Manfred Genditzki

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 11. Mai 2016 um 11:55 Uhr durch NiTenIchiRyu (Diskussion | Beiträge) (→‎Literatur). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Manfred Genditzki (* 1960) ist der Betroffene eines vermeintlichen Irrtums der deutschen Justiz, im sog. Badewannen-Mord am Tegernsee. Er wurde im Februar 2009 verhaftet und am 17. Januar 2012 vom Landgericht München II wegen Mord an der 87-jährigen Rentnerin Lieselotte K. aus Rottach-Egern zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Dieses Urteil ist zwar rechtskräftig, jedoch bestehen in der Öffentlichkeit Zweifel an der Schuld von Genditzki. Einige Beobachter fordern deshalb ein Wiederaufnahmeverfahren in diesem Fall.[1][2][3]

Tod von Lieselotte K.

Manfred Genditzki half Lieselotte K. als Hausmeister bei den täglichen Dingen des Lebens wie Einkaufen, Frühstück machen, Wäsche waschen usw. Nachdem Genditzki die Rentnerin am 28. Oktober 2008 von einem Klinikaufenthalt nach Hause gefahren hatte, verabschiedete er sich dort gegen 15:00 Uhr von ihr, weil er seine kranke Mutter besuchen wollte. Als dann wie jeden Tag eine Pflegekraft um 18:30 Uhr die Wohnung von Lieselotte K. aufsuchte, lag diese tot in der Badewanne. Bei der Obduktion wurde festgestellt, dass sie ertrunken war. Zunächst gingen die Behörden von einem Unfall, nämlich von einem unglücklichen Sturz als Todesursache aus. Am Hinterkopf fand ein Gerichtsmediziner jedoch zwei Einblutungen unter unverletzter Kopfhaut.[3] Obwohl dies nicht notwendigerweise auf eine gewaltsame Ursache schließen lässt, wurde Manfred Genditzki deswegen unter Mordverdacht in Untersuchungshaft genommen.

Verurteilung wegen Mordes

Das Landgericht München II verurteilte Genditzki am 12. Mai 2010 zu einer lebenslangen Haftstrafe. Der Bundesgerichtshof hob jenes Urteil allerdings am 12. Januar 2011 auf und verwies die Sache zurück an das Landgericht.[4] Auch in dem zweiten Prozess verurteilte das Landgericht München II dann Manfred Genditzki jedoch am 17. Januar 2012 zu lebenslanger Haft. Für Prozessbeobachter blieben aber erhebliche Zweifel an diesem Schuldspruch. Die Verteidiger und die Beobachter der Hauptverhandlung hatten fest mit einem Freispruch gerechnet. Eine Revision gegen diesen zweiten Schuldspruch scheiterte beim Bundesgerichtshof.[5]

Die Staatsanwaltschaft ging davon aus, dass Genditzki die alte Dame ermordet hätte, um damit zu vertuschen, dass er während ihres Klinikaufenthaltes in ihrem Haus in Rottach-Egern Geld unterschlagen hätte. Der Theorie der Verteidigung, Frau K. habe offensichtlich ihre verkotete Wäsche in der Badewanne einweichen wollen, habe dabei einen Schwächeanfall erlitten und sei in die Wanne gestürzt, wollte die Staatsanwaltschaft nicht folgen, denn nirgends in der Wohnung habe es verkotete Wäsche gegeben. Aber die Krankenschwester der Klinik sagte aus, sie habe die kotbeschmutzte Wäsche in eine braune Plastiktüte gepackt und Frau K. mit nach Hause gegeben. Auf den Polizeifotos ist eine ebensolche Tüte zu sehen, sie steht im Flur neben einem gefüllten Wäschekorb. Aber niemand hatte bei der Spurensicherung dort hineingeschaut, und drei Monate später wurde sie ungeöffnet entsorgt, so dass diese Tüte in dem Strafprozess nicht mehr zur Verfügung stand.[2]

Das Landgericht sah den Angeklagten ferner durch zwei nachgewiesene Telefonanrufe in der Praxis des Hausarztes der Rentnerin überführt, die jeweils nur wenige Sekunden dauerten. Diese Anrufe hätte Genditzki, nach Überzeugung des Landgerichts, in Panik mit dem Gedanken "Ich hole Hilfe" gemacht, nachdem ihm klar geworden sei, dass die Rentnerin durch seinen angeblichen Schlag ums Leben gekommen war.[6] Mit welchem Gegenstand Manfred Genditzki zugeschlagen haben soll, ist unbekannt. Ein Tatwerkzeug wurde nie gefunden. Die Begründung des Angeklagten, dass er den Hausarzt angerufen habe, um ihm mitzuteilen, dass Frau K. aus der Klinik nun wieder zu Hause sei, er aber aufgelegt habe, als nur der Anrufbeantworter der Praxis in der Leitung war, ließ das Gericht nicht gelten.[6]

Antrag auf Wiederaufnahme

2015 wurde der bekannte Kriminalist und Profiler Axel Petermann von Angehörigen Genditzkis damit beauftragt, den Fall erneut zu untersuchen. Da Petermann die Verurteilung Genditzkis auch als zweifelhaft einschätzt, arbeitet er in diesem Fall ohne Honorar (pro bono).[7]

Die Strafverteidigerin von Genditzki begann 2015, einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens vorzubereiten. Jene Rechtsanwältin hatte bereits die Angeklagten bzw. Angehörigen von Rudolf Rupp im Justizirrtums-Fall betreffend dem Todesfall Rudolf Rupp vertreten und für diese erfolgreich ein Wiederaufnahmeverfahren erreicht.[8]

Literatur

  • Thomas Darnstädt: Der Richter und sein Opfer – Wenn die Justiz sich irrt, Piper Verlag 2013, ISBN 978-3-492-05558-1; der Fall Genditzki wird geschildert auf den Seiten 50-53, 126-128, 213-216 und 301-302.

Fernsehbeiträge

  • In den Fängen der Justiz - Unschuldig in Haft, VOX-Reportage vom 14. November 2015

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Tochter des Badewannen-Mörders: "Er ist unschuldig"; in: tz Online vom 17. November 2014
  2. a b Der Mord, der keiner war; in: Süddeutsche Zeitung Online vom 12. Januar 2012.
  3. a b Gisela Friedrichsen: STRAFJUSTIZ - Auf der falschen Fährte; in: Der Spiegel 50/2011 vom 12. Dezember 2011
  4. Justizpanne im Badewannen-Mord; in: tz Online vom 1. November 2011
  5. Bundesgerichtshof weist Revision zurück ; in: Süddeutsche Zeitung Online vom 2. Oktober 2012
  6. a b Nach dem Urteil im Badewannen-Mord: Ein Sturz - aber warum? ; in: Süddeutsche Zeitung Online vom 20. Januar 2012
  7. Justizirrtum? - Profiler rollt den "Badewannen-Mord" von Rottach wieder auf; in: Abendzeitung München vom 24. Juni 2015
  8. Sitzt ein Unschuldiger im Gefängnis? - Anwältin will Rottacher Badewannen-Mord wieder aufrollen; in: Tegernseer Stimme vom 20. August 2015