Vizma Belševica

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 18. Juni 2016 um 00:41 Uhr durch Jaellee (Diskussion | Beiträge) (Typographische Anführungszeichen korrigiert | Helfer gesucht). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Vizma Belševica (* 30. Mai 1931 in Riga; † 6. August 2005 ebenda) war eine lettische Dichterin, Schriftstellerin und Übersetzerin.

Biographie

Der Vater von Vizma Belševica, Jānis Belševics, war Arbeiter, ihre Mutter Ieva (geb. Cīrule) Hausfrau. Mit nur einem Einkommen und wegen des Alkoholproblems des Vaters, der seine Backwarenfirma während der großen Depression der lettischen Wirtschaft verloren hatte, war die Familie arm. Vizma verbrachte den größten Teil ihrer Kindheit in Riga; die Stadt ist Thema ihrer Arbeiten, aber die Zeit, die sie auf dem kleinen Bauernhof ihrer Verwandten in Kurland (lettisch Kurzeme) verbrachte, spielt in ihren Gedichten und Texten eine ungleich größere Rolle.

Während der 1950er Jahre studierte Vizma Belševica am Moskauer Maxim-Gorki-Institut Literaturwissenschaft. Ihr erster Gedichtband erschien 1955. Ihre frühen Werke zeigten sich kommunistisch beeinflusst, später distanzierte sie sich jedoch. In den 1960er Jahren ließ ihr Ansehen in der Lettischen SSR nach, da sie sich weigerte, ihr Schreiben der sowjetischen Literaturdoktrin anzupassen. Die Gedichtsammlung Jūra deg („Das Meer brennt“) kam 1966 heraus. Besonders mit dem Gedicht „Randbemerkungen Heinrichs des Letten in der Livonischen Chronik“, erschienen in dem Band Gadu gredzeni („Jahresringe“, 1969), schuf sie sich große Probleme. Die genannte Chronik stammt aus dem frühen 13. Jahrhundert, als der deutsche Schwertbrüderorden Livland eroberte; die Parallelen zur sowjetischen Okkupation Lettlands waren - auch für die politische Zensur - unverkennbar. Eine Reihe von Repressalien waren die Folge: Belševica konnte knapp acht Jahre lang nicht veröffentlichen, und sie wurde aus dem Schriftstellerverband der Lettischen SSR ausgeschlossen.

Sie nutzte die erzwungene Ruhezeit unter anderem dazu, Shakespeare, Hemingway, Puschkin und ukrainische Literatur, aber auch Milnes Winnie-the-Pooh zu übersetzen. Nach der Aufhebung des Publikationsverbots kamen neue Gedichtsammlungen heraus, bis 1987 der Sohn Vizma Belševicas, der Dichter Klāvs Elsbergs, unter ungeklärten Umständen ums Leben kam. Er stürzte aus einem Gebäude des Schriftstellerverbandes; möglicherweise handelte es sich um einen politischen Mord, der auch Belševica treffen sollte. Danach verstummte sie zunächst; erst 1995 veröffentlichte sie den ersten Band der autobiographischen Roman-Trilogie „Bille“.

Belševica arbeitete mit einfachen, kontrastreichen Bildern von großer Symbolkraft. In ihren Gedichten und Kurzgeschichten spielt die Natur in all ihren Ausprägungen, auch Mutterschaft und die Rolle der Frau eine große Rolle. Die Texte, die die Zensur passierten, wurden in der Sowjetunion und im Ausland übersetzt und verbreitet.

Durch das unabhängig gewordene Lettland erfuhr sie Anerkennung: Am 6. Dezember 1990 wurde sie zum Ehrenmitglied der Lettischen Akademie der Wissenschaften gewählt. Zweimal wurde sie mit dem Spīdola-Preis, der höchsten lettischen Anerkennung auf dem Gebiet der Literatur, daneben mit dem höchsten Ehrenzeichen Lettlands, dem Drei-Sterne-Orden, ausgezeichnet. 1998 teilte sie sich mit Knuts Skujenieks den damals erstmals verliehenen Tomas-Tranströmer-Preis. Vizma Belševica war nach 2000 immer wieder als Anwärterin auf den Literaturnobelpreis im Gespräch, zuletzt 2004. Am 6. August 2005 starb sie nach langer Krankheit, aufgrund derer sie zuletzt auf einen Rollstuhl angewiesen war, in Riga.

Bibliographie (Auswahl)

deutsch

  • Pielbeerbaum im Herbst und andere Erzählungen. Übersetzt aus dem Lettischen von May Redlich, Eva-Maria Eussler, Andreas Ludden und Charlotte Torp. Hannover, Hirschheydt 1984. ISBN 3-7777-0054-1.
  • Nur wegen der verrückten Pauline (Tas dullas Paulines del). In: Anne Hussel (Hg.): Wie Porzellan zerbricht. 40 Liebesgeschichten. Verlag Volk und Welt, Berlin 1987. ISBN 3-353-00189-1. S. 55-67.

lettisch

  • „Visu ziemu šogad pavasaris“ (1955) Gedichte
  • „Zemes siltums“ (1959) Gedichte
  • „Ķikuraga stāsti“ (1965) Kurzprosa
  • „Jūra deg“ (1966) Gedichte
  • „Gadu gredzeni“ (1969) Gedichte
  • „Madarās“ (1976) Gedichte
  • „Nelaime mājās“ (1979) Erzählungen
  • „Kamolā tinēja“ (1981)
  • „Ceļreiz ceļš uz pasaciņu“ (1985) Zwei Stücke für Kinder
  • „dzeltu laiks“ (1987) Gedichte
  • „Zem zilās debesu bļodas“ (1987) Märchen
  • „Ievziedu aukstums“ (1988) Ausgewählte Gedichte
  • „Baltās paslēpes“ (1991) Liebesgedichte
  • „Bille. Triloģija“ (Autobiographische Romantrilogie)
    • „Bille“ (1992 USA, 1995 Lettland)
    • „Bille un karš“ (ursprünglicher Titel: „Bille dzīvo tālāk“) (1996)
    • „Billes skaistā jaunība“ (1999)
  • „Par saknēm būt. Dzejas izlase“ (1996) Ausgewählte Gedichte
  • „Lauztā sirds uz goda dēļa. Stāsti“ (1997) Erzählungen
  • „Raksti, 1.-4. sējums“ (1999–2002) Gesammelte Werke Band 1 bis 4
  • „lirika“ (2003) Ausgewählte Gedichte

Übersetzungen

  • „Dante Alighieri: Vita nuova“ (1965, mit Jānis Liepiņš)
  • „Atdzeja“ (2004) Nachdichtungen

Weblinks