David Graeber

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David Graeber

David Rolfe Graeber (* 12. Februar 1961) ist ein US-amerikanischer Ethnologe und Anarchist. Er lehrt an der London School of Economics and Political Science.

Leben

David Graeber ist Autor von Fragments of an Anarchist Anthropology (dt. Fragmente einer anarchistischen Anthropologie, erschienen als Frei von Herrschaft) und Towards an Anthropological Theory of Value: The False Coin of Our Own Dreams (dt. In Richtung einer anthropologischen Theorie des Werts: Die falsche Münze unserer Träume). Ausgiebige Feldforschungen in Madagaskar resultierten in seiner Doktorarbeit The Disastrous Ordeal of 1987: Memory and Violence in Rural Madagascar (dt. Die katastrophale Tortur von 1987: Erinnerung und Gewalt im ländlichen Madagaskar), in der Graeber sich mit der anhaltenden sozialen Spaltung zwischen den Nachfahren des Adels und den Nachfahren ehemaliger Sklaven befasst. Seit Mai 2005 arbeitete Graeber an der Herausgabe zweier Bücher: Reinventing Revolution (dt. Revolution neu erfinden, erschienen als Kampf dem Kamikaze-Kapitalismus) und Direct Action: An Ethnography (dt. Direkte Aktion: Eine Ethnografie).

David Graeber (links, mit T-Shirt der IWW) auf einer Erster-Mai-Veranstaltung in New York City 2007

Graeber ist ein bekannter sozialer und politischer Aktivist, der unter anderem 2002 an den Protesten gegen das Weltwirtschaftsforum in New York City teilnahm. Darüber hinaus ist er Mitglied der Gewerkschaft Industrial Workers of the World und der Internationalen Organisation für eine Partizipatorische Gesellschaft.[1]

Bis Juni 2007 war Graeber Professor für Ethnologie an der Yale University, wo die umstrittene Entscheidung getroffen wurde, Graebers Vertrag nicht zu erneuern. Stattdessen lehrte er bis zum Sommer 2013 Ethnologie am Goldsmiths College der Universität London und wechselte daraufhin an die anthropologische Fakultät der London School of Economics.[2]

Positionen

Graeber kritisiert aus der Perspektive des Ethnologen die Fundamente des ökonomisch-gesellschaftlichen Systems. Dieses würde Menschen zu sinnloser Beschäftigung en masse statt zu sinnfüllender Tätigkeit in Maßen verurteilen:

„In the year 1930, John Maynard Keynes predicted that, by century’s end, technology would have advanced sufficiently that countries like Great Britain or the United States would have achieved a 15-hour work week. There’s every reason to believe he was right. In technological terms, we are quite capable of this. And yet it didn’t happen. Instead, technology has been marshaled, if anything, to figure out ways to make us all work more. In order to achieve this, jobs have had to be created that are, effectively, pointless. Huge swathes of people, in Europe and North America in particular, spend their entire working lives performing tasks they secretly believe do not really need to be performed. The moral and spiritual damage that comes from this situation is profound. It is a scar across our collective soul. Yet virtually no one talks about it.“

„1930 sagte John Maynard Keynes voraus, dass die Technologie bis zum Ende des Jahrhunderts so weit fortgeschritten sein würde, dass Länder wie Großbritannien oder die Vereinigten Staaten eine 15-Stunden-Woche erreicht haben würden. Alles deutet darauf hin, dass er recht hatte. Technologisch gesehen sind wir hierzu in der Lage. Dennoch passiert dies nicht. Stattdessen wurde Technologie dafür eingesetzt, damit wir alle mehr arbeiten. Um dies zu erreichen, mussten Jobs geschaffen werden, die im Resultat sinnlos sind. Große Mengen an Menschen, insbesondere in Europa und Nordamerika haben ihr gesamtes Arbeitsleben damit verbracht, Tätigkeiten auszuführen, von denen sie heimlich denken, dass sie eigentlich nicht getan werden müssten. Der moralische und spirituelle Schaden, der hier aus dieser Situation resultiert, ist schwerwiegend. Es ist eine Wunde in unserer kollektiven Seele. Doch niemand spricht hierüber.“[3]

Anschließend an die Interpretation der Finanzwirtschaft beschäftigte sich Graeber mit dem Homo oeconomicus, wie er nicht nur in den Wirtschaftswissenschaften, sondern davon abgeleitet auch in der Verhaltensforschung an Menschen und Tieren angenommen wird. Er bezieht sich darin insbesondere auf Pjotr Alexejewitsch Kropotkin und spricht sich gegen radikalen Neo-Darwinismus aus, für den er Richard Dawkins und Daniel Dennett ansetzt. Graeber proklamiert ein Prinzip der spielerischen Freiheit, laut dem jegliches Leben „unter gewissen Umständen ein Ziel darin hat, seine komplexesten Fähigkeiten auszuüben.“[4] Seine erste Veröffentlichung zum Thema war ein Essay im Februar 2014.

Schriften (Auswahl)

Weblinks

Commons: David Graeber – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Interviews

Chronologisch. Neueste zuerst.

Einzelnachweise

  1. Internationale Organisation für eine Partizipatorische Gesellschaft – Vorläufiger Ausschuss abgerufen am 8. April 2012
  2. LSE Anthropology, Departmental staff
  3. On the Phenomenon of Bullshit Jobs. 17. August 2013, abgerufen am 11. Januar 2014.
  4. David Graeber: What’s the Point If We Can’t Have Fun?. In: The Baffler, No. 24, 2014
  5. Lasst die Betelnüsse kreisen! in FAZ vom 6. Oktober 2012, Seite L31