Franciscus Balduin

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von François Baudouin)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Franz Balduin, auch Franz Baudouin, frz. François Baudouin, ital. Franciscus Balduin (* 1. Januar 1520 in Arras, Flandern; † 24. Oktober[1][2] oder 11. November[3][4] 1573 in Paris), war ein französischer Professor für Zivilrecht und Autor. Bezeichnend für sein Leben waren einige Konvertierungen zwischen katholischen und reformierten Glauben sowie einige öffentlich ausgetragene Streits mit ebenfalls bedeutenden Juristen.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es gab vor Franz Balduin zwei Juristen mit ähnlichem Namen, die ihm bezüglich der Thematik seines Lebenswegs auch nicht fern standen, so der Glossator Jakobus Balduin († 1235) und Bartolus’ Schüler Baldus de Ubaldis.[5]

Franz war der Sohn des königlich spanischen Prokurators Anton Balduin. In Löwen lernte er die lateinische Sprache und studierte mit großem Erfolg Jura. Sein Studium schloss er in Brüssel ab. Im Anschluss kam er ebenda an den Hof Kaiser Karls V. In Paris, offenbar über Beziehungen zu König Franz I., wurde er dann mit de Baïf, Budäus, Cujas und Karl du Moulin bekannt. Um das Jahr 1544 ging er von Paris nach Genf, um seiner Neugierde wegen Calvin und Bucer kennenzulernen. Auch soll er zu Calvin’s Lehre konvertiert sein, und im Jahr 1545 nach Paris als wieder katholischer Mann zurückgekehrt. Im Jahr 1547 in Genf habe er sogar bei Calvin gewohnt, selbstverständlich calvinistischer Gesinnung. Er kehrte abermals nach Paris zurück und soll erneut zum Katholizismus konvertiert sein.[6]

Im Jahr 1548 besuchte „der junge [...] und insbesondere in Glaubensdingen [als] unzuverlässiger Charakter geschildert[e]“ Balduin in Paris Franciscus Duaren, um ihn um Hilfe zu bitten, dessen verlassenen Lehrstuhl in Bourges zu erhalten, was durch Duaren’s Empfehlungsschreiben auch so geschah. Schließlich erhielt er einen Ruf nach Bourges und promovierte am 12. März 1549 unter Eguinaire Baron. Wenig später war Balduin ordentlicher Professor. Ungeachtet Baro’s Bedeutung für Balduin’s Lebensweg, legte sich Balduin nach Erlangen seiner Ämter mit Baro an.[7]

Nach Baro’s Tod wurde Duaren im Jahr 1550 nach Bourges zurückberufen und in der Tat von Balduin mit Hochachtung empfangen. Später schrieb Duaren, Balduin hätte alles gegen seine Rückkehr nach Bourges unternommen gehabt. Balduin fiel gegenüber Duaren durch zahlreiche Disziplinlosigkeiten, Beleidigungen (auch gegen Leconte, Hotman, Calvin und Bèze) und Ärgernissen auf, verursachte sogar eine Aufruhr. Beispielsweise hielt er sich nicht an den mit den anderen Professoren abgestimmten Stundenplan, einmal stellte er wegen wissenschaftlicher Arbeiten die Vorlesungen komplett ein, bis er von den Magistraten zur Wiederaufnahme gezwungen wurde. Einmal machte er ohne Rücksprache für längere Zeit Urlaub, woraufhin ihm sein Gehalt gestrichen wurde. Daraufhin wiederum reagierte er „mit einem gänzlichen Ausfall seiner Vorlesungen“.

Es entbrannte zwischen den zwei Kollegen ein erbitterter Streit, der Professorenkollegium und Studentenschaft jeweils spaltete. Am 6. März 1554, bei einer Schlägerei gab es sogar ein Todesopfer. Duaren ließ zunächst seine Beziehungen zur Herzogin Marguerite spielen, die über Nikolaus Cisner eine Verbindung zum Todesopfer hatte (Der verstorbene Daniel Schleicher war Mitglied der von Cisner geführten Gruppe, die im Jahr 1553 in Bourges eingetroffen war). Zwar sollten die Schuldigen bestraft, wohl teils hingerichtet werden, doch Duaren gab gegenüber den ihm nachstellenden Studenten nach und kündigte seinen Rückzug aus Bourges an. Die Herzogin und ihr Kanzler L’Hospital stellten sich dem in den Weg, woraufhin im Jahr 1555 Balduin selbst Bourges verließ. Zur seinerseits angekündigten Rückkehr kam es aber nie.[8]

Andreas Räß zufolge, wobei die von ihm angegebenen zeitlichen Angaben etwas verschoben sind (laut Räß las Balduin bis 1556 in Bourges), erwog Balduin nach Tübingen zu gehen, wovon ihm Calvin, bei dem sich Balduin in Genf aufgehalten habe, aufgrund Du Moulins (angeblich angekündigter) Präsenz abriet.[9]

Im März 1555 war er bereits als Jura-Professor im Gymnasium Straßburg und rief die deutschen Familienväter dazu auf, ihre Kinder im Namen der Religion nach Straßburg statt nach Bourges zu schicken. Duaren erfuhr davon durch Hotman, infolgedessen Balduin und Duaren in Briefen heftige Beleidigungen austauschten.[10] In Straßburg war Balduin in Streitereien mit einem Kollegen namens Hofmann verwickelt.[11]

Im Jahr 1556 wechselte Balduin nach Heidelberg, wo er über die Jahre ein hohes Ansehen als Professor für Zivilrecht gewann. Seine Freundschaft mit Philipp Melanchthon mag dabei eine Rolle gespielt haben. Auch mit dem Balduin gleichgesinnten Philipisten Hubert Languet freundete sich Balduin im Jahr 1557 an. Nach moderner Forschung liegen in Balduin’s Heidelberger Werken Melanchthon’s Ideen zugrunde, obwohl Balduin zuvor bereits wieder zum Katholizismus konvertiert war. Im Jahr 1559 lernte Balduin den ihm über Jahre gleichgesinnten englischen Diplomaten Robert Beale kennen.[12]

Im Jahr 1661 verließ Balduin Heidelberg nach Frankreich und versuchte den König Anton von Navarra für den Katholizismus zu gewinnen. Von Calvin sagte er sich offensichtlich los. Im Jahr 1663 schwor er in Louvre „vor Notar und Zeugen“ der Ketzerei feierlich ab. In den nächsten Jahren trat er für freue Religionsausübung ein, bevor er 1569 Professor zu Angers wurde.

Umgeben von seiner Frau, seiner einzigen Tochter und dem Jesuiten Juan Maldonado starb Balduin im Jahr 1573 in Paris.[4]

Ausgewählte Schriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Historia Carthaginensis sive disputationis de ecclesia, olim habitae inter Catholicos & Donatistasui (deutsch: Die Geschichte Karthagos oder die Debatte um die Kirche, die einst zwischen den Katholiken und den Donatisten geführt wurde). 1566 (Online).
  • Responsio Ad Calvinum Et Bezam (deutsch: Antwort an Calvin und Beza). 1564 (Online).
  • Francisci Baldvini Responsio Altera Ad Ioannem Caluinum (deutsch: Franz Balduin’s zweite Antwort an Johannes Calvin. 1562 (Online).
  • Fran. Balduini I.C. ad Academiam Cracoviensem Disputatio, de quæstione olim agitata in Auditorio Papiniani (deutsch: Franz Balduin I.C.’s Disputation an der Krakauer Akademie über eine Frage, die einst am Auditorium Papinian diskutiert wurde). 1573 (Online).
  • De institvtione historiae vniversae (deutsch: Zur Einrichtung der Universalgeschichte). 1561 (Online).

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Stephanie Freyer und Siegrid Westphal (bd. Hrsg.): Wissen und Strategien frühneuzeitlicher Diplomatie. S. 63–65. Walter de Gruyter (Verlag) 2020 (Online).
  • Michael Erbe: François Bauduin: (1520-1573): Biographie eines Humanisten (= Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte, Band 44). Gütersloh 1978. (Vorschau in Google-Books)
  • Franz Balduin in: Anmerkung 1 auf Seite 277 in: Bibliothek des Litterarischen Vereins in Stuttgart, Band 124: Briefwechsel zwischen Christoph, Herzog von Württemberg, und Petrus Paulus Vergerius. Tübingen 1875 (Online).
  • Franz Balduin in: Andreas Räß: Die Convertiten seit der Reformation, Band 2. Freiburg 1866. S. 176–187 (Online).
  • Balduin (Baudouin) Franz in: Heinrich Joseph Wetzer und Benedikt Welte: Kirchen-Lexikon oder Enzyklopädie der katholischen Theologie, Band 1 (Aaron – Bibelübersetzungen). Freiburg 1847. S. 592–593 (Online).
  • Franz Balduin (Baudouin) in: Karl Friedrich Göschel: Zur theologisch-juristischen Biographie und Literatur, Teil 2. (= Zerstreute Blätter aus den Hand- und Hülfsakten eines Juristen. Wissenschaftliches und Geschichtliches aus der Theorie und Praxis oder aus der Lehre und dem Leben des Rechts. Teil 3,2) Schleusingen 1842. S. 166–167 (Online).
  • Franz Balduin in: Gustav Hugo: Lehrbuch der Geschichte des römischen Rechts seit Justinian, Teil („Versuch“) 3. (= Lehrbuch eines civilistischen Cursus, Band 6.) Berlin 1830. S. 279–280 (Online).
  • Balduin (Franz) in: Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, Teil 7 (B–Barzelletten). Leipzig 1821. S. 228–230 (Online).
  • Franz Balduin. In: Friedrich Eberhard Rambach (Hrsg.): Johann Peter Nicerons Nachrichten von den Begebenheiten und Schriften berümter Gelehrten, Band 22. Halle 1762. S. 149–166 (Online).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Franciscus Balduin – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Andreas Räß: Die Convertiten seit der Reformation. Herder'sche Verlagsbuchhandlung, 1866, S. 181 (google.de [abgerufen am 28. April 2024]).
  2. Allgemeine Literatur-Zeitung zunächst fūr das katholische Deutschland. Mayer, 1867 (google.de [abgerufen am 28. April 2024]).
  3. Heinrich Joseph Wetzer, Benedikt Welte: Kirchen-Lexikon oder Encyklopädie der katholischen Theologie und ihrer Hilfswissenschaften: Aaron - Bibelübersetzungen. 1. Herder, 1847 (google.de [abgerufen am 28. April 2024]).
  4. a b https://www.deutsche-biographie.de/pnd118507230.html
  5. Karl Friedrich Göschel: Zerstreute Blätter aus den Hand- und Hülfsakten eines Juristen: Wissenschaftliches und Geschichtliches aus der Theorie und Praxis oder aus der Lehre und dem Leben des Rechts. C. Glaser, 1842, S. 166 (google.de [abgerufen am 28. April 2024]).
  6. Räß: Die Convertiten seit der Reformation nach ihrem Leben und aus ihren Schriften dargestellt. Herder'sche Verlagsbuchhandlung, 1866, S. 177 (google.de [abgerufen am 28. April 2024]).
  7. Wilfrid Vogt: Franciscus Duarenus 1509 – 1559. Sein didaktisches Reformprogramm und seine Bedeutung für die Entwicklung der Zivilrechtsdogmatik. In: H. Hübner (Hrsg.): Beiträge zur neueren Privatrechtsgeschichte. Band 4. W. Kohlhammer, 1971, S. 17–18.
  8. Wilfrid Vogt: Franciscus Duarenus 1509 – 1559. Sein didaktisches Reformprogramm und seine Bedeutung für die Entwicklung der Zivilrechtsdogmatik. In: H. Hübner (Hrsg.): Beiträge zur neueren Privatrechtsgeschichte. Band 4. W. Kohlhammer, 1971, S. 18, 20–22.
  9. Räß: Die Convertiten seit der Reformation nach ihrem Leben und aus ihren Schriften dargestellt. Herder'sche Verlagsbuchhandlung, 1866, S. 178–179 (google.de [abgerufen am 28. April 2024]).
  10. Wilfrid Vogt: Franciscus Duarenus 1509 – 1559. Sein didaktisches Reformprogramm und seine Bedeutung für die Entwicklung der Zivilrechtsdogmatik. In: H. Hübner (Hrsg.): Beiträge zur neueren Privatrechtsgeschichte. Band 4. W. Kohlhammer, 1971, S. 22.
  11. Räß: Die Convertiten seit der Reformation nach ihrem Leben und aus ihren Schriften dargestellt. Herder'sche Verlagsbuchhandlung, 1866, S. 179 (google.de [abgerufen am 28. April 2024]).
  12. Siegrid Westphal, Stefanie Freyer: Wissen und Strategien frühneuzeitlicher Diplomatie. Walter de Gruyter GmbH & Co KG, 2020, ISBN 978-3-11-062543-1, S. 63–65 (google.de [abgerufen am 28. April 2024]).