Künstler-Nekropole

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 20. Juli 2016 um 23:12 Uhr durch DerHexer (Diskussion | Beiträge) (Linkfix (Liste berühmter BegräbnisstättenListe von Begräbnisstätten bekannter Persönlichkeiten)). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Blauer See im Habichtswald

Die Künstler-Nekropole im Kasseler Stadtteil Harleshausen ist ein Friedhof, eine Parkanlage, ein Kunstwerk des öffentlichen Raums und ein Wanderweg, geschaffen von documenta-Künstlern, die sich zu Lebzeiten testamentarisch verpflichten, sich im Habichtswald am westlichen Stadtrand von Kassel nahe dem Bergpark Wilhelmshöhe am Blauen See beerdigen zu lassen. Der documenta-Künstler Harry Kramer schuf mit der Künstler-Nekropole eine neue Ausdrucksform der Kunst im öffentlichen Raum.

Geschichte

Ugo Dossi-Grab in der Nekropole

Der Kasseler documenta-Künstler Harry Kramer beschäftigte sich seit Anfang der 1980er Jahre mit einem Pantheon im Regen. Ausgewählten documenta-Künstlern sollte die Möglichkeit eingeräumt werden, ihr eigenes Grabmonument am Blauen See, einem ehemaligen Basaltsteinbruch, zu gestalten. Der Künstler wird in einer Urne beigesetzt.

Er griff damit die kunstgeschichtliche Idee auf, Monumente im Park und Gräber im Wald anzulegen. Harry Kramer gab in dem naturbelassenen Landschaftsgarten den Künstlern die Möglichkeit, ihr eigenes Grab auf einem Friedhof schon zu Lebzeiten anzulegen. Geplant sind insgesamt 40 Grabmale. Das Landschaftsschutzgebiet darf durch das Grabmal nicht gestört werden und muss sich selbst überlassen bleiben.

Harry Kramers verknüpfte somit die Kunst des 20. Jahrhunderts mit der Gartenarchitektur des naheliegenden Bergparks Wilhelmshöhe. Er schuf mit der Nekropole einen Bezug zu dem Nachbau des Grabs des Vergil im Bergpark Wilhelmshöhe und der Kassler Herkules-Statue, der die goldenen Äpfel der Hesperiden in der Hand verbirgt.

Über seine Motivation schrieb er:

„Die Künstler haben keinen Einfluß auf Kulturpolitik, Museumsankäufe und Programme internationaler Ausstellungen. Genau besehen, ist das auch gut so; sie würden sich sonst als Gladiatoren in der Arena selbst ausrotten. Der Wettstreit auf dem Friedhof der Eitelkeiten ist ein unblutiger. Melancholie, Einsamkeit und Repräsentanz dieses Berufs kann sich keinen geeigneteren Ort der Selbstrealisierung und Selbstinszenierung wünschen. Der Künstler kann nur beim eigenen Grabmal sich selbst Auftraggeber und Mäzen sein. Allein das ist Legitimation genug.“[1]

Eine Stiftung, die aus dem Privatvermögen Harry Kramers hervorgegangen ist, betreut die Nekropole. Ein Stiftungsrat wählt die Künstler aus, die hier ihr Grabmal errichten sollen. Träger der Stiftung ist die Stadt Kassel.

Grabmonumente

Heinrich Brummack, Vogeltränke

Beerdigte Künstler

Blalla-W.-Hallmann-Denkmal in der Nekropole

Als erster Künstler wurde der Initiator Harry Kramer auf der Nekropole beerdigt; er verzichtete auf ein Grabmal in der Künstler-Nekropole und wurde dort 1997 anonym bestattet.

Marga Blase (1930–2006), die an Alzheimer erkrankte Frau von Karl Oskar Blase, wurde neben dem Grabmal ihres Mannes beerdigt und mit einem eigenen Gedenkstein gewürdigt.

Besonderheit

Der Künstler Blalla W. Hallmann stellt mit seinem Nekropolen-Beitrag eine Besonderheit dar. Sein Monument ist nämlich kein Grabmal im eigentlichen Sinne, sondern ein Denkmal, da der Künstler selbst nicht auf der Künstlernekropole beerdigt ist. Diese Besonderheit hat folgenden Hintergrund: Hallmann hatte Interesse an einem Beitrag zur Künstler-Nekropole gezeigt, allerdings starb er 1997, bevor er seinen Beitrag fertigstellen konnte. Als Andenken wurde nun das von ihm gemalte Bild Abendtreffen an der Lichtung in der Künstler-Nekropole aufgehängt.

Tourismus

Ein 1,5 km langer Wanderweg führt von dem Parkplatz Bergfreiheit in Harleshausen um den Blauen See zur Künstler-Nekropole in Kassel. Gekennzeichnet ist der Wanderweg mit dem Wanderzeichen 22.

Grab von Werner Ruhnau
Anfahrt mit dem PKW

Von Kassel-Innenstadt Richtung Kassel-Harleshausen, Ahnatalstraße über Rasenallee zum Parkplatz Bergfreiheit. Von Kassel-Wilhelmshöhe über Rasenallee Richtung Wilhelmsthal. Ahnatalstraße links bis zum Parkplatz Bergfreiheit.

Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln

Vom Königsplatz mit der Buslinie 10 des KVG oder 19 Richtung Kassel-Harleshausen bis Haltestelle „Sonnenhang“, von dort etwa 500 m zu Fuß über die Ahnatalstraße zum Parkplatz Bergfreiheit.

Siehe auch

Literatur und Quellen

  • Angela Landgrebe: Künstler-Nekropole Kassel; Kassel 2004; ISBN 3-933617-18-9
  • Dirk Eckart: Die Kasseler Künstlernekropole: ein Buch für kunstinteressierte Spaziergänger; Kassel 2000; ISBN 3-89811-600-X
  • Verein zur Förderung der Künstler-Nekropole, Kassel (Hrsg.): Harry Kramer – Künstler-Nekropole; Kassel 1999; ISBN 3-925272-42-9
  • Harry Kramer: Z. Die Geschichte eines ganz normalen Idioten; Kassel 1996
  • Michael Willhardt (Hrsg): Der Alleinunterhalter: Harry Kramer; Ostfildern 1995; ISBN 3-7757-0540-6
  • Michael Willhardt: "Wie werde ich berühmt? Wie finden individuelle Visionen ihren Weg ins gesellschaftliche Gewebe? Untersucht am Beispiel der Idee Harry Kramers, einen Friedhof für seine Künstlerkollegen einzurichten". Mit Fotografien von Dieter Schwerdtle; Kassel 1994, unveränderte Neuauflage 2013 (on demand beim Autor: www.wie-werde-ich-beruehmt.de)
  • Michael Willhardt (Hrsg): Ein Frisör aus Lingen: Harry Kramer; Freren 1990; ISBN 3-923641-30-3

Anmerkungen

  1. Harry Kramer: Sterben ist im Leben wenig neu, jedoch auch leben, freilich, ist nicht neuer …; in: Michael Willhardt (Hrsg.): Der Alleinunterhalter: Harry Kramer; Ostfildern 1995; S. 144 f.

Weblink

Commons: Künstler-Nekropole – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 51° 20′ 10″ N, 9° 24′ 10″ O