Lercanidipin

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Strukturformel
Struktur von Lercanidipin
Strukturformel ohne Stereochemie
Allgemeines
Freiname Lercanidipin
Andere Namen

Methyl-1,1-dimethyl-2-(N-(3,3-diphenylpropyl)-N-methylamino)ethyl-2,6-dimethyl-4-(3-nitrophenyl)-1,4-dihydropyridin-3,5-dicarboxylat (IUPAC)

Summenformel C36H41N3O6
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
EG-Nummer (Listennummer) 807-432-6
ECHA-InfoCard 100.235.079
PubChem 65866
ChemSpider 59276
DrugBank DB00528
Wikidata Q410492
Arzneistoffangaben
ATC-Code

C08CA13

Wirkstoffklasse

Calciumantagonist

Eigenschaften
Molare Masse 611,73 g·mol−1
Schmelzpunkt
  • 186–190 °C[1]
  • 119–123 °C (Lercanidipin·Monohydrochlorid)[1]
Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]

Gefahr

H- und P-Sätze H: 301
P: 301+310[2]
Toxikologische Daten

83 mg·kg−1 (LD50Mausi.p., Monohydrochlorid)[1]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Lercanidipin ist ein Arzneistoff aus der Gruppe der Calciumantagonisten des Dihydropyridin-Typs. Der Prototyp dieser Arzneistoffe ist das Nifedipin, bekannter unter dem Handelsnamen Adalat. Als Vertreter der sog. dritten Generation zeichnet sich Lercanidipin durch eine gegenüber den Vertretern der zweiten Generation (u. a. Amlodipin) gesteigerte vaskuläre Wirkung, bessere Verträglichkeit und noch zusätzlich durch einige verbesserte pharmakokinetische Eigenschaften aus. Ein spezifischer pharmakokinetischer Nachteil der Substanz ist jedoch, dass das Ausmaß ihrer Resorption davon abhängt, ob zur Tablette eine Mahlzeit eingenommen wurde. So muss ein ausreichend langes Intervall zwischen Medikamenteneinnahme und den Mahlzeiten eingehalten werden.[3]

Entwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Arzneistoff basiert auf dem Dihydropyridin Nitrendipin. Eine der Methylgruppen dieses Esters wurde durch die 6,6-Diphenyl-1,1,3-trimethyl-3-aza-hexyl-Gruppe ersetzt.

Pharmakologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wirkungsweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lercanidipin blockiert die Öffnung spannungsabhängiger Calciumkanäle (L-Typ) der glatten Muskelzellen der Arterien und weist eine hohe vaskuläre Spezifität auf, die in einer Gefäßerweiterung ohne Einfluss auf die Herzfunktion resultiert. Lercanidipin reichert sich auf Grund seiner hoch lipophilen Eigenschaften in der Zellmembran an und bildet dort ein Depot. Dadurch ist Lercanidipin in der Lage, trotz einer kurzen Plasmahalbwertszeit unabhängig vom Plasmaspiegel über eine Membrankinetik kontrollierte Wirkung die Calciumkanäle zu blockieren.

Analytik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für pharmakokinetische und Therapie- bzw. Stabilitätsstudien ist die zuverlässige qualitative und quantitative Bestimmung des Wirkstoffs Lercanidipin erforderlich. Nach geeigneter Probenvorbereitung des Untersuchungsmaterials kann die Analytik durch Einsatz der Kopplung von chromatographischen Trennverfahren mit der Massenspektrometrie durchgeführt werden.[4][5]

Anwendungsgebiete (Indikationen)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lercanidipin ist in Deutschland zugelassen zur Therapie der leichten bis mittelschweren essentiellen Hypertonie.

Gegenanzeigen (Kontraindikationen)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lercanidipin sollte nicht eingenommen werden in Schwangerschaft und Stillzeit, bei schweren Nieren- oder Leberfunktionsstörungen, instabiler Angina Pectoris, innerhalb eines Monats nach einem Myokardinfarkt, unbehandelter Herzinsuffizienz sowie in Verbindung mit Ciclosporin. Ferner gilt Lercanidipin als ungeeignet für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren.

Lercanidipin darf nicht eingenommen werden, wenn gleichzeitig eines der folgenden Arzneimittel/Genussmittel eingenommen wird: Sogenannte starke CYP-3A4-Inhibitoren (z. B. Ketoconazol, Itraconazol, Erythromycin, Troleandomycin, Ritonavir), Ciclosporin, Grapefruitsaft.[6]

Nebenwirkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lercanidipin scheint insgesamt gut verträglich. Lercanidipin scheint keine negativen Auswirkungen auf den Blutzucker- oder Serum-Lipid-Spiegel zu haben. Als unerwünschte Begleiterscheinungen zeigten sich die für Calciumkanalblocker typischen Erscheinungen wie periphere Ödeme, Kopfschmerzen, Gesichtsrötung, Palpitationen (Herzklopfen), Tachykardie, jedoch mit einer deutlich geringeren Häufigkeit als für andere Calciumkanalblocker.[7]

Beschreibung der Nebenwirkungen nach Häufigkeit:

  • Gelegentlich: Beschleunigter Herzschlag (Tachykardie), Herzklopfen (Palpitationen), Periphere Ödeme (Flüssigkeitsansammlung im Gewebe, besonders in den Beinen), Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Hitzegefühl (mit Hautrötung insbesondere im Gesicht).
  • Selten: Angina Pectoris (Brustschmerzen); einige Arzneimittel, die ähnlich wirken wie Lercanidipin, können Präkordialschmerzen (Schmerzen in der Herzgegend) verursachen; Schläfrigkeit (Somnolenz); Übelkeit; Verdauungsstörungen; Durchfall; Bauchschmerzen; Erbrechen; erhöhte Urinmenge (Polyurie); Nykturie;[8] Hautausschlag; Muskelschmerzen; Schwäche; Müdigkeit (Fatigue).
  • Sehr selten: Bei Angina Pectoris können Beschwerden häufiger oder länger auftreten oder sich verstärken, in Einzelfällen kann ein Herzanfall (Herzinfarkt) auftreten, Ohnmachtsanfall (Synkope), Anstieg der Leberwerte (bildet sich nach Beendigung der Behandlung in der Regel zurück), häufiges Wasserlassen (Pollakisurie), Hypotonie (niedriger Blutdruck), Schmerzen im Brustkorb, Überempfindlichkeit.[6]

Stereochemie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lercanidipin enthält ein Stereozentrum und besteht aus zwei Enantiomeren. Hierbei handelt es sich um ein Racemat, also ein 1:1-Gemisch von (R)- und der (S)-Form:[9]

Enantiomere von Lercanidipin

CAS-Nummer: 185197-70-0

CAS-Nummer: 185197-71-1

Handelsnamen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Monopräparate

  • Carmen (D), Corifeo (D), Zanidip (A, CH), Lercanidipin-Generika

Kombinationspräparate

  • in Kombination mit Enalapril: Carmen ACE (D), Lercaprel (A), Zaneril (D), Zanipress (D, CH), Zanipril (A)

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Eintrag zu Lercanidipin. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 10. November 2014.
  2. a b Datenblatt Lercanidipine hydrochloride hemihydrate bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 7. April 2011 (PDF).
  3. C. Álvarez, E. Gómez, M. Simón, C. Govantes, P. Guerra, J. Frías u. a.: Differences in lercanidipine systemic exposure when administered according to labelling: in fasting state and 15 minutes before food intake. In: Eur J Clin Pharmacol. Band 68, Nr. 7, 2012, S. 1043–1047, doi:10.1007/s00228-012-1215-8, PMID 22294059.
  4. K. Chen, J. Zhang, S. Liu, D. Zhang, Y. Teng, C. Wei, B. Wang, X. Liu, G. Yuan, R. Zhang, W. Zhao, R. Guo: Simultaneous determination of lercanidipine, benazepril and benazeprilat in plasma by LC-MS/MS and its application to a toxicokinetics study. In: J Chromatogr B Analyt Technol Biomed Life Sci. 899, 15. Jun 2012, S. 1–7, PMID 22622066
  5. J. Fiori, R. Gotti, C. Bertucci, V. Cavrini: Investigation on the photochemical stability of lercanidipine and its determination in tablets by HPLC-UV and LC-ESI-MS/MS. In: J Pharm Biomed Anal. 41(1), 11. Apr 2006, S. 176–181. PMID 16378707
  6. a b Gebrauchsinformation zu Lercanidipin-HCl, der Firma Stada Arzneimittel AG, Stadastraße 2–18, 61118 Bad Vilbel (12/2009).
  7. K. Makarounas-Kirchmann, S. Glover-Koudounas, P. Ferrari: Results of a meta-analysis comparing the tolerability of lercanidipine and other dihydropyridine calcium channel blockers. In: Clin Ther. Band 31, Nr. 8, August 2009, S. 1652–1663, doi:10.1016/j.clinthera.2009.08.010, PMID 19808126.
  8. A. Schattner: Lercanidipine-associated nocturia. In: Q J Med. 104, 2011, S. 463. PMID 21349908
  9. Rote Liste Service GmbH (Hrsg.): Rote Liste 2017 – Arzneimittelverzeichnis für Deutschland (einschließlich EU-Zulassungen und bestimmter Medizinprodukte). Rote Liste Service GmbH, Frankfurt/Main, 2017, Aufl. 57, ISBN 978-3-946057-10-9, S. 171.