Theodor Kramer (Lyriker)

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Gedenktafel für Theodor Kramer (Wien-Leopoldstadt, Am Tabor)
Grab Theodor Kramer, Wiener Zentralfriedhof

Theodor Kramer (* 1. Jänner 1897 in Niederhollabrunn; † 3. April 1958 in Wien) war ein österreichischer Lyriker.

Leben

Theodor Kramer wurde am 1. Jänner 1897 in Niederhollabrunn im niederösterreichischen Weinviertel geboren. Sein Vater war der Gemeindearzt Dr. Max (Michael) Kramer, der aus einer jüdischen Familie aus Böhmen stammte, so wie auch Theodors Mutter Babette Kramer, geborene Doctor. Theodor Kramer absolvierte die Mittelschule in Wien mit der Matura, wurde 1915 einberufen und 1916 im Ersten Weltkrieg schwer verwundet. Er diente bis Kriegsende als Offizier in der österreichischen Armee. Ein anschließendes Studium der Germanistik und Staatswissenschaften brach er ab und arbeitete in der Folge zunächst als Beamter, Buchhändler und Vertreter für Bücher. Ab 1931 lebte er als freier Schriftsteller. Er war 1933 Gründungsmitglied der Vereinigung sozialistischer Schriftsteller, die wegen obrigkeitlichen Verbots im Austrofaschismus nur ein Jahr Bestand hatte.

Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich wurde Kramer als Jude und Sozialdemokrat ein Arbeits- und Berufsverbot auferlegt, seine sämtlichen Schriften kamen auf die Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums. 1939 gelang es unter großen Schwierigkeiten zunächst seiner Frau Inge (Rosa) Halberstamm und dann ihm selbst, nach London zu emigrieren, wo er 1946 die britische Staatsbürgerschaft erhielt und bis 1957 lebte. 1940 bis 1941 war er als Feindlicher Ausländer interniert. Er fand 1943 in Guildford am County Technical College eine Anstellung als Bibliothekar, der er bis 1957 verpflichtet blieb. Er war Vorstandsmitglied des Österreichischen Exil-P.E.N.-Clubs und in engem Kontakt mit Kollegen wie Elias Canetti, Erich Fried oder Hilde Spiel.

Nach dem Zweiten Weltkrieg lehnte er das Angebot Viktor Matejkas ab, nach Wien zurückzukehren. In den 1950er Jahren vereinsamte er immer mehr und erkrankte an Depressionen. Erst 1957 wurde er auf Intervention seines Freundes Michael Guttenbrunner, aber auch Bruno Kreiskys, nach Wien zurückgeholt, wo er eine Ehrenpension des Bundespräsidenten erhielt. Er starb am 3. April 1958, unglücklich und wenig beachtet, nach einem Schlaganfall in Wien und wurde auf dem Zentralfriedhof (30B-1-2) in einem ehrenhalber gewidmeten Grab beigesetzt.

Werk

Theodor Kramer schrieb rund 12.000 Gedichte, von denen nur 2.000 bis dato publiziert worden sind[1], errang große Erfolge und wurde im ganzen deutschen Sprachraum bekannt. Sein Werk geriet nach dem Zweiten Weltkrieg in Vergessenheit. Seine liedhafte, jedoch unromantische Lyrik schöpft Kraft und Poesie aus einem sinnlich erfassten Milieu der Außenseiter: der Proletarier, Landstreicher, Handwerker, Knechte und Huren. Kramer schrieb einfühlsame Rollengedichte und eigenwillige Landschaftslyrik, literarische Vorbilder waren Georg Trakl und Bertolt Brecht.

„Einen der größten Dichter der jüngeren Generation“ nannte ihn Thomas Mann. Stefan Zweig und Carl Zuckmayer förderten seine Arbeiten. Und doch genügten die achtzehn Jahre des Exils in Großbritannien, um sein Werk der Vergessenheit anheimfallen zu lassen – zumindest in der breiteren literarischen Öffentlichkeit.

Seit Ende der 1970er hatten die Interpretationen des Duos Zupfgeigenhansel maßgeblichen Anteil an der Wiederentdeckung Kramers, angestoßen durch eine Anregung des Liederdichters Hans-Eckardt Wenzel. In den vergangenen Jahren hat der Berliner Sänger Wenzel auf zwei Alben Gedichte von Kramer vertont und so das Interesse an ihm weiter gesteigert.

Seit 2004 treten die Musiker Heike Kellermann und Wolfgang Rieck regelmäßig mit einem Programm mit Kramer-Texten auf.[2][3]

Auszeichnungen

Für Schreiben im Widerstand und im Exil wird von der Theodor Kramer Gesellschaft der Theodor-Kramer-Preis verliehen.

Im Jahr 1983 wurde in Wien Donaustadt (22. Bezirk) die Theodor-Kramer-Straße nach ihm benannt.

Zitate

Nicht fürs Süße, nur fürs Scharfe und fürs Bittre bin ich da; schlag, ihr Leute, nicht die Harfe, spiel die Ziehharmonika.

Theodor Kramer

Werke

  • Mit der Ziehharmonika, Gedichte von Theodor Kramer, Gsur u. Co. Vlg. Wien 1936 Druck "Vorwärts" Wien, mit 5 Orig.Holzschnitten von A. Groß
  • Gesammelte Gedichte in drei Bänden. Hrsg. Erwin Chvojka. 3 Bde. Paul Zsolnay Verlag, Wien 2005. ISBN 3-552-04875-8
  • Spätes Lied. Gedichte. Hrsg. Erwin Chvojka. Europaverlag, München 1996. ISBN 3203792559
  • Laß still bei Dir mich liegen ... Liebesgedichte. Hrsg. Erwin Chvojka. Paul Zsolnay Verlag, Wien 2005. ISBN 3-552-05358-1
  • Der alte Zitherspieler. Menschenbilder. Hrsg. Erwin Chvojka. Club Niederösterreich, Wien 1999. ISBN 3-85326-117-5
  • So lange der Atem uns trägt. Gedichte. Theodor Kramer-Gesellschaft, Wien 2004. ISBN 3-901602-19-4
  • Herta Müller (Hrsg.): Die Wahrheit ist, man hat mir nichts getan. Gedichte. Paul Zsolnay, Wien 1999. ISBN 3-552-04917-7

Vertonungen

  • Zupfgeigenhansel: Andre, die das Land so sehr nicht liebten – Lieder nach Texten von Theodor Kramer. 1985 (LP, EMI 1C 066 / 14 7088 1)
  • Reinhard Fehling: Gewaltig ist das Leben – ein oratorischer Liederzyklus für Soli, Chor und Orchester. 1995 (CD beim Komponisten)
  • Hans-Eckardt Wenzel: Lied am Rand – Wenzel singt Theodor Kramer. 1997 (CD, Buschfunk 0053)
  • Hans-Eckardt Wenzel: Vier Uhr früh – Wenzel singt Theodor Kramer vol. II. 2006 (CD, Conträr Musik 6963-2)
  • Heike Kellermann, Wolfgang Rieck: Was solln wir noch beginnen.... 2006 (CD)
  • Georg Siegl/Doris Windhager/Adula Ibn Quadr: Beim Stromwirt – Lieder nach Texten von Theodor Kramer. 2008 (CD, Extraplatte 741-2)
  • Zwetkoff, Peter: Die untere Schenke – sieben Lieder für eine Singstimme und Klavier. Innsbruck 1998
  • Ottiker/Kraft: Wann immer ein Mann. 2005 (CD beim Komponisten)

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Theodor Kramer Biographie auf den Seiten der Theodor Kramer Gesellschaft
  2. Heike Kellermann, Wolfgang Rieck: Konzert- und Literaturprogramm nach Texten von Theodor Kramer
  3. Wolfgang Rieck: Über mich