Kolloidchemie

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die Kolloidchemie ist ein 1850 durch Francesco Selmi und Thomas Graham begründetes und ab etwa 1900 ausgebautes[1] Teilgebiet der Physikalischen Chemie, bei dem die Herstellung, Charakterisierung und Modifizierung kolloiddisperser Systeme im Vordergrund steht. Derartige Systeme bestehen aus Kolloiden, fein verteilten festen Stoffen mit Teilchen im Größenbereich von einigen Tausendstel bis einem Millionstel Millimetern. Die Teilchen sind hierbei als disperse Phase (Dispersion) verteilt.

Kolloidale Lösungen stehen zwischen echten Lösungen und Suspensionen; sie zeigen keinen osmotischen Druck, keine Siedepunktserhöhung und keine Gefrierpunkts-Erniedrigung (sogenannte kolligative Eigenschaften).

In kolloidalen Lösungen wäre eine Ausflockung (Koagulation) der vielen kleinen Teilchen zu energetisch günstigeren, größeren Teilchen zu erwarten. Dieser gegenseitigen Absorption der Kolloidteilchen wirkt die elektrostatische Abstoßung entgegen (hydrophobe Kolloide) oder das Vorhandensein großer Hydrathüllen (hydrophile Kolloide).[2]

Hydrophobe Kolloide tragen adsorbierte Ladungen, weshalb sie elektrolytisch aufgetrennt werden können (Elektrophorese). Durch Zugabe von Salzen wird die elektrostatische Abstoßung der Kolloidteilchen reduziert, und sie setzen sich als Niederschlag oder Gel ab (Koagulation, Ausflockung).

Hydrophile Kolloide tragen große Hydrathüllen. Hier kann die Koagulation durch wasserentziehende Mittel erreicht werden.

Kolloide, die das Ausflocken anderer verhindern, heißen Schutzkolloide, beispielsweise Dextrin. Im pflanzlichen und tierischen Körper sind viele Wirkstoffe in kolloidaler Lösung vorhanden.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Hans Wolfgang Behm: Kolloidchemie: Allgemeinverständliche Einführung in das Reich der feinverteilten Stoffe, Franckh’sche Verlagshandlung, Kosmos, Gesellschaft der Naturfreunde, Stuttgart 1925, DNB-Link
  • Kuhn Alfred, Wörterbuch der Kolloidchemie, Leipzig, Dresden, Steinkopffverlag, 1932.
  • Gerhard Lagaly, Oliver Schulz, Ralf Zimehl: Dispersionen und Emulsionen. Eine Einführung in die Kolloidik feinverteilter Stoffe einschließlich der Tonminerale. Steinkopff, Darmstadt 1997, ISBN 3-7985-1087-3.[3]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 36 und 54.
  2. A. F. Holleman, E. Wiberg, N. Wiberg: Lehrbuch der Anorganischen Chemie. 102. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin 2007, ISBN 978-3-11-017770-1, S. 168.
  3. Beigefügt: Klaus Beneke: Biografische Daten bedeutender Kolloidwissenschaftler, S. 519–548.