Kokkai

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 17. Oktober 2016 um 16:55 Uhr durch Asakura Akira (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Kokkai (English: National Diet)
„Nationalversammlung“ (engl. „Nationaltag“)
Logo
Basisdaten
Sitz: Kokkai gijidō (English: National Diet Building), Nagatachō, Chiyoda-ku (Engl. "Chiyoda City"), Tōkyō-to (Engl. "Tokyo Metropolis")
Abgeordnete: 717 [475 Shūgiin giin (English: Members of the House of Representatives) und 242 Sangiin giin (English: Members of the House of Councillors)]
Aktuelle Legislaturperiode
Vorsitz: Shūgiin gichō (English: Speaker of the House of Representatives) Ōshima Tadamori (fraktionslos, LDP)

Sangiin gichō (English: President of the House of Councillors) Date Chūichi (fraktionslos, LDP)
Website
House of Councillors – Official Website (English)
House of Representatives – Official Website (English)
Parlamentsgebäude
Parlamentsgebäude
Oberhaus des japanischen Parlaments
Unterhaus des japanischen Parlaments

Kokkai (jap. 国会 ‚Parlament‘, ‚Nationalversammlung‘) ist das aus zwei Kammern bestehende japanische Parlament. Das nationale Parlamentsgebäude (国会議事堂 Kokkai-gijidō) steht in Nagatachō, Chiyoda, Tokio.

Zusammensetzung und Aufgaben

Das Parlament besteht aus zwei gewählten Häusern:

  • Das Shūgiin hat 475 Mitglieder, gewählt für eine vierjährige Amtsperiode.
  • Das Sangiin hat 242 Mitglieder, deren Amtszeit sechs Jahre läuft. Alle drei Jahre wird die Hälfte der Abgeordneten neu gewählt.

Der Premierminister muss ein Mitglied des Kokkai sein und ist oft der Führer der größten Partei im Shūgiin. Auch die meisten übrigen Mitglieder des Kabinetts sind Abgeordnete. Der Premierminister verfügt über das Recht, das Shūgiin aufzulösen und vorzeitige Neuwahlen zu veranlassen. Von diesem Recht haben die Premierminister der Nachkriegszeit mit einer Ausnahme (1976) immer Gebrauch gemacht, viermal führten Misstrauensvoten zu vorzeitigen Neuwahlen. Das Sangiin kann nicht aufgelöst werden.

Im Gesetzgebungsverfahren gilt prinzipiell, dass beide Kammern einem Gesetzentwurf zustimmen müssen, allerdings kann das Shūgiin das Sangiin in einigen wichtigen Fragen überstimmen.

Beziehungen zwischen beiden Kammern

Fassen die beiden Kammern verschiedene Beschlüsse über einen Gesetzentwurf, die Wahl des Premierministers, die Ratifizierung eines internationalen Vertrages, den Haushalt oder einen Verfassungsänderungsvorschlag, so kann (bzw. abhängig vom Gegenstand: muss) ein paritätisch besetzter Vermittlungsausschuss (ryōin kyōgikai, 両院協議会) einberufen werden, der versuchen kann, einen Kompromiss zu erarbeiten.[1][2]

Anders als bei den weitgehend gleichberechtigten beiden Kammern des Reichstags hat das Shūgiin unter der Nachkriegsverfassung aber in wichtigen Fragen ein Übergewicht und kann das Sangiin überstimmen: bei der Wahl des Premierministers, der Ratifizierung von internationalen Verträgen und beim Haushalt automatisch mit einfacher Mehrheit, bei sonstiger Gesetzgebung (einschließlich wichtiger haushaltsbezogener Gesetze) gegebenenfalls mit Zweidrittelmehrheit. Von der Zustimmung des Parlaments abhängige Personalnominierungen der Regierung (z.B. Zentralbankgouverneur, Mitglieder der Öffentlichen Sicherheitskommission) und Verfassungsänderungsvorschläge (im Falle der Annahme durch Zweidrittelmehrheiten in beiden Kammern folgt Referendum nach Artikel 96 der Verfassung) bedürfen in jedem Fall der Zustimmung beider Kammern.

Während der LDP-Dominanz der 1950er bis 1980er Jahre kontrollierte die Regierungspartei in der Regel beide Kammern – wenn auch numerisch zeitweise nur mit Hilfe von parteilosen Abgeordneten und ab 1983 erstmals eines Koalitionspartners. Eine klare Oppositionsmehrheit im Oberhaus gegen sich hatte die Regierung zum ersten Mal nach der Sangiin-Wahl 1989 – die Situation, dass die beiden Kammern von verschiedenen Mehrheiten kontrolliert werden bezeichnet man als nejire Kokkai („verdrehtes Parlament“). Dazu kam es seither wiederholt, zuletzt zwischen 2010 und 2013.

Sitzungsperioden

Die jährliche reguläre Sitzungsperiode des Kokkai (常会, jōkai, oft 通常国会, tsūjō kokkai, „reguläres Parlament“) beginnt seit den 1990er Jahren im Januar und beträgt regulär 150 Tage, kann aber einmalig verlängert werden. In der Sommerpause und im Herbst können vom Kabinett oder einem Viertel der Abgeordneten außerordentliche Sitzungen (臨時会, rinjikai, oft auch rinji Kokkai, „außerordentliches Parlament“) einberufen werden, deren Länge zwischen beiden Kammern beschlossen wird und die zweimal verlängert werden können. Nach Sangiin-Wahlen oder nach Shūgiin-Wahlen nach einer vollen vierjährigen Amtszeit (bisher nur 1976) kommen ebenfalls außerordentliche Sitzungen zusammen. Nach Auflösung und Neuwahlen des Shūgiin tritt eine Sondersitzung (特別会, tokubetsukai, oft auch tokubetsu Kokkai, „Sonderparlament“) zusammen, zu deren Beginn in der Regel Präsident und Vizepräsident des Shūgiin und Premierminister gewählt werden. Auch diese kann zweimal verlängert werden.[3] Ist das Shūgiin aufgelöst, kann das Kokkai nicht einberufen werden; in dringenden Fällen kann das Kabinett eine Dringlichkeitssitzung (kinkyū shūkai, 緊急集会) des Sangiin einberufen, um wichtige Beschlüsse zu fassen. Das geschah bisher zweimal: 1952, um Mitglieder der Zentralen Wahlaufsichtskommission zu bestimmen und 1953, um einen provisorischen Haushalt und einige Gesetzentwürfe zu beschließen. Von einer derartigen Dringlichkeitssitzung des Sangiin gefasste Beschlüsse müssen vom Shūgiin bestätigt werden, sobald das gesamte Parlament wieder zusammenkommt, andernfalls werden sie unwirksam.[4]

Aktuelle Mehrheitsverhältnisse

Die Regierungskoalition aus Liberaldemokratischer Partei und Kōmeitō verteidigte bei der Wahl im Dezember 2014 ihre Zweidrittelmehrheit im Shūgiin, im Sangiin baute sie bei der Wahl im Juli 2016 ihre Mehrheit aus. Kurz nach der Wahl gewann die LDP durch einen Beitritt auch dort eine eigene absolute Mehrheit und könnte rein rechnerisch auch ohne Koalitionspartner Gesetze verabschieden (nicht aber alle Ausschüsse sicher kontrollieren, dazu ist in beiden Kammern mehr als die absolute Mehrheit erforderlich).

Aktuelle Mehrheitsverhältnisse
(Stand: 2. August 2015, 191. Kokkai)
Shūgiin Sangiin
148
2
325
148 325 
Insgesamt 475 Sitze
  • Oppositionsfraktionen (DP, JCP, IFO, PLP, SDP), Fraktionslose (ohne Präsident): 148
  • vakant (Fukuoka 6, Tokio 10): 2
  • Regierungsfraktionen (LDP, KP), Präsident: 325


94
148
94 148 
Insgesamt 242 Sitze
  • Oppositionsfraktionen (DP-SR, JCP, IFO, IC, PLP-SDP, PJK, OW), Fraktionslose (ohne Präsident): 94
  • Regierungsfraktionen (LDP, KP), Präsident: 148


Geschichte

erstes temporäres Parlamentsgebäude aus Holz

Mit der Meiji-Verfassung wurde der Reichstag nach Vorbildern des Preußischen Landtags und des britischen Parlaments eingerichtet und trat erstmals am 29. November 1890 zusammen. Er bestand neben dem Shūgiin aus dem Kizokuin, dem Herrenhaus. Mit Inkrafttreten der Nachkriegsverfassung 1947 wurde das Kizokuin durch das gewählte Sangiin ersetzt und an die Stelle des Reichstags trat das heutige Kokkai.

Das gegenwärtige Parlamentsgebäude, eröffnet 1936, ist - im Unterschied zu den drei provisorischen Vorgängerbauten aus Holz - in Stahlbeton ausgeführt.

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Commons: Kokkai – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Sangiin: Beziehungen zwischen beiden Kammern (japanisch)
  2. Gesetze und Vorschriften, die die Beziehungen zwischen beiden Kammern bestimmen: Japanische Verfassung, Kokkai-hō (Englische Übersetzung), Ryōin-kyōgikai kitei, Sangiin kisoku (Englische Übersetzung), Shūgiin kisoku
  3. Shūgiin: 国会の召集と会期
  4. Sangiin: 参議院の緊急集会