Wolf Lorenz von Hofkirchen

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Wappen der Grafen von Hofkirchen

Wolf(f)/Wolfgang Loren(t)z Freiherr von Hofkirchen, ab 1663 Graf von Hofkirchen (* um 1635; † 1672)[1][2], war ein Oberst und Kammerherr im Dienste mehrerer deutscher Herrscher. Er gilt als Beispiel für die dauerhafte Übersiedlung nach Kursachsen als religiösem Exil im 17. Jahrhundert[3] und war Günstling des Kurfürsten Johann Georg II. von Sachsen, der ihm die hohe Summe von 12.000 Gulden schenkte, fiel jedoch in Ungnade und musste das Land verlassen.

Leben und Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schloss Gamig, ab 1663 Sitz der Familie
Unterschriften von Wolf Lorenz Graf von Hofkirchen nebst Ehefrau und Janko Peranski, 1671

Er stammte aus der in Niederösterreich ansässigen Adelsfamilie der Freiherren von Hofkirchen. Wahrscheinlich war er der älteste Sohn des Lorenz von Hofkirchen (1606–1656) und der ihm 1633 angetrauten Agatha Gräfin zu Oettingen-Oettingen (1610–1680). Das Kriegsglück hatte zuvor den katholischen Anteil der Grafschaft Oettingen als Kriegsbeute dem schwedischen Generalleutnant Lorenz von Hofkirchen ausgeliefert. Der Oettinger Landesvater Ludwig Eberhard hatte erst daraufhin seine Tochter Agatha an Hofkirchen, der selbst Sohn einer Oettinger Grafentochter war, zur Frau gegeben.[4] Agatha war nachmals Gemahlin des Grafen Gustav Axel von Löwenstein-Wertheim. Auch war sie eine ältere Schwester des Grafen Joachim Ernst von Oettingen-Oettingen und Tante von dessen Nachfolger, des Grafen und ab 1674 Fürsten Albrecht Ernst I. zu Oettingen-Oettingen. Wolf Lorenz war mithin dessen Vetter.[5] Wolf Lorenz von Hofkirchens Vater war 1619 aus religiösen Gründen emigriert, in kurbrandenburgischem, sächsischem und schwedischem Militärdienst zum General aufgestiegen, bevor er 1638 in kaiserliche Dienste übertrat und nach Österreich zurückkehrte. Sechs Jahre später wurde er aus dem kaiserlichen Dienst entlassen und verließ das Land erneut mit Empfehlung an den sächsischen Kurfürsten.[6]

Wolf Lorenz wurde im Jahr 1658 unter dem Gesellschaftsnamen Der Fechtende in die Fruchtbringende Gesellschaft aufgenommen. Seine Gesellschaftspflanze war der Vollblühender Rosenstok, sein Gesellschaftsmotto Wens Zeit ist.[7] Gemeinsam mit weiteren Verwandten, darunter seinem vermutlich jüngeren Bruder Georg Lorenz von Hofkirchen, erreichte er beim Kaiser Leopold I. in Wien am 17. Februar 1663 die Erhebung in den Reichsgrafenstand.[8] Gleichzeitig wurde ihnen die Anrede „Hoch- und Wohlgeboren“ für das Reich und die Erblande verliehen.[9]

Hofkirchen trat in den Dienst der Wettiner am kursächsischen Hof in Dresden und diente zunächst als Kornett in der Leibgarde zu Ross des Kurfürsten Johann Georg II. Am 6. Dezember 1663 übernahm er als Oberstleutnant von Christoph Melchior von Neitschütz das Kommando über diese kurfürstliche Leibgarde. Es muss sich ein relativ enges persönliches Verhältnis zwischen ihm und den Kurfürsten entwickelt haben, da dieser ihm am 25. Juni 1665 „aus sonderbarer Gnade“ die Summe von 12.000 Gulden schenkte. Weil soviel Bargeld in der kurfürstlichen Rentkammer nicht verfügbar war, setzte der Kurfürst Graf Hofkirchen in die beiden kurfürstlichen Vorwerke Bleesern und Klitzschena im Kurkreis ein, die damals auch als Gestüte dienten.[10] Wenig später erfolgte seine Beförderung zum Oberst. Er gehörte zum engsten Hofstaat und nahm gemeinsam mit dem Kurfürsten und Kurprinzen an zahlreichen Veranstaltungen teil.[11]

Für die Hochzeit seines Günstlings im Februar 1666 übernahm der Kurfürst durch das Oberhofmarschallamt in Dresden die Organisation. Die Feierlichkeiten erstreckten sich über mehrere Tage, dazu gehörten auch Armbrust- und Büchsenschießen.[12] Mehrere Gäste aus Wien und Hofkirchens österreichischer Heimat waren zu diesem Ereignis am Hofe geladen, darunter auch der kaiserliche Hofkriegsratspräsident und Diplomat Fürst Wenzel Eusebius von Lobkowicz.[13] Die auserwählte Braut war Johanna Magdalena, die vermögende einzige Tochter des Generalwachtmeisters, Oberst und Amtshauptmanns August von Hanau, die u. a. das Schloss Gamig mit Meuscha mit in die Ehe brachte. Dadurch wurde Graf von Hofkirchen Erb-, Lehn- und Gerichtsherr über die bei Dohna gelegene Grundherrschaft.

Die steile Karriere des Grafen Hofkirchen am Hof in Dresden endete unerwartet abrupt. Im Sommer 1667 fiel Graf Hofkirchen in kurfürstliche Ungnade und wurde aus dem Dienst suspendiert. Nach einem Gerichtsurteil des Leipziger Schöppenstuhls wurde er aus dem Dienst entlassen.[14] Er war am 3. Juni 1667 mit dem Kurprinzen und einigen Begleitern zu einer Mühle im Plauenschen Grund bei Dresden geritten, wo man zum Mittagstisch einkehrte. Während des Essens kam es zu einem heftigen Streit, bei dem Graf Hofkirchen die Beherrschung verlor und seinen Degen gegenüber den Kurprinzen Johann Georg III. zückte. Er wurde daraufhin inhaftiert und abgeschoben, nachdem er sich verpflichtet hatte, innerhalb von drei Tagen Kursachsen für immer zu verlassen.[15][16]

Der Graf von Hofkirchen stellte daraufhin seine Dienste dem Kurfürsten von Brandenburg zur Verfügung, der ihn im Rang eines Oberst in den Kriegsdienst schickte. Er starb zwischen Juni und Dezember 1672 und hinterließ die verwitwete Gräfin Johanna Magdalena von Hofkirchen, die erfolgreich beim Kurfürsten Johann Georg II. von Sachsen die teilweise Auszahlung der ihrem verstorbenen Ehemanns versprochenen Bargeldsumme erwirkte. Sie erhielt 9.000 Gulden vom Kammerherrn und Kommandant der Leibkompanie Kroaten zu Ross, Janko Peranski, der die Vorwerke Bleesern und Klitzschena übernahm. Über ihren weiteren Lebensweg ist nichts bekannt.[17]

Im August 1689 übernahm sein Bruder Generalwachtmeister Graf Georg Lorenz von Hofkirchen Wolf Lorenz' frühere Funktion als Chef der kurfürstlichen Leibgarde zu Ross in Dresden. Er hielt es aber nicht einmal ein Jahr am kursächsischen Hof aus und dankte bereits im Mai 1690 wieder ab.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Hofkirchen, Wolgang Lorenz. Kaiser und Höfe. Personendatenbank der Höflinge der österreichischen Habsburger, hrsg. von Mark Hengerer und Gerhard Schön, abgerufen am 17. Februar 2023.
  2. Jacob Christof Iselin: Neu-vermehrtes historisch- und geographisches allgemeines Lexicon, Bd. 2, 1747, S. 803.
  3. Vorbild - Austausch - Konkurrenz: Höfe und Residenzen in der gegenseitigen Wahrnehmung : 11. Symposium der Residenzen-Kommission der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, veranstaltet in Zusammenarbeit mit der Historischen Kommission und der Kommission für Kunstgeschichte der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Wien, 20.–24. September 2008, S. 152.
  4. Jochen Brüning, Friedrich Niewöhner: Augsburg in der Frühen Neuzeit, Beiträge zu einem Forschungsprogramm, 1995, S. 262.
  5. Johann Hübners, Rectoris der Schule zu S. Johannis in Hamburg, Genealogische Tabellen. Nebst denen darzu gehörigen Genealogischen Fragen, Zur Erläuterung Der Politischen Historie, Mit sonderbahrem Fleiße zusammen getragen, Und vom Anfange biß auf diesen Tag continuiert. 1719, Die 271 Tab. Die Grafen und Fürsten von Oettingen, von der Oettingischen Linie.
  6. Antonio Schmidt-Brentano: Laurenz Freiherr von Hofkirchen. In: Die kaiserlichen Generale. 1618–1655. Ein biographisches Lexikon. Wien 2022, S. 226ff.
  7. Wolfgang Lorenz von Hofkirchen in der Mitglieder-Datenbank der Fruchtbringenden Gesellschaft.
  8. Verzeichnis der Standeserhebungen. In: Friedrich Wilhelm Boldewin Ferdinand von dem Knesebeck: Archiv für Geschichte und Genealogie, Bd. 1, Hannover 1842, S. 13; Österreichisches Staatsarchiv Wien: AT-OeStA/AVA Adel HAA AR 376.15
  9. Österreichisches Staatsarchiv AT-OeStA/AVA Adel RAA 192.23 Hoffkirch
  10. Sächsisches Staatsarchiv: 10036 Finanzarchiv, Rep. A 25a I, Anhang, Nr. 0219 Wiederkäufliche Überlassung der Vorwerke Bleesern und Klitzschena an Wolf Lorenz Graf von Hofkirch, 1665–1666.
  11. So lud ihn beispielsweise der Kurfürst zu der am 15. Mai 1665 gefeierten Hochzeit des Kammerjunkers Christian Wilhelm von Watzdorf mit der Eva Catharina von Seidlitz auf das Schloss Bautzen in der Oberlausitz ein, vgl. Walter von Boetticher: Geschichte des Oberlausitzischen Adels und seiner Güter. Bd. 3. 1919, S. 101, Fußnote 1 (Online).
  12. Sächsisches Staatsarchiv, 10006 Oberhofmarschallamt, G, Nr. 54.
  13. Vorbild - Austausch - Konkurrenz: Höfe und Residenzen in der gegenseitigen Wahrnehmung: 11. Symposium der Residenzen-Kommission der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, veranstaltet in Zusammenarbeit mit der Historischen Kommission und der Kommission für Kunstgeschichte der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Wien, 20.–24. September 2008, S. 153.
  14. Sächsisches Staatsarchiv: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 09680/23 Graf Wolf Lorenz' von Hofkirchen Urteil aus dem Schöppenstuhl zu Leipzig [Tätlichkeit gegen Kurprinz Johann Georg III. von Sachsen], 1667.
  15. Acta contra Wolf Lorenz Graf von Hofkirchen, allhier ergangen vor den von Seiner Kurfürstlichen Durchlaucht [Johann Georg II. von Sachsen] gnädigst verordneten Kommissaren [Tätlichkeit gegen Kurprinz Johann Georg III. von Sachsen], Bd. 1, deutsche-digitale-bibliothek.de
  16. Gehaltene Protokolle und gefertigte Konzepte über Wolf Lorenz Graf von Hofkirchen [Tätlichkeit gegen Kurprinz Johann Georg III. von Sachsen], Band 2, archiv.sachsen.de
  17. Der Aufenthalt von Wolf Lorenz Graf von Hofkirchen in Polen, wo er am 11. November 1673 erfolgreich in der Schlacht bei Choczim gegen die Türken gekämpft haben soll und sein späterer Wechsel zur kaiserlichen Armee nach Ungarn und zuletzt 1679 als Oberst in den Dienst des Königs von Spanien, Franz Karl Wißgrill: Schauplatz des landsässigen niederösterreichischen Adels. Wien 1800, Bd. 4, S. 362.[1] betreffen eine andere Person.