Präsidentschaftswahl in Bulgarien 2011

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Die Präsidentschafts- und Kommunalwahlen in Bulgarien 2011 wurden gleichzeitig durchgeführt. Sie fanden am 23. Oktober 2011 statt. Am 30. Oktober 2011 kam es zu einer Stichwahl, aus der der zuvor favorisierte Kandidat der Regierungspartei GERB, Rossen Plewneliew, als Sieger hervorging.[1]

Insgesamt waren 6,9 Millionen Wahlberechtigte aufgerufen, in einem von über 11.000 Wahllokalen ihre Stimme abzugeben. Neben Plewneliew, dem früheren Minister für regionale Entwicklung, waren dem sozialistischen Oppositionspolitiker Iwajlo Kalfin (Bulgarische Sozialistische Partei) und der unabhängigen Kandidatin Meglena Kunewa die größten Siegchancen eingeräumt worden. Georgi Parwanow durfte nach zwei Amtszeiten nicht mehr kandidieren.[2]

Präsidentschaftswahlen

Kandidaturen

Zur Präsidentschaftswahl 2011 wurden folgende 18 Kandidaten zugelassen:

Kandidat Partei/Koalition
Meglena Kunewa parteilos[3][4]
Rossen Plewneliew GERB
Sali Ibrjam Nationale Bewegung Einheit
Rumen Christow Union der Demokratischen Kräfte[5]
Marija Kapon Edinna narodna partija
Stefan Solakow Nationale Front für die Rettung Bulgariens
Iwajlo Kalfin Bulgarische Sozialistische Partei[6]
Wolen Siderow Partei Ataka
Aleksej Petrow parteilos[7]
Nikolaj Nentschew BSNS
Atanas Semow Ordnung, Sicherheit und Gerechtigkeit[8]
Pawel Tschernew Partei der Menschen aus dem Volke[9]
Dimitar Kuzarow parteilos
Krassimir Karakatschanow VMRO-BND[10]
Andrej Tschobanow BDO
Nikolaj Wasilew parteilos
Swetoslaw Witkow parteilos[11]
Wenzislaw Josifow parteilos


Meinungsumfragen

Veröffentlichungsdatum Institut Rossen Plewneliew Iwajlo Kalfin Meglena Kunewa Wolen Siderow Rumen Christow Atanas Semow Krassimir Karakatschanow Aleksej Petrow Swetoslaw Witkow Andere
20. September 2011 Alpha Research 38,5 % 23,5 % 18,4 % 4,0 % 4,0 % 2,5 % 2,2 % 1,1 % 1,0 % 4,8 %
30. September 2011 Zentrum für Analyse und Marketing (MS PowerPoint; 838 kB) 30,8 % 16,1 % 9,8 % 2,3 % 3,1 % 0,3 % 1,5 % 0,3 %
14. Oktober 2011 Gallup Consulting 29 % 21 % 11 % 2,4 % 2,4 % 1,5 % 1,3 % 0,7 % 0,8 % 2,8 %
19. Oktober 2011 Mediana 29,8 % 23,2 % 17,1 % 4,9 % 2,5 % 2 %

Ergebnis

Kandidat Rossen Plewneliew Iwajlo Kalfin Meglena Kunewa Wolen Siderow Stefan Solakow
Ergebnis, laut Zentraler Wahlkommission 40,11 % 28,96 % 14 % 3,64 % 2,5 %
  • Die übrigen Kandidaten erreichten jeweils weniger als 2 %.

Stichwahl

Die Stichwahl am 30. Oktober 2011 entschied Rossen Plewneliew mit 52,6 Prozent der Stimmen für sich. Auf Iwailo Kalfin, der in der Stichwahl von der Partei DPS unterstützt wurde, entfielen 47,4 Prozent der Stimmen.[12][13]

Kommunalwahlen

Gleichzeitig mit den Präsidentschaftswahlen finden in allen 264 Gemeinden Gemeinderäte-, Stadträte- und Bürgermeisterwahlen statt. In zwei der vier größten Städte wird die regierende Partei GERB mit ihren amtierenden Bürgermeistern (Sofia - Jordanka Fandakowa und Burgas - Dimitar Nikolow) ins Rennen gehen. GERB unterstützt ebenfalls den amtierenden Bürgermeister von Warna - Kiril Jordanow, der als unabhängiger Kandidat antritt. Die größte Anzahl von Kandidaten für einen Bürgermeisterposten wurden mit 47 Kandidaten in der Hafenstadt Burgas registriert.[14]

In 14 der 27 Regionalhauptstädte stellt GERB künftig die Bürgermeister: Sofia, Warna, Plowdiw, Stara Sagora, Blagoewgrad, Plewen, Ruse, Weliko Tarnowo, Silistra, Smoljan, Jambol, Burgas, Dobritsch, Gabrowo. Die Sozialisten (BSP) eroberten hier lediglich 6 (Widin, Wraza, Lowetsch, Rasgrad, Schumen, Targowischte) und zeigten erneut, dass ihre Stärke nach wie vor auf dem Land und in kleineren Städten ist. Von der Blauen Koalition aufgestellte Kandidaten setzten sich in Kjustendil, Montana und Pasardschik durch.

Wahlbetrug

Vor den Wahlen

Ein in der Öffentlichkeit und in den Massenmedien sehr breit diskutiertes Thema im Vorfeld der Wahlen war der mögliche Wahlbetrug in Form von Stimmenkäufen. Laut bulgarischen Wahlforschungsinstituten wurden zwei Wochen vor den Wahlen ca. 30 Lewa (ca. 17 Euro) auf dem Lande und ca. 50 Lewa (ca. 28 Euro) in den Städten für eine gekaufte Wahlstimme geboten. Deshalb war jeder Wahlwerbespot und jedes Wahlplakat mit dem Pflichthinweis versehen: „Der Kauf und Verkauf von Stimmen ist ein Verbrechen.“ (bulg. „Купуването и продаването на гласове е престъпление.“) Dieser Hinweis wurde auch zwischendurch im Radio immer wieder ausgestrahlt. Bei den vorherigen Wahlen war es zu umfangreichen Stimmenkäufen gekommen. Auch indirekte Stimmenkäufe waren öffentlich geworden, etwa wenn ein Kandidat das ganze Stadtviertel zu einem Fest einlädt, bei dem es kostenlos Essen gibt (vorzugsweise Kebabtscheta - gegrilltes Hackfleisch). Das bulgarische Fernsehen berichtete aus einem Dorf von einem indirekten Wahlbetrug, wobei der Bruder eines Kandidaten Besitzer des örtlichen Lebensmittelladens war und seinen Kunden die angeschriebenen Rechnungen erließ.

Um einen Kontrollmechanismus des Stimmenkäufers mittels Beweisfoto vom ausgefüllten Wahlzettel zu unterbinden, wurde bei den Wahlen 2011 das Mitnehmen von Fotoapparaten oder Handys mit Fotofunktion in die Wahlkabine gesetzlich untersagt. Oft sind Roma das Ziel von Stimmenkäufern. Um die oft analphabetischen Romas zu instruieren, an welcher Stelle sie ihr Kreuz machen sollen, gibt man ihnen manchmal ein Stöckchen mit der richtigen Länge mit in die Wahlkabine. Mit diesem müssen sie dann nur noch von der Oberkante des Wahlzettels abmessen, wie weit sie in den manchmal über einen Meter langen Wahlzettel nach unten gehen müssen, um ihr Kreuz an der „richtigen“ Stelle zu machen.

Im Vorfeld der Wahlen gab es auch Diskussionen, dass die Wahlnummer des Kandidaten im Kästchen steht, das angekreuzt werden muss. Der Wähler könnte so angeblich meinen, dass er diesen Kandidaten durchstreicht, statt ihn zu wählen. Gültig sind nur Stimmzettel, auf denen der Kandidat mit einem Kreuzchen markiert ist, das Kreuz darf nicht über den Rand des Kästchens hinausgehen, es muss mit einem blauen Kugelschreiber gemacht werden. Behinderte Personen dürfen von einem Helfer begleitet werden. Jedoch darf ein Helfer maximal zwei Personen begleiten. Analphabetismus ist kein Rechtfertigungsgrund sich durch einen Helfer begleiten zu lassen.

In den Grenzregionen wird in gewissem Umfang „Wahltourismus“ erwartet. Bürger mit bulgarischer Staatsbürgerschaft, die im benachbarten Ausland leben werden auf Kosten von Kandidaten mit Bussen in ihre Heimatregion gefahren, um dort an der Wahl teilnehmen zu können. Griechenland hatte vor der Wahl die Einrichtung offizieller Wahllokale für die dort lebenden Bulgaren abgelehnt.

Knapp zwei Wochen vor den Wahlen, am 13. Oktober 2011, wurde in Sofia ein Bombenanschlag auf den Dienstwagen des regierungskritischen Journalisten Sascho Dikow (bulg. Сашо Диков) verübt. Der Wagen war vor dem Wohnblock des Journalisten geparkte, es wurde niemand verletzt. Da sich zum Zeitpunkt des Anschlages der EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso in Sofia aufhielt, wird dieser Anschlag durch Unbekannte als Einschüchterungsversuch gewertet.

Die Wahlzettel werden nur nach Vorlage des gültigen Ausweises ausgehändigt und dabei von der Wahlkommission abgestempelt. Damit auch Bürger mit abgelaufenen Ausweispapieren an der Wahl teilnehme können, wurde in den Wochen vor der Wahl darauf hingewiesen das Ablaufdatum seines Ausweises zu überprüfen und gegebenenfalls noch vor der Wahl ein neues Personaldokument zu beantragen. Zu diesem Zweck waren die zuständigen Behörden angewiesen die Öffnungszeiten voll auszuschöpfen und zügig einen neuen Personalausweis auszustellen bzw. ein für die Wahl gültiges provisorisches Personaldokument.

Während und nach den Wahlen

Nach den Wahlen kündigten mehrere Parteien an vor dem Verfassungsgericht zu klagen, um den Ausgang der Wahlen für ungültig erklären und die Ergebnisse kassieren zu lassen. Sie bemängelten Manipulationen bei den Wahlen in der Hauptstadt und in einigen anderen Orten. Teilweise konnten Personen entweder nur für die Präsidentschaftswahl oder nur für die Kommunalwahlen wählen oder sie mussten in zwei unterschiedlichen Wahllokalen abstimmen. In einigen Orten wurden während der Wahl neue Wahlzettel gedruckt. In der Hauptstadt Sofia wurden fast alle Wahlergebnisprotokolle fehlerhaft ausgefüllt.[15]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. vesti.bg
  2. Präsidentenwahl in Bulgarien hat begonnen bei net-tribune.de, 23. Oktober 2011.
  3. novinite.com
  4. mediapool.bg
  5. Rumen Christow ist der Kandidat der Blauen Koalition (bulgarisch), Darik Radio, 13. Juni 2011, Zugriff am 18. Juni 2011
  6. dnevnik.bg
  7. Bulgarien: Mutmaßlicher Mafia-Boss will Präsident werden auf Wikinews
  8. Atanas Semow ist der Kandidat der Partei Ordnung, Sicherheit und Gerechtigkeit Dnevnik (bulgarisch), abgerufen 19. Juni 2011.
  9. dnevnik.bg
  10. dnevnik.bg
  11. dnevnik.bg
  12. ДПС обеща подкрепа за Калфин-Данаилов на втория тур, DPS versprach ihre Unterstützung für Kalfin-Danailow
  13. Der Erfolg nicht gehaltener Versprechen. In: FAZ, 31. Oktober 2011
  14. dnevnik.bg
  15. Fast alle Wahlprotokolle in Sofia sind fehlerhaft ausgefüllt (bulgarisch)