Greetsieler Kirche

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Blick von Südwesten auf das Kirchengebäude und den ehemaligen Glockenturm (rechts) der reformierten Kirche

Die evangelisch-reformierte Greetsieler Kirche steht im ostfriesischen Hafenort Greetsiel, in der Krummhörn.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Innenraum mit seinen stark geneigten Seitenwänden
Orgelprospekt

Die Greetsieler Kirche entstand in zwei Bauabschnitten zwischen 1380 und 1410 als Eigenkirche des Häuptlings Haro Edzardsna im Stil der Gotik. Im Jahr 1401, also lange vor ihrer endgültigen Fertigstellung, wurde die Kirche durch Papst Bonifatius IX. bestätigt. Die der heiligen Maria geweihte Saalkirche aus Backstein gehörte dann bis zur Reformation zum Bistum Münster. Unter der Herrschaft von Graf Edzard II. erfolgte ein Anbau. Der Glockenturm aus Backsteinen steht wie bei vielen ostfriesischen Kirchen abseits vom eigentlichen Kirchenbau. Bei einer Besichtigung der Greetsieler Kirche fallen die starken Seitenneigungen der Kirchenwände ins Auge.

Die Kirche besitzt über dem Ostgiebel einen mit einer Uhr und Glocke ausgestatteten Dachreiter, an dessen Spitze sich eine besondere Schiffswetterfahne aus vergoldetem Kupfer befindet. Die Wetterfahne stammt aus den Jahren um 1730 und hat die Form eines Dreimast-Hukers mit gesetzten Rahsegeln. Sie ist nach Angaben der Kirche die älteste Schiffswetterfahne in Niedersachsen.

Die Kirche in Greetsiel erlangte in den Anfängen des Liegenschaftskatasters in Ostfriesland (ca. 1870) eine besondere Bedeutung für die Katastervermessung. Genaue Katasterkarten waren die Basis für die gerechte Besteuerung von Grund und Boden. In Ostfriesland wurde deshalb in jedem der drei damaligen Landkreise ein trigonometrischer Punkt der Gaußschen Triangulation als Nullpunkt eines eigenen Koordinatensystems festgelegt. Für den Kreis Emden war dieser Nullpunkt die Turmspitze der Kirche Greetsiel.[1] Das Koordinatensystem wurde erst nach 1945 mit der Herstellung neuer Katasterkarten durch das Gauß-Krüger-Koordinatensystem abgelöst.

Ausstattung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die ursprünglich flache Balkendecke wurde später durch ein hölzernes Tonnengewölbe und 1852 durch eine leicht gewölbte Spiegeldecke ersetzt. Als evangelisch-reformierte Predigtkirche verzichtet die heutige Kirche auf Kreuz und Altar. Mittelpunkt der Kirche ist die Kanzel aus dem Jahre 1669. Sie zeigt Blumengirlanden in barocker Schnitzkunst. Innen über dem Osteingang befindet sich die Orgelempore. Über dem Westeingang der Kirche ist das Familienwappen der Cirksenas aus Greetsiel sowie das Wappen des schwedischen Königshauses Wasa zu sehen, mit dem die Cirksenas durch Heirat verbunden waren. An der Westseite der Kirche ist eine weitere Empore eingebaut, die mit Bibelsprüchen verziert ist.

Neben der Kanzel ist ein Epitaph aus Blaustein aufgestellt, das an den 1684 verstorbenen Prediger Johann Michael Knottner erinnert. Über dem Wappen mit Helmzier und Visier, das zwei Vögel mit Zweigen im Schnabel zeigt, ist eine lateinische Inschrift angebracht, der zufolge Knottner aus der Pfalz geflohen und sechs Jahre Prediger in Pilsum war, bevor er 39 Jahre in Greetsiel amtierte und mit 69 Jahren starb.

Orgel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die erste Orgel wurde 1555 vom Kloster Aland übernommen. Diese wurde 1694–95 durch eine neue Orgel von dem Orgelbauer Valentin Ulrich Grotian ersetzt. Der Orgelprospekt von 1738 stammt von Johann Friedrich Constabel und zeigt wie die 1669 gebaute Kanzel kunstvolle barocke Schnitzmotive. 1914 wurde von der Orgel nur noch das Gehäuse behalten und durch eine neue Orgel von Friedrich Klassmeier ersetzt. Trotz ihrer kunstvollen barocken Verzierungen ist die eigentliche Orgel ein Instrument aus der Neuzeit. Sie wurde 1960 von der Karl Schuke Berliner Orgelbauwerkstatt mit sechs Registern und angehängtem Pedal erbaut. Die Disposition ist wie folgt:[2]

Manual C–f3
1. Principal 8′
2. Gedackt 8′
3. Octave 4′
4. Octave 2′
5. Mixtur IV–V
6. Trompete 8′
Pedal C–d1
angehängt

Pastoren in Greetsiel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Angaben seit der Reformation

Friedrich Weber, Landesbischof von Braunschweig 2002–2014, war von 1972 bis 1983 Pastor in der Kirche
Zeitraum Name Anmerkungen
1547–1572 Emmo Dieken verheiratet mit Elke Tjarda, Bürgermeisterstochter aus Norden (Ostfriesland) und Vater von Ubbo Emmius
1571–1587 Nicolaus Sopingius später Pastor in Utrecht
1579–1587 Johann Wachtendink vorher Pastor in der Logumer Vorwerker Kirche in Emden
158*−1590 Johann Wesselius
1591–1609 Hermann Bernhardi später Pastor in der Westerhuser Kirche
um 1602 Johann Johannis
1605–1646 Petrus Rhodius
um 1634 Henricus Gerlachi
1645–1684 Johann Michael Knottnerus vorher Pastor in der Pilsumer Kreuzkirche
um 1650 Johann Martin Seveder
um 1664 Daniel Wagner
1685–1691 D. Johann Swarte vorher Pastor in Larrelt und später in Leer
1692–1702 Ludovicus Hunnius
1702–1706 Paulus Wilkens vorher Pastor in der Grimersumer Kirche
1707–1728 Georg Stelmann
1728–1734 Dietrich Jacobs später Pastor in Leer
1734–1774 Occo Arnoldi Hildenberg vorher Pastor in Nijmegen
1775–1777 Jacob van der Werf vorher Pastor in Sellingen bei Westerwolde
1777–1807 Hermann Klugkist
1808–1824 Lucas Leenderts Wychgram vorher Pastor in der Logumer Vorwerker Kirche in Emden und in der Veenhuser Kirche
1824–1856 Ubbo Mennenga vorher Pastor in der Cirkwehrumer Kirche
1856–1882 Heye Jansen Mennenga Sohn von Pastor Ubbo Mennenga und zuvor Pastor in Poortvliet bei Tholen
1883–1924 Jan Friesemann Vietor
1925–1927 Johann Boekholt
1928–1930 Rudolf Tuente später Pastor in Emlichheim
1931–1950 August Schaefer
1952–1962 Lübbo Akkermann später Pastor in Lingen (Ems)
1962–1972 Hermann Züchner später Pastor in der Wolthuser Kirche
1972–1983 Friedrich Weber von 2002 bis 2014 Landesbischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig
1984–2019 Gebhard Vischer
2019 Andreas Focke Nur zu einer 1/4-Stelle, sonst als Religionslehrer an der BBS Emden.
seit 2020 Hartmut Lübben

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Hans-Bernd Rödiger, Heinz Ramm: Friesische Kirchen im Auricherland, Norderland, Brokmerland und im Krummhörn, Band 2. Verlag C. L. Mettcker & Söhne, Jever (2. Auflage) 1983, S. 78.
  • Hermann Haiduck: Die Architektur der mittelalterlichen Kirchen im ostfriesischen Küstenraum. 2. Auflage. Ostfriesische Landschaftliche Verlags- und Vertriebs-GmbH, Aurich 2009, ISBN 978-3-940601-05-6, S. 187 ff.
  • Günther Gerhard Meyer: „Teile unserer Kirche leben weiter“ – Greetsieler haben gebrauchte Bronzeglocken aus Mannheimer Kirchengemeinde gekauft. In: Ostfriesischer Kurier vom 23. Januar 2012.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Greetsieler Kirche – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. gll.niedersachsen.de: Greetsieler Kirche als Nullpunkt (PDF-Datei; 349 kB), abgerufen am 14. September 2012.
  2. Orgel auf NOMINE e.V., gesehen 22. April 2011.

Koordinaten: 53° 30′ 2″ N, 7° 5′ 37,1″ O