Pech (Stoff)

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Pech auch Teerpech, (lateinisch pix), sind braune bis schwarze, teerartige bzw. bituminöse, zähflüssig bis feste, schmelzbare Rückstände, diese entstehen bei der Destillation von Teeren und organischen Substanzen, nachdem alle leichten Öle, Zwischenfraktionen und schweren Öle (Kreosot, Anthracen usw.) abgetrieben sind.[1] Pech ist nicht mit Bitumen zu verwechseln, das bei der Erdöldestillation entsteht.

Begriffsabgrenzung

In der Antike und im Mittelalter wurden die Begriffe „Teer“ und „Pech“ synonym verwendet. Dies führt häufig zu Begriffs-Verwechslungen. Pech wurde häufig in Straßenbelägen verwendet, wo man es als Teer bezeichnete. Heutzutage definieren DIN-Normen, was Pech ist (DIN 55946). Teere entstehen durch zersetzende, thermische Behandlung (Pyrolyse) organischer Naturprodukte (Holz, Steinkohle, Erdöl etc.) und die dabei entstehenden Rückstände werden Peche genannt.

Etymologie

Die Ausdrücke „Pechvogel“ und „Pech haben“ lassen sich mit der Verwendung von Pech in der mittelalterlichen Verteidigung belagerter Festungen in Zusammenhang bringen. Die zweite Erklärung für den Ausdruck „Pech gehabt“ geht auf die mittelalterliche Vogeljagd zurück. Damals bestrich man Baumäste mit Pech, damit die Vögel mit ihrem Gefieder daran kleben blieben und gefangen werden konnte. Jeder Vogel, der in die Falle tappte, hatte „Pech gehabt“ und war in diesem Sinne ein armer „Pechvogel“.

Die negativen Konnotationen des Wortes Pech sind zahlreich: „Pechmarie“ im Märchen Frau Holle, „teeren und federn“, Einsatz zum Foltern, die „Pechtröge“ der Hölle u. a.

Im süddeutschen bzw. österreichischen Sprachraum gibt es auch den Begriff Baumpech (Siedepech), oftmals nur als Pech bezeichnet, für das in der Pecherei gewonnene frische Baumharz. Ebenfalls in diese Sprachregion fällt der Begriff Kaupech für kaugummiähnliche Baumharzarten, die als solche auch Verwendung finden. Diese haben aber nichts mit der umgangssprachlich geläufigen Bezeichnung Pech gemein.

Die Bezeichnung Pechblende für Uranpecherz ist entstanden, weil man diese für eine pechähnliche Abart der Zinkblende hielt, was sich später als Irrtum herausstellte. Auch das Brauerpech, welches meist eine Mischung von verschiedenen Zusätzen ist, fällt in diese Kategorie. Auch gibt es den Begriff Saupech, Brühpech oder Brühharz.

Geschichte

Pechofen im Hessenpark

Die Verwendung von Birkenpech kann archäologisch seit der Altsteinzeit belegt werden. Bekannt ist der Pechrest von Königsaue, der mit mindestens 80.000 Jahren als ältester Kunststoff Europas gilt.[2][3][4][5] Speziell Birkenpech scheint hier verwendet worden zu sein. Auch im Alten Testament wird der Gebrauch von Pech an drei Stellen beschrieben. Einmal beim Bau der Arche, dort wird Pech zum Abdichten benutzt, nach Moses Geburt zum Abdichten des Körbchens, in dem er im Wasser des Nils gerettet wurde, und beim Turmbau zu Babel, dort wird Erdpech (Bitumen) als Bindemittel für Lehmziegellagen erwähnt. [6]

Von Theophrast (371–287 v. Chr.) und Plinius dem Älteren (23/24–79 n. Chr.) stammen frühe Texte zur Pechgewinnung. Plinius unterscheidet zwischen dem meilerartigen Schwelprozess und der Ofenherstellung.

Ursprünglich wurde der Holzteer aus Kohlenmeilern gewonnen und aufgekocht. Seit dem Mittelalter ist archäologisch die Doppeltopf-Methode in Teergrubenmeilern (allotherm) nachgewiesen. Dabei sitzt auf einem Auffanggefäß, ein Behälter mit Lochboden, in dem sich das Reaktionsholz befindet. Beide Behälter werden – mit Brennholz umgeben – vergraben; durch Abbrennen des Holzes ließen sich kleinere Pechmengen gewinnen. Nach drei Stunden Brenndauer betrug die (Teer) Pechausbeute ca. 10 % des eingesetzten Reaktionsholzes. Der Terpentinanteil war sehr hoch, so dass das Pech dünnflüssig war und erst durch weiteres Kochen zähflüssiger wurde.

Große Mengen Pech (Teer) wurden ab dem 17. Jh. in gemauerten Pechöfen (Teer-, Schwelöfen Einkammeröfen)[7] gewonnen, die ca. 8–10 m³ Ausgangsmaterial aufnahmen und dieses bis zu sieben Tage erhitzten. Voraussetzung waren Kiefernwälder in der Umgebung wie z. B. in der Dübener Heide in Sachsen, auch wurde Pech (Teer) auf Pechölsteinen gewonnen.

In „Pechhütten“ verarbeiteten Pechsieder Baumharz →Pecherei, durch Destillieren von den flüchtigen Bestandteilen zu „Siedepech“. Der beim 'Verkochen entstehende Abfall aus Harzresten, Rinde und Schmutz – Greifen oder Grieben genannt – wurde in Griebenherden, die wie Kohlenmeiler funktionierten, weiterverarbeitet.

Um 1850 wurde die gewerbliche Pechsiederei durch die industrielle Produktion verdrängt. Im ausgehenden 19. Jahrhundert erreichte die Pechproduktion ihren Höhepunkt, da sich die Segelschifffahrt intensivierte. Mit dem Einsatz neuer Kunststoffe und dem Niedergang der Segelschiffe war auch die Pechherstellung obsolet geworden.

Zusammensetzung

Hinsichtlich der physikalischen Struktur ist Pech ebenso wie der Teer, als ein Kolloidsystem anzusehen, bei dem Teerharze verschiedensten Molekulargewichts in einem öligen Medium verteilt sind.[11]

Herstellung

  • Kohlenteerpech: Aus den Destillationsrückständen von Steinkohlen-, Braunkohlen-, Torfteer, sowie Schieferteer, entsteht mehrheitlich Pech.
  • Holzteerpech (Holzpech): Der bei der Holzkohlengewinnung anfallende Holzteer wird verkocht oder destilliert, dabei verbleibt das Pech als Rückstand.

Früher bei der Verkochung von Holzteer gingen die leichten Fraktionen („Teeröle“) verloren, man erhielt dann feineres (Schusterpech) und gröberes (normales) Pech und den Rückstand den Pechkuchen

Bevorzugt wird Pech aus harzhaltigen Nadelhölzern, wie Kiefer und Fichte oder harzhaltigen Laubbäume wie Birke und Buche hergestellt.

Pech mit starker Verunreinigung entstand bei der autothermen Pyrolyse – Reaktions- und Brennholz sind nicht getrennt – z. B. im Meiler in der Teergrube, Einkammerofen oder in Gruben- und Hangmeilern. Die Qualität des erhaltenen Pechs ist bei der allothermen Pyrolyse (Retorte, Zweikammerofen) besser, da hier Verunreinigungen durch die Trennung von Brenn- und Reaktionsholz vermieden werden.

  • Pech kann auch aus Birkenrinde hergestellt werden.
  • Ebenfalls wurde Harzpech (Kolophomium-Pech),[9] Tallöl-Pech (Sulfatpech), Sulfitpech oder Cellulosepech (Zellpech) aus der Sulfitzellstoffherstellung, Wollfett-Pech, Stearin-Pech, Knochenteer-Pech, Montanwachs-Pech hergestellt. Diese Peche sind aber in ihrer Zusammensetzung und Beschaffenheit nicht mit den Pechen aus Kohle und Holz zu vergleichen.[12][13]

Peche werden nach ihrem Erweichungspunkt unterteilt, zähes Weichpech (35 bis 50 °C), das feste Mittelpech oder Brikettpech (60 bis 75 °C) und das spröde, leicht pulverisierbare Hartpech (75 bis 90 °C) oder höher.[1] Mit dem Erweichungspunkt, wird diejenige Temperatur gekennzeichnet, bei der das Pech in eine weiche, knetbare Form übergeht. Dies wird mit der Kraemer-Sarnow Methode bestimmt, DIN 52025.

Durch Auflösen von Pech in schweren Teerölen gewinnt man die präparierten Teere, die als Straßen-, Stahlwerks- und Dachpappenteere sowie als Pechölmischungen zur Gewinnung von Anstrich- und Isolierlacken verwendet werden. Bei der Pechverkokung entsteht ein aschearmer Petrolkoks, der hauptsächlich zur Herstellung von Elektroden sowie Kernreaktorgraphit dient.[14] Auch werden Elektrodenpech und Brikettpech hergestellt.[15][16]

Verwendung

Die Peche bildeten früher die Grundlage für die Straßenteere und für die Bautenschutzmittel. Sie sind, ähnlich wie Bitumen, hochmolekulare harzartige Kohlenwasserstoffverbindungen, deren bleibende oder vorübergehende Plastizität durch niedermolekulare Öle bewirkt wird.

Steinkohlenteerpeche wurden wegen ihrer Unempfindlichkeit gegen Witterung, Industriegase und aggressive Wässer sowie wegen ihrer bakterien- und pflanzenfeindlichen Eigenschaften für Anstriche im Bautenschutz verwendet oder als nicht abfließende, hochwertige Korrosionsanstriche im Industriestahlbau verwendet. Da sich gewöhnliche Teerpeche wegen ihrer geringen Plastizität (etwa 30 K) nur in begrenztem Umfange verwenden ließen, wurden durch Abwandlung der inneren Struktur dieser Peche (durch Anreicherung mit hochmolekularen Teerharzen) so genannte Sonderpeche entwickelt. Sonderpeche zeichneten sich durch eine besonders große Plastizität (das ist die Spanne zwischen Erweichungs- und Brechpunkt) aus, die durch Zusatz von Füllstoffen, z. B. Asbest, bis zu 100 K gesteigert werden konnte.

Pech wurde zum Kalfatern im Schiffbau, Schmieren, sowie als Brenn- oder Klebstoff verwendet. Als Abdichtung für Holzgefäße (Eimer, Fässer) verwendet ("Pichen"). Des Weiteren wurde Pech für Pechfackeln und im griechischen Feuer verwendet.

Als Schusterpech, die Sohlen von rahmengenähten oder gedoppelten Schuhen wurden früher mit einem sogenannten Pechdraht genäht, der kurz vor der Verwendung aus mehreren Leinenfäden hergestellt wird, die mit Pech eingerieben, zusammengedreht und an den Enden mit einer Schweins- oder Stahlborste versehen werden. Das Pech sorgt nicht nur für den Zusammenhalt des Fadens, sondern auch für die Abdichtung der Naht. Dieses Verfahren wurde in der Neuzeit weitgehend durch geklebte Schuhböden oder die Verwendung von Kunststofffäden verdrängt.

Der Rest der bei der Verkochung des Pechs übrig blieb, der Pechkuchen wurde früher zusammen mit stark qualmendem, harzhaltigem Holz verbrannt und zu Ruß weiterverarbeitet. In der mittelalterlichen Kriegsführung wurde Pech beispielsweise für die Herstellung von Brandpfeilen verwendet. Dass bei Belagerungen von Burgen kübelweise heißes Pech durch Wehrerker (seit dem 19. Jahrhundert auch „Pechnase“ genannt) auf die Angreifer gegossen wurde, kam jedoch – wenn überhaupt – nur selten vor, da die Herstellung großer Mengen Pech aufwendig und teuer war.

Wie vielseitig Pech heutzutage verwendbar ist, zeigt z. B. der Einsatz als Poliermittelträger zur Herstellung von großen Spiegeln auch neuester Teleskope.[17] Dabei wird ein in Wasser aufgeschlämmtes Poliermittel, beispielsweise Cer(IV)-oxid, mit einer dünnen Schicht aus einer Mischung zweier Pecharten (eventuell mit Bienenwachs versetzt) über die zu polierende Oberfläche gerieben.

Pech unterschiedlicher Herkunft wird ebenfalls als kostengünstiges Ausgangsmaterial für die Herstellung von Kohlenstofffasern verwendet.

Forschung

Demonstration der hohen Viskosität von Pech im Pechtropfenexperiment

Zur Untersuchung der viskosen Stoffeigenschaften von Pech begann der Physiker Thomas Parnell 1927 das sogenannte Pechtropfenexperiment (Pitch Drop Experiment). Der neunte Tropfen ist im April 2014 gefallen.[18]

Siehe auch

Literatur

  • RÖMPP Lexikon Chemie. Band 4: M – Pk, 10. Auflage, Georg Thieme Verlag, 1998, ISBN 3-13-734910-9, S. 3151.

Einzelnachweise

  1. a b Kurt Arndt, J. Zellner: Die künstlichen Kohlen für elektrische Öfen, Elektrolyse und Elektrotechnik. Springer, 1932, ISBN 978-3-642-89488-6, S. 45–46.
  2. Judith M. Grünberg, Heribert Graetsch, Ursula Baumer, Johann Koller: Untersuchung der mittelpaläolithischen „Harzreste“ von Königsaue, Ldkr. Aschersleben-Staßfurt. In: Jahresschrift für mitteldeutsche Vorgeschichte. 81, 1999, S. 7–38.
  3. Johann Koller, Ursula Baumer, Dietrich Mania: High-Tech in the Middle Palaeolithic: Neandertal-manufactured Pitch Identified. In: European Journal of Archaeology. 4, 2001, S. 385–397.
  4. Judith M. Grünberg: Middle Palaeolithic birch-bark pitch. In: Antiquity. 76, 2002, S. 15–16.
  5. Neubacher, Breuer; Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt: Pech für den Hobbychemiker
  6. Beda Venerabilis: In Genesim, S. 160. ([1]).
  7. Dieter Osteroth: Biomasse: Rückkehr zum ökologischen Gleichgewicht. Speinger, 1992, ISBN 978-3-642-77410-2, S. 88.
  8. RÖMPP Lexikon Umwelt. 2. Auflage, Thieme Verlag, 2000, ISBN 3-13-736502-3, S. 606.
  9. a b RÖMPP Lexikon Chemie. Band 3: H – L, 10. Auflage, Georg Thieme Verlag, 1997, ISBN 3-13-734810-2, S. 1787.
  10. L. Schmitz, J. Follmann: Die flüssigen Brennstoffe: ihre Gewinnung, Eigenschaften und Untersuchung. Springer, 1923, ISBN 978-3-642-89309-4, S. 114.
  11. Walter Fuchs, Fritz Glaser: Zur Frage der Schwelung von Steinkohlen und der Möglichkeiten der Verwertung der Schwelprodukte. Springer, 1966, ISBN 978-3-663-06713-9, S. 33.
  12. Jean D'Ans, Ellen Lax: Taschenbuch für Chemiker und Physiker. Springer, 1943, ISBN 978-3-662-22464-9, S. 1732 ff.
  13. Bundesgesetzblatt. Teil 2, Nr. 39, Bonn 1957. online
  14. Pech auf spektrum.de, abgerufen am 12. August 2016.
  15. Dieter Osteroth: Von der Kohle zur Biomasse: Springer, 1989, ISBN 978-3-540-50712-3, S. 86.
  16. Heinz-Gerhard Franck, Andre Knop: Kohleveredlung: Chemie und Technologie. Springer, 1979, ISBN 978-3-540-09627-6, S. 119–120.
  17. Steward Observatory Mirror SOML Lab – LBT #1 Polishing auf mirrorlab.as.arizona.edu, abgerufen am 12. August 2016.
  18. Pitch drop touches down – oh so gently. The University of Queensland, 17. April 2014, abgerufen am 19. April 2014 (englisch).

Weblinks

Wiktionary: Pech – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Pech – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • alaunwerk.de: Der Pecher (Auszug aus „Die Schriften des Waldschulmeisters“ von Peter Rosegger, eingekürzt)