Concierto de Aranjuez
Das Concierto de Aranjuez ist ein Solokonzert für Gitarre und Orchester von Joaquín Rodrigo (1901–1999). Es wurde im Frühjahr 1939 in Paris komponiert und am 9. November 1940 in Barcelona uraufgeführt. Es ist nicht nur das mit Abstand populärste Werk Rodrigos, sondern auch eines der bekanntesten klassischen Musikstücke des 20. Jahrhunderts.
Werkbeschreibung
Das Konzert hat äußerlich die klassische Konzertform in drei Sätzen. Bei der Komposition stand Rodrigo vor dem Problem, die Gitarre, die als Soloinstrument gegenüber einem Sinfonieorchester viel zu leise ist, in einen ausgewogenen Zusammenklang mit dem Orchester zu integrieren. Rodrigo gelang dies, indem er die Gitarre nie mit dem vollen Orchester zugleich spielen ließ, sondern weitgehend nur mit kleinen Gruppen leiserer Instrumente.
- 1. Allegro con spirito
- Der 1. Satz (D-Dur) in klassischer Sonatenhauptsatzform ist ein lebhafter Fandango im 6/8-Takt, der von mitreißenden Betonungswechseln bestimmt ist.
- 2. Adagio
- Der 2. und populärste Satz des Konzerts ist ein langsames, in klagendem Ton gehaltenes Stück in h-Moll. Die Hauptmelodie des Englischhorns ist eine Reflexion der Saeta, des Klagegesangs während der alljährlichen andalusischen Prozession in der Semana Santa (Karwoche).
- 3. Allegro gentile
- Ein heiterer Rondo-Satz in H-Dur im Stil eines höfischen Tanzes, der wiederum von unregelmäßigen Takt- und Rhythmuswechseln lebt, beendet das Werk.
Geschichte
Rodrigo komponierte das Concierto de Aranjuez auf Anregung seines Freundes, des Gitarristen Regino Sáinz de la Maza (1896–1981), der auch den Solopart in der Uraufführung spielte.
Rodrigo beschreibt in dem Werk die Gärten des Königlichen Palastes von Aranjuez südlich von Madrid, der Frühjahrsresidenz der spanischen Könige. Aranjuez verkörperte für Rodrigo eine von ihm geschätzte Epoche der Geschichte: die Regierungszeit der letzten spanischen Herrscher vor Napoléon Bonaparte.
Der Komponist fühlte sich dem Palast sehr verbunden: Er war in den Gärten mit seiner zukünftigen Ehefrau oft spazieren gegangen. Im zweiten Satz des Werkes beschrieb Joaquín Rodrigo seine Gefühle rund um das einschneidendste Erlebnis in seinem Leben: die Totgeburt seines erstgeborenen Sohnes und damit verbunden den Schmerz, die unendliche Trauer, die Wut, das Loslassen und die Bitte an Gott, er möge seine geliebte Ehefrau Victoria (Vicky) am Leben lassen. Victoria war das „Augenlicht“ von Joaquín Rodrigo; er selbst war 1906 infolge einer Diphtherie-Epidemie in seiner Geburtsstadt Sagunto erblindet. Eine Hommage an Joaquín Rodrigo anlässlich seines 90. Geburtstages erlebt man in dem Kurzfilm Concierto de Aranjuez (Shadows and Light) von Larry Weinstein (1993).[1]
César de Mendoza Lassalle leitete die Uraufführung am 9. November 1940 im Palau de la Música Catalana in Barcelona mit dem Orquesta Filharmónica de Barcelona.[2]
Wirkung
Das Concierto de Aranjuez gilt als das wohl bekannteste und beliebteste Werk Rodrigos. 1956 wurde es mit Narciso Yepes erstmals auf Schallplatte aufgenommen.[3] Das Werk ist nicht nur durch unzählige klassische Orchester interpretiert worden, sondern wurde auch durch zahlreiche Bearbeitungen populär, etwa von Miles Davis auf dem 1959 entstandenen Album Sketches of Spain, dem Klarinettisten Jean-Christian Michel sowie vom Modern Jazz Quartet.
Der experimentelle Gitarrist Buckethead zollte 2002 auf seinem Album Electric Tears mit seiner Version des Adagios namens Sketches Of Spain sowohl Miles Davis als auch Rodrigo Tribut.
Der Komponist schuf auch eine Bearbeitung für Harfe und Orchester.
Der Flamenco-Gitarrist Paco de Lucía interpretierte zusammen mit dem Orquesta de Cadaqués unter der Leitung von Edmon Colomer das Concierto de Aranjuez 1991 neu. Paco de Lucía bereicherte das Werk dabei mit verschiedenen Improvisationen. Der Komponist Joaquín Rodrigo befand, Paco de Lucías Interpretation sei die brillanteste der bis dahin vorliegenden.
Unter dem Titel Rodrigo's Guitar Concerto de Aranjuez (Theme from 2nd Movement) machte der britische Easy-Listening-Bandleader Geoff Love – unter seinem Pseudonym Manuel and the Music of the Mountains – das Thema des zweiten Satzes 1976 zu einem Nummer-drei-Hit in den britischen Singlecharts. Die erfolgreiche Pop-Sängerin Sophie Zelmani veröffentlichte 2005 eine „Aranjuez“-Version ihres Titels „So Long“, in dem sie Rodrigo zitiert (A Decade Of Dreams, 1995–2005). Der zweite Satz wird außerdem in einer Szene des Films „Brassed Off“ intoniert. Der Gitarrist Carlos Santana veröffentlichte 1994 auf seinem Album Santana Brothers eine Version unter dem Titel „En Aranjuez Con Tu Amor“.
Als Rodrigo 1991 durch König Juan Carlos I. in den erblichen spanischen Adelsstand erhoben wurde, erhielt er in Anlehnung an seine Komposition den Titel eines Marqués de los Jardines de Aranjuez.
Bei einer Aufnahme des Adagio durch Sharon Isbin setzt der E-Gitarrist Steve Morse nach einer Weile improvisierend ein.
Literatur
- Charles Hoffer: Music Listening Today. Cengage Learning 2011, ISBN 978-0-495-91614-7, S. 27-30 (Auszug in der Google-Buchsuche)
- Simon P. Keefe: The Cambridge Companion to the Concerto. Cambridge University Press 2005, ISBN 0-521-83483-X, S. 156 (Auszug in der Google-Buchsuche)
- Graham Wade: Joaquín Rodrigo's Concierto de Aranjuez. Mayflower Enterprises, London 1985.
Weblinks
- Joel Sundkvist: Concierto de Aranjuez (PDF; 244 kB)
- Concierto de Aranjuez auf joaquin-rodrigo.com (ausführliche Hintergrundinformationen zum Konzert)
- Rodrigo's Concierto de Aranjuez for Guitar, BBC Radio 4 (Audio, englisch, 30 Min.)
- Rodrigo’s Concierto de Aranjuez: which recording is best? auf gramophone.co.uk (Artikel über das Konzert mit einem Überblick über diverse Aufnahmen)
- El concierto de Aranjuez' de Joaquín Rodrigo auf rtve.es (Video, spanish, 30 Min.)
- Detlef Krenge: Das starke Stück Rodrigo - Concierto de Aranjuez . BR-Klassik, März 2004 (Audio, 6 Min.)
- Sharon Isbin, Steve Morse: Adagio (YouTube, abgerufen am 30. April 2016)
Einzelnachweise
- ↑ Concierto de Aranjuez bei IMDb
- ↑ Plakat und Programm der Premiere (mit den Satzbezeichnungen Allegro ma non troppo – Largo – Allegro [!])
- ↑ Peter Päffgen: Joaquín Rodrigo: 85 Jahre. In: Gitarre & Laute 8, 1986, 6, S. 56 f.; hier: S. 57