Critical Zone

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Film
Titel Critical Zone
Originaltitel Mantagheye bohrani
Produktionsland Iran, Deutschland
Originalsprache Farsi
Erscheinungsjahr 2023
Länge 99 Minuten
Stab
Regie Ali Ahmadzadeh
Drehbuch Ali Ahmadzadeh
Produktion Sina Ataeian Dena,
Ali Ahmadzadeh
Musik Milad Movahedi
Kamera Abbas Rahimi
Schnitt Ali Ahmadzadeh
Besetzung
  • Amir Pousti: Amir
  • Shirin Abedinirad:
  • Maryam Sadeghiyan:
  • Alireza Keymanesh:
  • Saghar Saharkhiz:
  • Mina Hasanlou:
  • Alireza Rastjou:
  • Saba Bagher:
  • Maman Pari:

Critical Zone (Originaltitel: Mantagheye bohrani, dt.: „Kritische Zone“) ist ein Spielfilm von Ali Ahmadzadeh aus dem Jahr 2023. Das mit Laiendarstellern besetzte Drama erzählt vom Alltag eines Drogendealers in Teheran. Die Koproduktion zwischen dem Iran und Deutschland, überwiegend mit versteckter Kamera gedreht, wurde Anfang August 2023 beim Locarno Film Festival uraufgeführt, wo sie den Hauptpreis gewann. Filmemacher Ahmadzadeh war es von den iranischen Behörden verboten worden, seinen Film dort zu zeigen und durfte nicht zum Festival anreisen.

Handlung

Teheran in der Gegenwart: Amir verdient sich als Drogendealer seinen Lebensunterhalt. Er lebt allein in einer Wohnung mit seiner Zwergbulldogge „Mr. Fred“. Nachdem er aus dem Tunnelsystem der städtischen Ringstraßen mit einer Tasche mit unter anderem Marihuana, Haschisch und Opium nach Hause zurückgekehrt ist, sortiert er die Drogen und backt zwei Bleche voll mit Hashcookies. Danach steigt er in sein Auto und trifft seine Kunden, denen er „wie ein moderner Prophet“ Erleichterung verschafft. Dabei wird er von der weiblichen Stimme seines GPS-Systems durch die nächtliche Stadt geleitet, die Amir auch vor Straßensperren, Radarfallen und weiteren Gefahren warnt. Zu seinen Kunden zählen neben verloren wirkenden jungen Männern am Straßenrand auch, ein Transmensch, eine junge Yoga-Lehrerin für Kinder oder ein alter Palliativpatient in einem Krankenhaus, den er gemeinsam mit einer Pflegerin mit den Hashcookies füttert. Auch versorgt Amir einige Prostituierte umsonst mit Drogen, während er einer Witwe bei der Rettung ihres polytoxikomanen Sohnes hilft, indem er ihm eine Mischung aus Pillen und Opiumtee verordnet. Von einer aus Amsterdam kommenden iranischen Flugbegleiterin erhält er Drogen und Bier im Tausch gegen Opium. Mit ihr wird er auch intim, während später Verfolger auf seiner Spur sind.[1][2][3]

Hintergrund

Ali Ahmadzadeh (2015)

Critical Zone ist der vierte Spielfilm des iranischen Regisseurs, Drehbuchautors, Filmproduzenten und -editors Ali Ahmadzadeh. Im Katalog des Filmfestivals von Locarno erklärte er, dass er statt mit professionellen Schauspielern „mit echten Menschen gearbeitet“ habe.[4] Bei den Dreharbeiten, die noch vor den Protesten im September 2022 an Originalschauplätzen in Teheran stattfanden,[5][6] musste die Filmcrew laut Ahmadzadeh die Kamera meist „verstecken oder Wege finden, um die Hindernisse zu umgehen“. Er beschrieb den Filmdreh als „eine Rebellion“. Ihn einem zu zeigen, sei „ein noch grösserer Sieg“.[4] Es sollen „drei leicht zu versteckenden Mini-Kameras“ zum Einsatz gekommen sein.[3]

Neben Ahmadzadeh zeichnete Sina Ataeian Dena als Koproduzent verantwortlich. Die Kamera führte Abbas Rahimi, den Schnitt übernahm Ahmadzadeh selbst. Die Filmmusik steuerte Milad Movahedi bei.[1] Eine Drehgenehmigung der iranischen Regierung lag nicht vor.[5] Außerdem soll Ahmadzadeh seit geraumer Zeit mit einem „Arbeitsverbot“ belegt gewesen sein.[3]

Veröffentlichung und Rezeption

Die Premiere von Critical Zone erfolgte am 10. August 2023 im internationalen Wettbewerb des 76. Filmfestivals von Locarno.[4] Ali Ahmadzadeh war von den iranischen Behörden aufgefordert worden, seinen Film dort nicht zu zeigen und durfte nicht zum Festival anreisen.[7] Da keine offizielle Drehgenehmigung vorgelegen hatte, wurde ihm sein Visum für die Ausreise entzogen.[5]

Der unabhängige Schweizer Journalist Michael Sennhauser sah einen gemächlichen Film, „der seine zentrale Metapher in Variationen“ auskoste. Ahmadzadeh zeige „eine alternative Form des gesellschaftlichen Lebens im Iran [...] eine metaphorisch unterfütterte Darstellung eines Lebens, das nüchtern nicht auszuhalten“ sei. Aufgrund des Fehlens des Regisseurs müsse sich das internationale Festivalpublikum „eine Interpretation zurechtlegen“ [...], um von dieser dann wiederum zu versuchen, auf die Verhältnisse im Iran zu schliessen.[2]

Daniel Kothenschulte (Berliner Zeitung) pries das Werk als finsteres „Gesellschaftsporträt“ und wahren „Underground-Film“. Ahmadzadeh habe mit Critical Zone einen sensationellen Film geschaffen. Kothenschulte hob die visionären Bilder und die sparsame, aber zielsicher eingesetzte, bittersüße Filmmusik von Milad Movahedi hervor. Die Figur des Amir schippere „wie ein mythologischer Fährmann“ und „vielfach umarmte Todesengel an den Ufern seines Hades entlang“.[3]

Patrick Heidmann (Stuttgarter Nachrichten) rezensierte Critical Zone als ungestümen, energiegeladenen, auch enervierenden und visuell eindrucksvollen Film, „der für eine neue Generation im iranischen Kino“ stehe „und sehr viel weniger klausuliert als andere“ zeige, „warum und für wen ein radikaler Umbruch im Iran überfällig“ sei. Auch könne die spätere Auszeichnung mit dem Hauptpreis von Locarno Ahmadzadeh Schutz im Iran geben. Auch wenn der Film vor den Protesten im Iran im Herbst 2022 entstanden sei, würden „doch all die Konflikte, Kämpfe und Themen, um die es dort“ gehe, aufgegriffen.[5]

Michael Ranze (Frankfurter Allgemeine Zeitung) sah in der späteren Preisvergabe „zugleich künstlerische Anerkennung und ein Zeichen der Solidarität mit den Filmemachern in Iran“.[7]

Auszeichnungen

Für Critical Zone erhielt Ali Ahmadzadeh bei seiner ersten Wettbewerbseinladung den Goldenen Leoparden, den Hauptpreis des Filmfestivals von Locarno,[8] den er sich mit Koproduzent Sina Ataeian Dena teilte. Aufgrund Ahmadzadehs Fehlens, nahm Dena bei der Preisverleihung die Auszeichnung allein entgegen.[7]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Critical Zone. In: luxboxfilms.com (abgerufen am 14. August 2023).
  2. a b CRITICAL ZONE (Manthageye bohrani) von Ali Ahmadzadeh. In: sennhausersfilmblog.ch, 10. August 2023 (abgerufen am 14. August 2023).
  3. a b c d Daniel Kothenschulte: Goldener Leopard für einen versteckt gedrehten Film. In: berliner-zeitung.de, 13. August 2023 (abgerufen am 14. August 2023).
  4. a b c Mantagheye bohrani (Critical Zone). In: locarnofestival.ch (abgerufen am 14. August 2023).
  5. a b c d Patrick Heidmann: Bewegende Geschichten vom Rand der Gesellschaft. In: Stuttgarter Nachrichten, 14. August 2023, S. 12.
  6. Iranischer Film «Critical Zone» gewinnt den Pardo d'Oro. In: srf.ch, 12. August 2023 (abgerufen am 14. August 2023).
  7. a b c Michael Ranze: Verwegen und erkenntnisreich. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14. August 2023, Nr. 187, S. 12.
  8. Der Pardo d’oro von Locarno76 geht an Mantagheye bohrani (Critical Zone) des iranischen Regisseurs Ali Ahmadzadeh. In: locarnofestival.ch, 12. August 2023 (abgerufen am 13. August 2023).