Heilige-Geist-Viertel

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Luftbild Heilig-Geist-Viertel von 1891, im Hintergrund das Berliner Stadtschloss
Blick über die Spree zum Heilig-Geist-Viertel um 1875, mit der "Sechserbrücke" im Vordergrund.

Das Heilig-Geist-Viertel lag einst im dicht besiedelten historischen Stadtkern von Alt-Berlin, im Bereich des östlichen Spreeufers und der Spandauer Straße, sowie der Stadtbahn im Norden und der Rathausstraße im Süden, im heutigen Bezirk Berlin-Mitte.

Geschichte

Die Geschichte des Heilig-Geist-Viertels geht bis in die Zeit der Gründung der Stadt Berlin um 1250 zurück, als die St. Marienkirche im benachbarten Marienviertel bereits urkundlich erwähnt wurde. Zu dieser Zeit wurde die Stadt im Norden bis zur Burgstraße (heute Karl-Liebknecht-Straße) erweitert und wenig später mit einer Stadtmauer umgeben. Im späten Mittelalter bestand Berlin aus den vier Stadtvierteln Marienviertel, Heilig-Geist-Viertel, Nikolaiviertel und Klosterviertel.

Bauwerke im Heilig-Geist-Viertel

Das Heilig-Geist-Spital

Die Heilig-Geist-Kapelle, Foto von 1982
Die Heilig-Geist-Kapelle, 2009

Das Heilig-Geist-Spital war eine der ältesten Berliner Stiftungen und wurde erstmalig 1272 im Gildebrief der Bäcker erwähnt. Es war eins von drei Hospitälern im mittelalterlichen Berlin. Es befand sich auf der westlichen Seite der Spandauer Straße unweit des heute nicht mehr existierenden Spandauer Tores und diente der Alten- und Krankenpflege.Die zum Spital gehörige Heilig-Geist-Kapelle wurde etwa um 1300 errichtet und ist eines der ältesten erhaltenen Bauwerke Berlins. Von 1655 bis zum Bau der Garnisonkirche 1703 wurde die Kapelle von der Berliner Garnison genutzt. Später fanden hier bis 1905 katholische Gottesdienste statt. Das Spitalsgebäude wurde 1825 abgerissen und durch einen zweigeschossigen Neubau ersetzt. 1906 wurde die Kapelle als Hörsaal in den Neubau der Handelsschule der Berliner Kaufmannschaft einbezogen, die später in der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin aufging. Von den Baulichkeiten des Spitals ist allein die Kapelle erhalten geblieben.

Das Spandauer Tor

Blick auf das Spandauer Tor um 1700

Das mittelalterliche Tor befand sich am nördlichen Ende der Spandauer Straße dicht beim Heilig-Geist-Spital. Mit dem Bau der barocken Befestigungsanlage unter Johann Gregor Memhardt wurde das Tor nach Nordosten zwischen zwei Bastionen verlegt. Nach Abtragung der Festungswerke bildete sich vor diesem ehemaligen Barocktor an der Gabelung Oranienburger Straße/Rosenthaler Straße um 1750 ein Platz heraus – der Hackesche Markt.

Das Hof- und Stadtpostamt

Um 1826 kaufte die Berliner Stadtpost-Expedition auf Anweisung König Friedrich Wilhelms III. die ersten Grundstücke zur Errichtung des Hofpostamtes auf. Auf dem Areal zwischen der Spandauer, Königs-, Heiliggeist- und der Kleinen Poststraße – heute etwa der östliche Teil des Marx-Engels-Forums – befand sich bis etwa 1945 das ehemalige Hof- und Stadtpostamt. Der etwa 12.000 Quadratmeter große Komplex bestand zunächst aus mehreren vereinzelten Gebäuden, die nacheinander von der Post aufgekauft und 1882 durch einen Neubau ersetzt wurden.

Berliner Börse

Börse mit Friedrichsbrücke um 1900

Die Berliner Börse wurde am 29. Juni 1685 durch Kurfürst Friedrich Wilhelm in Berlin gegründet. Die erste Börsensitzung fand am 25. Februar 1739 statt. Zunächst wurde das Obergeschoss des ehemaligen Lusthauses im Lustgarten in direkter Nähe zum Berliner Stadtschloss genutzt, bevor dieses 1798 zugunsten eines Neubaus für die Börse an gleicher Stelle abgerissen wurde. Das Gebäude in der Burgstraße auf der anderen Seite der Spree wurde von 1859 bis 1864 von Friedrich Hitzig errichtet. Es wurde 1945 während des Zweiten Weltkriegs zerstört.

Hotel König von Portugal

In der Burgstraße befand sich das Hotel "König von Portugal".

Das Palais Itzig

Das Palais Itzig um 1857

Das barocke Palais Itzig an der Ecke Burgstraße und Neue Friedrichstraße (heute Anna-Louisa-Karsch-Straße), das 1857 dem Bau der Börse weichen musste, gehörte Friedrich Hitzig, dem Architekten der Börse. Er war ein Urenkel Daniel Itzigs (1723-1799), des Bankiers Friedrichs des Großen, der 1762 auf dem Grundstück Burgstraße 25 einen Komplex von fünf Häusern, insbesondere das 1718 von Philipp Gerlach erbaute Palais Montargues, gekauft und dieses bis 1765 durch Oberbaurat August Gotthilf Naumann d. J. zu einem stattlichen Palais hatte umbauen lassen.

Die Sechserbrücke

Die Sechserbrücke befand sich zwischen der Spreeinsel und dem Heilig-Geist-Viertel in Alt-Berlin. Um 1885 wurde diese Fußgängerbrücke durch die deutlich größere Kaiser-Wilhelm-Brücke (heute Liebknechtbrücke) ersetzt. Auf der anderen Seite der Spree liegt die Kleine Burgstraße (heute Karl-Liebknecht-Straße). Als Sechserbrücke wurden umgangssprachlich Brücken bezeichnet, für die 5 Pfennig (also ein Sechser – wie der Berliner sagte) als Brückenzoll zu entrichten war.

Pilgerweg Berlin–Wilsnack

Der Pilgerweg Berlin–Wilsnack wurde vom Ende des 14. Jahrhunderts bis ins 16. Jahrhundert begangen und war damals das wichtigste Pilgerziel Nordeuropas. Ausgangspunkt war die St. Marienkirche oder das Heilig-Geist-Spital in Berlin-Mitte. Das Ziel war die Wunderblutkirche St. Nikolai in Wilsnack im nordwestlichen Brandenburg. Seit der Erforschung des Pilgerwegs am Ende des 20. Jahrhunderts erlebt dieser eine Renaissance.

Straßen und berühmte Personen im Heilig-Geist-Viertel

Das Heilig-Geist-Viertel heute

Denkmal für Karl Marx und Friedrich Engels

Heute befindet sich das Marx-Engels-Forum zwischen den Straßenzügen, der Spandauer Straße, Karl-Liebknecht-Straße und Rathausstraße östlich der Spree. Wer nach dem Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses dies an der Ostseite verlässt, blickt über die Spree auf das Marx-Engels-Forum und weiter Richtung Alexanderplatz in eine Parkanlage. Hier befindet sich heute das Denkmal für Karl Marx und Friedrich Engels in der Heiligegeiststraße 16. Einst stand an dieser Stelle ein Wohnhaus.

Noch Anfang der 1970er Jahre, als im restlichen Europa der Wert der Innenstädte wiederentdeckt wurde, sind hier im historischen Stadtkern von Berlin im Bereich zwischen Spree und Alexanderplatz alle Bauwerke abgerissen worden, die den Krieg überstanden hatten, um Platz für den Bau der DDR Staatsachse zu schaffen.

St. Marienkirche, Höhenunterschied zur Karl-Liebknecht-Straße

Wer heute über das Marx-Engels-Forum geht, kann nicht erkennen, dass sich hier an dieser Stelle in ca. 1,50 m Tiefe, unter dem heutigen Pflaster und der Parkanlage bis um 1945 das Heilig-Geist-Viertel im historischen Stadtkern von Alt-Berlin befand. Der Höhenunterschied wird erst erkennbar, wenn man vom Marx-Engels-Forum zur St. Marienkirche läuft und dort die Stufen zur Kirche hinabsteigt.

Mit der Durchlegung von bis zu 10-spurigen Verkehrsschneisen im Zuge der Grunerstraße und Karl-Liebknecht-Straße wurde aber auch der für alle mittelalterlichen Städte so typische ausgerundete Stadtgrundriss, der sich aus den alten Stadtmauern und der Umwallung ergab, zerschnitten und aus dem Stadtgedächtnis ausgelöscht (lediglich die Stadtbahn auf dem alten Festungsgraben zwischen den Bahnhöfen Alexanderplatz und Hackescher Markt zeichnet dies bis heute nach).

Es gibt allerdings Bestrebungen, den urbanen Charakter auch dieses Viertels wieder herzustellen. Schon 1999 beschloss der Berliner Senat das „Planwerk Innenstadt“ als städtebauliches Leitbild, wobei aber für diesen Bereich - damals bis heute - kein Konsens für eine Reurbanisierung gefunden werden konnte. Eine langjährige Diskussion entwickelte sich zwischen den Befürwortern und den Gegnern einer wie auch immer gearteten Rekonstruktion. Es entstanden Pläne für einen von Hochhäusern dominierten Alexanderplatz, die auch eine Umbauung der Basis des Fernsehturms in historischer Traufhöhe vorsahen, sowie bauliche Einzelobjekte, die zwischen Rotem Rathaus und der St. Marienkirche deplatziert wirkten.

Mit großer Mehrheit wurde vom Deutschen Bundestag der Beschluss zum Wiederaufbau des Berliner Schlosses als Humboldt-Forum gefasst. Am 28. November 2008 wurde zum Abschluss des dazugehörigen Wettbewerbs dem Entwurf des Italieners Franco Stella aus Vicenza einstimmig der erste Preis zuerkannt. Dieser gibt Berlins Zentrum den so lange vermissten bau-künstlerischen Höhepunkt und Maßstab des Schlüterschen Barockschlosses zurück. Dieses Ergebnis gibt weitere Impulse, um den Fokus nunmehr auch verstärkt auf Alt-Berlin zu lenken.

Siehe auch

Quellen

  • Architekt Dr. Helmut Maier, Berlin

Literatur

Weblinks

Koordinaten: 52° 31′ 16″ N, 13° 24′ 11″ O