Arctit

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Arctit
durchsichtige bis weiße, körnige Arctitkristalle mit rosa Villiaumit aus dem Flusstal des Wuonnemjok, Halbinsel Kola, Russland
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1980-049[1]

IMA-Symbol

Arc[2]

Andere Namen
Chemische Formel
  • (Na5Ca)Ca6Ba(PO4)6F3[4]
  • Na5BaCa7[F3|(PO4)6][3]
  • Na5Ca7Ba[F|(PO4)2]3[5]
  • Na2Ca4(PO4)3F[6]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Phosphate, Arsenate und Vanadate
System-Nummer nach
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VII/B.21-020

8.BN.10
41.05.18.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem trigonal
Kristallklasse; Symbol ditrigonal-skalenoedrisch; 32/m
Raumgruppe R3m (Nr. 166)Vorlage:Raumgruppe/166[3]
Gitterparameter a = 7,09 Å; c = 41,32 Å[3]
Formeleinheiten Z = 3[3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 5[5]
Dichte (g/cm3) gemessen: 3,13; berechnet: 3,19[7]
Spaltbarkeit vollkommen nach {0001}[7]
Bruch; Tenazität spröde
Farbe farblos bis weiß
Strichfarbe weiß
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend
Glanz Glasglanz, Perlglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nω = 1,578[8]
nε = 1,577[8]
Doppelbrechung δ = 0,001[8]
Optischer Charakter einachsig negativ

Arctit (von altgriechisch ἄρκτος árktos, deutsch ‚Nordpol, Nordgegend‘) ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ mit der chemischen Zusammensetzung Na5BaCa7[F3|(PO4)6][3] beziehungsweise in der international anerkannten Schreibweise (Na5Ca)Ca6Ba(PO4)6F3[4]. Arctit ist damit ein Natrium-Barium-Calcium-Phosphat mit zusätzlichen Fluor-Ionen.

Arctit kristallisiert im trigonalen Kristallsystem und entwickelt farblose bis weiße Kristalle von bis zu drei Zentimetern Größe mit einem glasähnlichen Glanz auf den Oberflächen.

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erstmals entdeckt wurde Arctit 1980 in einem Bohrkern aus dem Flusstal des Wuonnemjok im östlichen Teil der Chibinen und etwa 20 km westlich vom See Umbosero (Lake Umba) auf der russischen Halbinsel Kola. Die Erstbeschreibung des Minerals erfolgte 1981 durch A. P. Khomyakov, A. V. Bykova und T. A. Kurova, die es nach der Arktischen Zone benannten, in der dessen Typlokalität liegt.

Die in der Erstbeschreibung angegebene chemische Formel Na2Ca4(PO4)3F wurde 1984 von Elena V. Sokolova, N. A. Yamnova, Y. K. Egorov-Tismenko und A. P. Khomyakov zu Na5BaCa7(PO4)6F3 korrigiert, nachdem sich in deren Strukturanalysen herausstellte, dass diese besser mit den Ergebnissen der Analyse korrespondierte.[9]

Das Typmaterial des Minerals wird im Bergbau-Museum der Staatlichen Bergbau-Universität Sankt Petersburg in Sankt Petersburg unter der Katalog-Nr. 120/1, im Geologischen Museum der Russischen Akademie der Wissenschaften in Apatity unter der Katalog-Nr. 5708/2 und im Mineralogischen Museum der Russischen Akademie der Wissenschaften in Moskau unter der Katalog-Nr. 82132 sowie im Natural History Museum in London (England) unter der Katalog-Nr. 1994,2 aufbewahrt.[7]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Da der Arctit erst 1980 entdeckt und als eigenständiges Mineral anerkannt wurde, ist er in der seit 1977 veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz nicht verzeichnet. Einzig im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser klassischen Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VII/B.21-20. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort der Abteilung „Wasserfreie Phosphate, mit fremden Anionen F,Cl,O,OH“, wo Arctit zusammen mit Abuit, Moraskoit und Nefedovit eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe bildet.[5]

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) bis 2009 aktualisierte[10] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Arctit ebenfalls in die Abteilung der „Phosphate usw. mit zusätzlichen Anionen; ohne H2O“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen und dem Stoffmengenverhältnis der zusätzlichen Anionen zum Phosphat-, Arsenat- beziehungsweise Vanadatkomplex, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit ausschließlich großen Kationen; (OH usw.) : RO4 = 0,33 : 1“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 8.BN.10 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Arctit in die Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort in die Abteilung der „Wasserfreie Phosphate etc., mit Hydroxyl oder Halogen“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 41.05.18 innerhalb der Unterabteilung „Wasserfreie Phosphate etc., mit Hydroxyl oder Halogen mit (AB)2(XO4)Zq“ zu finden.

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Arctit kristallisiert trigonal in der Raumgruppe R3m (Raumgruppen-Nr. 166)Vorlage:Raumgruppe/166 mit den Gitterparametern a = 7,09 Å und c = 41,32 Å sowie drei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Die Kristallstruktur von Arctit besteht aus drei unterschiedlich aufgebauten Schichten parallel der Flächen (0001). In der ersten Schicht werden 12-fach koordinierte Bariumatome (Ba[12]) ikosaedrisch über PO4-Tetraeder verbunden. Die zweite Schicht bilden Tripletts von kantenverknüpften Ca[7]-Polyeder mit PO4-Tetraedern und Fluoratomen und in der dritten Schicht werden Ca[7]-Polyeder über gemeinsam genutzte Flächen miteinander verknüpft. Die Schichten sind jeweils über PO4-Tetraeder verbunden.[3]

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Wasser ist Arcit unlöslich, er lässt sich allerdings in verdünnter (1 : 20 bzw. 5 %) Salzsäure (HCl) lösen.[11][6]

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Arctit bildet sich in der Spätphase pneumatolytischer Gesteinsumwandlungen in pegmatitischen Äderchen, die differenzierte Alkalimassiven durchdringen. Als Begleitminerale treten unter anderem Aegirin, Kostylevit, Lomonosovit, Natisit, Natrosilit, Paraumbit, Rasvumit, Thénardit, Umbit, Villiaumit, Vuonnemit, Wadeit und Zirsinalith auf.[7]

Arctit zählt zu den sehr seltenen Mineralbildungen, das nur in wenigen Proben aus bisher 4 dokumentierten Fundorten bekannt ist, die bisher alle in den Chibinen auf der russischen Halbinsel Kola liegen (Stand 2019). Außer an seiner Typlokalität, dem Flusstal des Wuonnemjok, fand sich das Mineral noch am Koaschwa in Mineralproben aus dem gleichnamigen Tagebau Koaschwa (auch Vostochnyi Mine) und am Fundpunkt IGC Stop 2-3 in den bei einer Exkursion gesammelten Proben. Daneben konnte Arctit noch in Mineralproben entdeckt werden, die am Rischorr gesammelt wurden.[12]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • A. P. Khomyakov, A. V. Bykova, T. A. Kurova: АРКТИТ Na2Са4(РО4)3F - новый МИНЕРАЛ. In: Zapiski Vsesoyuznogo Mineralogicheskogo Obshchestva. Band 110, Nr. 4, 1981, S. 506–508 (russisch, online verfügbar bei rruff.info [PDF; 185 kB; abgerufen am 1. Mai 2019]).
  • Michael Fleischer, Louis J. Cabri, G. Y. Chao, J. A. Mandarino, Adolf Pabst: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 67, 1982, S. 621–624 (englisch, online verfügbar bei rruff.info [PDF; 817 kB; abgerufen am 1. Mai 2019]).
  • Elena V. Sokolova, N. A. Yamnova, Y. K. Egorov-Tismenko, A. P. Khomyakov: Crystal structure of arctite, a new sodium calcium barium phosphate (Na5Ca)Ca6Ba[PO4]6F3. In: Soviet Physics - Doklady. Band 29, 1984, S. 5–8 (englisch, online verfügbar bei researchgate.net [abgerufen am 1. Mai 2019]).
  • E. V. Sokolova, N. A. Yamnova, Y. K. Egorov-Tismenko, A. P. Khomyakov: КРИСТАЛЛИЧЕСКАЯ СТРУРА НОВОГО ФОСФАТА Na, Ca и Ba (Na5Ca)Ca6Ba[PO4]6F3. In: Doklady Akademii Nauk SSSR. Band 274, 1984, S. 78–83 (russisch, online verfügbar bei rruff.info [PDF; 419 kB; abgerufen am 1. Mai 2019]).
  • Andrei Arzamastsev, Victor Yakovenchuk, Yakov Pakhomovsky, Gregory Ivanyuk: The Khibina and Lovozero alkaline massifs: Geology and unique mineralization. In: Guidebook for 33rd International Geological Congress Excursion. Band 47, 2008, S. 27 (englisch, online verfügbar bei iugs.org [PDF; 4,1 MB; abgerufen am 2. Mai 2019]).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Arctite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 26. Januar 2023 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b c d e f g Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 468 (englisch).
  4. a b Malcolm Back, William D. Birch, Michel Blondieau und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: March 2019. (PDF 1703 kB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, März 2019, abgerufen am 1. Mai 2019 (englisch).
  5. a b c Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  6. a b Michael Fleischer, Louis J. Cabri, G. Y. Chao, J. A. Mandarino, Adolf Pabst: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 67, 1982, S. 621–624 (englisch, online verfügbar bei rruff.info [PDF; 817 kB; abgerufen am 1. Mai 2019]).
  7. a b c d Arctite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 63 kB; abgerufen am 1. Mai 2019]).
  8. a b c Arctite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 1. Mai 2019 (englisch).
  9. Igor V. Pekov: Minerals first discovered on the territory of the former Soviet Union. 1. Auflage. Ocean Pictures, Moscow 1998, ISBN 5-900395-16-2, S. 28.
  10. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF 1703 kB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 1. Mai 2019 (englisch).
  11. Richard V. Gaines, H. Catherine W. Skinner, Eugene E. Foord, Brian Mason, Abraham Rosenzweig: Dana’s New Mineralogy. 8. Auflage. John Wiley & Sons, New York u. a. 1997, ISBN 0-471-19310-0, S. 843.
  12. Fundortliste für Arctit beim Mineralienatlas und bei Mindat