Walter Rodney

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Walter Rodney (* 23. März 1942 in Georgetown, Guyana; † 13. Juni 1980 ebenda) war ein marxistischer Historiker und Politiker aus Guyana.

Leben

Rodney wurde in einer Arbeiterfamilie geboren und hat in Guyana und dann auf Jamaika an der University of the West Indies studiert. Im Jahre 1966 hat er in London zum Thema der Geschichte der Sklaverei promoviert. Von 1968 bis 1974 lehrte er an der Universität von Dar Es Salam, dort unterhielt er enge Kontakte unter anderem zu Yoweri Kaguta Museveni, Joaquim Chissano und John Garang. Nach der dortigen Lehrtätigkeit und zahlreichen Reisen kehrte er im Jahre 1974 nach Guyana zurück, wo er zu den Gründern der sozialistischen Working People's Alliance (WPA) gehörte. Dort sollte er eine Universitätsprofessur übernehmen, was von der Regierung verhindert wurde. 1978 lehrte Rodney für ein Semester am Institut für politische Wissenschaft der Universität Hamburg. Im Jahre 1980 wurde Walter Rodney während des Wahlkampfes für die WPA vor den Wahlen in Guyana bei einem Bombenanschlag ermordet, aller Wahrscheinlichkeit nach trug die damalige Regierung von Forbes Burnham die Verantwortung für den Mord.

Sein berühmtestes und wichtigstes, im Jahre 1972 veröffentlichtes Werk war How Europe Underdeveloped Africa (Afrika – Die Geschichte einer Unterentwicklung).

Der Dichter und Reggae-Musiker Linton Kwesi Johnson schrieb und komponierte Reggae fi Rodney zum Gedenken an Walter Rodney. Ebenso widmete der US-amerikanische Blues-Gitarrist, Sänger und Songschreiber Corey Harris Walter Rodney einen gleichnamigen Reggae-Song auf seinem Album Zion Crossroads (2007).

Die Anfänge

Walter Rodney wurde am 23. März 1942 in Georgetown, Guyana als Sohn einer Arbeiterfamilie geboren. Sein Vater war Schneider und die Mutter war Näherin. Nach dem Besuch der Grundschule gewann er als einer der ersten Personen der Arbeiterklasse einen Schulplatz am „Queens College“. Er war damit einer der Ersten in dieser Bevölkerungsschicht, der von Zugeständnissen in der Bildungspolitik profitieren konnte. Während seiner Zeit auf dem Queens College zeichnete er sich als hervorragender Student, guter Redner und auch als Leichtathlet aus. 1960 gewann er ein Stipendium für ein Studium an der University of the West Indies in Jamaika.

Seine Studienzeit und die Auswirkungen

Er schloss das Studium der Geschichte 1963 mit Auszeichnung ab und erhielt dadurch ein weiteres Stipendium für ein Studium an der School of Oriental and African Studies in London. Im Jahre 1966 erhielt Rodney den Ph. D. mit Auszeichnung in afrikanischer Geschichte. Seine Doktorarbeit über die Sklaverei in Upper Guinea Coast war das Ergebnis seines gründlichen Studiums der Unterlagen portugiesischer Händler in England und Portugal. Während dieser Zeit lernte er Spanisch und Portugiesisch, nachdem er zuvor bereits Französisch gelernt hatte. Seine Dissertation wurde unter dem Titel „History of the Upper Guinea Coast, 1545-1800“ von dem Verlag „Oxford University Press“ herausgegeben. Diese Arbeit setzte neue Maßstäbe und zeigte die Geschichte der unterdrückten Völker aus einem völlig neuen Blickwinkel. Er analysierte darin auf beeindruckende Art und Weise die Auswirkungen der Sklaverei und zeigte die Wechselbeziehungen zwischen der Gesellschaft und der Ökologie der Region auf.

Sein politisches Wirken und dessen Auswirkungen bis zu seinem Ableben

Danach nahm Walter einen Lehrauftrag in Tansania an. 1968 kehrte er wieder an die University of the West Indies zurück. Zu dieser Zeit war die Karibik eine politisch sehr aktive Region, besonders wegen des Beginns der Black Power-Bewegung.

In dieser Zeit begann man über die politische Unabhängigkeit von den Regierungen zu diskutieren, besonders deren Haltung gegenüber den unterdrückten Bevölkerungsgruppen wurde zunehmend in Frage gestellt. Das Zugestehen von Rechten für die „Schwarzen Armen“ der Region wurde unter den Intellektuellen heftig diskutiert. Walter Rodney, der schon sehr früh die autoritäre Haltung der politischen Elite abgelehnt hatte, wirkte intensiv an dieser Debatte mit. Er beschränkte sich dabei nicht auf Aktivitäten auf dem Universitätscampus. Vor allem versuchte er, sein Wissen über die afrikanische Geschichte der am stärksten unterdrückten Bevölkerungsgruppe, den „Rastafarians“, zu vermitteln.

Walter war bereits während seiner Studienzeit politisch aktiv, setzte sich 1961 für die Westindische Föderation ein und nahm während seiner Zeit in London aktiv an Diskussionsrunden und Symposien teil.

Spätestens im Sommer 1968 erweckte Rodneys Arbeit mit den Unterschichten des Landes die Aufmerksamkeit der Regierung. Als er im Oktober 1968 an einer „Black-Writer“-Konferenz in Kanada teilnahm, wurde ihm der Wiedereintritt in das Land verwehrt. Das führte zu Unruhen und Aufständen in Kingston. Dabei wurden einige Menschen getötet oder verletzt, und Eigentum im Wert von Millionen Dollar wurde zerstört. Daraufhin wurden Rodneys Begegnung mit den „Rastafarians“ in einer Broschüre mit dem Titel „"Grounding with My Brothers“ veröffentlicht. Dieses Werk galt fortan als „Bibel“ für die „Black-Power-Bewegung“ in der Karibik. Im selben Zeitraum schrieb Walter kritische Artikel unter anderem zu den Themen der Unterentwicklung und zur Rolle des Staates bei der Klassenbildung in Afrika. Viele dieser Texte, die er während dieser Zeit in Tansania geschrieben hatte, erschienen im „Maji-Maji“, einer Zeitschrift der „Tanu Yoth League“ an der Universität.

Gleichzeitig arbeitete er in den tansanischen Archiven Themen der Zwangsarbeit und er kolonialen Wirtschaft auf. Diese Arbeit wurde 1976 unter dem Titel World War II and the Tanzanian Economy an der Cornell University veröffentlicht.

Rodney war für viele ein Vorbild. Er unterhielt enge Kontakte zu den politischen Kämpfern, welche stetig unterdrückt wurden und eine externe Kontrollinstanz in Afrika forderten. Er war den Führern der politischen Freiheitsbewegungen sehr nahe. Im Vorfeld zum „sechsten Panafrikanischen Kongress“, der 1974 in Tansania stattfand, beteiligte er sich an Diskussionen. Dazu verfasste er eine Arbeit: „Towards the Sixth Pan-African Congress: Aspects of the International Class Struggle in Africa, the Caribbean and America.“ (Auf dem Weg zur Sechsten Panafrikanischen Kongress: Aspekte des Internationalen Klassenkampf in Afrika, der Karibik und Amerika.)

Im Jahre 1974 kehrte Walter Rodney wieder nach Guyana zurück, um an der dortigen Universität eine Professur für Geschichte anzunehmen. Aber die Regierung hob die Ernennung wieder auf. Rodney blieb aber in Guyana und trat der neu gebildeten Fraktion „People‘s Alliance“ bei.[1]

Zwischen 1974 und seiner Ermordung im Jahre 1980 war er die führende Figur der Widerstandsbewegung gegen die zunehmend autoritäre Regierung der PNC. Walter trat im ganzen Land als Redner auf, um das politische Bewusstsein im Land zu fördern. Während dieser Zeit entwickelte er auch Ideen über das Selbstverständnis der arbeitenden Bevölkerung in Bezug auf ihre politische Emanzipation und die Demokratie.

Am 11. Juli 1979 wurde Walter zusammen mit sieben anderen nach einem Brand verhaftet und der Brandstiftung bezichtigt. Von diesem Zeitpunkt an bis zu seiner Ermordung wurde er ständig belästigt und verfolgt. Zumindest einmal entging er nur knapp seinem Tod. Am Abend des 13. Juni 1980 wurde Walter Rodney im Zentrum von Georgetown durch einen Bombenanschlag getötet.

Walter war mit Patricia Rodney verheiratet und hatte drei Kinder: Shaka, Kanini und Asha.

Weblinks

Werke

  • A history of the upper Guinea coast 1545-1800. Oxford 1970.
  • How Europe Underdeveloped Africa, 1972.
  • Migrant labour in Tanzania during the colonial period: case studies of recruitment and conditions of labour in the sisal industry. Hamburg 1983. ISBN 3-923519-56-7 (zusammen mit Kapepwa Tambila und Laurent Sago).
  • A tribute to Walter Rodney: one hundred years of development in Africa; lectures given at the Universität of Hamburg in summer 1978. Hamburg 1984.
  • Walter Rodney speaks: the making of an African intellectual (With an introduction by Robert Hill. Foreword by Howard Dodson). Trenton 1990 ISBN 0-86543-072-1.

Einzelnachweise

  1. Der Che unter den Afrika-Historikern in FAZ vom 12. Dezember 2012, Serite N4