Hans Erlwein
Hans Erlwein (* 13. Juni 1872 in Bayerisch Gmain; † 9. Oktober 1914 in Amagne-Lucquy bei Rethel in den Ardennen; vollständiger Name: Johann Jakob Erlwein) war ein deutscher Architekt und kommunaler Baubeamter.
Leben und Wirken
Hans Erlwein studierte in München, wo er Mitglied des Corps Germania wurde. Er unternahm einige Studienreisen und war nach seinem Examen zuerst in Bamberg tätig, bis er am 17. November 1904 Stadtbaurat in Dresden wurde und im Februar 1905 ebenda die Leitung des Hochbauamtes übernahm. In knapp zehn Jahren entstanden unter seiner Leitung etwa 150 Gebäude, die wesentlich das neuzeitliche Stadtbild prägten. „Zweckmäßigkeit, Klarheit, Schlichtheit, Gliederung des Aufbaus und der Einordnung in die Umgebung“ sowie Anlehnung an die örtliche Bautradition zeichneten seine Entwürfe aus, mit denen er den Historismus der vergangenen Jahre überwand. Dabei gelang es ihm, auch jüngere bildende Künstler zur Gestaltung der Bauwerke als Gesamtkunstwerke einzubeziehen. Im gesellschaftlichen Leben Dresdens spielt der Stadtbaurat eine einflussreiche Rolle als Vorsitzender des Hochbauausschusses, des städtischen Kunstausschusses, als Mitglied des Dresdner Philistervereins (AHSC) und des Ausschusses zur Förderung des Dresdner Hochschulwesens.[1]
Erlwein starb wenige Wochen nach Beginn des Ersten Weltkriegs während eines privat organisierten Transports von Kleidung, Lebensmitteln und anderen Geschenken für die deutschen Soldaten an der Westfront bei einem Autounfall.
Er war Mitglied sowohl der Dresdner Freimaurerloge Zu den drei Schwertern und Asträa zur grünenden Raute als auch der Bamberger Loge Zur Verbrüderung an der Regnitz.
Sein künstlerischer Grundsatz lautete:
„Ehre das überlieferte Gute und schaffe aus ihm Neues. Was aus der Luft geboren werden soll, wird niemals gut und neu.“
Er signierte seine Gebäude mit einer kleinen Reliefplastik in Form eines Wappens mit einem in einer Weinkelter stehenden Knaben mit Erlenzweigen (Namenssymbol), in Dresden weiterhin mit dem Dresdner Wappen und gelegentlich mit dem Jahr der Fertigstellung oder Einweihung.[2] Vermutlich durch Renovierungen ist diese Signatur am „Italienischen Dörfchen“, der Feuerwache Neustadt, dem Hans-Erlwein-Gymnasium und dem Romain-Rolland-Gymnasium verloren gegangen.
Auszeichnungen
Erlwein wurde im Herbst 1905 – mit bayerischer Staatsbürgerschaft und seit einigen Monaten in Sachsen tätig – mit dem preußischen Roten Adler-Orden IV. Klasse ausgezeichnet.[3] 1910 berief ihn die Technische Hochschule Dresden zum Honorarprofessor.[4]
In der Dresdner Südvorstadt wurde 1929 eine Straße nach Erlwein benannt,[5] ebenfalls ist das Hans-Erlwein-Gymnasium nach ihm benannt sowie das Erlwein-Forum[6] im Ostragehege.
Werk
Bauten und Entwürfe
- 1899–1901: „Prinzregent-Luitpold-Gymnasium“ (heutige Luitpoldschule) in Bamberg, Memmelsdorfer Straße[7]
- 1901: Städtisches Krankenhaus (heutiges Stadtarchiv) in Bamberg, Untere Sandstraße[8]
- 1901–1902: Städtisches Elektrizitätswerk (heutige Volkshochschule) in Bamberg, Tränkgasse[9]
- 1902: Städtischer Vieh- und Schlachthof in Bamberg, Lichtenhaidestraße
- 1903–1911: Gymnasium Dresden-Cotta, Cossebauder Straße
- 1903–1913: Corpshaus des Corps Baruthia in Erlangen[10][11]
- 1904–1909: 32. Oberschule „Sieben Schwaben“ in Dresden-Neugruna, Hofmannstraße[12]
- 1905–1906: Artesischer Brunnen in Dresden-Neustadt, Albertplatz
- 1905–1907: König-Georg-Gymnasium in Dresden-Johannstadt
- 1906–1907: Feuerwache Striesen in Dresden-Striesen, Schlüterstraße
- 1906–1907: Joseph-Haydn-Gymnasium (jetzt Martin-Andersen-Nexö-Gymnasium) in Dresden
- 1906–1910: Städtischer Vieh- und Schlachthof in Dresden, Schlachthofring (im Ostragehege, heute Messe Dresden)
- 1907–1908: Gasbehälter III der Gasanstalt Dresden-Reick, Gasanstaltstraße
- 1907–1908: Stadthaus Friedrichstadt in Dresden-Friedrichstadt, Löbtauer Straße
- 1907–1908: Wasserwerk Hosterwitz in Dresden-Hosterwitz, Wasserwerkstraße
- 1907–1910: Klärwerk Kaditz in Dresden-Kaditz
- 1910–1911: Wohnbebauung der Krenkel-Stiftung in Dresden-Löbtau, Klingestraße[13][14]
- 1910–1914: Stadthaus Johannstadt (heute Sparkassengebäude) in Dresden-Johannstadt, Güntzplatz
- 1911–1912: Wolfshügelturm (auch „Erlweinturm“), Aussichtsturm auf dem Wolfshügel in der Dresdner Heide
- 1911–1913: Gaststätte „Italienisches Dörfchen“ in Dresden-Altstadt, Theaterplatz
- 1911–1914: Hans-Erlwein-Gymnasium in Dresden-Gruna, Eibenstocker Straße
- 1912: Städtisches Obdachlosen-Asyl (heute Wohnanlage Erlweinhof) in Dresden-Pieschen, Altpieschen[15]
- 1913–1914: Städtisches Lagerhaus, sog. Erlweinspeicher, in Dresden-Altstadt, Devrientstraße
- 1913–1915: Romain-Rolland-Gymnasium in Dresden-Neustadt, Weintraubenstraße
- 1913–1915: Pestalozzi-Gymnasium in Dresden-Pieschen, Pestalozziplatz[16]
- 1913–1916: Feuerwache Neustadt in Dresden-Neustadt, Louisenstraße
- 1914–1916: Berufsschule (heute Berufliches Schulzentrum „Prof.-Dr.-Zeigner“) in Dresden-Neustadt, Melanchthonstraße[17]
- weitere (undatierte) Wohnbauten
- Johann-Meyer-Häuser[18] der Dr.-Krenkel- und Johann-Meyer-Stiftung in Dresden-Löbtau, Dölzschener Straße[13]
- an der Bürgerstraße in Dresden-Pieschen[19]
- an der Industriestraße in Dresden-Trachau[20]
- an der Wilder-Mann-Straße in Dresden-Trachau[20]
-
Toilettenhäuschen auf der Promenade in Bamberg, einer von Erlweins kleinsten und frühesten Entwürfen
-
Wohnhäuser mit Stele für Erlwein in Dresden-Löbtau
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Erlweinspeicher, nach der Renovierung als Hotel genutzt
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Ostragehege mit dem Städtischen Vieh- und Schlachthof
-
Sparkassenhaus Dresden
Beim Luftangriff auf Dresden am 13. Februar 1945 zerstörte Gebäude:
- 1905–1907: Gebäude der Sparkasse in der Altstadt, Schulgasse
- 1913–1914: Wohn- und Geschäftshaus mit Neuer Löwenapotheke in der Altstadt, Altmarkt / Wilsdruffer Straße
- 1913–1914: Wohn- und Geschäftshaus Beutlerhaus in der Altstadt, Altmarkt[21]
- 1914–1916: Städtisches Kunstausstellungsgebäude beim Ausstellungspalast am Großen Garten, Straßburger Platz
- undatiert: öffentliche Bedürfnisanstalt auf der Bürgerwiese in Dresden-Altstadt
Nach Erlweins Entwürfen wurde außerdem eine Umgestaltung des Inneren der Sophienkirche vorgenommen.
Schriften
- Einfache städtische Nutzbauten in Dresden. (= Flugschrift zur Ausdruckskultur, Band 107.) Dürerbund, o. O. 1913.
- Das italienische Dörfchen in Dresden. (= Die Architektur des XX. Jahrhunderts, Sonderheft 12.) Wasmuth, Berlin 1913.
Erlweinpreis
Seit 1997, anlässlich Erlweins 125. Geburtstag, vergibt die Landeshauptstadt Dresden anfangs alle zwei Jahre, seit 2004 alle vier Jahre einen Architekturpreis, den Erlweinpreis.[22]
- Preisträger
- 1997: Dieter Schempp, Tübingen, für das neue Verwaltungsgebäude der Berufsgenossenschaft für Gesundheit und Wohlfahrtspflege an der Bürgerwiese[23]
- 1999: Büro Stephan Hänel und Katrin Tauber, Dresden für den Um- und Neubau des Lehr- und Hörsaalgebäudes der Hochschule für Technik und Wirtschaft und die Architektengruppe Kaplan, Matzke, Schöler und Schrader, Dresden für die Rekonstruktion der im Krieg zerstörten Villa Eschebach
- 2001: Architektengemeinschaft Ulf Zimmermann für den Umbau eines Wohnhochhauses an der St. Petersburger Straße zum Studentenwohnheim und das Architektur- und Stadtplanungsbüro h.e.i.z.Haus (Dresden) für den Wetterradarturm Dresden-Klotzsche
- 2004: Matthias Höhne und Olaf Langenbrunner für den Neubau einer Behindertenwerkstatt der Lebenshilfe auf der Schleswiger Straße in Dresden-Stetzsch
- 2008: Architektengemeinschaft Heinle, Wischer und Partner – Freie Architekten Dresden und der Bauherr, die Zoo Dresden GmbH, für ihr Objekt Futtermeisterei und Heuscheune des Zoologischen Gartens Dresdens
- 2012: Schubert Horst Architekten Partnerschaft, Dresden für das Haus der Stille im Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt
Literatur
- Fritz Löffler: Erlwein, Hans Jakob. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 4, Duncker & Humblot, Berlin 1959, ISBN 3-428-00185-0, S. 597 f. (Digitalisat).
- Günter Göbel: Hans Erlwein. Der Dresdner Stadtbaurat. (= Dresdner Miniaturen, Band 4.) Dresden 1996, ISBN 3-910184-50-2.
- Landeshauptstadt Dresden (Hrsg.): Hans Erlwein. Stadtbaurat in Dresden 1905–1914. Dresden 1997, ISBN 3-930382-16-4.
- Günter Kloss: Hans Erlwein (1872–1914). Stadtbaurat in Bamberg und Dresden. Michael Imhof Verlag, Petersberg 2002, ISBN 3-932526-95-3.
- Erlwein, Hans. In: Allgemeines Künstlerlexikon. Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker (AKL). Band 34, Saur, München u. a. 2002, ISBN 3-598-22774-4, S. 406–408.
- Uwe Schieferdecker: Dresden. Er gab dem Stadtbild ein Gesicht. Hans Erlwein. Herkules-Verlag, Kassel 2011, ISBN 978-3-941499-64-5.
Weblinks
- Literatur von und über Hans Erlwein im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Matthias Donath: Erlwein, Hans (Johannes) Jakob. In: Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde (Hrsg.): Sächsische Biografie.
- Bilder von Bauten Hans Erlweins im Bestand der Deutschen Fotothek
Einzelnachweise
- ↑ Folke Stimmel et al.: Stadtlexikon Dresden A–Z. Verlag der Kunst Dresden, 1998, ISBN 3-364-00304-1.
- ↑ commons:Hans Erlwein#Bausignet von Hans Erlwein
- ↑ Süddeutsche Bauzeitung, 15. Jahrgang 1905, Nr. 44 (vom 4. November 1905), S. 354. (ohne Begründung der Auszeichnung bzw. Benennung von Erlweins Verdiensten)
- ↑ Matthias Donath: Erlwein, Hans (Johannes) Jakob. In: Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde (Hrsg.): Sächsische Biografie.
- ↑ Erlweinstraße. In: Stadtwiki Dresden. Abgerufen am 12. Februar 2014.
- ↑ Erlwein-Forum. Abgerufen am 7. Mai 2016.
- ↑ Luitpoldschule Bamberg, abgerufen am 11. Februar 2014
- ↑ Stadtarchiv Bamberg, abgerufen am 11. Februar 2014
- ↑ Städtische Volkshochschule Bamberg, abgerufen am 11. Februar 2014
- ↑ Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege: Mittelfranken - Erlangen (Stadt) (PDF), Aufruf am 5. März 2014
- ↑ Teicher, H. and Corps Baruthia (Erlangen): Das Corps Baruthia zu Erlangen: 1803–1903. Eine Festschrift zur Jahrhundertfeier. Vollrath, 1903 (Google Books).
- ↑ 32. Oberschule „Sieben Schwaben“ in Dresden-Neugruna, Hofmannstraße, abgerufen am 2. Februar 2014
- ↑ a b siehe Liste der Kulturdenkmale in Löbtau
- ↑ Krenkelhäuser. In: Stadtwiki Dresden. Abgerufen am 19. Februar 2014.
- ↑ Wohnanlage Erlweinhof, abgerufen am 5. Februar 2014
- ↑ Pestalozzi-Gymnasium Dresden. Abgerufen am 17. Februar 2014.
- ↑ Berufliches Schulzentrum „Prof.-Dr.-Zeigner“ Dresden. Abgerufen am 16. Februar 2014.
- ↑ Johann Meyer im Stadtwiki Dresden, letzter Zugriff 11. März 2014
- ↑ siehe Liste der Kulturdenkmale in Pieschen
- ↑ a b siehe Liste der Kulturdenkmale in Trachau
- ↑ Gustav Georg Beutler. Abgerufen am 17. Februar 2014.
- ↑ Erlweinpreis, Stadt Dresden, abgerufen am 17. Mai 2016
- ↑ Sonnengereifte Architektur in Dresden: Erlwein-Preis für Solar-Architekten Dieter Schempp. In: BauNetz. 16. Juni 1997, abgerufen am 17. Mai 2016.
Personendaten | |
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NAME | Erlwein, Hans |
ALTERNATIVNAMEN | Erlwein, Johann Jakob (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Architekt und kommunaler Baubeamter |
GEBURTSDATUM | 13. Juni 1872 |
GEBURTSORT | Bayerisch Gmain |
STERBEDATUM | 9. Oktober 1914 |
STERBEORT | Amagne-Lucquy bei Rethel in den Ardennen |