Itzamnaviridae

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Itzamnaviridae

Morphotyp der Itzamnaviridae:
Spindel- oder Zitronenform

Systematik
Klassifikation: Viren
Realm: nicht klassifiziert
Reich: nicht klassifiziert
Phylum: nicht klassifiziert
Klasse: nicht klassifiziert
Ordnung: nicht klassifiziert
Familie: Itzamnaviridae
Taxonomische Merkmale
Genom: dsDNA, linear oder zirkulär, unsegmentiert
Baltimore: Gruppe 1
Wissenschaftlicher Name
Itzamnaviridae
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Itzamnaviridae ist eine vom International Committee on Taxonomy of Viruses (ICTV) im März 2023 neu eingerichtete Familie von Archaeen­viren. Sie ist ohne Zuordnung zu einem höheren Taxon (Stand 29. Februar 2024);[1] mit diesem Stand umfasst die Familie die Gattungen, Demiitzamnavirus (mit Methano­phagales-Virus GBV303)[2] und Pletoitzamnavirus (mit Methano­phagales-Virus PBV082).[1][3]

Wirte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Itzamnaviridae sind Archaeenviren. Ihre Wirte gehören der Eury­archaeota-Ordnung Methanophagales (früher ANME-1-Archaeen genannt) an.[3][4][2]

Genom[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Karte des vollständigen linearen Genoms von Pletoitzamnavirus pescaderoense PBV082 als Ver­treter der spindelförmigen Virusfamilie Itzamna­viri­dae. Die gestrichelte rote Box hebt ein Beispiel für eine Multigen-Cluster-Insertion hervor.

Mitglieder der Gattung Demiitzamnavirus haben ein zirkuläres dsDNA-Genom mit einer Größe von etwa 25 kbp (Kilobasenpaare). Das Genom kodiert für zwei Haupkapsidproteins (MCPs). Diese sind homolog zu denen, die für spindelförmige Archaeenviren charakteristisch sind und nur bei diesen vorkommen.[3]

Mitglieder der Gattung Pletoitzamnavirus haben ein lineares dsDNA-Genom mit einer Größe von etwa 45–48 kbp. Etwa die Hälfte ihres Genoms stimmt mit fast dem gesamten Genom von der Gattung Demiitzamnavirus überein, einschließlich der beiden MCP-Gene. Der verbleibende Teil des Genoms bei Pletoitzamnavirus kodiert für Enzyme mit ganz unterschiedlichen Funktionen, darunter:[3]

Der Inhalt dieses Genomteils ist vergleichsweise flexibel, insbesondere können für verschiedene Stoffwechsel- und Regelungsenzyme kodierende Gene häufig in Form von Multigenkassetten ein- und ausgetauscht werden. So enthält das Pletoitzamnavirus-Mitglied Methano­phagales-Virus PBV082 beispielsweise ein Gencluster, das für ein Kinase-Phosphatase-Paar, eine Thymidylat-Synthase und ein radikales SAM-Enzym (radical SAM enzyme[6]) mit unbekannter Funktion kodiert.[3]

Mit Ausnahme des charakteristischen Haupkapsidproteins (MCP) kodieren die Mitglieder der Itzamnaviridae keine Proteine mit nennenswerter Sequenzähnlichkeit zu Proteinen anderer zuvor beschriebener spindelförmiger Viren.[3]

Systematik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Systematik der Itzamnaviridae gemäß International Committee on Taxonomy of Viruses (ICTV)[7][3] – mit Ergänzungen nach Laso-Pérez et al. (2023)[8] und der Taxonomie des National Center for Biotechnology Information (NCBI)[4][2] – ist wie folgt (Stand 29. Februar 2024):

Familie Itzamnaviridae

  • Gattung Demiitzamnavirus – zirkulär, Genomlänge ca. 25 kbp (Kilobasenpaare)
    • Spezies Demiitzamnavirus mexicoense
      • Stamm Methanophagales-Virus GBV303 (Genomlänge 25.580 bp)[2]
    • Spezies „Methanophagales virus GBV170“ (14.746 bp)
    • Spezies „Methanophagales virus IMGVR0813120“ (26.949 bp)
  • Gattung Pletoitzamnavirus (linear, Genomlänge 45–48 kbp)
    • Spezies Pletoitzamnavirus pescaderoense
      • Stamm Methanophagales-Virus PBV082 (48,863 bp)
    • Spezies „Methanophagales virus PBV150“ (45.800 bp)
    • Spezies „Methanophagales virus IMGVR0812283“ (45.206 bp)

Habitat und Fundort[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Habitate der Itzamnaviridae bzw. ihrer Wirte sind Tiefsee-Hydrothermalquellen (Raucher). Die bisher gefundenen Vertreter stammen (soweit bekannt) aus dem Golf von Kalifornien:[4][2][8]

  • Demiitzamnavirus: Guaymas-Becken. Die Probe zu Methanophagales-Virus GBV303 wurde am 24. Dezember 2016 am Hang des Cathedral Hill genommen, aus dem blanken Sediment direkt außerhalb der mikrobiellen Matte (nach anderen Angaben in dieser).
  • Pletoitzamnavirus: Pescadero-Becken. Die Probe zu Methanophagales-Virus PBV082 wurde im Zeitraum vom 18. bis 21. November 2018 aus dem Hydrothermalfeld Auka (Slicate Rock 12019) entnommen. Die Sequenz des (mit Stand 29. Februar 2024) nicht offiziell bestätigten Virus IMGVR0812283 stammt jedoch vom Guaymas-Becken.

Etymologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Der Familienname Itzamnaviridae verweist auf Itzamná, in der Maya-Mythologie der Herr des Himmels sowie der Nacht und des Tages; die Endung ‚-viridae‘ steht für Virusfamilien.[1][3][8]
  • Der Präfix des Gattungsnamens Demiitzamnavirus kommt von französisch demi ‚halb‘, ‚teilweise‘ (abgeleitet von lateinisch dimedius); der Mittelteil verweist wieder auf Itzamná bzw. die Virusfamilie.[3][8]
    • Das Art-Epitheton mexicoense ist Genitiv der latinisierten Form von Mexiko (neulateinisch) und bedeutet ‚von Mexiko‘ oder ‚zu Mexiko gehörig‘.
  • Der Präfix des Gattungsnamens Pletoitzamnavirus kommt von lateinisch pleto ‚voll‘; der Mittelteil verweist wieder auf Itzamná bzw. die Virusfamilie.[3][8]
    • Das Art-Epitheton pescaderoense ist Genitiv der latinisierten Form von spanisch Pescadero und bedeutet ‚vom Pescadero[-Becken]‘ oder ‚zum Pescadero[-Becken] gehörig‘.

Die beiden Gattungsnamen erinnern daran, dass die Viren der Gattung Demiitzamnavirus nur etwa 50 % der Gene der Gattung Pletoitzamnavirus besitzen.[3][8]

Weiterführende Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c ICTV: Family: Itzamnaviridae. 2022 Release, MSL #38.
  2. a b c d e NCBI Taxonomy Browser: Methanophagales virus GBV303 (species).
  3. a b c d e f g h i j k Rafael Laso-Pérez, Fabai Wu, Antoine Crémière, Daan R. Speth, John S. Magyar, Mart Krupovic, Victoria J. Orphan: 2022.001A: Create three new orders and 5 new families of viruses associated with methanotrophic archaea (zip:docx). Vorschlag 2022.001A vom Mai 2022. Memento im Webarchiv vom 8. März 2023 (docx).
  4. a b c NCBI Taxonomy Browser: Itzamnaviridae.
  5. Frank Antwerpes, Georg Wodarz, Frank Antwerpes: Replikationsfaktor C. Synonym: Klammerlader. Englisch: Replication factor C, Clamp loader. Auf: DocCheck Flexikon.
  6. Pfam: PF04055: Radical SAM superfamily.
  7. ICTV: Taxonomy Browser.
  8. a b c d e f Rafael Laso-Pérez, Fabai Wu, Antoine Crémière, Daan R. Speth, John S. Magyar, Kehan Zhao, Mart Krupovic, Victoria J. Orphan: Evolutionary diversification of methanotrophic ANME-1 archaea and their expansive virome. In: Nature Microbiology, Band 8, Nr. 2, 19. Januar 2023, S. 231–245; doi:10.1038/s41564-022-01297-4, sfam HAL:03976007 (englisch).