Fahrwerk

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 29. September 2016 um 07:28 Uhr durch AnnaS.aus I. (Diskussion | Beiträge) (Die letzte Textänderung von 87.152.142.40 wurde verworfen und die Version 157673963 von 176.7.53.89 wiederhergestellt.). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Als Fahrwerk bezeichnet man die Gesamtheit aller Teile eines Landfahrzeugs, die der Verbindung des Fahrgestells über die Räder zur Fahrbahn dienen.

Automobil-Fahrgestell mit Fahrwerk und einigen wenigen Teilen des Aufbaus (z.B. Auspuff-Teile)

Straßenfahrzeuge

Neben Antrieb und Fahrzeugaufbau ist das Fahrwerk ein Hauptbestandteil des Automobils. Es besteht aus Rädern, Radträgern, Radlagern, Bremse, Radaufhängung, Fahrschemel, Federung inkl. Stabilisator, Dämpfung und Lenkung.[1]

Die selbsttragende Karosserie eines PKW ist sowohl Fahrgestell als auch Großteil des Fahrzeugaufbaus.

Räder

Das "Rad", eigentlich die Rad-Reifen-Kombination besteht aus Reifen und einer Felge. Das Rad stellt den gesamten Körper dar, bestehend aus Felge und Radscheibe (Radschüssel) bzw. Radstern oder Radspeichen mit Nabenteil. Die Felge dient zur Aufnahme des Reifens. Radscheibe, Radstern oder Speichen mit Nabenteil dienen zur zentrischen Befestigung des Rades an der Radnabe. „Komplettrad“ ist der Begriff für das komplette Rad (Reifen, Rad und Ventil). In der Praxis werden die Begriffe Felge und Rad oft verwechselt.

Die "Räder" sind der Kontaktpunkt zwischen Fahrwerk und Straße. Sie haben damit wesentlichen Einfluss auf die Fahrdynamik. Sie gehören zu den ungefederten Massen des Fahrzeugs und sollten daher möglichst leicht sein. Durch die wechselnden Belastungen werden hohe Anforderungen hinsichtlich der Festigkeit der Räder und der Abnutzung der Reifen gestellt. Die Reifen müssen bei jedem Wetter und unterschiedlichen Fahrbahnbelägen möglichst eine schlupffreie Verbindung zur Straße herstellen. Den sicheren Kontakt der Räder mit der Straße gewährleistet die Radaufhängung.

Radaufhängung

Als Radaufhängung bezeichnet man alle Bauteile zur beweglichen Verbindung zwischen den Rädern und dem Fahrgestell oder der selbsttragenden Karosserie. Sie übertragen Lenk-, Brems- und alle Beschleunigungskräfte. Die Radaufhängung ist bei einem Fahrzeug mit Rahmenbauweise direkt am Rahmen befestigt. An Fahrzeugen mit selbsttragender Karosserie werden häufig sogenannte Fahrschemel eingesetzt um die Teile der Radaufhängung mit der Karosserie zu verbinden.

Lenkung

Durch die Lenkeinrichtung lässt sich ein nicht schienengebundenes Fahrzeug in eine gewollte Richtung steuern. Die Räder nehmen bei jedem Lenkeinschlag eine durch die Fahrwerksgeometrie bestimmte Stellung zueinander ein. Das Lenktrapez ermöglicht unterschiedliche Einschlagwinkel (Spurwinkel) der Vorderräder, wobei das kurveninnere Rad stärker eingeschlagen wird als das kurvenäußere.

Bremse

Das Fahrwerk hat Verzögerungskräfte möglichst schlupfarm auf die Fahrbahn zu übertragen. Verzögerungskräfte bereitzustellen übernimmt die Radbremse bzw. die Betriebsbremse. Betriebsbremsen sind alle Bauteile einer Bremse, die unter direktem Einfluss des Fahrers zum Verringern der Fahrgeschwindigkeit, zum sicheren Anhalten und zum Halten der Geschwindigkeit dienen. Sie sind am Fahrwerk montiert und wirken direkt auf die Räder. Sonderbauformen können jedoch auch über eine Antriebswelle auf die Räder wirken.

Fahrwerkseinstellungen

PKW bei der Fahrwerkseinstellung
Momentanpol einer Doppelquerlenker-Radaufhängung

Die fahrdynamischen Eigenschaften der Radaufhängung sind von der Fahrwerksgeometrie, der Massenverteilung und den Kraftkennlinien abhängig. Folgende, teilweise veränderliche Kenngrößen sind maßgebend:

  • Radsturz: Der Radsturz ist die Neigung eines Rades, nämlich die Abweichung von der senkrechten Stellung. Die Abweichung nennt man Sturzwinkel. Ist das Rad nach außen geneigt (so, als wolle es nach außen umfallen), ist der Sturz "positiv", ist sie nach innen geneigt, ist der Sturz "negativ".
  • Spur: Der Spurwinkel ist der Winkel zwischen der Längsachse des Fahrzeugs projiziert auf die Fahrbahn und der Schnittlinie zwischen Radmittelebene und Fahrbahnebene.
  • Vorspur: Der Vorspurwinkel ist der Spurwinkel bei Lenkradwinkelstellung geradeaus. Früher wurde die Vorspur in mm angegeben. Dabei wurden die Abstände der Felgeninnenkanten der Räder einer Achse, in Höhe der Radmitte, vorn und hinten gemessen und beide Werte subtrahiert. Ist der Abstand an der Radvorderseite kleiner als an der Radhinterseite, ist die Vorspur positiv. Ist er dagegen hinten kleiner als vorne ist die Vorspur negativ. In diesem Fall spricht man von der sogenannten Nachspur. An der Hinterachse wird Vorspur zur Verbesserung der Fahrstabilität eingesetzt. Nachteil einer zu großen Vorspur kann der Reifenverschleiß sein.
  • Radstand: Der Radstand ist der Abstand von zwei Achsen in Längsrichtung des Fahrzeugs, gemessen im Radmittelpunkt. Bei Fahrzeugen mit mehr als zwei Achsen werden mehrere Radstände angegeben.
  • Nachlauf (Nachlaufstrecke): Siehe Nachlauf.
  • Lenkrollhalbmesser/Lenkrollradius: Der Lenkrollradius ist der senkrechte Abstand zwischen dem Durchstoßpunkt der Spreizachse (Lenkdrehachse) durch die Fahrbahn und der Schnittlinie zwischen Radmittelebene und Fahrbahnebene. Liegt der Durchstoßpunkt weiter außen als der Radaufstandspunkt, ist der Wert negativ.
  • Federweg: Der Weg, den ein Rad zwischen eingefederter und ausgefederter Stellung zurücklegt heißt Federweg. Dabei wird senkrecht zur Fahrbahn gemessen. Den Federweg zwischen der statischen Einfederung bei leerem Fahrzeug und bei voller Einfederung bezeichnet man als 'positiven Federweg', den Federweg zwischen der statischen Einfederung bei leerem Fahrzeug und dem voll ausgefederten Zustand (angehobenes Fahrzeug) bezeichnet man als 'negativen Federweg'.
  • Federkennlinie: Für die Kennlinie einer Feder wird in einem Diagramm der Federweg im Zusammenhang mit der Federkraft dargestellt. Die Steigung der dargestellten Linie ist die Federkonstante.
  • Eigenschwingungszahl: Die Eigenschwingungszahl ist von Federkonstante und Masse eines federnden Systems abhängig. Sie wird in einem Diagramm dargestellt und sollte möglichst konstant sein, das heißt sie darf sich bei Beladung nicht andern. Dies läßt sich mit einer progressiven Federkennlinie annähern.
  • Dämpfungsvermögen: In Kraft-Weg-Diagrammen und Kraft-Geschwindigkeits-Diagrammen wird die Kraft zum Abbremsen einer Bewegung (Weg des Stoßdämpferkolbens) als Dämpfungskraft dargestellt. Je progressiver die aufgezeigten Kurven umso größer ist das Dämpfungsvermögen eines Systems.
  • Momentanpol (Momentanzentrum) und Wankzentrum: Der Momentanpol ist bei einer Doppelquerlenkerradaufhängung vereinfacht betrachtet der Schnittpunkt beider Lenkermittellinien einer Achsseite. Werden von den Momentanpolen beider Seiten Geraden durch die Radaufstandspunkte gezogen, so erhält man das Momentanzentrum. Beide ändern ihre Lage bei Federbewegungen des Fahrwerks. Beide sind entscheidend für die Fahrstabilität und müssen bei der Konstruktion berücksichtigt werden.
  • Wankachse: Die Wankachse ist die Verbindungslinie der Wankpole von Vorder- und Hinterachse. Beim Angreifen von Seitenkräften wie Zentrifugal- oder Trägheitskräften am Schwerpunkt wankt der Fahrzeugaufbau um diese Achse.
  • Der Spurdifferenzwinkel ist die Winkeldifferenz um die das kurvenäußere Rad gegenüber dem kurveninneren Rad weniger weit eingeschlagen wird.

Verwandte Themen

Das Einspurmodell ist ein vereinfachtes Modell der Querdynamik von zweispurigen luftbereiften Fahrzeugen.

Flugzeug

Bei Flugzeugen dient das Fahrwerk zum Rollen (englisch: taxi), Starten und Landen sowie zum Bewegen des Fluggerätes am Boden (z.B. Hubschrauber). In letzterem Fall muss das Fluggerät nicht unbedingt von den eigenen Triebwerken angetrieben werden, sondern kann auch geschleppt oder rückwärts geschoben werden (Pushback).

Bei den meisten größeren Flugzeugen wird das Fahrwerk beim Start nach dem Abheben eingefahren (Einziehfahrwerk), um den Luftwiderstand zu verringern. Es wird erst vor der Landung wieder ausgefahren. Seit 2009 wird ein Bodenfahrwerk erforscht, welches es ermöglichen soll, Flugzeuge ohne eigenes Fahrwerk zu betreiben.

Schienenfahrzeug

Bei Schienenfahrzeugen wird das Fahrwerk als Laufwerk bezeichnet. Es übernimmt die sichere und komfortable Führung des Fahrzeuges im Gleis und überträgt die auftretenden Kräfte.

Literatur und Quellen

  • Folkmar Kinzer (Hrsg.): Kfz-Fahrwerk. 5. Auflage. Transpress, Verlag für Verkehrswesen, Berlin 1987, DNB 871001721
  • „Kraftfahrzeug-Technologie“
  • „Kraftfahrzeugtechnik“ von EUROPA-FACHBUCHREIHE – Verlag Europa-Lehrmittel
  • Bernd Heißing, Metin Ersoy, Stefan Gies: Fahrwerkhandbuch: Grundlagen, Fahrdynamik, Komponenten, Systeme, Mechatronik, Perspektiven. Vieweg / Springer Vieweg 2007, 2008, 2011, 2013. ATZ/MTZ-Fachbuch.[2]

Weblinks

Commons: Chassis – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Bernd Heißing, Metin Ersoy, Stefan Gies: Fahrwerkhandbuch: Grundlagen · Fahrdynamik · Komponenten · Systeme · Mechatronik · Perspektiven (ATZ/MTZ-Fachbuch). 4. Auflage. Springer Vieweg, 2013, ISBN 978-3-8348-0105-0, S. 1.
  2. Inhaltsverzeichnis (pdf), Vorwort (pdf), Auszug (7 MB, 119 S.)