Wilsche

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 23. Oktober 2015 um 09:53 Uhr durch Innobello (Diskussion | Beiträge) (→‎Ehemalige Bahnverbindung). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Wilsche
Stadt Gifhorn
Ehemaliges Gemeindewappen von Wilsche
Koordinaten: 52° 31′ N, 10° 29′ OKoordinaten: 52° 30′ 34″ N, 10° 28′ 53″ O
Höhe: 62 (52–65) m
Einwohner: 1907 (2010)
Eingemeindung: 1. März 1974
Postleitzahl: 38518
Vorwahl: 05371
Schild am Ortseingang

Wilsche ist ein dörflicher Ortsteil im Nordwesten der Stadt Gifhorn im niedersächsischen Landkreis Gifhorn.

Geographie

Nördlich des Landkreises Braunschweig im Übergangsbereich zur Heide erstreckt sich im Nordwesten von Gifhorn das Gebiet des Ortsteils Wilsche.

Umgeben wird Wilsche von Wald (Ringelaher Forst), Heide, Wiesen und aus der Eiszeit stammende Moränen (Grund-/Endmoränen).

Die Landschaft wird weitgehend durch ein Naturschutzgebiet bestimmt. Nach Osten hin geht es in ein leicht welliges Hügelland über, nach Süden in das Aller-Urstromtal.

Nachbargemeinden

Benachbarte Gebietskörperschaften sind im Osten von Wilsche die Gifhorner Ortsteile Gamsen und nördlich davon Kästorf, im Nordosten die Gemeinden Wesendorf und Wagenhoff, im Norden die Gemeinde Ummern, im Westen die Gemeinde Müden (Aller) und im Süden der ebenfalls dörfliche Gifhorner Ortsteil Neubokel. Im Südosten Wilsches schließlich liegt die Kernstadt der Stadt Gifhorn.

Geschichte

Erste urkundliche Erwähnung

Von Wilsche wird 1152 in einer Urkunde des Bischofs Bernhard von Hildesheim berichtet. Liemar, ein Ministerialer Heinrichs des Löwen, schenkt darin unter Zustimmung seiner Erben den von ihm gegründeten Ort Bokel der Hauptkirche in Hildesheim. Zum Unterhalt des von ihm geplanten Klosters Bokel werden die Orte Wilshete (Wilsche), Ketelingen und Kästorf der Kirche geschenkt.

Wüstung

In der Wüstungszeit zwischen 1300 und 1400 verschwanden viele Orte wie z.B. Ketelingen. Mit dem Ausdruck „Wüstung“ beschreibt man das Aufgeben oder Verlassen ganzer Orte. Ob Ketelingen oder Wilsche seinen Siedlungsplatz aufgegeben hat, ist unklar. Von Ketelingen ist nie wieder die Rede. Nur die Flurnamen wie Kettelfeld und Kettelberg erinnern daran.

Entwicklung

Die Menschen lebten in Häusern, die aus Rundholz in Blockbauweise oder aus Pfählen in Fachwerkbauweise errichtet waren. Die Wände der Fachwerkhäuser wurden mit Geflecht und Lehm ausgefüllt. Menschen und Tiere lebten zusammen unter einem Dach. Die Häuser waren mit Stroh oder Schilf gedeckt. Begünstigend wirkten sich die leicht zu bearbeitenden Sandböden und die Nähe zur Allerniederung aus.

Ernährung und Arbeit

Neben Fischfang in der Aller wurde im geringen Umfang auch schon Ackerbau betrieben. Auch die uns heute bekannten Nutztiere wurden damals schon gehalten, wobei wahrscheinlich die Schafhaltung bevorzugte Bedeutung einnahm. Die ersten Wiesen, besonders von den Ketelingern, entstanden durch Abholzung und Trockenlegung im Bereich des Auwalds in der Allerniederung.

Erster Weltkrieg

Achtzehn Wilscher Bürger verloren in diesem Krieg von 1914 bis 1918 ihr Leben.

Nach Kriegsende folgten wirtschaftlich schwierige Jahre. 1921 wurde Wilsche elektrifiziert.

Konrad Beste nahm als Soldat am Ersten Weltkrieg teil und arbeitete nach seiner Rückkehr als freier Schriftsteller. Neben Lyrik, Erzählungen und Hörspielen schrieb er vor allem Romane. Der 1932 in Wilsche geschaffene Heimatroman „Das heidnische Dorf“, in dem Wilsche sich in „Kleindahle“ widerspiegelt, wurde von Literaturkritikern als das bedeutendste Werk Konrad Bestes bezeichnet. Er erhielt für diesen Roman den Lessing-Preis der Freien und Hansestadt Hamburg.

Zeit des Nationalsozialismus

Nach der Machtübernahme des NS-Regimes endete der wirtschaftliche Aufschwung.

Die Säle der beiden Wilscher Gaststätten dienten zur Unterbringung einer Lehrwerkstatt des Wesendorfer Flughafens. Vor dem Ringelah befand sich ein Scheinflughafen. Im April 1945 wurde Wilsche von amerikanischen Soldaten eingenommen. Zu dieser Zeit befanden sich 300 russische Soldaten in Wilsche. Sie waren in den Sälen der Gaststätten untergebracht und wurden von der Gemeinde Wilsche in der Gemeinschaftsküche der Lehrwerkstatt verpflegt. In diesem Krieg ließen 26 Wilscher Bürger ihr Leben und 19 wurden als vermisst gemeldet.

Nachkriegszeit mit wirtschaftlichem Aufschwung

Nach dem Krieg nahm Wilsche viele Vertriebene und ausgebombte Familien auf. Die Einwohnerzahl stieg dadurch stark an. Das Vereinsleben wurde durch die Neugründungen von Sportverein, Schützenverein, Freiwillige Feuerwehr, Reichsbund usw. wesentlich belebt und gefestigt. In diesem Zeitraum wurde der allgemeine Lebensunterhalt vornehmlich in der Landwirtschaft erarbeitet. Der beginnende wirtschaftliche Aufschwung schaffte in der Folgezeit mehr Arbeitsplätze in Handwerk und Industrie. Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe nahm bis 1971 von 78 auf 26 ab.

Einwohnerentwicklung

  • 1802: 0174
  • 1848: 0245
  • 1939: 0411
  • 1950: 0722, davon 325 Vertriebene
  • 1961: 0827[1]
  • 1970: 1116[1]
  • 1971: 1170
  • 2005: 1854
  • 2006: 1859
  • 2007: 1886
  • 2010: 1907
  • 2011: 1899
  • 2012: 1871

Heutige Verwaltungseinheit

Wilsche war eine Gemeinde, die im Zuge der niedersächsischen Gebietsreform zusammen mit den ehemals selbständigen Gemeinden Kästorf, Gamsen, Neubokel und Winkel in die Kreisstadt Gifhorn eingegliedert wurde.[1]

Politik

Im Ortsrat Wilsche sind folgende Fraktionen vertreten:

Die CDU dominiert den Rat seit der Kommunalwahl 1996 mit absoluter Mehrheit.

Der Ortsrat besteht aus sieben Personen mit einem Ortsbürgermeister an der Spitze. Dieses Gremium beschließt beziehungsweise ist zu wichtigen die Ortschaft betreffenden Angelegenheiten zu hören. Die endgültige Entscheidung über eine Maßnahme obliegt jedoch dem Rat der Stadt.

Verkehr

Einbindung ins Straßennetz

Der Ort ist über drei Straßenanbindungen und diverse Feldwege zu erreichen:

  • Von der südöstlich gelegenen Kernstadt von Gifhorn gibt es über das Hohe Feld eine direkte Anbindung an Wilsche. Beiderseits dieser Strecke liegt der Golfplatz „Golf-Club Gifhorn“
  • Aus dem östlich gelegenen Gamsen gelangt man über die K33/1 nach Wilsche.
  • Im Süden führt die K34 von der B 188 über Neubokel zum Ort.
  • Vom Nordosten aus gelangt man von der B 4 bei der Ortschaft Wagenhoff über den Krümmeweg nach Wilsche. Er passiert das Naherholungsgebiet, das durch Baggerseen entstanden ist, und den Flugplatz für Segel- und kleinere Motorflugzeuge. Dieser Weg ist teilweise Feldweg.
  • Der Ringelaher Weg führt im Norden des Ortes durch den Ringelaher Forst nach Ummern. Diese Strecke ist im Forst für den Kraftfahrzeugverkehr nicht freigegeben.
  • Im Nordwesten führt die alte Poststraße nach Hahnenhorn. Auch dieser Weg ist im Ringelaher Forst für den Kraftfahrzeugverkehr nicht freigegeben.
  • Im Südwesten führt der Dieckhorster Weg über Bokelberge nach Müden-Dieckhorst. Dieser Weg ist teilweise nur für Waldfahrzeuge zugelassen.

Ehemalige Bahnverbindung

Von 1913 bis 1981 war Wilsche über die Allertalbahn an das Schienennetz angebunden und hatte einen eigenen Bahnhof. Die Strecke verband Gifhorn mit Verden (Aller) über Celle und Schwarmstedt. Ab 1966 war sie nur noch von Gifhorn bis Celle befahren.[2]

In der Zeit des Zweiten Weltkriegs und bis in die 1950er Jahre wurde der Fliegerhorst Wesendorf über einen Bahnanschluss von Wilsche aus versorgt. Das Gleis zweigte aus Richtung Celle beim Bahnhof Wilsche ab und führte parallel zu einem Feldweg Richtung Wesendorf, wo es in das Gelände des Fliegerhorsts mit seinem kleinen Bahnhof mündete. Das Gleis wurde in den 1970er Jahren abgebaut.[3]

Regelmäßige Veranstaltungen

Zur Gemeinschaftspflege der Gifhorner Ortsteile Gamsen, Kästorf, Neubokel und Wilsche wird im alljährlichen Wechsel ein Vier-Dörfer-Treffen durchgeführt.

Die Senioren der Ortschaften Neubokel und Wilsche veranstalten jedes Jahr im Wechsel ein Zwei-Dörfer-Treffen. Der Ortsrat lädt die Senioren jährlich zur Weihnachtsfeier und einer Tagesfahrt ein.

In jedem Jahr findet statt:

  • am ersten Samstag im Februar der Majestätenball
  • nach dem Pfingstwochenende das traditionelle Schützenfest
  • am ersten Samstag im November der Feuerwehrball

Mit dem Dorf Hahnenhorn pflegt der Schützenverein eine gegenseitige Hilfs-Partnerschaft.

Literatur

  • Der Landkreis Gifhorn. Hrsg. von Niedersächsischen Landesverwaltungsamt, Bremen 1972. (Die Landkreise in Niedersachsen, Bd. 26, ISBN 3-87172-327-4)
  • Konrad Beste: Das heidnische Dorf – Über Wilsche und legendäre Bewohner
  • Hajo H. Frerichs: Wilsche – Rund um den Deutschen Heinrich

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b c Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27. 5. 1970 bis 31. 12. 1982. W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart und Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 226.
  2. Verschwundene Oberallertalbahn: Celle - Gifhorn, found-places.blogspot.de
  3. [1] Bericht eines Bahnbediensteten

Weblinks