Marschall von Bieberstein

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 23. September 2016 um 16:48 Uhr durch Katzenfan (Diskussion | Beiträge) (HC: Ergänze Kategorie:Ersterwähnung 1196). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Wappen der Marschall von Bieberstein

Marschall von Bieberstein ist der Name eines alten meißnischen Adelsgeschlechts, das im 13. Jahrhundert das erbliche Marschall- und Kämmereramt der Markgrafen von Meißen besaß.

Ursprung, Geschichte und Namensentwicklung

Burg Gnandstein, Wehrbauten aus dem 13. Jahrhundert

Die Familie wird erstmals im Jahr 1196 mit Norbert von Schladebach und dessen Sohn Konrad urkundlich[1] erwähnt (eine Identität dieses Norbert mit dem 1179 urkundlich genannten Hallenser Salzgrafen Norbert[2] ist wahrscheinlich, kann aber nicht sicher belegt werden). Die Familie bekleidete bei den Markgrafen von Meißen das erbliche Marschall- und Kämmereramt. Gegen Ende des 13. Jahrhunderts wurde die Amtsbezeichnung zum Namensbestandteil. Während der von Norberts jüngerem Sohn Konrad begründete Stamm der „Kämmerer“ Anfang des 15. Jahrhunderts erlosch,[3] leben die Nachkommen von Norberts älterem Sohn Heinrich, seit 1198 als Inhaber des Marschallamts urkundlich belegt,[4] bis heute unter dem jetzigen Familiennamen „Marschall von Bieberstein“ fort. Seit 1228 wird als Sitz der Familie die Burg Gnandstein bei Geithain (Landkreis Leipziger Land) genannt.

Nach dem Verlust der Erbämter Anfang des 14. Jh. verlagerte sich der Besitzschwerpunkte der Familie in den Raum Döbeln (u. a. Choren, Döschütz, Ebersbach, Gärtitz, Hermsdorf, Heyda, Jessnitz, Kobelsdorf, Mahlitzsch, Mockritz, Naußlitz, Otzdorf und Ziegra); östlich der Elbe sind Besitzungen in Berbisdorf, Nassau und Niederau b. Großenhain bezeugt. Eine auf Burg Frohburg b. Altenburg gesessene Linie der Marschälle strebte offenbar die Begründung einer eigenen Standesherrschaft an, dürfte dadurch jedoch in Konflikt mit den Markgrafen v. Meißen geraten sein und verlor Anfang des 14. Jahrhunderts alle ihre Rechte;[5] ihr weiteres Schicksal ist ungeklärt. Zugleich finden sich während des 14. Jh. Familienmitglieder im Patriziat der Stadt Freiberg, wo sie Ratsherren und Bürgermeister stellten. Auch am Silberbergbau des Erzgebirges hatten Familienmitglieder in dieser Zeit Anteil.

Burg Bieberstein

Wohl aus diesen Einkünften wurde der Erwerb von Burg, Dorf und Herrschaft Bieberstein, zwischen Nossen und Freiberg gelegen, finanziert. Als erstes nach Bieberstein benanntes Familienmitglied wird am 15. Juni 1399 Heinrich Marschall genannt, jedoch wurde der Beiname „von Bieberstein“ erst im 17. Jahrhundert zur Unterscheidung von anderen, nicht stammverwandten Geschlechtern des Namens „Marschall“ von der Gesamtfamilie angenommen (s. auch unten, „Hinweis“). Bieberstein blieb bis 1602 in Familienbesitz. Nach anfänglicher Blüte des in Bieberstein angesessenen Zweiges setzte ab Beginn des 16. Jh. allgemein ein zunehmender wirtschaftlicher Niedergang ein. Ein Zweig der Familie (v. Marschall und Berbisdorff) wandte sich zu Anfang des 16. Jahrhunderts nach Schlesien, wo er die Güter Paulsdorf, Schmollen und Zessel besaß. 1584 heiratete Nikolaus Marschall der Jüngere auf Schloss Nossen Anna Luther, Tochter von Paul Luther und Enkelin des Reformators Martin Luther.[6]

Einen tiefen Einschnitt in der Entwicklung der Familie markiert die Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert sowie der bald darauf folgende Dreißigjährige Krieg. Fünf Familienzweige, darunter die beiden zu Bieberstein gesessenen, sind in dieser Zeit erloschen oder haben den Lehensverband verlassen und sind im Bürgertum verschiedener Städte aufgegangen. Mitte des 17. Jahrhunderts sind infolgedessen nur noch wenige männliche Namensträger als Mitglieder des grundbesitzenden sächsischen Adels anzutreffen (erst im 18. Jahrhundert hat die Zahl der Familienmitglieder wieder den Stand vom Ende des 16. Jahrhunderts erreicht). Ein neuer Impuls ging von Alexander Marschall von Bieberstein auf Hermsdorf (1604–1668) und seiner Gemahlin Johanna Barbara, geb. v. Milckau (1610–1681) aus, deren sieben Söhne[7] neue Linien begründeten; fünf von ihnen haben Mitte des 17. Jh. die meißnisch-kursächsische Stammheimat verlassen und sich im Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalt niedergelassen (in Bennstedt b. Halle, Bretleben, Hedersleben, Kayna, Baumersroda (1736/37-1744) und Schmon). Im 18. und 19. Jahrhundert wuchs die Familie stark an; Familienmitglieder sind in dieser Zeit im Königreich Hannover (Burgdorf), Pommern (Quatzow, Reddichow, Rowen, Rumske, Schmarsow und Zedlin), (Ost-)Preußen (Adelwitz, Bleddin, Eichen, Gnie, Polzen, Tolksdorf und Wandlack), Baden (Buchholz b. Waldkirch, Melcherhof/Unteribental b. Kirchzarten, Neuershausen b. Freiburg), Herzogtum Nassau (Hahnstätten), Russland (Dobrenkaja/Gouv. Poltawa und Alexandrowskoje/Bez.Orenburg) und USA (Cherry Spring, Gillespie Co., Texas) begütert. Daneben finden wir zahlreiche Familienmitglieder in zivilen Staatsdiensten und dem Militär, v.a. in Württemberg, Preußen, Baden, Hz. Nassau und Russland; in Österreich auftretende Namensträger konnten bisher genealogisch nicht zugeordnet werden. 1849 hat Hermann Marschall von Bieberstein zu Cölln b. Meißen Sachsen verlassen - mit ihm endete die über 650 Jahre währende Geschichte der Familie in der alten meißnischen Stammheimat. Heute blühen noch die Badische und die Nassauische Linie mit geographischen Schwerpunkten in Deutschland und den Vereinigten Staaten. Der Verbleib von Nachkommen zweier in Russland (Moskau und Orenburg) ansässiger Zweige der Familie nach der Oktoberrevolution 1917 ist ungeklärt.

Adelserhebungen und Adelsanerkennungen

(siehe Hauptartikel Bieberstein (Adelsgeschlecht))

Wappen

Das Wappen zeigt ein rotes Schräggitter auf silbernem Grund. Auf dem Helm mit rot-silbernen Decken befindet sich zwischen zwei silbernen Bueffelhörnern ein aufrecht gestellter roter Stab (Marschallsstab), der oben mit einem Busch von sechs schwarzen Hahnenfedern besteckt ist. Die erste bekannte Wappendarstellung findet sich auf einem Siegel aus dem Jahre 1236.[8]

Ein sehr ähnliches Wappen wurde der Ulmer Patrizierfamilie „Rottengatter“ mit Wappenbrief Kaiser Friedrichs III. vom 21. Juni 1473 verliehen

Namensträger im öffentlichen Leben der Neuzeit

Literatur

  • Felix Bachmann: Herrschaft und Wirkung - Adel und Großgrundbesitzer in Halle und dem westlichen Saalekreis. Mitteldeutscher Verlag Halle, 2009.
  • Fritz Fischer: Ahnenreihen der Geschwister Fischer. maschinenschriftl. Werk (Hauptstaatsarchiv Dresden)
  • Genealogisches Handbuch des Adels, Adelslexikon Band VIII, Band 113 der Gesamtreihe, C. A. Starke Verlag, Limburg (Lahn) 1997, ISSN 0435-2408, S. 282–284.
  • Otto Hupp: Münchener Kalender 1925. Buch und Kunstdruckerei AG, München/ Regensburg 1925.
  • Lindnersche Genealogische Sammlung in der Bay. Staatsbibliothek München
  • Dieter Rübsamen: Kleine Herrschaftsträger im Pleißenland. Böhlau-Verlag, 1987.
  • Harald Schieckel: Herrschaftsbereich und Ministerialität der Markgrafen von Meißen. 1959.
  • Fr. Cast: Historisches und genealogisches Adelsbuch des Grossherzogthums Baden. Band 2, Teil 1, S. 284ff.
  • Valentin König: Genealogische Adels-Historie. Teil 2, S. 674ff.

Weblinks

Commons: Marschall von Bieberstein family – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Hinweis

Diese Familie ist nicht verwandt mit den Rogalla von Bieberstein bzw. den in Böhmen, Schlesien und den Lausitzen reich begüterten, längst erloschenen von Bieberstein, die ebenfalls einst (vor 1218 bis ca. 1290) die Burg Bieberstein bei Freiberg besaßen. Eine Verwandtschaft besteht ferner nicht mit den Thüringer Marschallen von Altengottern und den Bremer Marschalck von Bachtenbrock.

Anmerkungen

  1. Codex diplomaticus saxoniae regiae
  2. Urkundenbuch der Stadt Halle
  3. Zuletzt genannt wird Otto Kämmerer von Gruna, urk. 1401.
  4. Codex diplomaticus saxoniae regiae
  5. Letztmalige Nennung von fünf Gebrüdern Marschall von Frohburg in einer meißnischen Urkunde von 1405.
  6. Bisher ungeklärt ist, ob es heute noch lebende Nachkommen dieses Paares gibt. Urkundlich gesichert ist, dass das Paar Kinder hatte.
  7. Georg Job Marschall von Bieberstein,Joachim Wilhelm Marschall von Bieberstein, Alexander Haubold Marschall von Bieberstein, Julius Heinrich Marschall von Bieberstein, Leonhard Marschall von Bieberstein, Hans Dietrich Marschall von Bieberstein und Moritz Thamm Marschall von Bieberstein
  8. O. Posse: Die Siegel des Adels der Wettiner Lande.
  9. Kurt von Priesdorff: Soldatisches Führertum. Band 1, 1937, Nr. 349.
  10. Die Sächsischen Generalpostmeister der Polnischen Post in der Zeit der Personalunion mit dem Churfürstentum Sachsen von 1697 bis 1763. In: Beiträge zur Sächsischen Postgeschichte und Philatelie. Band 5, Verlag Christian Springer, 1983, S. 28–34.
  11. Bieberstein. In: Eugen Lennhoff, Oskar Posner, Dieter A. Binder: Internationales Freimaurer Lexikon. 1980. Nachdruck von 1932, Amalthena- Verlag, ISBN 3-85002-038-X.
  12. Biberschteijn. In: Russki biografitscheski sslowarj. Band 3, 1908, S. 13/14.
  13. W. Menn: Ernst Franz Ludwig Freiherr Marschall von Bieberstein, 1770–1834. In: Nassauische Lebensbilder. Band 6, 1961, S. 114–183.
  14. Kurt von Priesdorff: Soldatisches Führertum. Band 8, Nr. 2678.
  15. Irene Marschall King: Wilhelm Freiherr Marschall von Bieberstein, 1822–1901. Selbstverlag, Waco/Texas c. 1970.
  16. Erich Lindow: Freiherr Marschall von Bieberstein als Botschafter in Konstantinopel 1897 bis 1912. Danzig 1934.
  17. Götz v. Pölnitz: Emir. das tapfere Leben des Freiherrn Marschall von Bieberstein. München u. a. 1942.
  18. Nachruf von Sven Hedin: Marschall v. Bieberstein. In: Sven Hedin: Fünfzig Jahre Deutschland. F.U. Brockhaus, Leipzig 1938, S. 239–246.