Handwerksmeister

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 3. August 2016 um 21:33 Uhr durch Diopuld (Diskussion | Beiträge) (→‎Siehe auch: GND). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Der Handwerksmeister ist ein höherer Abschluss in handwerklichen und künstlerischen Berufen. Der Meisterbrief wird nach einer Aufstiegsweiterbildung verliehen.

Der Meisterbrief bescheinigt dem Inhaber umfassende fachtechnische und kaufmännisch-betriebswirtschaftliche Kenntnisse sowie praktisches Können in seinem Meister-Beruf. Der Abschluss zum Handwerksmeister soll in erster Linie dazu befähigen, ein Handwerk selbständig auszuüben, somit einen eigenen Betrieb zu führen, und Auszubildende einzustellen und auszubilden.[1]

Aufgaben des Handwerksmeisters

Der Handwerksmeister ist durch seine Dreifachqualifikation ein Spezialist für sein Fachgebiet, Ausbilder und Unternehmer. Er nimmt neue Verfahrens-, Informations-, und Kommunikationstechniken in die eigenen Arbeitsabläufe und Leistungsangebote auf und setzt sie um. Die Nachwuchsförderung ist ein fester Bestandteil einer zukunftsorientierten Strategie. Ein Handwerksmeister kann auch als Angestellter in gehobener Position in einem Betrieb tätig sein. Die Aufgabe des Handwerksmeisters besteht unter anderem darin, die Lernbereiche (kognitiv, affektiv und psychomotorisch) des Mitarbeiters zu erkennen und effizient einzusetzen.

Deutschland

Zulassungsvoraussetzungen

In der Handwerksordnung ist geregelt, dass nach dem Bestehen der Gesellenprüfung eine Fach- oder Meisterschule besucht werden kann. Die früher geforderte ein- oder mehrjährige berufliche Tätigkeit als Geselle ist nach der neuen Handwerksordnung zur Ablegung der Meisterprüfung nicht mehr notwendig. Auch die Teilnahme an einem Vorbereitungskurs, wie zum Beispiel der Meisterschule, ist nicht zwingend vorgeschrieben. Zur Meisterprüfung wird zugelassen, wer eine Gesellen- oder Facharbeiterprüfung bestanden hat, die dem beabsichtigten Meisterziel entspricht.

Durchführung der Prüfung

Die Prüfung zum Handwerksmeister im jeweiligen Gewerbe gliedert sich in mehrere Prüfungsteile:

  • fachrichtungsspezifische Teile:
    • Teil I: Praktisches Fachwissen, dokumentiert durch: Meisterarbeit (Konzept, Entwurf und Kalkulation), Anfertigung des Meisterstücks
    • Teil II: Theoretisches Fachwissen, dokumentiert durch Klausuren
  • fachrichtungsübergreifende Teile:
    • Teil III: Betriebswirtschaft, Buchführung und Recht, dokumentiert durch Klausuren
    • Teil IV: Berufs- und Arbeitspädagogik, dokumentiert durch Klausuren und eine Unterweisungsprobe

Die Ausbildereignungsprüfung ist ein Teil der Meisterprüfung. Bei Ingenieuren und anderen Hochschulabsolventen kann die theoretische Fachprüfung unter bestimmten Voraussetzungen erlassen werden.

Die Prüfung wird durch Meisterprüfungsausschüsse abgenommen, die als staatliche Prüfungsbehörden für die einzelnen Handwerksberufe am Sitz der Handwerkskammern (HWK) für ihren Bezirk eingerichtet sind. Der Meisterbrief wird nach der erfolgreich bestandenen Meisterprüfung („Großer Befähigungsnachweis“) verliehen. Eine erfolgreich abgelegte Meisterprüfung in einem Handwerk ist Voraussetzung zur Teilnahme an einer HWK-Prüfung zum Geprüften Betriebswirt nach der Handwerksordnung.[1]

Die Handwerkskammer Wiesbaden hat das Kürzel me. als Kurztitel für „Meister im Handwerk“ markenrechtlich schützen lassen. Es darf von Inhabern eines Meisterbriefs einer deutschen Handwerkskammer überall auch außerhalb des Kammerbezirks Wiesbaden als Hinweis auf ihre erworbene fachliche Qualifikation vor dem Namen geführt werden (z. B. me. Eva Mustermann, Meisterin im Goldschmiede-Handwerk).[2][3][4]

Europäischer Qualifikationsrahmen

In Deutschland einigten sich Bund und Länder sowie weitere Partner im Februar 2012 darauf, an Handwerks-, Industrie- und Handelskammern erworbene Meisterbriefe im Rahmen der Erstellung des Europäischen Qualifikationsrahmens (EQR) auf die Stufe 6 von 8 einzuordnen. Damit steht ein Meisterabschluss mit dem Bachelor (B.Eng., B.Sc.) auf der gleichen Stufe,[5] ebenso der Techniker.[6] Meister und Bachelor wurden dem Niveau 6 des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR) zugeordnet, weil es sich um gleichwertige, nicht aber gleichartige Qualifikationen handele. Beide Qualifikationen wurden in unterschiedlichen Bildungsbereichen erworben und unterscheiden sich sowohl hinsichtlich ihrer Kompetenz- als auch Aufgabenprofile; der DQR beseitigt diese Unterschiede nicht, vielmehr bleiben alle bisherigen Abschluss- und Qualifizierungsarten erhalten. Ebenso wird das bestehende System der nationalen Zugangsberechtigungen vom DQR nicht berührt. Insofern berechtigt ein Meisterbrief wie bisher zum direkten Zugang zum Bachelor-, nicht jedoch zum Masterstudium.[7] Auch berühren die Zuordnungen zu den Niveaus des DQR nicht bestehende tarif- oder besoldungsrechtliche Regelungen.[8]

Zu diesem Sachverhalt veröffentlichte der VDI ein Positionspapier,[9] welches herausstellt, dass die Meister- und Techniker-Abschlüsse dem gleichen Kompetenzniveau zum Bachelor entsprächen, jedoch nicht gleichartig seien.

Förderung der Aufstiegsausbildung zum Handwerksmeister

Handwerker mit einer nach der dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) oder der Handwerksordnung (HwO) anerkannten, abgeschlossenen Erstausbildung oder einem vergleichbaren Berufsabschluss können für die Fortbildung zum Handwerksmeister eine Ausbildungsförderung nach dem Aufstiegsausbildungsförderungsgesetz (sogenanntes Meister-BaFöG) erhalten. Voraussetzung ist, dass sie an einer Fortbildung teilnehmen, die gezielt auf eine entsprechende öffentlich-rechtliche Prüfungen vorbereitet. Der Abschluss der Fortbildung muss über dem Niveau einer Gesellen- und Gehilfenprüfung oder eines Berufsfachschulabschlusses liegen, was bei der Meisterprüfung der Fall ist. Abschlüsse, die über dem Meister liegen (zum Beispiel Fachhochschul- oder Universitätsabschlüsse), werden auf diesem Wege nicht gefördert, hier kommen Maßnahmen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz in Betracht.

Situation in Deutschland

In den zulassungsfreien und handwerksähnlichen Berufen im Handwerk (Anlage B, B1 HwO) ist seit der Novelle der Handwerksordnung 2004 eine Meisterqualifikation nicht mehr nötig, um einen Gewerbebetrieb zu eröffnen. Wenn die Ausbildereignungsprüfung abgelegt wurde, kann ohne Meisterbrief in den zulassungsfreien und handwerksähnlichen Handwerken ausgebildet werden. Die Bezeichnung Meisterbetrieb darf nach § 51 und § 51d HwO nur dann geführt werden, wenn in dem entsprechenden Handwerk der Inhaber eines Betriebes oder ein Mitarbeiter den Meisterbrief besitzt.

In Deutschland war die Meisterprüfung als zwingende Voraussetzung, einen Handwerksbetrieb führen zu dürfen (zulassungspflichtige Berufe mit Erfordernis des Großen Befähigungsnachweises), auf bestimmte Berufe beschränkt. In der Novelle der Handwerksordnung, die am 1. Januar 2004 in Kraft trat, wurde diese für zulassungsfreie Berufe abgeschafft. Auch für fast alle noch zulassungspflichtigen Berufe wurden die Möglichkeiten, mit alternativen Qualifikationen den Beruf selbständig auszuüben, ausgebaut.

In Deutschland werden die gewählten Vorsitzenden der Innungen als Obermeister oder Innungsmeister bezeichnet, die unter anderem die Ausbildungen organisieren. Organisiert sind die selbstständigen Meister in der jeweiligen Berufskammer.

Die Meisterurkunde wird innerhalb der EU anerkannt. Dies wird in der EU-Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen geregelt, bei welcher der Meisterbrief in der Stufe drei eingeordnet wird.[10]

Österreich

Das österreichische Pendant zum deutschen Handwerksmeister ist der gewerbliche Meister. Der sogenannte Werkmeister entspricht dem deutschen Industriemeister. Im Gegensatz zum Werkmeister verfügt der gewerbliche Meister aber auch über das notwendige kaufmännische Wissen zur selbständigen Unternehmensführung.

Schweiz

Die Meisterausbildung wurde in der Schweiz in die höhere Berufsbildung aufgenommen und findet sich darin als Berufsprüfung und höhere Fachprüfung wieder.

Der Abschluss der höheren Fachprüfung bzw. das verliehene eidgenössische Diplom gilt als äquivalent zum deutschen Meisterbrief.

Unterschiede zu Deutschland

In der Schweiz wird oft noch eine ein- oder mehrjährige berufliche Praxis nach der Lehre gefordert. In vielen Berufen ist die Ausbildung gestuft, die Zulassung zur Höheren Fachprüfung setzt das Bestehen einer oder mehrerer (zum Beispiel zwei im Elektrohandwerk) Berufsprüfungen voraus.

Der Besuch einer Meisterschule ist nicht zwingend notwendig, der Besuch von Vorbereitungskursen aber immer empfohlen bzw. in manchen Verordnungen vorgeschrieben.

Die Abschlussurkunde ist ein eidgenössisches Diplom und nicht wie in Deutschland der Meisterbrief.

Die Berufsbezeichnung kann (beispielsweise Bootbaumeister)[11], muss aber nicht (beispielsweise Eidgenössisch diplomierter Elektroinstallateur) den Begriff Meister enthalten.

Die Bezeichnung eidgenössisches Diplom stellt insbesondere in Deutschland ein Problem dar, weil in Deutschland das Diplom für akademische Abschlüsse reserviert ist.

Belgien

Die deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens kennt ebenfalls die Meisterausbildung. Sie richtet sich als Qualifikationsangebot an entsprechend vorgebildete Personen in zahlreichen Gewerbebereichen und ist nicht auf den klassischen Tätigkeitssektor des Handwerks beschränkt.[12]

Die Aufsichtsbehörde ist das Institut für Aus- und Weiterbildung im Mittelstand und in kleinen mittelständischen Unternehmen (IAWM).

Einzelnachweise

  1. a b Strukturierte Weiterbildung im Handwerk (PDF; 196 kB)
  2. Erläuternder Hinweis in der Online-Ausgabe der Deutschen HandwerksZeitung vom 4. März 2002 (abgerufen am 1. Februar 2016).
  3. Meister-Marke steht für Qualität. Handwerkskammer Wiesbaden, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 25. März 2015: „Die Marke „Meisterbetrieb – Handwerkskammer Wiesbaden“ steht als betriebliches Marketinginstrument in einem Gesamtkonzept der Kammer neben dem persönlich einsetzbaren Kurztitel „me.“ für „Meister im Handwerk“ als sichtbarer Hinweis auf die handwerkliche Meisterschaft.“
  4. Beispiel der Nutzung in Rheinhessen
  5. Annual Report 2008, eureta.org (pdf; 539 kB)
  6. http://www.morgenpost.de/politik/inland/article1896527/Bachelor-und-Handwerks-Meister-nun-gleichwertig.html
  7. http://www.deutscherqualifikationsrahmen.de/de/faq/#meisterbachelor
  8. http://www.deutscherqualifikationsrahmen.de/de/faq/#meisterbachelor
  9. VDI zum Deutschen Qualifikationsrahmen April 2012, vdi.de (pdf; 50 kB)
  10. http://www.handwerksblatt.de/Handwerk/Mittelstand/Bildung/4214.html
  11. http://www.bbt.admin.ch/bvz/hbb/index.html?detail=1&typ=hfp&lang=de&item=71
  12. http://www.iawm.be/de/ausbildung/meisterkurse.html

Weblinks

Siehe auch