Mingus Ah Um

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Mingus Ah Um
Studioalbum von Charles Mingus

Veröffent-
lichung(en)

1959

Label(s) Columbia

Format(e)

LP, CD

Genre(s)

Jazz

Titel (Anzahl)

12

Länge

45:56 (LP), 72:33 (CD)

Besetzung

Produktion

Teo Macero

Studio(s)

Columbia 30th Street Studio, New York City

Chronologie
Blues and Roots
(1959)
Mingus Ah Um Mingus Dynasty
(1959)

Mingus Ah Um ist ein Jazzalbum von Charles Mingus, das 1959 aufgenommen und veröffentlicht wurde.

Name und Gestaltung des Albums

Der Titel Mingus Ah Um leitet sich von einem Wortspiel mit einer Eselsbrücke zum erlernen lateinischer Formen ab. Schüler lernen lateinische Adjektive oft dadurch, dass deren männliche, weibliche und sächliche nominative Singularform (normalerweise endend auf „- us“ „-a“ und „-um“) hintereinander ausgesprochen wird (etwa das Adjektiv „magnus“ (groß): „magnus“, „-a“, „- um“); dieses wird wie dann „magnus ah um“ ausgesprochen. Ein anderer Albumtitel von Mingus beruht ebenfalls auf einem Wortspiel, „Mingus Dynasty“, nach der Ming-Dynastie.

Das Grafikdesign stammt von S. Neil Fujita, der auch für die Gestaltung des gleichzeitig erschienenen Dave Brubeck-Albums Time Out verantwortlich war.[1]

Die Musik

Better Git It in Your Soul ist durch die Gospelmusik inspiriert, die Mingus als Kind gehört haben mag, als er in Watts (Los Angeles) Kalifornien aufwuchs. Mit einer ekstatisch spielenden Band entfesselt der Bassist eine „brodelnde Gospel-Hardbop-Brandung“ (so Horst Weber und Gerd Filtgen in der deutschen Mingus-Biographie); streckenweise wechselt das Stück jedoch in den Walzertakt. Auf ein aufgrund seiner andauernden Wiederholungen eindringliches Solo von Parlan folgt letztlich als Höhepunkt das Solo von Booker Ervin, wo dieser wie der Prediger in der Kirche nur von dem rhythmisch klatschenden Ensemble begleitet wird.

Goodbye Pork Pie Hat ist eine direkte Reverenz an Lester Young, der einige Monate vor der Veröffentlichung des Albums gestorben war. Der Pork Pie Hat, ein Hut, der seinen Namen einer Ähnlichkeit mit einer Fleischpastete verdankt, war die bevorzugte Kopfbedeckung von Lester Young. John Handy spielt hier ausnahmsweise ein Solo auf dem Tenorsaxophon.

Der Ursprung des Boogie Stop Shuffle ist selbsterklärend. Es handelt sich um einen 12-taktigen Blues mit vier Themen und einem Boogie Bass, das zunächst in mittlerem Tempo gespielt wird, um dann in die langsamere Gangart zu wechseln und sogar zu einem Latin-Rhythmus zu kommen.

Self-Portrait in Three Colors wurde ursprünglich für John Cassavetes' ersten Film Schatten geschrieben, wurde dort aber aus finanziellen Gründen nicht verwendet.

Open Letter to Duke ist ein Tribut an Duke Ellington und basiert teilweise auf drei früheren Stücken von Mingus (Nouroog, Duke's Choice und Slippers). Ein rasantes Alt-Solo von John Handy ist auf der zunächst veröffentlichten, gekürzten Fassung nicht enthalten.

Pussy Cat Blues ist eine Huldigung an den New Orleans Jazz mit einem Solo von John Handy auf der Klarinette. Jelly Roll ist eine offensichtliche Reverenz an Jelly Roll Morton. Dagegen war Bird Calls, in Mingus eigenen Worten, keine Reverenz an die Bebop-Legende: „It wasn't supposed to sound like Charlie Parker. It was supposed to sound like birds – the first part.“

Fables of Faubus ist benannt nach Orval Faubus (1910–1994), dem berüchtigten Gouverneur von Arkansas, der sich gegen das Aufheben der Rassentrennung an der Little Rock Central High School im Bundesstaat Arkansas wehrte und Präsident Eisenhower zur Entsendung der 101. US-Luftlandedivision (gegen die Nationalgarde) zwang. Die Komposition, die sich wie ein Abzählreim anhört, wird in dieser ersten Aufnahme dieses Mingus-Klassikers sehr lieblich vorgetragen und zeigt nicht den ironischen Biss der Aufnahmen aus den 1960ern. Während des Pianosolos steigert Mingus durch einen doppelt so schnell gespielten Bass die Spannung.

Rezeption und Auszeichnungen

Der Penguin-Guide to Jazz on CD nennt das Album „einen eindrucksvollen Tribut an die (musikalischen) Vorfahren“ und vergab dafür eine seiner seltenen Kronen. Nach Ansicht der deutschen Mingus-Biographen Horst Weber und Gerd Filtgen gehört das Album „zu den interessantesten Platten, die Mingus jemals eingespielt hat“. Leonard Feather vom Magazin Down Beat gab dem Album kurz nach seiner Veröffentlichung 5 Sterne. Er schrieb:

“Mingus has something to say, knows how and through whom to say it, and it is all stated with communicative authority.”

„Mingus hat etwas zu sagen, er weiß, wie und durch wen es zu sagen ist, und alles wird mit kommunikativer Kompetenz vorgetragen.[2]

2012 wurde das Album in die Grammy Hall of Fame aufgenommen.[3]

Die Stücke des Albums

Als Columbia das Album 1959 als LP herausgab, wurden sechs der neun Stücke gekürzt, um sie der Spiellänge einer Langspielplatte anzupassen. 1979 wurde die Originallänge dieser sechs Stücke wiederhergestellt. Zusammen mit drei zusätzlichen, ursprünglich nicht veröffentlichten Stücken derselben Aufnahmesitzungen wurden sie auf der Doppel-LP Nostalgia in Time Square veröffentlicht, später dann auch auf CD.

Die Spieldauerangaben in Klammern beziehen sich auf die gekürzten Versionen der 1959 veröffentlichen LP:

  1. Better Git It in Your Soul – 7:21
  2. Goodbye Pork Pie Hat – 5:42 (4:46)
  3. Boogie Stop Shuffle – 4:59 (3:41)
  4. Self-Portrait in Three Colors – 3:08
  5. Open Letter to Duke – 5:49 (4:56)
  6. Bird Calls – 6:18 (3:12)
  7. Fables of Faubus 8:13
  8. Pussy Cat Dues – 9:13 (6:27)
  9. Jelly Roll – 6:15 (4:01)

zusätzliche Stücke auf späteren Wiederveröffentlichungen

  1. Pedal Point Blues – 6:30
  2. GG Train – 4:39
  3. Girl of My Dreams – 4:08

Alle Kompositionen von Charles Mingus, außer Girl of my Dreams, das von Sunny Clapp stammt.

Die Stücke 1 und 6–10 wurden aufgenommen am 5. Mai 1959; Columbia 30th Street Studio, New York City.

Die Stücke 2–5 und 11–12 wurden aufgenommen am 12. Mai 1959; Columbia 30th Street Studio, New York City.

Quellen

Einzelnachweise

  1. Nachruf in The New York Times
  2. Booklet zur Wiederveröffentlichung in der Poll Winners Records-Serie des Down Beat-Magazins, 2010
  3. Jeff tamarkin: Coltrane, Mingus, Tristano Recordings Honored by Grammy Hall of Fame. (2012) In: JazzTimes