Grundstein 1961 gelegt wurde und die bis zur Eröffnung 1964 zu einer Universitätsklinik herangewachsen war. Zu seinen Ehren trägt dieses Universitätskrankenhaus seinen Namen: Gemelli-Klinik.

Weblinks

Commons: Agostino Gemelli – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Agostino Gemelli. In: unicatt.it. Università Cattolica del Sacro Cuore, 18. April 2005, archiviert vom Original am 26. Juni 2007; abgerufen am 20. Januar 2015 (italienisch, Biografie).