Willigis

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Fiktive Darstellung des 12. Jahrhunderts

Willigis, selten auch Williges oder Willegis (* um 940 in Schöningen; † 23. Februar 1011 in Mainz) war Erzbischof von Mainz. Willigis ist ein Heiliger der römisch-katholischen Kirche. Gedenktag ist sein Todestag.

Leben

Willigis wurde um 940 in Schöningen im heutigen Niedersachsen als Sohn freier, aber nichtadeliger Eltern geboren. Er gelangte durch seinen Mentor Bischof Volkold von Meißen vermutlich 969 an den Hof von Kaiser Otto I. Ab 971 hatte Willigis das Amt des Kanzlers inne, das er auch unter Otto II. behielt. Im Januar 975 wurde er von Otto II. zum Erzbischof von Mainz erhoben.

Willigis gilt als Schlüsselfigur in der Geschichte des Erzbistums Mainz. Wie nur wenige verstand er es, die Geschicke von Kirche und Reich im Frühmittelalter zu lenken und die Bedeutung seiner Kirchenprovinz auszubauen. Unter seiner Ägide wurde die Erzkanzlerwürde dauerhaft mit dem Erzbistum Mainz verbunden. Zu seiner Wahl zum Erzbischof 975 erhielt Willigis von Papst Benedikt VII. die Vormachtstellung über alle anderen Bischöfe in kirchlichen Dingen, was Willigis zum zweiten Mann nach dem Papst machte.

983 nahm Willigis am Reichstag Ottos II. in Verona teil, wo er von ihm am 13. Juni 983 die Veroneser Schenkung erhielt, die dem Erzbistum Gebiete von Ingelheim bis nach Heimbach und nach Kaub sowie das Gebiet beiderseits der unteren Nahe und den Rheingau rechts des Rheines zusprach. Die Schenkung begründete einen großen Teil des späteren Kurstaates (Kurmainz), über den der Erzbischof als Landesherr regierte.

Nach dem Tod Ottos II. am 7. Dezember 983 wurde dessen dreijähriger Sohn Otto III. neuer König. Bis zu seiner Volljährigkeit sollte seine Mutter, die Kaiserin Theophanu, als Reichsverweserin fungieren. Nach ihrem Tod 991 wurde Willigis faktisch Regent des Reiches, bis Otto III. 994 für mündig erklärt wurde. Daraus folgten Tributzahlungen an ihn, die das Erzbistum zu einer der reichsten Kirchen des Abendlandes machten.

996 begleitete Willigis Otto III. nach Rom, wo dieser dem Papst Johannes XV. gegen die römische Adelsfamilie der Crescentier beistehen wollte. Nach dem plötzlichen Tod Johannes' proklamierte Otto seinen Vetter Brun zum neuen Papst Gregor V. Gregor wurde unter Mitwirkung Willigis' zum neuen Bischof von Rom geweiht. Nach dem frühen Tod Ottos III. am 24. Januar 1002 wurde auf Veranlassung Willigis' Heinrich II. zum neuen König gewählt und am 7. Juni 1002 von ihm im Mainzer Dom gekrönt. Der im ganzen Reich hochangesehene Willigis wurde von Zeitgenossen als „des Kaisers und des Reiches Vater“ bezeichnet. Am 23. Februar 1011 verstarb Willigis in Mainz und wurde in der Mainzer Stephanskirche begraben.

Der Baumeister

Willigis ist der Baumeister des Mainzer Doms, der (freilich mit einigen Umbauten) noch heute besteht. Zumeist wird angenommen, dass Willigis bereits bei Amtsantritt 975 mit dem Bau des Domes begann. Der Dom sollte Bedeutung und Stellung des Mainzer Erzbistums in Reich und Gesamtkirche verdeutlichen, gleichsam Staatsdom des Heiligen Römischen Reiches sein. Seelsorgerische Gründe lagen seiner Konzeption nicht zugrunde. Der Dom war so groß, dass damals alle Bürger der Stadt in ihm Platz gefunden hätten. Er war der erste Bau dieser Größe nördlich der Alpen.

Nach anderer Auffassung wird der Baubeginn um etwa 998 datiert. 997 hatte Kaiser Otto III., der sich mit Willigis entzweit hatte, beim Papst ein Indult erwirkt. Dieses machte es dem Mainzer Erzbischof unmöglich, in der Krönungskirche der deutschen Könige in Aachen, das zum Bistum Lüttich und damit zur Kölner Kirchenprovinz gehörte, die Messe zu feiern. Infolgedessen wäre ihm also die Möglichkeit der Königskrönung genommen gewesen. Willigis könnte daher geplant haben, diese Papstentscheidung zu umgehen, indem er eine neue Krönungskirche für die deutschen Könige bestimmte: den neuen Mainzer Dom eben. Tatsächlich wurden auch die nächsten zwei Könige Heinrich II. und Konrad II. (1024) im Mainzer Dom gekrönt.

Gesichert ist, dass der Dom 1009 vollendet wurde. Am Tag der geplanten Weihe (oder am Tag davor) brannte der Dom (vermutlich infolge der Festillumination) jedoch ab. Ungebrochen davon begann der bereits 69-jährige Willigis mit dem Wiederaufbau. Willigis errichtete ab ca. 990 auch die Stiftskirche St. Stephan zu Mainz. Dort wurde Willigis begraben, weil seine Bischofskirche, der Dom, noch nicht weit genug wiederhergestellt war. Das Stift St. Viktor vor Mainz wurde im Jahr 994 oder 995 gegründet und im Beisein Ottos III. von Erzbischof Willigis eingeweiht. Außerdem verlieh Willigis der Binger Basilika St. Martin den Rang einer Stiftskirche und leitete dafür möglicherweise Baumaßnahmen ein; auch ließ er in Bingen die Drususbrücke, eine Steinbrücke über die Nahe erbauen.

Gedenken

Fiktive Darstellung in der Schedelschen Chronik 1493 mit seinem angeblichen Wappen, dem Mainzer Rad

Um 1150 entstand eine Sammlung von Hymnen, Antiphonen und Responsorien, die Hartmann, Dompropst und Propst in St. Stephan zur Zeit von Erzbischof Heinrich Felix von Harburg zugeordnet wird. Ob diese Sammlung jemals im Hochmittelalter als Grundlage für Willigisfeiern genutzt wurde, ist nicht nachweisbar, die lateinischen Texte der Handschrift wurden später zweimal, 1675 und 1869, vollständig in Büchern abgedruckt. Nach der Auflösung des Stephansstifts zum Beginn des 19. Jahrhunderts gelangten die Manuskripte zunächst nach St. Petersburg und später in die Russische Staatsbibliothek nach Moskau.[1]

Nach ihm wurde der Willigisplatz vor der katholischen Pfarrkirche St. Stephan benannt. Das Bischöfliche Willigis-Gymnasium und die Willigis-Realschule tragen seinen Namen.

Quellen

  • Thietmar von Merseburg: Chronik. Übersetzt von Werner Trillmich. Darmstadt 1957 (Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe 9). Lateinischer Text in Robert Holtzmann (Hrsg.): Scriptores rerum Germanicarum, Nova series 9: Die Chronik des Bischofs Thietmar von Merseburg und ihre Korveier Überarbeitung (Thietmari Merseburgensis episcopi Chronicon) Berlin 1935 (Monumenta Germaniae Historica, Digitalisat)

Literatur

  • Karl UhlirzWilligis. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 43, Duncker & Humblot, Leipzig 1898, S. 282–289.
  • Max Georg Kellner: Willigis. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 13, Bautz, Herzberg 1998, ISBN 3-88309-072-7, Sp. 1336–1338.
  • Alois Gerlich: Willigis, Erzbischof von Mainz In: Lexikon des Mittelalters, Bd. 9, Sp. 214–216.
  • Josef Heinzelmann: Spuren der Frühgeschichte von St. Stephan in Mainz. Ein Beitrag zu einer noch nicht geführten Diskussion, in: Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte, Bd. 56 (2004), S. 89–100.
  • Josef Heinzelmann: Mainz zwischen Rom und Aachen. Erzbischof Willigis und der Bau des Mainzer Doms. In: Jahrbuch für westdeutsche Landesgeschichte, Bd. 30 (2004), S. 7–32 PDF-Datei.
  • Peter Aufgebauer: Der Mainzer Erzbischof Willigis (975–1011) und sein Wirken auf dem Eichsfeld. In: Bischof Burchard in seiner Zeit. Tagungsband zum biographisch-landeskundlichen Kolloquium vom 13. bis 15. Oktober 2000 in Heilbad Heiligenstadt, hg. von Thomas T. Müller, Maik Pinkert und Anja Seeboth, Heiligenstadt 2001, S. 42–57.

Weblinks

Commons: Willigis – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Willigis – Quellen und Volltexte

Anmerkungen

  1. eines vorbildlichen Bischofs , in: Mainzer Bistumsnachrichten Nr. 7, 23. Februar 2011
VorgängerAmtNachfolger
RuprechtErzbischof von Mainz
975–1011
Erkanbald