Frédérique Émilie Auguste O’Connell

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Frédérique Émilie Auguste O’Connell, Foto um 1855

Frédérique Émilie Auguste O’Connell (* 28. März 1822[1] in Potsdam als Emilie Friederike Auguste Miethe;[Anm. 1]21. Oktober 1885 in Paris) war eine deutsche Malerin und Radiererin, die in Paris lebte und arbeitete. Sie unterrichtete Kunst und unterhielt einen literarisch-musischen Salon.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Friederike Miethe war das älteste von neun Kindern des Pfefferküchlermeisters und Schokoladenfabrikanten Johann Friedrich Miethe (1791–1832) und seiner Frau Emilie Miethe, geb. Blumenthal. 1840 ließ sich die Familie in Berlin nieder.[2] Als sie 15 Jahre alt war (1838), wurde ihre Begabung mit dem Gemälde Raffael und La Fornarina bekannt. Im Alter von 18 Jahren (1840) nahm Friederike in Berlin bei Wilhelm Herbig, August Remy und Carl Joseph Begas Unterricht in Malkunst und so entstanden bereits sehr früh für ihr Alter weitere gelungene Figurenkompositionen und Ölgemälde. Bereits im Herbst 1842 war sie auf der Kunstausstellung zu Berlin mit einem Gemälde vertreten, welches eine Szene mit König Ludwig XIII., seiner Mutter Maria de’ Medici und Kardinal Richelieu in einem Prunkzimmer zeigt.[3] 1844[Anm. 2] zog sie nach Brüssel, um dort die flämischen Meister kennenzulernen und bei dem Maler und Zeichner Louis Gallait zu studieren. Mit ihren Historienbildern konnte sie zügig erste Erfolge erzielen. So konnte sie 1848 und 1851 einige ihrer Werke im Brüsseler Salon ausstellen und im Pariser Salon war sie ebenfalls 1846 und 1852 vertreten. In der Ausstellung der Berliner Akademie 1850 zeigte sie neben vier Ölgemälden auch Radierungen nach eigener Komposition und erhielt positive Kritiken. Ihre Radierkunst nutzte die Künstlerin zur Verbreitung ihrer Malerei und übertrug zum Beispiel sowohl die Halbfigur der Maria Magdalena als auch deren Kopf in Radierungen. In der Alten Nationalgalerie Berlin waren beide Radierwerke, die von der zeitgenössischen französischen Kritik als den Flamen ebenbürtige Darstellungen gefeiert worden waren, im Jahr 1881 in einer Sonderausstellung zu sehen.

1844 heiratete sie den irischen Edelmann Adolphe O’Connell[Anm. 3] und nannte sich fortan Frédérique Émilie Auguste O’Connell. 1853 siedelte sie nach Paris um, wo sie Unterricht bei Édouard Bertin nahm. Vielfach gelobt wurde die Künstlerin nach ihrer gelungenen Präsentation auf der Pariser Weltausstellung 1855, insbesondere für die Darstellung eines weiblichen Fauns (A Faunesse). 1856–1857 unternahm sie eine Reise nach Rom. Ab 1859 führte sie einen literarisch-musischen Salon in ihrer Wohnung in der Nähe des Montmartre,[Anm. 4] zu dessen Besuchern bekannte Persönlichkeiten wie Alexandre Dumas der Jüngere und die Schauspielerin Rachel gehörten. In den gleichen Räumlichkeiten bot sie ab 1859 Kunstunterricht für Mädchen an. Sie beschäftigte sich auch mit der Nachbearbeitung (Kolorieren, Retuschieren) von Aufnahmen des Fotografen Félix Nadar.[4] Zwischen 1862 und 1865 war sie Mitglied der neu gegründeten Künstlervereinigung Société des Aquafortistes ‚Gesellschaft der Radierer‘. Ebenfalls in diesem Zeitraum erfolgte die Trennung von ihrem Ehemann, ohne dass die Ehe geschieden wurde.

Der Deutsch-Französische Krieg 1870/71 führte zur Isolation und sinkendem Interesse an dieser Künstlerin, die nie die französische Staatsangehörigkeit angenommen hatte – obwohl sie sich seit ihrer Umsiedlung nach Paris als Französin ausgab und ihre Werke in den Frankreich-Abteilungen der internationalen Ausstellungen präsentierte.

Die letzten Jahre ihres Lebens (ab 1881) verbrachte sie in einem psychiatrischen Pflegeheim in Neuilly-sur-Marne, wo sie verarmt starb.[Anm. 5]

Schaffen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Friederike Miethe genoss eine sehr gute Schulbildung, sie war vielseitig interessiert, sowohl musisch als auch naturwissenschaftlich. Eine besondere Begabung zeigte sie beim Zeichnen von menschlichen Figuren, die sie in verschiedenen, historisierenden Szenen zusammenstellte. Die ersten internationalen Erfolge erlangte sie folglich mit Historiengemälden.

Ihr Talent zeigte sich in einer Zeit, in der deutschen Frauen der Zugang zur Ausbildung als Künstlerin nur über Privatunterricht möglich war. In ihrem Fall beschäftigte sie sich außerdem mit Historien- und Porträtmalerei sowie Radierungen, die seinerzeit traditionell eine Domäne der männlichen Künstler waren. Vielseitig interessiert pflegte sie gesellschaftlichen Umgang und lernte auf diese Weise auch ihre Auftraggeber kennen, darunter Emma Siegmund und ihren späteren Ehemann Georg Herwegh, die Schauspielerin Rachel, die Schriftsteller Théophile Gautier und Alexandre Dumas den Jüngeren, den Literaturkritiker Arsène Houssaye und weitere Angehörige des wohlhabenden und gebildeten Bürgertums.

Ihre Darstellungen werden als kraftvoll und ausdrucksstark beschrieben. Weil sie ihre menschlichen Figuren auch recht rundlich präsentiert, vergleicht man sie mit flämischen Meistern wie Rubens, van Dyck und Rembrandt. Vor allem aus ihrer Pariser Zeit sind zudem positive Kritiken erhalten, die ihre Werke als „männlich“ auszeichnen. Unter den Gemälden im Stil van Dycks war vor allem ein Porträt einer jungen blonden Frau im schwarzen Satinkleid umstritten, da es zunächst aufgrund der zugeschriebenen Ausdruckskraft fälschlicherweise als Selbstbildnis galt. Eine Porträtfotografie in Schwarz-Weiß von 1855 enthüllte jedoch, dass die Künstlerin nicht blond war und es sich wahrscheinlich nicht um ein Selbstporträt handelt.

Die 1858 entstandene Zeichnung der Rachel auf dem Totenbett führte zu einer rechtlichen Auseinandersetzung mit der Familie der Toten, weil diese meinte, die Tote wäre zu realistisch dargestellt worden.

Eine 17-jährige Schülerin, die in Paris aufgewachsene Irin und späteren Porträtmalerin Henriette Corkran (1841/42–1911),[5][6] beschrieb Madame O’Connell in ihrem Buch Celebrities and I: „Die wundervoll dunklen Augen [waren] voll Feuer und Intelligenz.“ Ihr Wesen umgab „eine Aura von Energie und Kraft“, „sie hatte Vitalität und Genialität“. „Sie konzentrierte ihre Energie nicht nur auf ihre Malerei, sondern auch auf die Lösung von schwierigen mathematischen Themen, oder dem Lesen von ihrem geliebten Balzac. Sie interessierte sich auch für Menschenrechte und die Freiheit von Frauen.“

In ihrem späteren Leben „vertiefte sie sich in religiös-philosophische Studien und arbeitete auf Grund der Schriften Jakob Böhme’s an einem eigenen philosophischen Werke.“[7]

Werke (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Viele der oben aufgeführten und weitere Werke sind in der Biographie der Frédérique O’Connell von Philippe Burty aufgeführt und beschrieben.

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. In dem Taufbuch sowie auf der Stammtafel der Familie Miethe ist ihr Name als Emilie Friederike Auguste Miethe vermerkt, der Rufname Friederike ist in der Stammtafel hervorgehoben. Ihre ersten Werke sind ebenfalls mit Friederike Miethe signiert. Zu vermuten ist, dass sie später ihren Rufnamen an erster Stelle genannt hat. Da sie nach ihrer Eheschließung nur noch die französische Form ihrer Vornamen verwendet hat, ist sie als Frédérique Émilie Auguste O’Connell bekannt geworden.
  2. andere Quellen: 1842
  3. In einigen Quellen wird als Vorname des Ehemannes auch Alfred oder Auguste genannt.
  4. Ihre Wohnung/Atelier lag im dritten Stock eines Hauses am Place Vintimille, dem heutigen Place Adolphe-Max im Quartier Saint-Georges im 9. Arrondissement.
  5. Die Aussagen über die Ursachen ihrer geistigen Störungen in den Quellen sind nicht einheitlich, einige sprechen von Demenz, es könnten aber auch Depressionen gewesen sein. Die Bezeichnung maison de santé ‚Heilanstalt‘ in den französischen Quellen wird in den deutschen Quellen mit zum Beispiel Altenheim, Irrenanstalt oder geschlossene Anstalt wiedergegeben.
  6. Nach Auskunft des Dichter- und Stadtmuseums Liestal ist die Jahreszahl 1838 im Rahmen des Gemäldes eingraviert: Welche Beziehung die damals 16-jährige Frederike Miethe (wohl noch in Potsdam lebend) mit der etwa fünf Jahre älteren Emma Siegmund (in Berlin lebend) hatte, könnte noch durch das Studium der Tagebücher und Briefe der Emma Siegmund erforscht werden.
  7. Auszeichnung mit einer Silbermedaille auf der Allgemeinen Kunstausstellung 1845 in Brüssel; ebenfalls Auszeichnung mit einer Goldmedaille für Historienmalerei von Leopold I. im Rahmen ihrer Beteiligung an den Brüsseler Salonausstellungen.
  8. Das Bildnis zeigt wohl ihren Ehemann A. O’Connell in dem Kostüm eines Chevaliers aus der Zeit Ludwig des XIII.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Tome Douzième: Revue des Deux Mondes. XXIe Année – Nouvelle Période. Paris 1. Oktober 1851, Les Arts en Belgique, S. 363 (französisch, google.de).
  • Philippe Burty: Gazette des Beaux-Arts. Courrier Européen de L’ART et de la CURIOSITÉ. Nr. 6. Paris 15. März 1860, L’Atelier de Madame O’Connell, S. 365–371 (französisch, uni-heidelberg.de).
  • Dr. Max Jordan: Katalog der Königlichen National–Galerie zu Berlin. Zweiter Theil: Biographisches Verzeichnis der Künstler. 7. Auflage. Ernst Siegfried Mittler & Sohn, 1885.
  • Henriette Corkran: Celebrities and I. Hutchinson & Co., London 1902, S. 114–127 (Textarchiv – Internet Archive).
  • Clara Erskine Clement: Women in the Fine Arts. From the Seventh Century B. C. to the Twentieth Century A. D. Houghton, Mifflin and Company, Boston / New York 1905, S. 114 (englisch, Wikisource).
  • Hans Wolfgang Singer (Hrsg.): Allgemeines Künstler–Lexicon. Leben und Werke der berühmtesten bildenden Künstler. Band 3. Literarische Anstalt Rütten & Loening, Frankfurt am Main 1898, S. 327 (digitale-sammlungen.de).
  • O’Connell, Friederike Emilie Auguste. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band 25: Moehring–Olivié. E. A. Seemann, Leipzig 1931, S. 557 (biblos.pk.edu.pl).
  • Dorothea Suffrian: Stammtafel der Familie Miethe. für Inge Meisner. Februar 1937., Auszug in Helmut Seibt: Adolf Miethe (1862–1927): Lebenserinnerungen (= Acta historica astronomiae. Nr. 46). Harri Deutsch, Frankfurt am Main 2012.
  • Éliane Gubin, Marie–Sylvie Dupont–Bouchat: Dictionnaire des femmes belges. XIXe et XXe siècles. Éditiones Racine, Brüssel 2006, ISBN 2-87386-434-6, S. 401 (französisch).
  • Gitta Ho: Allgemeines Künstler–Lexikon. Die bildenden Künstler aller Zeiten und Völker. Hrsg.: Andreas Beyer, Bénédicte Savoy, Wolf Tegethoff. Band 93. De Gruyter, Berlin/Boston 2017, ISBN 978-3-11-023259-2, S. 170–171.
  • Birgit Verwiebe: Friederike Emilie Auguste O’Connell. In: Yvette Deseyve, Ralph Gleis (Hrsg.): Kampf um Sichtbarkeit. Künstlerinnen der Nationalgalerie vor 1919. Dietrich Reimer, 2019, ISBN 978-3-496-01634-2, S. 28–29,151–152.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Frédérique O'Connell – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Laut Eintrag im Taufbuch der evangelischen Kirchengemeinde St. Nikolai Potsdam Jahrgang 1822, Nr. 65, Seite 477/478; Domstiftsarchiv Brandenburg Mikrofiche-Signatur: MF 24648 (6-)
  2. Miethe. In: Allgemeiner Wohnungsanzeiger für Berlin, Charlottenburg und Umgebungen, 1840, S. 258 (Albrechtstraße 20 im heutigen Bezirk Mitte).
  3. Bericht über die Kunstausstellung zu Berlin im Herbste 1842. In: Morgenblatt für gebildete Stände / Kunstblatt. Nr. 4, 12. Januar 1843, S. 14 (uni-heidelberg.de [abgerufen am 8. Januar 2020]).
  4. a b Die heilige Magdalena. In: SMB–digital – Online–Datenbank der Sammlungen. Staatliche Museen zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz, abgerufen am 13. Januar 2020.
  5. Corkran, Henriette L. In: Oxford Art Online – Bénézit Dictionary of Artists. Abgerufen am 14. Januar 2020 (englisch).
  6. Celebrities and I. In: The Spectator. 31. Januar 1903, S. 7 (englisch, spectator.co.uk [abgerufen am 12. Januar 2020]).
  7. Aus ihrer Biographie, in Max Jordan: Katalog der Königlichen National–Galerie zu Berlin. Zweiter Theil: Biographisches Verzeichnis der Künstler. 7. Auflage. Ernst Siegfried Mittler & Sohn, 1885.
  8. a b Georg Herwegh – Dichterleben. In: Georg–Herwegh–Edition. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. September 2021; abgerufen am 8. Januar 2020.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.georgherwegh-edition.de
  9. Bildung und Vermittlung – Arbeitsmaterial Literatur und Geschichte – Herwegh Infoblätter. (PDF) In: Dichter- und Stadtmuseum Liestal. Abgerufen am 8. Januar 2020.
  10. Georg Herwegh – Herwegh in Bildern. In: Georg–Herwegh–Edition. Abgerufen am 7. Januar 2020.
  11. Pasimonie. Collection des Lois, Décrets, Arrètés et Règlements Généraux. S. 724 (französisch, google.de).
  12. Portrait of Two Sisters, Half–length, In White Dresses With Redribbons, Holding Flowers. In: niceartgallery.com. Abgerufen am 12. Januar 2020 (englisch).
  13. Portrait of Rachel. In: niceartgallery.com. Abgerufen am 12. Januar 2020 (englisch).
  14. Bildnis Ernst Adolf Neo. In: Bildindex der Kunst & Architektur. Abgerufen am 5. Januar 2020.
  15. Bildnis Adolf (Aron) Neo. In: SMB–digital – Online–Datenbank der Sammlungen. Staatliche Museen zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz, abgerufen am 13. Januar 2020.
  16. Portrait de Rachel. In: mahJ – musée d’art et d’histoire du Judaïsme. Abgerufen am 6. Januar 2020 (französisch).
  17. Portrait of a Young Girl with Red Ribbons. In: niceartgallery.com. Abgerufen am 13. Januar 2020 (englisch).
  18. Portrait of a Young Girl with Red Ribbons. In: www.invaluable.com. Abgerufen am 13. Januar 2020 (englisch).
  19. Portrait of a Young Girl Holding Roses. In: www.invaluable.com. Abgerufen am 13. Januar 2020 (englisch).
  20. Kopf der Maria Magdalena. In: SMB-digital – Online–Datenbank der Sammlungen. Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, abgerufen am 13. Januar 2020.
  21. Neil Philip: A female etcher of the Second Empire: Frederique Emilie O’Connell. In: Adventures in the Print Trade. 1. September 2011, abgerufen am 13. Januar 2020 (englisch).
  22. Un Chevalier Louis XIII, from Eaux–Fortes Modernes. Collections Database – Five Colleges and Historic Deerfield Museum Consortium, abgerufen am 13. Januar 2020 (englisch).
  23. Gazette des Beaux-Arts. Courrier Européen de L’ART et de la CURIOSITÉ. Nr. 6. Paris 1. Juli 1866 (französisch, uni-heidelberg.de [abgerufen am 8. Januar 2020]).
  24. Frauenbildnis. In: SMB–digital – Online–Datenbank der Sammlungen. Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, abgerufen am 13. Januar 2020.
  25. Portrait de la Comtesse de Talleyrand–Perigord. In: niceartgallery.com. Abgerufen am 13. Januar 2020 (englisch).
  26. Portrait de la Comtesse de Talleyrand–Périgord, née Véra de Benardaky. In: artnet.com. Abgerufen am 13. Januar 2020 (englisch).
  27. Portrait d’Armand Turlot. In: Musées royaux des Beaux–Arts de Belgique. Abgerufen am 9. Januar 2020 (französisch).