Einsturz

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Einsturz nach Erdbeben
Einsturz an aufgegebenem Gebäude

Der Begriff Einsturz bezeichnet das Versagen der Tragstruktur eines Bauwerks. Grund für das Versagen sind Kräfte, die die Tragfähigkeit des Baumaterials übersteigen. Ist ein Bauwerk nicht einsturzgefährdet, gilt es als standsicher. Mit der Standsicherheit von Gebäuden beschäftigt sich die Baustatik (Lehre vom Gleichgewicht der Kräfte).

Geschichte

Schon als der Mensch in der Urzeit damit begann, einfache Bauwerke zu errichten, war er damit konfrontiert, diese möglichst standsicher und tragfähig herzustellen. Allerdings passierte es immer wieder, dass Bauwerke den Belastungen nicht standhalten konnten und einstürzten.

Versagensstadien

Zu den Tragstrukturen eines Bauwerkes zählen Wände, Decken, Fundamente, Unterzüge, Stützen, Balken, Gewölbe, Bögen sowie Dächer. Ein Bauwerk besteht häufig aus vielen verschiedenen Tragstrukturen.

Versagt eine dieser Tragstrukturen, kommt es nicht zwingend zum Einsturz, aber die Bauwerksstruktur wird dadurch geschwächt. Sichtbar bzw. hörbar wird das häufig durch deutliche Risse in Wänden und Decken, übermäßige Durchbiegungen von Bauteilen oder durch entsprechende Geräusche.

Hält die übermäßige Belastung an, kommen weitere Lasten bzw. Einwirkungen hinzu oder fallen weitere Tragstrukturen aus, kollabieren Teile des Bauwerks oder sogar das gesamte Tragsystem des Bauwerks. Oftmals passiert auch dieser Prozess nicht schlagartig, sondern zieht sich über mehrere Sekunden bis Stunden hin, sodass manchmal Zeit zur Flucht bleibt.

Einsturzobjekte

Man denkt zunächst nur an Gebäude, die einstürzen können, aber auch die Tragstrukturen von Brücken, Tunneln, Stützwänden und Baugruben können im Laufe ihrer Lebenszeit versagen.

Einwirkungen

Einwirkungen auf ein Gebäude

Bauwerke müssen vielerlei Lasten und Einwirkungen widerstehen können. Primär tragen sie ihr Eigengewicht. Auf Bauteile und Bauwerke unter der Erdoberfläche wirken Erddruck und Wasserdruck. Diese Einwirkungen nennt man auch ständige Einwirkungen.

Das Wetter belastet das Bauwerk mit Schnee- und Windlasten sowie Zwängungen aus Temperaturveränderungen. Auch Nutzlasten (Personen, Möbel, Fahrzeuge) wirken auf das Tragsystem ein. Diese Lasten nennt man veränderliche Einwirkungen.

Sowohl ständige als auch veränderliche Einwirkungen müssen Bauwerke für die gesamte Dauer ihres Bestehens ohne Probleme tragen können. Lasten und Einwirkungen, die sich nur schwer berechnen lassen, sind Einwirkungen aus Erdbeben, Brand, Anprall von Fahrzeugen und Baugrundsetzungen.

Sicherheit gegen Versagen

Damit ein Bauwerk nicht einstürzt muss in ihm ein statisches Gleichgewicht herrschen. Nur wenn die Gesamtheit der widerstehenden Kräfte gleich oder größer ist als die Summe der einwirkenden Kräfte ist das Bauwerk standsicher. Diese Sicherheit zu schaffen ist Aufgabe des (Bau-)Statikers. Er belegt durch eine sog. statische Berechnung, dem Standsicherheitsnachweis, dass ein Tragwerksversagen nahezu ausgeschlossen ist. Für diesen Nachweis ist er haftbar und kann rechtlich belangt werden, wenn Personen oder Gegenstände bei einem Einsturz zu Schaden kommen. Um z. B. Streuungen der Materialkennwerte, den Einfluss von vereinfachenden Annahmen o. ä. (auf der Widerstandsseite) oder nicht berücksichtigte Einwirkungen (auf der Einwirkungsseite) zu erfassen, werden bei der statischen Berechnung so genannte Teilsicherheitsbeiwerte mit einbezogen. Die Größe dieser Sicherheitsbeiwerte ist durch die Bauordnungen der Länder festgelegt, es ergibt sich mit diesen eine (für die Allgemeinheit als noch akzeptabel angesehene) Versagenswahrscheinlichkeit.

Um die Standsicherheit von Bauwerken auf Dauer zu gewährleisten müssen diese instand gehalten, d. h. geprüft und gewartet werden. Werden die wichtigen Tragstrukturen regelmäßig kontrolliert und ermüdete oder durch Umwelteinflüsse beeinträchtigte Materialien frühzeitig ausgewechselt, bleibt das bei der Errichtung angestrebte Sicherheitsniveau erhalten.

Um die Risiken eines Einsturzes durch Erdbeben zu verringern, versucht man beispielsweise erdbebensichere Gebäude zu entwerfen. Aktuelles Beispiel ist hierfür das Taipei 101 in Taipeh (Taiwan). Auch dort erreicht man durch Einbau eines Schwingungsdämpfers mit einer Stahlkugel als bewegliche Gegenmasse erhöhte Erdbebenbeständigkeit, indem durch Erdbeben induzierte Gebäudeschwingungen gedämpft werden, insbesondere im Bereich der Eigenfrequenz des Hochhauses.

Dieses Bauprinzip vermindert die Einwirkungen aus Erdbeben auf das Gebäude auf ein so geringes Maß, dass (fast) keine Schäden am Gebäude entstehen.

Der um 1992 errichtete Erich-Edegger-Steg für Fußgänger und Radfahrer in Graz über die Mur wurde 2006 gesperrt, nachdem eine Bautechnikstudentin mit ihrer Diplomarbeit analysiert hatte, dass das 60 m lange stählerne Tragwerk des Stegs durch Anregung gefährlich in Schwingung gebracht werden kann. Bis zur Lieferung eines Gutachtens blieb der Steg zwei Monate gesperrt und wurde 2007 für 40.000 Euro unter der Stegmitte mit einem Schwingungsdämpfer mit zwei Massen nachgerüstet.[1]

Nutzen

Der Einsturz von Bauwerken durch die Schwerkraft macht sich der Mensch schon seit vielen Jahren zunutze. Oft ist es nur so möglich, Bauwerke, die nicht mehr gebraucht werden, einfach und schnell abzutragen. Neben der klassischen Abrissbirne ist hier vor allem das Sprengen zu nennen, das gezielt tragende Strukturen im Bauwerke beschädigt oder vollständig zerstört, um es kontrolliert zum Einsturz zu bringen.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. http://stmv1.orf.at/stories/212097 Mursteg soll künftig nicht mehr schwingen, 3. August 2007. Abgerufen 8. März 2015.