Andreas Neufert

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Andreas Neufert (* 16. August 1961 in München) ist ein deutscher Kunsthistoriker, Schriftsteller und Maler.

Leben

Geboren 1961 in München, wuchs Neufert im Hause seiner Eltern Ilas Neufert und Insa Garrels, sowie im Haus seiner Großmutter Alice Spies-Neufert in der Künstlerkolonie Schlederloh bei Icking auf. Väterlicherseits ist er mit Ernst Neufert, Friedrich Vollmer, der deutsch-polnischen Künstlerfamilie Lasinsky und der Dichterin Anna Maria Lasinsky Freiin von Knapp (1782–1839) verwandt, mütterlicherseits hat er deutsch-englische Vorfahren aus den Familien Garrels und Russell.[1][2][3][4][5][6][7]

Von 1980 bis 1987 studierte Neufert Kunstgeschichte, Philosophie und Literatur an der Ludwig-Maximilians-Universität München, der Universität Wien und der Sorbonne Paris. 1987 schloss er dies mit einem Magister Artium bei Uwe M. Schneede und Hans Belting ab. 1988 folgte ein einjähriger Parisaufenthalt für ein Oral-History Projekt mit Überlebenden des Surrealismus in Paris und der Beginn der freien publizistischen Tätigkeit. Von 1990 bis 1992 absolvierte er ein Postgraduate für Kulturmanagement in Wien/Krems am Institut für Kulturwissenschaft. In seiner 1997 im Fachbereich Ästhetik und Kunstvermittlung an der Universität Witten/Herdecke angenommenen Dissertation untersuchte er den ideengeschichtlichen Werdegang des österreichischen Surrealisten Wolfgang Paalen u.a. unter dem Aspekt der Wiener Denktradition (Logischer Empirismus, Ludwig Wittgenstein, Ernst Mach). Sie wurde 1999 unter dem Titel Im Inneren des Wals im Springer-Verlag Wien/New York publiziert. 1993/94 arbeitete er als Gastkurator am Museum Moderner Kunst – Stiftung Ludwig, Wien, und 1994 als Kurator der Retrospektive Wolfgang Paalen im Museo de Arte Contemporaneo Alvar y Carillo Gil, Mexiko-Stadt; Neufert wurde in der Folge regelmäßiger Gastkurator am MACG, Mexiko (1994–98) und realisierte u.a. Ausstellungen wie Recuerdo del Paraiso eternal, André Breton (zum 100sten Geburtstag), und initiierte ein Austauschprogramm Italien-Mexiko für bildende Künstler. Er nahm von 1994 bis 1997 als Vortragender am jährlichen Colloquio Estetico der UNAM teil. Neufert hat drei Kinder und lebt mit seiner Familie seit 2002 in Berlin-Schöneberg und Bork (Brandenburg).

Arbeit

Neuferts Arbeit im Bereich der Kunst ist interdisziplinär ausgerichtet und konzentriert sich sowohl in der kunstgeschichtlichen und kulturwissenschaftlichen Forschung wie auch im Bereich der Malerei auf die Prozesse der erweiterten Wahrnehmung. Sie basiert auf Ideen über die multiple Persönlichkeit und Möglichkeitsräume verdeckter und/oder verunmöglichter Lebensimpulse und -wege, die auf frühe Anregungen seiner Großmutter, der Malerin, Bauhausschülerin und Jugendbuchautorin Alice Spies-Neufert und der Auseinandersetzung mit der Philosophie von Bertrand Russell und Ludwig Wittgenstein zurückgehen. Die Auffassung des menschlichen Gehirns als Bühne wurzelt auch in seinem Wunsch, nach dem Abitur Schauspieler zu werden. Nach einem Auftritt in der Rolle des Theaterdirektors in Pirandellos Stück Sechs Personen suchen einen Autor im Theater an der Leopoldstraße (München) entschied er sich jedoch für Kunstgeschichte, Malerei und Schriftstellerei als Arbeitsschwerpunkte. Auf allen Arbeitsebenen versucht er zu zeigen, dass Kunst das projizierende Bewusstsein zwangsläufig immer wieder auf sich selbst zurückwerfen muss. Dieser autoreflexive, antirealistische Zugang zielt auf eine Art „autopoetische“ Identität, die sich immer gegen unreflektierte Projektionen und die damit verbundene Gefahr des Gesteuertseins von äußeren Identitäten richtet. Schon in den frühen Essays ist deutlich abzulesen, dass die Erkenntnisse über die Kunstwerke und die empathische Erhellung des Künstlers über den imaginären biografischen Faden untrennbar verbunden sind.

In Zusammenarbeit mit Otto van de Loo legte er 1992 seine erste größere Publikation vor: Engagement und Distanz, eine Anthologie mit 36 Essays zur Malerei (Edition van de Loo, München), die z.T. in enger Zusammenarbeit mit den Künstlern entstand. In seiner langjährigen Beschäftigung mit dem französischen Surrealismus und dem österreichisch-mexikanischen Maler Wolfgang Paalen fand er das ideale Feld für den autoreflexiven Zugang, zumal hier die enge Verschränkung von bildnerischen Produktion und Lebenswelt ausdrücklich Thema wird. 2015 legte er eine Biografie über Wolfgang Paalen vor, die im deutschsprachigen Raum große Anerkennung fand.

Publikationen (Auswahl)

  • Andreas Neufert (Autor); Otto van de Loo (Hrsg.): Engagement und Distanz. Aspekte einer Sammlung. Edition van de Loo, München 1992, (Sammlung von 35 Essays v. Andreas Neufert zu Pierre Alechinsky, Günter Brus, Jean Dubuffet, Asger Jorn, Henri Michaux, Arnulf Rainer, Antonio Saura, Wols u.a.)
  • Wolfgang Paalen. Im Inneren des Wals. – Monografie/Schriften/Oevrekatalog. Springer, Wien/ New York 1999.
  • Auf Liebe und Tod. Das Leben des Surrealisten Wolfgang Paalen. Parthas, Berlin 2015.

Einzelnachweise

  1. Wolfgang Henninger: Die Familie Garrels (BLO III, Aurich 2001, S. 160–163)Link
  2. Ernst Esselborn (Bearb.): Das Geschlecht Garrels. In: 200 Jahre J. H. Garrels Lud. Sohn 1759–1959. Leer 1959, S. 188–192.
  3. Fest-Schrift zum 150jährigen Jubiläum der Firma J. H. Garrels Lud. Sohn, Leer (Ostfriesland), 1759–1909, Leer 1909.
  4. Margrit Schulte Beerbühl: Deutsche Kaufleute in London: Welthandel und Einbürgerung (1660–1818).
  5. Moritz Blanckarts: Lasinsky, Gustav. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 17, Duncker & Humblot, Leipzig 1883, S. 732 f.
  6. Sir George Clarke: The Later Stuarts, 1660–1714. 2. Auflage. Clarendon Press, 1955, S. 97–99.
  7. Helmut Lensing: Russell, Emil. In: Studiengesellschaft für Emsländische Regionalgeschichte. Band 16, Haselünne 2009, S. 215–226.

Weblinks