Peter Lilienthal

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Peter Lilienthal (* 27. November 1929 in Berlin) ist ein deutscher Regisseur und Drehbuchautor.

Leben und Wirken

Peter Lilienthal ist der Sohn eines Bühnenbildners und ein Nachkomme des Flugpioniers Otto Lilienthal.[1] 1939 floh seine Mutter aufgrund ihres jüdischen Glaubens mit ihm vor den Nationalsozialisten nach Uruguay, wo diese ein kleines Hotel eröffnete[2]. Er studierte nach dem Abitur an der Universität Montevideo Kunstgeschichte, Musik und Jura. Im Universitäts-Filmclub beteiligte er sich an der Produktion von Kurzfilmen.

Ab 1956 studierte er an der Hochschule der Künste in Berlin. 1959 konnte er seinen ersten eigenen Film, Im Handumdrehen verdient, einen Dokumentarfilm über einen Berliner Leierkastenmann, fertigstellen. 1959 bis 1961 arbeitete Lilienthal als Regie- und Produktionsassistent beim Südwestfunk, 1961 bis 1964 als Regisseur beim gleichen Sender. 1964 zog er nach Berlin und arbeitete als freier Regisseur hauptsächlich für den Sender Freies Berlin.

In einer Zeit, in der Einschaltquoten noch eine untergeordnete Bedeutung hatten, inszenierte er für das Fernsehen eine Reihe von Adaptionen des absurden Theaters, die wiederholt mit Fernsehpreisen ausgezeichnet wurden. Auch sein erster Spielfilm Malatesta wurde zuerst im Fernsehen gezeigt. 1971 gründete er mit anderen Autorenfilmern des Neuen Deutschen Films den Filmverlag der Autoren, aus dem er 1974 wieder ausschied.

In den siebziger Jahren wandte Lilienthal sich in seinen Filmen mehrmals den Problemen in Südamerika zu (La Victoria, Es herrscht Ruhe im Land, Der Aufstand, Das Autogramm).

Zu Peter Lilienthals regelmäßigen Mitarbeitern gehört unter anderen der Kameramann Michael Ballhaus. Bisweilen tritt er auch als Schauspieler vor die Kamera, so ist er etwa als Gangster in Wim WendersDer amerikanische Freund“ (1976/77) zu sehen.

Peter Lilienthal wurde 1984 Gründungsdirektor der Sektion Film- und Medienkunst an der West-Berliner Akademie der Künste, was sich der Anregung von Günter Grass verdankte.[3] In den 1990er-Jahren gründete Lilienthal eine Sommerakademie, die zu einem begehrten Treffpunkt von Filmschaffenden wurde.

Lilienthal lehrt an der Kunsthochschule für Medien Köln und der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin.

2006 drehte Lilienthal den Dokumentarfilm Camilo – Der lange Weg zum Ungehorsam, eine Produktion der Filmwerkstatt Münster. Der Film handelt von Camilo Mejia, der nach einem zweiwöchigen Heimaturlaub desertiert und zum ersten Kriegsdienstverweigerer des letzten Irakkrieges wird. Neben Camilo, der aus Nicaragua stammt und in den USA im Militärgefängnis wegen Desertion inhaftiert war, ist Fernando Suarez del Solar, ein gebürtiger Mexikaner, der seinen Sohn in ebendiesem Krieg verlor, die zweite Hauptperson. In dem Verlangen danach, ein angepasstes Leben in ihrer Wahlheimat USA zu führen, werden sie beide zu Komplizen der Gewalt. Doch ihre Verwandlung zu aktiven Kriegsgegnern kann ihre Schuldgefühle nicht verdecken. Lilienthal geht es darum zu zeigen, dass Hoffnung besteht, solange Menschen bereit sind sich zu verändern.

Sein Archiv befindet sich im Archiv der Akademie der Künste in Berlin.[4]

Filmografie

  • 1958: Studie 23 (Regie)
  • 1959: Im Handumdrehen verdient (Regie)
  • 1962: Stück für Stück (Regie)
  • 1964: Marl – Das Porträt einer Stadt (Regie)
  • 1966: Abschied (Regie)
  • 1966: Der Beginn (Regie, Drehbuch)
  • 1967: Verbrechen mit Vorbedacht (Regie, Drehbuch)
  • 1967: Der Findling (Nebenrolle)
  • 1968: Tramp (Regie, Drehbuch)
  • 1969: Horror (Regie, Drehbuch)
  • 1969: Noon in Tunisia (Regie)
  • 1970: Malatesta (Regie, Drehbuch)
  • 1970: Ich, Montag – Ich, Dienstag – Ich, Mittwoch – Ich, Donnerstag. Portrait Gombrowicz (Regie, Drehbuch)
  • 1971: Die Sonne angreifen (Regie, Drehbuch)
  • 1971: Start Nr. 9 (Regie, Produzent)
  • 1971: Jakob von Gunten (Regie, Drehbuch)
  • 1971: Noon in Tunesia (Regie, Drehbuch)
  • 1972: Shirley Chisholm for President (Regie, Produzent, Drehbuch)
  • 1973: La Victoria (Regie, Drehbuch)
  • 1975: Hauptlehrer Hofer (Regie, Drehbuch, Produzent)
  • 1975: Es herrscht Ruhe im Land (Regie, Drehbuch, Produzent)
  • 1977: Kadir (Regie, Produzent, Drehbuch)
  • 1979: David (Regie, Drehbuch)
  • 1980: Der Aufstand (Regie, Ausstattung, Drehbuch)
  • 1982: Dear Mr. Wonderful (Regie, Drehbuch)
  • 1984: Das Autogramm (Regie, Ausstattung, Drehbuch)
  • 1986: Das Schweigen des Dichters (Regie, Drehbuch)
  • 1988: Der Radfahrer von San Cristóbal (Regie, Drehbuch)
  • 1995: Angesichts der Wälder (Regie, Drehbuch)
  • 2000: Ein Fremder (Regie, Drehbuch)
  • 2007: Camilo – Der lange Weg zum Ungehorsam (Regie, Drehbuch)
  • 2008: Michael Ballhaus – Eine Reise durch mein Leben (Mitwirkung)

Auszeichnungen

Literatur

  • Anarchismus, eine Philosophie des Friedens. Ein Gespräch mit dem Filmemacher Peter Lilienthal, in: Bernd Drücke (Hg.): ja! Anarchismus. Gelebte Utopie im 21. Jahrhundert, Interviews und Gespräche. Karin Kramer Verlag, Berlin 2006, ISBN 978-3-87956-307-4, S. 20ff.

Film

  • Mein Leben. Peter Lilienthal. Dokumentarfilm, Deutschland, 2011, 43:20 Min., Buch und Regie: Maria Teresa Curzio, Produktion: MTC Producciones, WDR, arte, Reihe: Mein Leben, Erstsendung: 28. August 2011 bei arte, Inhaltsangabe von arte.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Hanns-Georg Rodek: „Der Regisseur Peter Lilienthal wird 80“, Die Welt, 27. November 2009
  2. Erlebte Geschichten: Peter Lilienthal, Regisseur, zum 85. Geburtstag - Ein Kopf des neuen deutschen Films, WDR5, 30. November 2014
  3. Hans Helmut Prinzler: „Der Traum von den fünf Sekunden“, FAZ, 27. November 2009
  4. Peter-Lilienthal-Archiv Bestandsübersicht auf den Webseiten der Akademie der Künste in Berlin.