Gustav Groß (Politiker, 1856)

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Gustav Groß (* 12. Juni 1856 in Reichenberg, Böhmen[1]; † 23. Februar 1935 in Wien) war ein österreichischer Politiker.

Gustav Groß, Präsident des österreichischen Abgeordnetenhauses 1917

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gustav Groß (1907)

Gustav Groß war der Sohn des Abgeordneten der Frankfurter Nationalversammlung und Eisenbahnindustriellen Gustav Robert Groß. Er studierte Nationalökonomie an den Universitäten Wien und Berlin. Von 1877 bis 1881 war er politischer Beamter in Niederösterreich, ab 1885 Privatdozent für Nationalökonomie an der Universität Wien. Er übersiedelte nach Iglau und wurde Mitglied des mährischen Landtages, ab 1889 war er deutschliberaler Reichsratsabgeordneter für Iglau und war im k.k. Abgeordnetenhaus des Reichsrats einer der Wortführer aller Deutschen im österreichischen Parlament.[2] Er war Mitglied und ab 1885 Hauptleiter des Deutschen Schulvereins, und von 1905 bis 1932 Erster Obmann. Groß war zudem ein früher Karl-Marx-Biograph.

Gustav Groß hielt in seiner Funktion als Präsident des Abgeordnetenhauses von 1917 / 1918 bei der Reichsratssitzung am 12. November 1918, dem Tag nach der Verzichtserklärung von Kaiser Karl I., die neunminütige Schlussansprache, ohne noch auf die routinemäßig vorbereitete Tagesordnung einzugehen. Er begann mit einem kurzen Nachruf auf den tags zuvor verstorbenen Abgeordneten Viktor Adler. Er erklärte dann, dass der Reichsrat nicht mehr arbeitsfähig sei. Es folgte auf Antrag Groß’ der Beschluss, keinen Tag für die nächste Sitzung zu bestimmen. Nach zehn Minuten war die um 11.10 Uhr begonnene Sitzung, die letzte des altösterreichischen Parlaments, zu Ende.[3] Dieser Sitzung folgte noch am gleichen Tag um 17.05 Uhr eine Sitzung der Provisorischen Nationalversammlung mit der Ausrufung Deutschösterreichs zur Republik; Groß nahm als deutschmährischer Abgeordneter daran teil.

Als Obmann der Großdeutschen Volkspartei war Groß vom 21. Oktober 1918 bis zum 16. Februar 1919 Mitglied der Provisorischen Nationalversammlung für Deutschösterreich. Die von ihm vertretenen Deutschmährer konnten ihr Siedlungsgebiet jedoch, da die Kriegssieger dies nicht zuließen, nicht zum bleibenden Bestandteil Deutschösterreichs machen. Der neue tschechoslowakische Staat, der das deutsche Siedlungsgebiet in Böhmen und Mähren militärisch besetzt hatte, ließ dort die Teilnahme an der Wahl der Konstituierenden Nationalversammlung für Deutschösterreich nicht zu. Die Überlegung, ersatzhalber deutsche Abgeordnete für diese Gebiete von Wien aus zu ernennen, musste aus außenpolitischen Erwägungen verworfen werden.

Gustav Groß hatte seine letzte Wohnung in Wien, 8. Bezirk, Fuhrmannsgasse 18–18A[4] – im Haus des von ihm seit 1885 geleiteten Deutschen Schulvereins, der heutigen Österreichischen Landsmannschaft.

Seine letzte Ruhestätte befindet sich in der Familiengruft am Friedhof Korneuburg.

Schriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Die Lehre vom Unternehmergewinn. Duncker & Humblot, Leipzig 1884.
  • Gustav Groß: Marx, Karl. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 20, Duncker & Humblot, Leipzig 1884, S. 541–549.
  • Karl Marx: Eine Studie. Duncker & Humblot, Leipzig 1885.
  • Wirtschaftsformen und Wirtschaftsprinzipien. Ein Beitrag zur Lehre von Organisation der Volkswirtschaft. Duncker & Humblot, Leipzig 1888.
  • Die Internationale des Geistes. Arbeitsgemeinschaft für staatsbürgerliche u. wirtschaftliche Bildung, Berlin 1919.
  • Die internationalen Agrarkrisen nach dem Kriege. Kern & Birner, Frankfurt am Main 1933.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Gustav Groß – Sammlung von Bildern
Wikisource: Gustav Groß – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. vademecum.soalitomerice.cz – Reichenberg (Liberec), Taufbuch, 1856–1859, Seite 39, 4. Zeile
  2. Österreichisches Biographisches Lexikon, Band II, Verlag Hermann Böhlau, Graz und Köln 1959, Seite 73
  3. Stenographisches Protokoll. Haus der Abgeordneten. XXII. Session. 95. Sitzung, Dienstag, den 12. November 1918, S. 4699 f.
  4. Lehmann 1934, Teil I, S. 378 (= S. 404 der digitalen Darstellung)