Pierre Janet

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Pierre-Marie-Félix Janet (* 30. Mai 1859 in Paris; † 24. Februar 1947 ebenda) war ein französischer Philosoph, Psychiater und Psychotherapeut. Er ist der Begründer der modernen dynamischen Psychiatrie. In seinen therapeutischen Ansätzen kann er als Wegbereiter der modernen Psychotherapie betrachtet werden.

Pierre Janet (Photographie von Dornac)

Biografie

Pierre Janet besuchte das bekannte Collège Sainte-Barbe in Paris, wo schon Ignatius von Loyola und Calvin zur Schule gingen. Er schaffte 1879 die Zulassung zur Eliteschule École normale supérieure, wo er 1882 die Agrégation de Philosophie als Zweitbester bestand.

Von 1882 bis 1889 lehrte er am Lycée in Châteauroux und Le Havre. In seiner Freizeit arbeitete er als Freiwilliger im Krankenhaus von Le Havre und unternahm auf eigene Faust psychiatrische Forschungsarbeiten. Diese Untersuchungen bildeten die Grundlage für Janets Haupt-Doktorarbeit: L’Automatisme Psychologique. In diesem Werk unterschied er zwischen Unterbewusstsein und Bewusstsein.

Janet studierte von 1889 bis 1893 Medizin und arbeitete auf Charcots Stationen am Hôpital Salpêtrière, wo er auch seine klinischen Forschungen wieder aufnahm. In der medizinischen Doktorarbeit legte er seine Theorie der Hysterie dar.

Von 1893 bis 1902 arbeitete er im Forschungslabor für Experimentalpsychologie, das Charcot für ihn einrichten ließ. Gleichzeitig lehrte er an der Sorbonne und am Collège de France Philosophie. Janet lehrte ab 1895 experimentelle und vergleichende Psychologie am Collège de France und war dort von 1902-1934 Professor.[1]

1904 wurde er für eine Vortragsserie nach Amerika eingeladen und 1913 übernahm er am Internationalen Kongress für Medizin die Rolle des Kritikers an Freuds Psychoanalyse.

Sein Buch Les Médications Psychologiques, eine systematische Abhandlung über Psychotherapie, wurde 1919 veröffentlicht. Ab 1925 entwickelte Janet sein neues System der Psychologie des Verhaltens weiter.

1932 wurde Janet in die American Academy of Arts and Sciences gewählt. 1935 nahm er seinen Abschied vom Collège de France, widmete sich aber weiterhin seiner privaten Praxis.

Werk

Janet stand am Anfang der modernen dynamischen Psychiatrie. Sein Werk war eine der Hauptquellen für Freud, Adler und Jung. Er hat das Wort „unterbewusst“ geprägt, seine Konzepte finden sich wieder in Bleulers Schizophrenie und Autismus, in Jungs Komplex, in Adlers Minderwertigkeitsgefühl und in Freuds Studien über die Hysterie (1895). Seine Gedanken sind so weit verbreitet, dass ihr Ursprung meist nicht erkannt und deshalb auf andere zurückgeführt wird. Das moderne Verständnis der Dissoziation, ein wichtiger Begriff aus der Psychotraumatologie, ist in wesentlichen Teilen durch ihn vorweggenommen worden.

Schriften (Auswahl)

  • Der Geisteszustand der Hysterischen. Mit einer Vorrede von Jean-Martin Charcot, übersetzt von Max Kahane. Deuticke, Leipzig/Wien 1894 (Digitalisat).
  • Die Psychologie des Glaubens und die Mystik. Hrsg. von Gerhard Heim, übersetzt von Nikolaus de Palézieux. Matthes & Seitz, Berlin 2013, ISBN 978-3-88221-607-3.

Literatur

  • Henry F. Ellenberger: Die Entdeckung des Unbewussten. Hans Huber, Bern 1973, ISBN 3-456-30577-X.
  • Janet, Pierre, in: Élisabeth Roudinesco; Michel Plon: Wörterbuch der Psychoanalyse : Namen, Länder, Werke, Begriffe. Übersetzung. Wien : Springer, 2004, ISBN 3-211-83748-5, S. 483–487

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Peters, Uwe Henrik: Wörterbuch der Psychiatrie und medizinischen Psychologie. Urban & Schwarzenberg, München 3. Auflage 1984, Seite 285, Stw. Janet, Pierre