Hans Schwegerle

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Hans Schwegerle, um 1906

Hans Schwegerle (* 2. Mai 1882 in Lübeck; † 4. September 1950 in München) war ein deutscher Bildhauer und Medailleur.

Leben

Schwegerle war Sohn des Hofphotographen Hermann Schwegerle (* 1848 in Augsburg, † 1921 in München), der von 1880 bis 1900 in Lübeck wohnte und arbeitete. Nach dem Besuch des Katharineums und erstem Kunstunterricht an der Kunstschule von Willibald Leo von Lütgendorff-Leinburg studierte er ab Mai 1900 in der Komponierklasse von Wilhelm von Rümann an der Akademie der Bildenden Künste München, wo auch Karl Raupp sein Lehrer in der Naturklasse war [1].

Das Münchener Atelier, um 1906

Bereits sein erstes größeres Werk (Der verlorene Sohn) wurde in München 1902 mit der „Großen silbernen Medaille“, der höchsten Auszeichnung der Akademie für ihre Studierenden, prämiert; Schwegerle war von 1904 (für Das verlorene Paradies) bis 1908 mehrere Jahre in Folge der Träger dieser Auszeichnung Ersten Preises. Seine Arbeiten, die in den Ausstellungen der Münchener Secession, der großen Kölner Kunstausstellung in Leipzig und Breslau ausgestellt waren, wurden dort stets zu den besten Bildhauerwerken gezählt und in Kunstzeitschriften lobend erwähnt. 1904 erhielt er auf der lnternationalen Ausstellung in Paris einen 1. Preis für Plastik.

Schwegerle gewährte einem Reporter seiner Heimatstadt 1906 einen Blick in sein Münchener Atelier.[2] Auf dessen Foto sehen wir von links nach rechts zuerst ein kleines Modell einer Holofernes-Statue, gefolgt von einer Büste des Schriftstellers Felix Noeggerath, ein Kinderbildnis und ein Grabrelief. Ferner die große Gruppe „Das verlorene Paradies“, und den „verlorenen Sohn“. In der Mitte steht als noch unvollendete Arbeit ein Satyr. Jene in Sandstein ausgeführte Figur war als eine Brunnenfigur gedacht. An den Wänden hängen Originalzeichnungen, die er für die Zeitschrift Jugend entworfen hat, Skizzen zu Grabdenkmälern in Relief und verschiedene Lithografien.

Das erste Werk, mit dem Schwegerle an die Öffentlichkeit trat, war „der verlorene Sohn“. Die Erwartungen, die der junge Künstler damit erregte, erfüllte er dann mit der großen, als Grabmal gedachten Gruppe das „verlorene Paradies“. Selten war ein Kunstwerk seinerzeit so einstimmig gelobt worden. Als erstes wurde die Gruppe in der Münchener Sezession ausgestellt, und daraufhin von vielen anderen Kunstausstellungen angefordert.[3]

Seit 1917 Professor an der Akademie, war er als Bildhauer tätig, spezialisierte sich aber auf den Entwurf von Medaillen. In seinem Atelier entstanden Entwürfe für über 600 Medaillen. Zusammen mit Richard Klein, Josef Bernhart und Karl Goetz gilt er als einer derjenigen, die auf unterschiedliche Weise den Medaillenstil des Dritten Reiches prägten.[4] Dennoch geriet der erfolgreiche Bildhauer in das Visier der Gestapo, da er der Münchner Herberge fahrender Gesellen angehörte, einer logenähnlichen Vereinigung, die aus Mitgliedern der Schlaraffia bestand und sich seit Anfang 1938 monatlich auf dem Corpshaus des Corps Vitruvia in der Heßstraße traf. Die bei ihren geselligen Abenden erzählten politischen Witze und die geäusserte Kritik, etwa gegen die Novemberpogrome 1938, wurden abgehört und führten noch im November 1938 zur Verhaftung der Gruppe; das Verfahren wurde jedoch im Wesentlichen 1940 eingestellt.[5] Anschließend war er 1941 und 1943 auf den Großen Deutschen Kunstausstellungen im Münchner Haus der Deutschen Kunst mit jeweils einer „Führerbüste“ vertreten.[6]

Werke (Auswahl)

1908 erschaffener Christus
Knabe mit Reifen, Lübeck, Wallanlagen
Krieger-Ehrenmal, 1931

Zu Schwegerles ersten Werken gehört die 2,20 m hohe Christus-Statue an der Aussenfassade der Lübecker St.-Lorenz-Kirche.

Für die Lübecker Turnerschaft gestaltete Schwegerle Anfang der 1920er Jahre ein Ehrenmal auf dem Sportplatz Buniamshof. Im nahegelegenen Spielplatz am Kaisertor steht in den Lübecker Wallanlagen sein Knabe mit Reifen auf einer Brunnensäule am Planschbecken.

Thomas Mann, zu dessen Fiorenza Schwegerle 1907 das Bühnenbild der Aufführung im Münchner Künstlerclub entwarf[7] und von dem er 1925 und 1930 Medaillen anfertigte, besaß im Garten seiner Münchener Villa eine Hermes-Statue (1920) von Schwegerle[8], die bei der Versteigerung des Hausinventars durch Schwegerle zurückerworben wurde und sich heute als Besitz der Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen im Eingangsbereich des Schleswiger Prinzenpalais befindet. Ein weiterer Bronzeguss wurde 1920 vom Behnhaus in Lübeck angekauft.[9]

Schwegerles Porträtbüste Manns, die er im Juli 1919 in sechs Exemplaren in Bronze anfertigte, kam 1921 als Geschenk Kurt Vermehrens in die Sammlung des Lübecker Behnhauses (heute im Buddenbrookhaus), in der sich auch eine Büste von Stefan George (1911) befindet. Weitere Exemplare der Mann-Büste befinden sich in der Städtischen Galerie Nürnberg und im Thomas-Mann-Archiv in Kilchberg ZH. Das Thomas-Mann-Archiv fertigte von seinem Exemplar mehrere Kopien in Gips.[10]

In der Briefkapelle der Lübecker Marienkirche ist seine Sandstein-Statue einer trauernden Madonna (ca. 1921) zu sehen sowie in der südöstlichen Chorumgangskapelle ein Kreuz mit den Namen der 318 im Ersten Weltkrieg gefallenen Mitglieder der St. Marien-Gemeinde. Unweit davon erinnert eine Tafel an die im Kriege gefallenen Absolventen des Lübecker Lehrerseminars (1919). 1935 entwarf Schwegerle das Amtskreuz des Bischofs der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Lübeck, das sich trotz des deutsch-christlichen Auftraggebers (Erwin Balzer) durch zurückhaltende Gestaltung mit lokalem Bezug auszeichnet und bis heute vom Bischof für den Sprengel Holstein-Lübeck verwendet wird.

Im Jahre 1931 erhielt die Nikolaikirche zu Stralsund mit der Enthüllung des von ihm erschaffenen Ehrenmals an die im Weltkrieg gefallenen Gemeindemitglieder eine Gedächtniskapelle.[11] Eine Bronzebüste Johann Wolfgang von Goethes (1933) befindet sich an der Kesselbergstraße am Walchensee zur Erinnerung an Goethes Aufenthalt während seiner Italienischen Reise.

Mit einer Führerbüste war Schwegerle auf der Großen Deutschen Kunstausstellung 1941 vertreten.[12]

Illustrationen

  • Ernst Weber: Glück und Trost: Ein Buch zur inneren Einkehr, von den wahren und falschen Schätzen des Lebens. Bildschmuck [z. T. farb. Abb.] von Hans Schwegerle, 2., veränd. Aufl. München: G. D. W. Callwey 1925 (Der deutsche Spielmann; 37)

Ausstellungen (Auswahl)

  • 1913 Internationale Kunstausstellung München im Glaspalast: Hier wurde er mit der Goldmedaille ausgezeichnet. [13]

Literatur

  • Gerhard J. Bellinger; Brigitte Regler-Bellinger: Schwabings Ainmillerstrasse und ihre bedeutendsten Anwohner. Ein repräsentatives Beispiel der Münchner Stadtgeschichte von 1888 bis heute. Books on Demand, Norderstedt 2003, S. 208f. - ISBN 3-8330-0747-8; 2. Aufl. 2012, ISBN 978-3-8482-2883-6; E-Book 2013, ISBN 978-3-8482-6264-9.
  • Gen. Eisenwerth: Die Bildnisse Rudolf Steiners des Bildhauers Hans Schwegerle. In: Die Drei 1985, S. 673ff
  • Wolfgang Hasselmann: Hans Schwegerle – Medaillen und Plaketten. Regenstauf: Gietl 2000 (Ein Werksverzeichnis von Professor Hans Schwegerle; Bd. 1) ISBN 3-924861-42-0
  • Heinz Röhl: Lübeck: Medaillen, Marken, Zeichen. Band 2, Lübeck: Schmidt-Römhild 1995 ISBN 978-3-7950-3211-1 (der Katalog enthält Beschreibungen von 20 Medaillen, die Schwegerle im Auftrag der Stadt und Lübecker Institutionen schuf)
  • Heinz Röhl: Hans Schwegerle - Bildhauer und Medailleur, in: Der Wagen 200, S. 215-234
  • Wulf Schadendorf: Museum Behnhaus, Katalog, 2.Aufl., Lübeck, 1976
  • Helga Schmoll: Der Münchner Bildhauer Hans Schwegerle (1882-1950) als Porträtist: plastische Dokumente zur Zeitgeschichte. In: Michael Berens [Hrsg.]: Florilegium artis: Beiträge zur Kunstwissenschaft und Denkmalpflege. Saarbrücken: Verlag "Die Mitte" 1984, S. 116-124

Einzelnachweise

  1. Hans Schwegerle, Matrikelbuch-Eintrag (Zugriff vom 8. Mai 2008)
  2. Hans Schwegerle. In: Vaterstädtische Blätter 1906, Nr. 37, Ausgabe vom 9. September 1906
  3. Hans Schwegerle. In:Vaterstädtische Blätter; Jg. 1906, Nr. 37, Ausgabe vom 9. Septemr 1906
  4. Monatsanzeiger des Germanischen Nationalmuseums
  5. Widerstand, Verweigerung und Protest gegen das NS-Regime in München, Kapitel 14: Wissenschaftler, Intellektuelle und Künstler (der hier erwähnte Bildhauer Johannes Schwegerle ist mit Sicherheit Hans Schwegerle), abgerufen am 18. August 2008
  6. Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, S. 559.
  7. Bellinger/Regler-Bellinger (Lit.), S. 209
  8. Beschreibung des Hauses
  9. Schadendorf, Nr. 298
  10. Schadendorf, Nr. 297
  11. Das Krieger-Ehrenmal in der Nikolaikirche zu Stralsund von Prof. Hans Schwegerle In: Vaterstädtische Blätter; Jg. 1930/31, Nr. 27, Ausgabe vom 19. September 1931
  12. Abbildung (HDK 323)
  13. Künstler. Hans Schwegerle. Deutsche Gesellschaft für Medaillenkunst e.V., abgerufen am 13. Juli 2014.

Weblinks

Commons: Hans Schwegerle – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien