Caroline Herschel

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Caroline Herschel (1829)

Caroline Lucretia Herschel (* 16. März 1750 in Hannover; † 9. Januar 1848 ebenda) war eine deutsche Astronomin.

Zu Beginn ihrer wissenschaftlichen Karriere unterstützte sie ihren Bruder Wilhelm Herschel bei seinen Forschungen, glänzte aber bald durch eigenständige Leistungen. Ihre wichtigsten Beiträge zur Astronomie waren die Entdeckungen mehrerer Kometen, die Berechnung genauer astronomischer Reduktionen und der Zonenkatalog hunderter Sternhaufen und Nebel.

Leben

Caroline Herschel wuchs als einziges Mädchen der überlebenden Kinder des Militärmusikers Isaak Herschel und seiner Frau Anna Ilse Herschel in Hannover auf. Sie hatte eine Schwester und vier Brüder. Der Vater war bestrebt, seinen Kindern eine musikalische Grundausbildung zu geben. Aber im Hause Herschel wurde nicht nur viel musiziert, sondern auch philosophiert und Astronomie betrieben. Neben Wilhelm Herschel war auch ihr Bruder Alexander Herschel als Musiker und Astronom tätig.

Caroline schrieb in ihren Erinnerungen:

„Mein Vater war ein großer Bewunderer der Astronomie und besaß einige Kenntnisse in der Wissenschaft. Ich erinnere mich, daß er mich in einer kalten Nacht auf die Straße führte, um mich mit einigen unserer schönsten Sternbilder bekannt zu machen, nachdem wir vorher einen Kometen, der eben sichtbar war, beobachtet hatten.“

Hannover und England

Wilhelm und Caroline Herschel beim Polieren einer Teleskoplinse

Täglich besuchte sie zusammen mit ihren Brüdern einige Stunden die Garnisonsschule, so dass sie das Lesen und Schreiben erlernen konnte, was damals für ein Mädchen aus dem Bürgertum keine Selbstverständlichkeit war. Viele Stunden des Tages verbrachte sie jedoch gegen ihren Willen mit Stricken, Sticken und allerlei Haushaltstätigkeiten. Die Mutter meinte, dass sie ein „roher Klotz sein und bleiben sollte, allerdings aber ein nützlicher“. Der Gedanke, dass sie – nach dem Willen ihrer Mutter – zur Weißnäherin ausgebildet werden sollte und ihr eine Zukunft als bloße Haushaltskraft bevorstände, war ihr unerträglich. Sie wollte ein Leben führen, das auch geistige Anforderungen an sie stellte. Daher hielt sie sich an den Wunsch des Vaters, der für sie, wie für ihre vier Brüder, eine musikalische Ausbildung vorsah; in ihrem Fall zur Konzertsängerin.

1772 folgte sie als 22-Jährige ihrem zwölf Jahre älteren Bruder Friedrich Wilhelm Herschel nach England, der als Organist und Konzertleiter im vornehmen Bath tätig war. Er brauchte sie als Haushälterin, wollte ihr aber auch Gelegenheit geben, der häuslichen Enge zu entfliehen, sich musikalisch weiterzubilden und als Solistin in seinen Konzerten mitzuwirken. Schon bald stieg sie zur ersten Sängerin bei den von ihrem Bruder aufgeführten Oratorien auf, erreichte dadurch einen gewissen Ruf und übernahm Leitungsfunktionen im Chor. Das führte dazu, dass ihr ein Engagement beim Birmingham Triennial Music Festival angeboten wurde, was sie aber ablehnte, da sie nur unter der Leitung ihres geliebten und verehrten Bruders auftreten wollte.

Caroline widmete sich nun neben der Haushaltsführung und ihren Auftritten der Astronomie; zum Beispiel half sie Wilhelm beim Anfertigen von Spiegelteleskopen. Ihre Hauptaufgabe bestand darin, die Spiegel zu polieren und zu schleifen; bei dieser Tätigkeit kam es auf absolute Genauigkeit an. Neben den praktischen Tätigkeiten befasste sie sich mit astronomischer Theorie. Sie erlernte die algebraischen Formeln für Berechnungen und Reduktionen als Grundlage für das Beobachten und Durchmustern des Himmels.

Wende durch Uranus-Entdeckung

Caroline Herschel und Wilhelm Herschel am Tag der Entdeckung des Planeten Uranus

Im Jahr 1781 entdeckte ihr Bruder Wilhelm bei einer Himmelsdurchmusterung eher zufällig den Planeten Uranus, was ihn über die Landesgrenzen hinaus bekannt machte. Neben zahlreichen Ehrungen bekam er eine Stelle in der Stadt Slough als Astronom von König Georg III. angeboten, die er dankbar annahm. Nun konnte er sich ganz seiner wahren Leidenschaft widmen.

Für Caroline bedeutete die Entdeckung des Uranus eine erneute Wende in ihrem Leben. Sie stand vor der Wahl, als Sängerin in Bath ihre erfolgreiche Karriere fortzusetzen oder ihrem Bruder als wissenschaftliche Assistentin zu folgen. Sie entschied sich für letzteres und bekam vom Hof eine Anstellung als Gehilfin ihres Bruders mit einem Gehalt von 50 Pfund im Jahr. Nun begann Caroline mit der eigenen Erforschung des Sternenhimmels. Sie widmete sich mit einem kleinen Newton-Teleskop der Kometensuche. Dabei entdeckte sie 1783 drei bemerkenswerte Nebel und zwischen 1786 und 1797 acht Kometen, fünf davon mit unzweifelhafter Priorität, darunter den Enckeschen Kometen. 1797 legte sie der Royal Society einen Index zu John Flamsteeds Beobachtungen vor, zusammen mit einem Katalog von 561 Sternen, welche in dessen British Catalogue fehlen, sowie zusätzlich eine Liste von Fehlern in dieser Publikation.

Nächtelang blieb sie mit ihrem Bruder auf Beobachtungsposten, notierte die Sternpositionen, die er ihr vom anderen Ende des von ihnen selbst gebauten riesigen Fernrohrs zurief, wertete die nächtlichen Aufzeichnungen aus und rechnete sie nach, schrieb Abhandlungen für die Philosophical Transactions, entdeckte vierzehn Nebel, berechnete Hunderte von ihnen und begann einen Katalog für Sternhaufen und Nebelflecke, die heute Deep-Sky-Objekte genannt werden, anzufertigen. Des Weiteren verfasste sie einen Ergänzungskatalog zu Flamsteeds Atlas, der 561 Sterne umfasste, sowie ein Gesamtregister dazu.

Für diese Arbeit wurde ihr allerhöchste Anerkennung zuteil, unter anderem von Carl Friedrich Gauß und Johann Franz Encke. Trotzdem blieb sie die bescheidene Frau, die sie immer gewesen war. Ihre Biographin Renate Feyl bemerkt dazu:

„Bis an das Ende ihres Lebens versucht sie jeglichen Hinweis auf eine eigene Leistung lediglich als das Verdienst ihres berühmten Bruders herauszustellen. […] Sie wagt zu wissen, will aber dieses Wagnis nicht öffentlich eingestehen. Fortgesetzt betont sie, wie nichtsnutzig, wie unfähig, wie untauglich sie sei. Dies ist ihre lebenslängliche Demutsgeste und Entschuldigung dafür, dass sie sich erkühnt, leise, aber nachhaltig gegen die Gewalt von Gewohnheiten anzugehen und sich auf ihre Weise zu nehmen, was einem menschlichen Wesen zusteht: das Recht auf Erkenntnis.“

1822 starb ihr geliebter Bruder Wilhelm. Nun hielt sie nichts mehr in England. Wenige Wochen nach seinem Tod zog Caroline Herschel wieder in ihre Heimatstadt Hannover, die sie fast fünfzig Jahre zuvor als junge Frau verlassen hatte. Hier setzte sie ihre astronomischen Studien fort. Sie ordnete das umfangreiche Material, das ihr Bruder hinterlassen hatte, indem sie die Aufzeichnungen der gemeinsam gemachten Beobachtungen nach Zenitdistanz und Rektaszension sortierte. Auf diese Weise ermöglichte sie auch ihrem Neffen John Herschel, die Arbeit seines Vaters systematisch fortzusetzen und auf den südlichen Sternhimmel auszudehnen.

Späte fachliche Anerkennung

Caroline Herschel im Alter von 92 Jahren

Die bedeutendsten Gelehrten suchten sie in ihrem einfachen Haus in der Marktstraße auf, um sie ihrer Gunst und Wertschätzung zu versichern. Selbst zum königlichen Hof hatte sie Kontakt. Zahlreiche Auszeichnungen wurden ihr verliehen – 1828 unter anderem die Goldmedaille der Royal Astronomical Society, zu deren Ehrenmitglied sie 1835 ernannt wurde. Sie war die erste Frau, der Anerkennungen dieser Art zuteilwurden. Anlass dazu war ihr sogenannter Zonenkatalog, den sie zum Andenken an ihren Bruder erstellt hatte. Er enthielt die reduzierten Beobachtungen sämtlicher von Wilhelm Herschel entdeckten Nebel und Sternhaufen. 1838 ernannte die Königliche Irische Akademie der Wissenschaften in Dublin die 88-jährige Caroline Herschel zu ihrem Mitglied. 1846 erhielt sie im Alter von 96 Jahren im Auftrag des Königs von Preußen die goldene Medaille der Preußischen Akademie der Wissenschaften.

Noch an ihrem 97. Geburtstag wurde sie vom Kronprinzenpaar empfangen, unterhielt sich einige Stunden lebhaft mit ihnen und sang ihnen abschließend ein Lied vor, das ihr Bruder siebzig Jahre zuvor komponiert hatte. Caroline Herschel starb am 9. Januar 1848. Sie erreichte das hohe Alter von 97 Jahren und wurde auf dem Gartenfriedhof in Hannover beerdigt, wo sich ihr Grab auch jetzt noch befindet.[1]

Ehrungen

Der Komet 35P/Herschel-Rigollet wurde nach Caroline Herschel benannt, ebenso der Mondkrater C. Herschel im Sinus Iridum (Regenbogenbucht) und der Planetoid (281) Lucretia.

In Braunschweig, Bremen, Darmstadt, Lübeck, München, Ottobrunn, Peine und Wennigsen sind Straßen, in Berlin-Friedrichshain ist der Caroline-Herschel-Platz nach ihr benannt.

In Hannover ist die Volkssternwarte Hannover e.V. Geschwister Herschel nach Caroline Herschel und ihrem Bruder Wilhelm Herschel benannt. Ebenso ist das Gymnasium Herschelschule nach dem Geschwisterpaar benannt.

Auch in die bildende Kunst des 20. Jahrhunderts fand sie Eingang. Die feministische Künstlerin Judy Chicago widmete ihr in ihrer Arbeit The Dinner Party eines der 39 Gedecke am Tisch.[2]

Ein Programm der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover zur Förderung des weiblichen wissenschaftlichen Nachwuchses wurde nach Caroline Herschel benannt.[3]

Google veröffentlichte anlässlich ihres 266. Geburtstages am 16. März 2016 ein Google Doodle.[4]

Sir John Franklin benannte eine Insel in der Nordwestpassage nach den Geschwistern Herschel.

Werke

  • Carolina Herschel: “Catalogue of stars taken from Mr. Flamsteed's observations contained in the second volume of the Historia cœlestis, and not inserted in the British catalogue. With an index, to Point out Every Observation in that Volume Belonging to the Stars of the British Catalogue. To which is added, a collection of errata that should be noticed in the same volume. By Carolina Herschel. With introductory and explanatory remarks to each of them. By William Herschel, Lld. F. R. S. Published by Order, and at the Expence, of the Royal Society.” Peter Elmsly, Printer to the Royal Society, London 1798.
  • Caroline Herschel: Memoiren und Briefwechsel. Herausgegeben von Frau John Herschel. Berlin 1877. (Reprint: Hildesheim 2013, ISBN 978-3-487-15010-9)
  • Mrs. John Herschel (Hrsg.): Memoir and correspondence of Caroline Herschel. Verlag John Murray, London 1877 Buch online lesen im Internet Archive
  • Michael Hoskin (Hrsg.): Caroline Herschel’s autobiographies. Cambridge: Science History Publications, 2003, ISBN 0-905193-06-7.

Literatur

Siehe auch

Weblinks

Commons: Caroline Herschel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Author:Caroline Lucretia Herschel – Quellen und Volltexte (englisch)

Einzelnachweise

  1. Grabplatte von Caroline Herschel
  2. Elizabeth A. Sackler Center for Feminist Art: The Dinner Party. Place Setting: Caroline Herschel. Brooklyn Museum, 17. Januar 2007, abgerufen am 23. April 2014 (englisch).
  3. Caroline Herschel Programm, abgerufen am 18. März 2016.
  4. 266. Geburtstag von Caroline Herschel, abgerufen am 26. Juni 2016.