Astrophyllit

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Astrophyllit
Astrophyllit-Sonne aus dem Steinbruch Poudrette, Mont Saint-Hilaire (Durchmesser von oben nach unten ~ 3,4 cm)
Allgemeines und Klassifikation
Chemische Formel
  • K2Na(Fe2+,Mn2+)7Ti2[O2|F|(OH)4|Si8O24][1]
  • K2NaFe2+7Ti2Si8O26(OH)4F[2]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VIII/G.12
9.DC.05
69.01.01.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem triklin
Kristallklasse; Symbol triklin-pinakoidal; 1
Raumgruppe (Nr.) A1[3] (Nr. 2)
Gitterparameter a = 5,36 Å; b = 11,76 Å; c = 21,08 Å
α = 85,1°; β = 90,0°; γ = 103,2°[3]
Formeleinheiten Z = 2[3]
Häufige Kristallflächen {100}
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 3
Dichte (g/cm3) 3,2 bis 3,4[4]
Spaltbarkeit vollkommen nach {001}, undeutlich nach {100}[4]
Bruch; Tenazität spröde
Farbe bronzegelb bis goldgelb, braun bis rötlichbraun
Strichfarbe gelblich-braun
Transparenz undurchsichtig, durchscheinend in dünnen Schichten
Glanz Glasglanz, Fettglanz, schwacher Metallglanz, Perlglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,680
nβ = 1,700
nγ = 1,730[5]
Doppelbrechung δ = 0,050[5]
Optischer Charakter zweiachsig positiv
Achsenwinkel 2V = 70 bis 90° (gemessen); 80° (berechnet)[5]
Pleochroismus stark:
X = dunkelrotorange
Y = orangegelb
Z = zitronengelb

Astrophyllit ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“. Es kristallisiert im triklinen Kristallsystem mit der idealisierten, chemischen Zusammensetzung K2NaFe2+7Ti2Si8O26(OH)4F[2].

Das in der Formel enthaltene Eisen ist bei natürlichem Astrophyllit allerdings oft durch geringe Mengen an Mangan ersetzt. Zudem gehört der Astrophyllit strukturell zu den Ketten- und Bandsilikaten mit den zusätzlichen Anionen Sauerstoff, Fluor und Hydroxiden, was entsprechend mit der von Strunz entwickelten, kristallchemischen Strukturformel in der Form K2Na(Fe2+,Mn2+)7Ti2[O2|F|(OH)4|Si8O24][1] ausgedrückt werden kann.

Astrophyllit entwickelt blättrige bis nadelige Kristalle, die überwiegend in Form radialstrahliger, sternförmiger Mineral-Aggregate angeordnet sind. Gelegentlich findet er sich aber auch eingewachsen in Quarz. Das Mineral ist im Allgemeinen undurchsichtig und nur in dünnen Schichten durchscheinend. Die Farbe der glas- bis metallisch glänzenden Kristalle variiert meist zwischen Bronzegelb und Goldgelb, kann aber auch braun bis rötlichbraun sein.

Etymologie und Geschichte

Erstmals entdeckt wurde Astrophyllit auf der im Langesundsfjord liegenden Insel Låven in der norwegischen Provinz Vestfold. Beschrieben wurde das Mineral 1854 durch Theodor Scheerer (1813–1875), der es aufgrund seiner blättrigen Kristallausbildung und Spaltbarkeit sowie seiner auffällig sternförmigen Aggregatformen nach den griechischen Wörtern ἄστρον [ástron] für „Stern“ und φύλλον [phyllon] für „Blatt“ benannte. Das Typmaterial des Minerals wird in der Mineralogischen Sammlung der TU Bergakademie Freiberg (Register-Nr. 26246) aufbewahrt.[6]

Klassifikation

In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Astrophyllit zur Abteilung der „Übergangsstrukturen zwischen Ketten- und Schichtsilikaten“, wo er als Namensgeber die „Astrophyllit-Reihe“ mit der System-Nr. VIII/G.12 und den weiteren Mitgliedern Cäsiumkupletskit, Hydroastrophyllit, Kupletskit, Kupletskit-(Cs), Magnesiumastrophyllit, Nalivkinit, Niobokupletskit, Niobophyllit und Zirkophyllit bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Astrophyllit dagegen in die Abteilung der „Ketten- und Bandsilikate (Inosilikate)“ ein. Diese ist zudem weiter unterteilt nach der Art der Kettenbildung, so dass das Mineral entsprechend seinem Aufbau in der Unterabteilung „Ketten- und Bandsilikate mit verzweigten 2-periodischen Einfachketten, Si2O6 + 2SiO3 → Si4O12“ zu finden ist, wo es zusammen mit Hydroastrophyllit, Nalivkinit, Kupletskit-(Cs), Kupletskit, Magnesiumastrophyllit, Niobokupletskit, Niobophyllit und Zirkophyllit die unbenannte Gruppe 9.DC.05 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Astrophyllit in die Klasse der „Silikate und Germanate“, dort allerdings in die bereits feiner unterteilte Abteilung der „Kettensilikate: Ketten mit Seitenzweigen oder Schleifen“ ein. Hier ist er als Namensgeber der Astrophyllitgruppe mit der System-Nr. 69.01.01 und den weiteren Mitgliedern Kupletskit, Kupletskit-(Cs), Hydroastrophyllit, Magnesiumastrophyllit, Nalivkinit, Niobokupletskit, Niobophyllit und Zirkophyllit innerhalb der Unterabteilung „Kettensilikate: Ketten mit Seitenzweigen oder Schleifen mit (P=2, und N=4, 2 Seitenzweige)“ zu finden.

Kristallstruktur

Astrophyllit kristallisiert triklin in der Raumgruppe A1 (Raumgruppen-Nr. 2) mit den Gitterparametern a = 5,36 Å; b = 11,76 Å; c = 21,08 Å; α = 85,1°; β = 90,0° und γ = 103,2° sowie 2 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Eigenschaften

Das Mineral ist stark pleochroistisch, das heißt je nachdem aus welcher Richtung das Licht durch den Kristall dringt, wird es unterschiedlich stark absorbiert und führt im Fall von Astrophyllit zu einem Farbwechsel nach Dunkelrotorange entlang der x-Achse, Orangegelb entlang der y-Achse und Zitronengelb entlang der z-Achse.[5]

Bildung und Fundorte

Astrophyllit und Nenadkevichit (weiß) aus dem Steinbruch Poudrette, Mont Saint-Hilaire, Kanada (Bildbreite 7,0 x 4,7 mm)
Astrophyllit-Einschluss in Quarz vom Gotthardpass, Schweiz (Größe: 6 x 4,6 x 2,2 cm)

Astrophyllit bildet sich in basischen Intrusivgesteinen wie Nephelin-Syeniten und alkalischen Graniten und ihren Pegmatiten. Als Begleitminerale treten neben Nephelin unter anderemnoch Albit, Aegirin, Arfvedsonit, Biotit, Katapleiit, Delhayelit, Eudialyt, Kupletskit, Leukophan, Natrolitn, Rasvumit und Zirkon auf.[4]

Als seltene Mineralbildung konnte Astrophyllit bisher (Stand: 2013) nur an wenigen Fundorten nachgewiesen werden, wobei rund 150 Fundorte als bekannt gelten.[7] Neben seiner Typlokalität Låven trat das Mineral noch an mehreren Orten im Langesundsfjorden wie beispielsweise Arøya und Barkevik in der Provinz Vestfold sowie an wenigen Stellen in den Provinzen Buskerud und Telemark auf.

Die bisher größten bekannten Astrophyllit-Kristalle und radialstrahligen Aggregate von bis zu 10 Zentimetern Durchmesser wurden am Eweslogtschorr in den Chibinen auf der russischen Halbinsel Kola gefunden.[8] Ähnlich große Astrophyllite kennt man auch vom „St Peters Dome“ im El Paso County (Colorado).[9]

Weitere Fundorte liegen unter anderem in Brasilien, Chile, China, Grönland, Guinea, Kanada, Kasachstan, Kirgisistan, Malawi, Marokko, der Mongolei, Namibia, Nigeria, Pakistan, Portugal, den ostsibirischen und nördlichen Regionen von Russland, der Slowakei, Südafrika, Tadschikistan, der Ukraine und in mehreren Bundesstaaten der USA.[5]

Siehe auch

Literatur

  • T. Scheerer: Verhandlungen des Bergmännischen Vereins zu Freiberg, In: Berg- und Hüttenmännische Zeitung, Band 13 (1854), S. 239-240 (PDF 669,8 kB; S. 3)
  • Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 800.
  • Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 473.

Weblinks

Commons: Astrophyllite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. 5. vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2008, ISBN 978-3-921656-70-9.
  2. a b IMA/CNMNC List of Mineral List 2012 - Astrophyllite (PDF 1,6 MB)
  3. a b c Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 624.
  4. a b c Astrophyllite, in: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF 79 kB)
  5. a b c d e Mindat - Astrophyllite
  6. Typmaterial-Katalog der Universität Hamburg
  7. Mindat - Anzahl der Fundorte für Astrophyllit
  8. Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie. Nebel Verlag GmbH, Eggolsheim 2002, ISBN 3-89555-076-0, S. 248 (Dörfler Natur).
  9. Mindat - Astrophyllitbilder aus der Typlokalität St Peters Dome, Cheyenne District (St. Peters Dome District), El Paso Co., Colorado, USA