Benutzer:Reinhardhauke/Heinrichsstuhl

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Heinrichsstuhl in der Kirche St. Emmeram in Regensburg

Der sogenannte Heinrichsstuhl in der katholischen Kirche St. Emmeram in Regensburg, der Hauptstadt der Oberpfalz in Bayern, wurde 1050/60 oder 1170/80 geschaffen. Der Thron ist 111 cm hoch, 78 bis 70 cm breit (zur Rückseite hin verjüngend) und 62 cm tief.

Die Sedes lapidea ist einer von zwei erhaltenen figürlich verzierten mittelalterlichen Steinthronen nördlich der Alpen. Der Monolith aus weißem Kalkstein stammt vermutlich von der römischen Legionslagermauer in Regensburg.

Peter Morsbach, Sabine Sommerer:

„Seine Sitzfläche ruht auf zwei liegenden Löwen, die seitlich unter dem Thron auf einer Platte lagern und eine zentrale Stützwand flankieren. In den hinteren Ecken stützen zwei Pfosten mit ungleich hoher Abbruchkante die Sitzfläche, von denen einer die halbzylindrige Rückenlehne überragt. Die Köpfe der Löwen sind stark beschädigt, einzig Bohrlöcher weisen auf die Lage der Ohren und Lefzen hin. Auf der gut erhaltenen Oberfläche der Hälse fehlen Spuren einer Mähne, was dafür spricht, dass die Tiere nur mit Lockenkränzen versehen waren. Dadurch kommen die prall artikulierten Vorderkörper heute stark zur Geltung. Die Löwen berühren die Sitzfläche mit ihren Häuptern und zusätzlich reichte der schlangenförmig um die Hinterflanken gelegte Schwanz einst bis zur dort erhaltenen Quaste hinauf.

Der vergleichsweise schlechte Zustand des Throns dürfte einerseits auf seine Versetzung in die Krypta im ausgehenden 19. Jahrhundert und nicht zuletzt darauf zurückzuführen sein, dass er jahrhundertelang in der nördlichen Vorhalle vor dem Mittelpfeiler des um 1050/60 zu datierenden Doppelnischenportals leicht zugänglich war. Bezeugt ist der in einer Federzeichnung aus dem mittleren 18. Jahrhundert überlieferte Standort seit dem frühen 16. Jahrhundert (Johannes Aventinus: Annales ducum Bavariae, 1511, München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 967, fol. 98v). Im Jahr 1894 wurde der Steinsitz aus denkmalpflegerischen Gründen in die Wolfgangskrypta versetzt, wo er seither steht.

Es ist durchaus möglich, dass der Steinsitz zur ursprünglichen Ausstattung des Doppelnischenportals gehörte. Denkbar wäre auch, dass es sich um ein späteres Ersatzstück handelt oder dass der Sitz von einem anderen Standort, z. B. aus der einst für die Kaiserbesuche genutzten und 1250 zerstörten Torhalle, hierher versetzt wurde. Da es nur sehr wenige weltliche Herrscherstühle aus Stein gibt, liegt die Vermutung nahe, der Stuhl sei primär für den Bischof oder Abt geschaffen worden, wobei auf ihm auch weltliche Aufgaben (Sendgericht) wahrgenommen wurden. Es mag bezeichnend sein, dass die aus dem südalpinen Raum bekannten Löwenthrone des 11.–13. Jahrhunderts in der Regel Bischofsstühle waren.

Programmatisch würde der Thron gut zum Christus iudex und dem darunterliegenden Abtmedaillon am Mittelpfeiler der Portalanlage von St. Emmeram passen, was eine Datierung um 1050/60 bekräftigt. Dem Stuhl in seiner Grundform eng verwandt ist ein deutlich besser erhaltener Steinthron in der Westapsis des Doms von Augsburg. Stilistisch weist dieser in die erste Hälfte des 12. Jahrhunderts. Allerdings tragen die Augsburger Löwen die Sitzfläche direkt auf ihrem Rücken und sind mit Mähnen sowie menschenartigen Gesichtern ausgestattet; außerdem ist die Standplatte des Throns profiliert, sodass er insgesamt elaborierter erscheint. Denkbar wäre auch eine spätere Entstehungszeit des Regensburger Throns nach dem Brand von St. Emmeram 1166, z. B. um 1170/80 möchte man dem Vergleich mit den anthropomorphen Löwen am Schottenportal von St. Jakob in Regensburg folgen.

Es gibt keine Quellen zum ursprünglichen Auftraggeber oder Besitzer des Throns. Die seit dem 19. Jahrhundert geläufige Bezeichnung als „Heinrichsstuhl“ geht auf eine Legende zurück. Bereits der Regensburger Historiograph Johannes Aventinus nennt in seinen Annales ducum Bavariae von 1511 eine „sedes lapidea“, auf der Herzog Heinrich II. von Bayern (gen. der Zänker, † 995), der Vater Kaiser Heinrichs II., vor der Kirche ausgeruht und gewartet habe, bis die Portale geöffnet wurden.“

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Heinrichsstuhl – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 49° 0′ 55,4″ N, 12° 5′ 34,7″ O Kategorie:Baudenkmal in Regensburg Regensburg Kategorie:Werk (11. Jahrhundert) Kategorie:Werk (12. Jahrhundert) Kategorie:Kloster Sankt Emmeram