Pro-Drop-Sprache

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Pro-Drop-Sprache (von engl. pro-drop kurz für pronoun dropping, „Auslassen eines Pronomens“) oder Nullsubjektsprache bezeichnet in den Sprachwissenschaften Sprachen, in denen (Subjekt- )Pronomina in bestimmten syntaktischen Positionen zur Konstitution eines grammatikalisch vollständigen Satzes nicht explizit realisiert sein müssen. Diese leere Subjektstelle vor dem finiten Verb bezeichnet und kennzeichnet die Generative Grammatik mit „pro“.

Beispiele

Sprachen in Europa
  • Non-pro-drop languages
  • Pro-drop wurden ersetzt durch eine non-pro-drop language
  • Pro-drop languages
  • In den romanischen Sprachen

    In den meisten romanischen Sprachen (Romania) - wobei jedoch z. B. das Französische ausgenommen ist – kann und wird in der Regel ein Pronomen in Subjektposition nicht realisiert. Davon ausgenommen sind jedoch auch viele oberitalienische Dialekte, inklusive des Venetischen und auch alle rätoromanischen Idiome wie das Friaulische, Ladinische oder das Bündnerromanische.

         Spanisch:
         Lo veo
         es seh-1SG     = 'Ich sehe es'
    
         Italienisch:
         Lo conosco
         ihn kenn-1SG   = 'Ich kenne ihn'
    
         Lateinisch:
         me amat
         mich liebt-3SG   = 'Er, sie oder es liebt mich'
    

    Wie schon aufgrund der deutschen Übersetzung zu vermuten ist, sind die gegenwärtigen germanischen Sprachen dagegen keine Pro-Drop-Sprachen: Die Subjektposition muss in der Regel gefüllt sein (in diesem Fall durch ich). Ausnahmen sind im Deutschen das unpersönliche "es" ("weil gearbeitet wird") im Passiv (und nur dort, also nur "es regnet"); ferner kommen sie in der Umgangssprache und im Telegrammstil, aber nur bei der ersten und zweiten Person Singular, vor (dann kann aber in der ersten Person das schließende „-e“ nicht wie sonst oft ausfallen): „Bin bis Ende der Woche verreist“, „Hallo, komme morgen früh um 8 Uhr am Flughafen an“. (In einem Ausnahmefall, wenn es nämlich dazu dient, ein "ich" am Briefanfang zu vermeiden, kommt dies auch in der kaufmännischen Sprache vor.) Ein ganz besonderer Ausnahmefall ist „Macht nichts!“, bei dem es sich um die dritte Person in einem Aktivsatz und sogar um ein Demonstrativpronomen ("das macht nichts") handelt, das ausfällt.

    Die romanischen Sprachen können sich „erlauben“, Pro-Drop-Sprachen zu sein, weil die Flexionsmorphologie am Verb, das obligatorisch für Person und Numerus flektiert wird, Rückschlüsse auf das Subjekt zulassen. Wie jedoch auch am Beispiel des Deutschen zu sehen ist, besteht keine notwendige Korrelation zwischen dem morphologischen Typ einer Sprache und ihrem Verhalten in Bezug auf die Realisierung von Pronomina: Auch im Deutschen flektiert das Verb für dieselben Kategorien wie das Spanische, dennoch ist Deutsch keine Pro-Drop-Sprache. Neuerdings spricht man hier jedoch häufiger auch von Semi-Pro-Drop-Sprachen:[1]

         Deutsch:
         dass [pro] gelacht wurde
         (inhaltsloses Subjekt wird ausgelassen)
    
         Gelacht wird, wenn es regnet.
         (Das ausgelassene Subjekt verändert die Wortstellung.)
    

    Prinzipiell kann gesagt werden, dass eine Sprache, die eine besonders reiche Flexionsmorphologie beim Verb hat, eher dazu neigt, eine Pro-Drop-Sprache zu sein. Das ist, wie oben erwähnt, in vielen romanischen Sprachen der Fall. Im Französischen etwa sind schon recht früh die Auslaute verstummt, weshalb etwa vier der sechs Formen des Verbes parler 'sprechen' heute gleich klingen, nämlich [parlə]. Dies führte dazu, dass die zunächst nicht obligatorischen Subjektpronomen dazu verwendet wurden, um die Personen zu differenzieren, womit eine Unterscheidung wieder möglich war.

    In den slawischen Sprachen

    Die slawischen Sprachen - die innerhalb der indogermanischen Sprachen noch am konservativsten sind, was Abbau von Flexionsmorphologie betrifft - sind im Prinzip auch Pro-Drop-Sprachen, verwenden das Pronomen aber unter verschiedenen Umständen doch. Beispiele ohne Pronomen:

    Tschechisch:
         Jsem student
         bin-1SG Student   = 'Ich bin Student'
    
    Slowenisch:
         Bom delal
         werde-1SG gearbeitet   = 'Ich werde arbeiten'
    

    Begriffsgeschichte

    Der Begriff stammt aus der generativen Grammatik. Der sogenannte Pro-Drop-Parameter oder auch null subject parameter ist einer der vom generativen Prinzipien-und-Parameter-Modell für die Universalgrammatik vorgeschlagenen Parameter.

    Literatur

    Weblinks

    Einzelnachweise

    1. Metzler Lexikon der Sprache. 2. Auflage, 2000, Stichwörter Null-Subjekt-Parameter, Pro-Drop-Parameter, Semi-Pro-Drop-Sprachen