Nitroaniline

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Nitroaniline
Name 2-Nitroanilin 3-Nitroanilin 4-Nitroanilin
Andere Namen o-Nitroanilin,
1-Amino-2-nitrobenzol
 
m-Nitroanilin,
1-Amino-3-nitrobenzol,
C.I. 37030
p-Nitroanilin,
1-Amino-4-nitrobenzol
 
Strukturformel
CAS-Nummer 88-74-4 99-09-2 100-01-6
PubChem 6946 7423 7475
Summenformel C6H6N2O2
Molare Masse 138,13 g·mol−1
Aggregatzustand fest
Kurzbeschreibung gelbe bzw. orange, fast geruchlose, kristalline Pulver
Schmelzpunkt 71 °C[1] 109–112 °C[2] 147 °C[3]
Siedepunkt 284 °C[1] Zers.[2] 336 °C[3]
Dampfdruck[4] 0,26 Pa (30 °C) 0,15 Pa (30 °C) 0,02 Pa (30 °C)
1,89 Pa (50 °C) 0,31 Pa (50 °C) 0,05 Pa (50 °C)
pKs-Wert[5]
(der konjugierten
Säure BH+)
−0,26 2,466 1,00
Löslichkeit 1,3 g/l (20 °C)[1] 1,25 g/l (25 °C)[2] 0,568 g/l (25 °C)[3]
schwerlöslich in Wasser, löslich in Ethanol, Ether und Chloroform
GHS-
Kennzeichnung
Gefahrensymbol Gefahrensymbol
Gefahr[1][2][3]
H- und P-Sätze 331​‐​311​‐​301​‐​373​‐​412
keine EUH-Sätze
273​‐​280​‐​302+352​‐​304+340​‐​309+310
Gefahrstoff-
kennzeichnung
[1][2][3]
Giftig
Giftig
(T)
R-Sätze 23/24/25​‐​33​‐​52/53
S-Sätze (1/2)​‐​28​‐​36/37​‐​45​‐​61

Die Nitroaniline (selten: Nitraniline, Aminonitrobenzole) sind aromatische Verbindungen, die sich sowohl vom Anilin als auch vom Nitrobenzol ableiten. Durch unterschiedliche Anordnung (ortho, meta oder para) der Substituenten ergeben sich drei Konstitutionsisomere mit der Summenformel C6H6N2O2.

Darstellung

3-Nitroanilin kann gewonnen werden durch:

2-Nitroanilin kann zusammen mit 4-Nitroanilin gewonnen werden durch:[6]

Synthese von 2-Nitroanilin bzw. 4-Nitroanilin:
Die NH2-Gruppe des Anilins (1) wird mittels Essigsäureanhydrid geschützt, dabei entsteht Acetanilid (2). Dieses wird unter Einwirken von Schwefelsäure, Salpetersäure sowie Essigsäure zu 2-Nitroacetanilid (3a) bzw. 4-Nitroacetanilid (3b) nitriert. Schließlich erfolgt die säurekataylierte Abspaltung der Schutzgruppe, so dass man 2-Nitroanilin (4a) bzw. 4-Nitroanilin (4b) erhält.

Die weltweite Produktion beträgt etwa 20.000 bis 25.000 Tonnen pro Jahr.

Eigenschaften

Die Nitroaniline bilden gelbe bzw. orange kristalline Pulver. Sie sind schwerlöslich in Wasser, löslich in Ethanol, Ether und Chloroform.

2-Nitroanilin mit intramolekularer Wasserstoffbrücke

pKs-Werte

Die Nitroaniline besitzen gegenüber dem Anilin (4,603[5]) deutlich niedrigere pKs-Werte; die elektronenziehende Nitrogruppe (−M-Effekt) setzt die Basizität herab. Ein Proton kann daher deutlich schlechter aufgenommen werden.

Im relativen Vergleich untereinander besitzen 2- und 4-Nitroanilin gegenüber dem 3-Nitroanilin einen niedrigeren pKs-Wert; damit sind deren Basizitäten kleiner. Bei der ortho- und para-Form kann eine negative Ladung der elektronenschiebenden Aminogruppe (−I-Effekt und +M-Effekt) durch die elektronenziehende Nitrogruppe (−M-Effekt) besser stabilisiert werden. Bei der meta-Form ist das nicht möglich, so dass die relative Elektronendichte am Amino-Stickstoff größer ist und somit ein Proton eher aufgenommen werden kann.

Schmelzpunkte

Die Schmelzpunkte zeigen deutliche Unterschiede. Das 2-Nitroanilin besitzt den niedrigsten Schmelzpunkt, da es eine intramolekulare Wasserstoffbrücke ausbilden kann. Die beiden anderen Isomere bilden im Gegensatz dazu intermolekulare Wasserstoffbrücken aus. Das 4-Nitroanilin besitzt aufgrund seiner Symmetrie den höchsten Schmelzpunkt.

Verwendung

Die Nitroaniline werden fast ausschließlich als Zwischenprodukte zur Herstellung anderer organischer Verbindungen eingesetzt. So entstehen z. B. durch Hydrierung der Nitrogruppe die Phenylendiamine und durch Diazotierung Nitrobenzonitrile.

4-Nitroanilin ist z. B. Ausgangspunkt zur Synthese des Azofarbstoffs Pararot:[8]

Synthese von Pararot ausgehend von 4-Nitroanilin (1). Dieses reagiert nach Einwirken von Schwefelsäure und Natriumnitrit zu einem Diazoniumsalz (2), welches mit 2-Naphthol zum Pararot (3) gekuppelt wird.

Derivate

Einige Derivate des 3-Nitroanilins schmecken sehr süß. Das 1-Propoxy-2-amino-4-nitrobenzol hat eine Süßkraft von 4.100 in Bezug auf Saccharose und wurde einige Zeit unter dem Namen Ultrasüß P-4000 als Süßstoff verwendet, hat aber aus toxikologischen Gründen keine Bedeutung mehr.[9]

Sicherheitshinweise

Nitroaniline sind giftig. Bei Kontakt von Nitroanilinen mit organischen Stoffen und Einwirkung von Feuchtigkeit kann eine spontane Entzündung erfolgen.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b c d e Eintrag zu CAS-Nr. 88-74-4 in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA (JavaScript erforderlich).
  2. a b c d e Eintrag zu CAS-Nr. 99-09-2 in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA (JavaScript erforderlich).
  3. a b c d e Eintrag zu CAS-Nr. 100-01-6 in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA (JavaScript erforderlich).
  4. H: Félix-Rivera, M.L. Ramírez-Cedeño, R.A. Sánchez-Cuprill, S.P. Hernández-Rivera: Triacetone triperoxide thermogravimetric study of vapor pressure and enthalpy of sublimation in 303–338 K temperature range, in: Thermochim. Acta, 2011, 514, S. 37–43 (doi:10.1016/j.tca.2010.11.034).
  5. a b CRC Handbook of Tables for Organic Compound Identification, Third Edition, 1984, ISBN 0-8493-0303-6.
  6. Beyer/Walter: Lehrbuch der Organischen Chemie, 19. Auflage, S. Hirzel Verlag, Stuttgart 1981, ISBN 3-7776-0356-2, S. 533, 535–536.
  7. Louis Ehrenfeld, Milton Puterbaugh: o-Nitroaniline In: Organic Syntheses. 9, 1929, S. 64, doi:10.15227/orgsyn.009.0064; Coll. Vol. 1, 1941, S. 388 (PDF).
  8. J. R. Mohrig, T. C. Morrill, C. N. Hammond, D. C. Neckers: Synthesis 5: Synthesis of the Dye Para Red from Aniline, in: Experimental Organic Chemistry Freeman: New York, NY, 1997; S. 456–467.
  9. H.-D. Belitz et al.: Lehrbuch der Lebensmittelchemie, 5. Aufl., Springer, Berlin u. a., 2001. S. 432.