Syrgiannes Palaiologos

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Syrgiannes Palaiologos Philanthropenos (mittelgriechisch Συργιάννης Παλαιολόγος Φιλανθρωπηνός; * um 1290; † 23. August 1334 bei Thessaloniki) war ein byzantinischer Aristokrat und Feldherr kumanisch-griechischer Herkunft. Im Bürgerkrieg 1321–1328 schwankte er zwischen Andronikos III. Palaiologos und dessen Großvater Andronikos II.; 1334 lief er zum serbischen König Stefan IV. Dušan über.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Syrgiannes Palaiologos war der Sohn (oder Enkel) des Kumanen Syrgiannes (Sytzigan), der unter Andronikos II. zum Megas Domestikos aufgestiegen war, und der Eugenia, einer Tochter des Pinkernes (Mundschenk) Johannes Kantakuzenos und Nichte Kaiser Michaels VIII. Verheiratet war er mit Maria Dukaina Palaiologina Syrgiannina, einer Kusine Andronikos’ III.; mit ihr hatte er den Sohn Nikephoros Kantakuzenos und die Tochter Theodora, seit 1330/32 Ehefrau Guidos von Lusignan.

In den byzantinischen Quellen erscheint Syrgiannes zuerst 1315 als Militärgouverneur in Makedonien nahe der serbischen Grenze. Ungeachtet bestehender Verträge und gegen seine Instruktionen entschloss er sich, in Serbien und Epirus einzufallen. Im Februar 1315 griff er Arta an, 1318 ergab sich ihm Ioannina, wo er den Grundbesitz der Kirche vergrößerte.[1] Der Usurpation verdächtigt, wurde Syrgiannes 1319 gefangen genommen und in Konstantinopel inhaftiert, jedoch kurz darauf begnadigt, zum Pinkernes ernannt und mit einem Kommando in Thrakien betraut.[2]

Als Andronikos III. an Ostern 1321 in Adrianopel gegen seinen Großvater rebellierte, gehörte Syrgiannes zusammen mit Johannes Kantakuzenos, Alexios Apokaukos und Theodoros Synadenos zu seinen Unterstützern.[3] Er marschierte mit einem großen Heer auf die Hauptstadt zu und zwang den alten Kaiser, in Verhandlungen zu treten. Es kam zu einer Teilung der Herrschaft: Andronikos III. erhielt Thrakien mit der Residenz Adrianopel als Quasi-Apanage, während Andronikos II. als Seniorkaiser weiter in Konstantinopel regierte.[4]

Da Syrgiannes sich von Andronikos III. für seine Unterstützung im Kampf um den Thron nicht ausreichend gewürdigt und in der Gunst hinter Kantakuzenos zurückgesetzt sah, entwickelte er zu diesem eine scharfe Rivalität. Zudem berichten Chronisten über einen angeblichen Versuch des Prätendenten, Syrgiannes' Frau zu verführen.[5] Im Dezember 1321 wechselte Syrgiannes die Seiten und floh nach Konstantinopel. Mit dem stolzen Titel eines Megas Dux ausgezeichnet, bewog er Andronikos II. zur Wiederaufnahme des Krieges gegen seinen Enkel. Doch erzielten die beiden Andronikoi im Juli 1322 eine neuerliche Übereinkunft, was Syrgiannes in eine Zwickmühle brachte. Den einzigen Ausweg sah er darin, den greisen Andronikos II. zu ermorden und den Thron an sich zu reißen. Das Komplott wurde jedoch vereitelt und Syrgiannes zu lebenslangem Gefängnis verurteilt.[6]

1328 konnte Andronikos III. schließlich seinen Großvater stürzen und die Alleinherrschaft übernehmen. Syrgiannes wurde auf freien Fuß gesetzt und gewann bald die Gunst des neuen Kaisers zurück. Dieser übertrug ihm 1329 die Statthalterschaft über Thessaloniki, die zweitgrößte Stadt des Reichs, sowie über Westmakedonien und Albanien.[7] Syrgiannes geriet wiederum in Konspirationsverdacht, diesmal zusammen mit der in Thessaloniki lebenden Kaisermutter Maria, die eine Schwäche für ihn entwickelte und ihn schließlich adoptierte.[8] Nach dem Tod Marias 1333 wurden die Verschwörungspläne aufgedeckt. Syrgiannes wurde festgenommen und nach Konstantinopel gebracht, um sich dort erneut wegen Hochverrats zu verantworten. Er konnte jedoch nach Negroponte entkommen und über Thessalien an den Hof des Serbenkönigs Stefan Dušan fliehen.[9]

Dušan stellte Syrgiannes an die Spitze einer großen serbischen Streitmacht, die 1334 ins byzantinische Makedonien einfiel, wobei umstritten ist, ob der Überläufer mit diesem Engagement auch eigene, usurpatorische Ziele verfolgte. Dank seiner Fähigkeiten als Militärführer, seines Insiderwissens über das byzantinische Heerwesen und seiner guten Kontakte zu verschiedenen lokalen Befehlshabern gelang ihm die rasche Einnahme mehrerer wichtiger Städte, darunter Ohrid, Prilep, Strumica und Kastoria. Der Weg nach Thessaloniki war frei, doch traf Syrgiannes' Armee vor der Stadt auf ein byzantinisches Entsatzheer. Am 23. August 1334 wurde Syrgiannes aus seinem Feldlager am Fluss Galykos gelockt und von Sphrantzes Palaiologos ermordet, einem byzantinischen General, der einige Tage zuvor zum Schein zu den Serben übergelaufen war.[10] Nach dem Verlust ihres Anführers konnten die Serben einen für sie sehr vorteilhaften Frieden mit Byzanz aushandeln, da sie fast alle durch Syrgiannes eroberten Städte in Nordmakedonien behalten durften.[11]

Bewertung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sein rücksichtsloser Ehrgeiz und notorischer Opportunismus haben Syrgiannes Palaiologos schon den Zeitgenossen als düsterste Gestalt ihrer Ära erscheinen lassen; so verglich der Chronist Nikephoros Gregoras seine Flucht nach Serbien mit jener des Themistokles ins Achämenidenreich. Der moderne Historiker Donald Nicol vergleicht ihn mit Alkibiades, Angeliki Laiou nennt ihn „die übelste Erscheinung“ des Bürgerkriegs.[12]

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Dimiter Angelov: Imperial ideology and political thought in Byzantium, 1204–1330. Cambridge University Press, Cambridge 2007, ISBN 978-0-521-85703-1, S. 121, 335.
  • Mark C. Bartusis: The Late Byzantine Army: Arms and Society 1204–1453. University of Pennsylvania Press, Philadelphia PA 1997, ISBN 0-8122-1620-2.
  • Ursula Victoria Bosch: Kaiser Andronikos III. Palaiologos. Versuch einer Darstellung der byzantinischen Geschichte in den Jahren 1321–1341. Adolf M. Hakkert, Amsterdam 1965, S. 26–29, 89–95.
  • John Van Antwerp Fine: The Late Medieval Balkans: A Critical Survey from the Late Twelfth Century to the Ottoman Conquest. University of Michigan, Ann Arbor MI 1994, ISBN 0-472-08260-4.
  • Alexander P. Kazhdan (Hrsg.): The Oxford Dictionary of Byzantium. Oxford University Press, New York NY 1991, ISBN 0-19-504652-8, S. 1997.
  • Angeliki E. Laiou: Constantinople and the Latins. The Foreign Policy of Andronicus II 1282–1328. Harvard University Press, Cambridge MA 1972, ISBN 0-674-16535-7.
  • Ljubomir Maksimović: The Byzantine Provincial Administration under the Paloiologoi. Adolf M. Hakkert, Amsterdam 1988, ISBN 90-256-0968-6, S. 92–93, 140–142.
  • Donald M. Nicol: The Despotate of Epiros 1267–1479. A contribution to the history of Greece in the middle ages. Cambridge University Press, Cambridge 1984, ISBN 0-521-26190-2, S. 77–92 und passim.
  • Donald M. Nicol: The Last Centuries of Byzantium, 1261–1453. Cambridge University Press, Cambridge 1993, ISBN 0-521-43991-4.
  • Donald M. Nicol: The Reluctant Emperor: A Biography of John Cantacuzene, Byzantine Emperor and Monk, c. 1295–1383. Cambridge University Press, Cambridge 1996, ISBN 0-521-55256-7.
  • Averkios Th. Papadopulos: Versuch einer Genealogie der Palaiologen, 1259–1453. Pilger-Druckerei, München 1938 (Nachdruck Adolf M. Hakkert, Amsterdam 1962), S. 21–22 Nr. 34b.
  • Erich Trapp, Hans-Veit Beyer, Ioannes G. Leontiades, Sokrates Kaplaneres: Prosopographisches Lexikon der Palaiologenzeit. 11. Faszikel: Σκαβαλέρος – Τιχόμηρος (= Veröffentlichungen der Kommission für Byzantinistik. Bd. 1/11). Österreichische Akademie der Wissenschaften, Wien 1991, ISBN 3-7001-1878-3, S. 141–142 Nr. 27167 (mit weiteren Quellen- und Literaturangaben).
  • István Vásáry: Cumans and Tatars: Oriental Military in the Pre-Ottoman Balkans, 1185–1365. Cambridge University Press, Cambridge 2005, ISBN 0-521-83756-1.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Vgl. PLP 11, S. 141.
  2. Vgl. Laiou, Constantinople, S. 288; Nicol, Last Centuries, S. 19 f.
  3. Vgl. Nicol, Last Centuries, S. 155 f.
  4. Vgl. Nicol, Last Centuries, S. 157.
  5. Vgl. Vásáry, Cumans, S. 121.
  6. Vgl. Nicol, Last Centuries, S. 157 f.
  7. Vgl. Fine, Late Medieval Balkans, S. 287.
  8. Vgl. Nicol, Reluctant Emperor, S. 30 f.
  9. Vgl. Nicol, Last Centuries, S. 176 f.
  10. Vgl. Vásáry, Cumans, S. 121.
  11. Vgl. Fine, Late Medieval Balkans, S. 288, 311.
  12. Vgl. Laiou, Constantinople, S. 288; Nicol, Last Centuries, S. 77.