Kirche Wusterhusen

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 21. Juni 2016 um 20:01 Uhr durch Taraxacus (Diskussion | Beiträge) (→‎Ausstattung). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Westseite mit Turm
Ostseite

Die Kirche Wusterhusen ist die Dorfkirche von Wusterhusen und eine von drei Kirchen der Kirchengemeinde Wusterhusen und Lubmin. Sie gehört seit 2012 zur Propstei Demmin im Pommerschen Evangelischen Kirchenkreis der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland. Vorher gehörte sie zum Kirchenkreis Greifswald der Pommerschen Evangelischen Kirche.

Geschichte und Beschreibung

Die älteste bekannte schriftliche Quelle nennt für das Jahr 1230 einen Pleban Servatius für Wusterhusen. Wahrscheinlich gab es zu dieser Zeit bereits ein hölzernes Kirchengebäude. 1271 erfolgte die Altarweihe einer einjochigen Saalkirche in Feldsteinmauerwerk mit gerade geschlossenem Chor und Sakristei durch den Camminer Bischof Hermann von Gleichen. Bei einer dendrochronologischen Untersuchung des Dachwerkes konnten für die Sakristei Fälldaten von 1268 und für den Chor von 1283 ermittelt werden.

Am Anfang des 15. Jahrhunderts wurde der Chor durch einen polygonalen Schluss aus Backstein erweitert. Das Kirchenschiff wurde zu einer dreischiffigen Halle umgestaltet und erhielt einen Westturm. 1627 und 1648 kam es zu Beschädigungen, wahrscheinlich mit Einstürzen verbunden, am nördlichen Seitenschiff, das später mit geringeren Abmessungen und ohne Wölbung wieder aufgebaut wurde.

An der Nordwand des Chores sowie an Nord- und Südseite befinden sich Spitzbogenportale. Beide Gebäudeteile besitzen Strebepfeiler und spitzbogige Fenster. Im Chordach befinden sich Fledermausgauben. Der Westturm hat ein weiteres Spitzbogenportal, blendengeschmückte Spitzgiebel und ein einen oktogonalen schindelgedeckten Spitzhelm.

Der Chor hat im Inneren ein achtteiliges hochgezogenes Kreuzrippengewölbe, sein Polygon besitzt ein kleinteiliges Sterngewölbe. Die Sakristei hat ein Kuppelgewölbe. Das Kreuzrippengewölbe des Schiffes wird durch Achteckpfeiler gestützt.

Ausstattung

Bei einer Restaurierung des Chores wurde 1972 die farbliche Innengestaltung wiederentdeckt. Diese stammt an den Längswänden aus dem 13. Jahrhundert. Wandmalereien am Triumphbogen zwischen Polygon und dem alten Chor wurden im 15. Jahrhundert gefertigt.

Simon Petrus auf dem äußeren Altaraufsatz

Der mittelalterliche Altarblock besitzt als Aufsatz einen Schnitzaltar, der in den letzten fünfhundert Jahren drei Mal wesentlich umgestaltet wurde[1]. Er stammt aus dem Zeitraum von 1510 und 1520 und geht vermutlich auf den Usedomer Archidiakon Christopher zurück, ein illegitimer Sohn des damaligen Kirchherrens Wusterhusens, Bogislaws X. Im Jahr 1650 wurde der Aufsatz gravierend umgestaltet. Ein Kreuzigungsgemälde von Caspar Niemann ersetzte eine bis dahin vorhandene Skulpturengruppe im Mittelschrein. Hinter dem Gemälde wurden bei Untersuchungen Goldgrundreste gefunden, was darauf schließen lässt, dass dort einst eine dreifigurige Marienkrönung installiert war. Spuren am Hintergrund der Kastenflügel zeigen, dass hier je vier kleinere Apostel und Heilige in zwei Zeilen standen. An dieser Stelle befinden sich noch die monumentalen Skulpturen von Mose und Aaron aus dem 18. Jahrhundert. Diese stammten aus der Werkstatt von Michel Müller aus Stralsund, ein Schüler von Elias Keßler. Die ursprünglich vorhandenen Figuren sind nicht mehr erhalten.

Die doppelte Bemalung der Altarflügel, die etwa 200 Jahre zugenagelt waren, wurde 1963 bei einer Restaurierung wiederentdeckt. Die Heiligendarstellungen auf der Außenseite haben stark gelitten und bedürfen einer dringenden Sicherung. Oben links ist Katharina von Alexandrien auf einer Blumenwiese zu sehen. An ihre Geißelung erinnert das Schwert und das Rad. Daneben ist der Apostel Simon Petrus mit dem Himmelsschlüssel und einem prunkvollen Papst-Ornat abgebildet. In einer roten Gelehrtentracht mit Schwert und Buch ist Paulus von Tarsus unten links, daneben Barbara von Nikomedien zu sehen. Sie steht vor dem Turm, in dem ihr Vater Dioscorus sie einst einsperrte. Der Kelch in einer Turmnische symbolisiert ihre Rolle als Nothelferin bei der Sterbekommunion.[2]

Rechter Innenflügel des Altaraufsatzes

Auf der Innenseite befindet sich ein doppelzeiliger Zyklus, der die Annenlegende Marias darstellt. Der Maler ist auch hier unbekannt, doch fällt das Werk durch die reichhaltige Verwendung von Brokat und unterschiedlichen Granatapfelmotiven auf. Im Bild oben links ist die Verkündigung des Engels an Joachim zu sehen. Er erfährt, dass er nicht länger kinderlos bleiben wird. Die 40 Tage seiner Buße, die er in der Wüste bei einer Herde verbracht hat, sind damit vorbei. Im Hintergrund ist ein Hirte zu sehen, der Dudelsack spielt. Auffallend ist auch der blaue Himmel. Joachim kehrte nun nach Jerusalem zurück und umarmt seine Frau Anna vor dem Eingang der Goldenen Pforte, dem Tempel der Stadt. In der Ferne jagt ein Hund einen Hasen. Das darauffolgende Bild zeigt Anna im Wochenbett in einer prächtigen Kulisse mit edel bespannten Wänden und einer Magd, die gerade die Wäsche macht. Das letzte Gemälde der oberen Zeile zeigt, wie Maria die Stufen zum Tempel hinaufschreitet. Sie wird von einem Priester empfangen, während ihre Eltern Joachim und Anna am Aufgang stehen bleiben.

Die zweite Zeile beginnt mit der Verkündigung an Maria. Gezeigt wird die Jungfrau, wie sie vor einem Lesepult kniet, während der Erzengel Gabriel ihr die Geburt von Jesus Christus ankündigt. Ein Spruchband um ein Zepter in seiner Hand zeigt den Englischen Gruß. Bemerkenswert ist auch ein Zettel über dem Bett Marias, auf dem in der untersten Zeile das Wort Amen erkennbar ist. Daneben zeigt ein weiteres Gemälde die Heimsuchung, als Maria auf ihre Cousine Elisabeth trifft. Sie stehen auf einer Wiese, die einem Teppich aus Gänseblümchen gleicht, einem Symbol der Unschuld aus dem 15. Jahrhundert. Im Hintergrund ist eine Landschaft zu sehen, die der Steilküste von Rügen ähnelt; vermutlich eine Anlehnung des Malers an seinen Auftraggeber. Auffällig sind auch die beiden Schwäne, die sich im Wasser spiegeln. Es folgt die Geburt Christi und zeigt das Kind mit zwei dahinter stehenden Engeln, während ein dritter die Weihnachtsbotschaft verkündet. Im Hintergrund leuchtet der Stern von Betlehem, der den Heiligen drei Königen den Weg zeigt. Sie sind auf dem letzten Bild zu sehen, als sie das Christuskind anbeten. Die drei Figuren stellen die drei menschlichen Lebensalter sowie die seinerzeit bekannten Erdteile Europa, Afrika und Asien dar.

Der Taufstein, eine Fünte aus Granit, stammt aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts.

Die Kanzel entstand in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, der Schalldeckel und die Brüstung um 1740.

Orgel

Die Buchholz-Orgel von 1842 gefertigt durch Carl August Buchholz. 1923 wurde sie durch den Orgelbauer Heintze aus Kolberg erweitert. 1951 erfolgte ein Austausch durch B. Grüneberg aus Greifswald. [3]

I Hauptwerk C–
1. Bordun 16´
2. Principal
3. Prestant
4. Rohrflöte
5. Quinte 22/3´
6. Octave
7. Mixtur III
II Oberwerk C–
8. Salicional
9. Gedact
10. Principal
11. Rohrflöte
12. Sifflöte 11/3´
Pedal C–
13. Subbaß 16´
14. Posaune 16´
15. Violon
16. Principal
17. Bassflöte
  • Koppeln: II/I, I/P,
  • Spielhilfen: Hauptwerk Ventil, Oberwerk Ventil, Pedal Ventil, Evacuant, Calcanten-Glocke

Geläut

Die älteste der drei Glocken mit einem Durchmesser von 129 cm stammt vom Anfang des 14. Jahrhunderts, die zweite von 1419. Eine dritte Glocke wurde 1996 von der Glockengießerei Bachert in Heilbronn gegossen.

Literatur

  • Landesamt für Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg): Die Bau- und Kunstdenkmale in Mecklenburg-Vorpommern. Vorpommersche Küstenregion. Henschelverlag, Berlin 1995, S. 373–374.
  • Arbeitsgemeinschaft Kirchengeschichte der Ev. Landeskirche Greifswald (Hrsg.): Der Altaraufsatz in Wusterhusen, VOB Eichsfelddruck Heiligenstadt, Februar 1984, Faltblatt

Weblinks

Commons: Kirche in Wusterhusen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur über Kirche Wusterhusen in der Landesbibliographie MV

Einzelnachweise

  1. Burkhard Kunkel: Rezeption - Renovation. Reformatorisches Gestalten mittelalterlicher Ausstattungen pommerscher Kirchen zwischen Ästhetik und Katechese. Bonn 2009, S. 269–290.
  2. Detlef Witt: Die Tafelbilder des Wusterhusener Altars, 2004.
  3. Informationen zur Orgel

Koordinaten: 54° 6′ 43,2″ N, 13° 37′ 4,9″ O