José Rizal

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José Rizal

José Protacio Mercado Rizal y Alonso Realonda (* 19. Juni 1861 in Calamba City auf Luzon; † 30. Dezember 1896 in Manila) war ein philippinischer Schriftsteller, Patriot, Arzt und Freimaurer, dessen Leben und literarisches Werk eine Inspiration für die philippinische Unabhängigkeitsbewegung darstellte u. a. der Katipunan. Er ist der Nationalheld der Philippinen.

Rizal unternahm ausgedehnte Reisen nach Belgien, England, Frankreich, Hongkong, Japan, Schweiz, Spanien, Österreich-Ungarn und durch die USA. Er hat auch längere Zeit in Deutschland gelebt und in Heidelberg mit Erfolg Medizin studiert. In Wilhelmsfeld nahe Heidelberg findet sich ein ihm gewidmetes Denkmal. Er hat in Ulm Kinderbücher illustriert u. a. die Neuillustration der „Max und Moritz“-Geschichten, sowie Schillers Wilhelm Tell in die philippinische Landessprache Tagalog übersetzt.[1] Befreundet war er mit einem der besten Kenner der Philippinen, mit Ferdinand Blumentritt in Litoměřice, wo ein Denkmal für ihn errichtet wurde. 1887 wurde er Mitglied der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte.

Familiengeschichte

Rizal im Alter von 11 Jahren als Schüler am Ateneo Municipal de Manila

Rizal war das siebte von elf Kindern von Francisco Rizal Mercado und Teodora Alonso und wurde in der Stadt Calamba in der Provinz Laguna geboren. Rizal galt als chinesischer Mestize, da er in fünfter Generation von Domingo Lam-co abstammte. Jener wanderte aus der Fujian-Provinz von China Ende des 17. Jahrhunderts auf die Philippinen ein, heiratete die chinesische Mestizin Inés de la Rosa und ließ sich als Händler nieder. Lam-co musste aufgrund eines Erlasses des Generalgouverneurs einen spanischen Nachnamen wählen und wählte den Nachnamen „Mercado“, was „Markt“ besagte und auf seine berufliche Tätigkeit hinwies. Rizals Mutter Teodora war die Tochter der Enkelin Lam-cos (Brígida de Quintos) und eines spanisch-philippinischen Mestizen (Lorenzo Alberto Alonso).

Ab diesem Zeitpunkt lebte die Familie unter dem Nachnamen Mercado. José Rizal behielt diesen Namen bei, bis er sich im Ateneo Municipal de Manila einschrieb. Nachdem sein älterer Bruder Paciano Rizal Mercado aufgrund seiner Verbindungen zum hingerichteten philippinischen Priester José Burgos Ärger mit der spanischen Kolonialregierung bekam, überredete dieser seinen jüngeren Bruder, seinen Nachnamen in „Rizal“ (grün wie ein Reisstiel) zu ändern, um nicht die Aufmerksamkeit der Behörden auf sich zu ziehen.

Ausbildung

Rizal reiste nach Manila ab, um in Ateneo Municipal de Manila (nun Ateneo de Manila University) zu studieren, wo er 1877 den Titel eines Bakkalaureus der philosophischen Fakultät (Abitur) errang und von Ambrosio Rianzares Bautista unterstützt wurde.[2] Er setzte seine Ausbildung in Ateneo fort, um Landvermesser zu werden und schrieb sich gleichzeitig in der Universität Santo Tomás für die Fächer Literatur und Philosophie ein. Als er erfuhr, dass seine Mutter erblindet war, entschloss er sich, Medizin zu studieren, doch brach er sein Studium ab, da er sich durch die Priester an der Universität diskriminiert fühlte. Er beendete sein Medizinstudium stattdessen an der Universidad Central de Madrid in Spanien, wohin er zwischendurch abgereist war, und erhielt die Abschlussnote „ausgezeichnet“. Er zog danach nach Paris und spezialisierte sich in einer Augenklinik als Ophthalmologe. Danach zog er nach Heidelberg, wo er als Mitarbeiter des renommierten Ophthalmologen Otto Becker Augenheilkunde praktizierte.

Bei seinem Aufenthalt in London wurde er besonders unterstützt von seinem Freund und häufigen Gastgeber, dem Oberbibliothekar der India Office Library, Reinhold Rost, der sich u. a. beim spanischen Königshaus für seine Heimkehr einsetzte.[3]

Rizal wurde 1884 in den Freimaurerbund aufgenommen, seine Loge war die Acacia-Loge Nr. 9 in Madrid.[4][5] 1892 gründete er die philippinische Loge La Liga Filipina.[5]

Werke und Erbe

José Rizal (links), Marcelo H. del Pilar (Mitte), Mariano Ponce (rechts)
Bleistiftzeichnung von Rizal, Leonor Rivera–Kipping darstellend. Sie war das Vorbild der Romanfigur María Clara aus dem Roman Noli me tangere.

Rizals Bücher, vor allem sein berühmtestes Werk Noli me tangere (Rühre mich nicht an), das 1887 in Berlin auf Spanisch herausgegeben wurde, übten Kritik am herrschenden gesellschaftspolitischen System und vor allem am Machtmissbrauch der römisch-katholischen Kirche und der spanischen Priester und Mönche. In Noli me tangere werden Korruption, Landraub und sogar sexueller Missbrauch einheimischer Frauen durch spanische Mönche dargestellt oder angedeutet. In seinem zweiten und dramatischeren Werk El filibusterismo (Der Aufruhr), das auf dem ersten aufbaut und 1891 in Gent (Belgien) herausgegeben wurde, geht es um den allgemeinen Aufruhr und die Unzufriedenheit gegenüber der spanischen Kolonialmacht. Damit geriet der aus einer wohlhabenden, chinesisch-mestizischen Familie stammende Rizal in Opposition zur herrschenden spanischen Obrigkeit. Bildung und Wissen galt auf den kolonialen Philippinen als lebensgefährlich, vor allem gegenüber der mächtigen römisch-katholischen Kirche und den spanischen Mönchsorden – seine Werke waren ausdrücklich verboten. Er setzte auch der hingerichteten GOMBURZA-Gruppe ein literarisches Denkmal.

Er war führendes Mitglied der Propaganda-Bewegung philippinischer Studenten in Europa und schrieb für deren Zeitung La Solidaridad politische Artikel. Unter anderem verlangte er, dass die Philippinen zur spanischen Provinz werden, philippinische Sitze im spanischen Parlament (Cortes), den Ersatz spanischer Priester auf den Philippinen durch Einheimische, Rede- und Versammlungsfreiheit und Gleichheit vor dem Gesetz für alle Einwohner der Philippinen. 1892 kehrte er aus Europa auf die Philippinen zurück und gründete die reformistische Liga Filipina, die jedoch sofort vom spanischen Gouverneur aufgelöst wurde.

Seine Werke Noli me tangere und El filibusterismo wurden erst durch den bekanntesten Tagalog-Dichter Patricio G. Mariano in das Tagalog übersetzt; 17 bzw. 20 Jahre nach dessen Tod und größeren Bevölkerungskreisen zugänglich gemacht.[6]

Verurteilung und Hinrichtung

Gedenktafel am Haus Jägerstraße 71 in Berlin-Mitte

Infolge seiner politischen Aktivitäten gegen die spanische Regierung der Inseln wurde er vor Gericht gestellt. Zuerst wurde er zum Exil in Dapitan in der Provinz Zamboanga del Norte (auf Mindanao) verurteilt. Dort baute Rizal eine Schule und ein Krankenhaus. Außerdem konstruierte er ein Wasserversorgungssystem für die Bevölkerung. Nach Verbüßung seiner Strafe im Jahre 1896 begehrte er zugunsten Spaniens zu dienen, ein Wunsch der ihm persönlich vom spanischen Gouverneur genehmigt wurde. Er reiste in Richtung Kuba ab, um dort als Mediziner für die spanische Armee zu arbeiten; aber dann brach die Philippinische Revolution aus. Er wurde an Bord des Schiffes in Barcelona verhaftet und auf die Philippinen zurückgebracht. Man verurteilte ihn wegen Anstiftung zur Rebellion und zum Verrat, obwohl er sich trotz persönlicher Einladungen geweigert hatte, an der revolutionären Bewegung Katipunan teilzunehmen. Zitat aus seinem letzten Brief: Herrn Prof. Ferdin. Blumentritt – Mein lieber Bruder: Wenn du diesen Brief erhalten hast, bin ich schon todt. Morgen um 7. Uhr werde ich erschossen werden, bin ich aber unschuldig des Verbrechens der Rebellion. – Ich sterbe gewissensruhig.[7]

Am 30. Dezember wurde Rizal in Bagumbayan (heute Rizalplatz genannt) in Manila hingerichtet. Am Tag vor seinem Tod hatte er auf der Bestätigung seines Todesurteils die ethnische Bezeichnung „mestizo chino“ (chinesischer Mischling) herausgestrichen und durch „indio“ (Einheimischer) ersetzt und sich damit zum Volk bekannt. In der Nacht vor seiner Hinrichtung schrieb er außerdem das Gedicht „Mi último adiós“ (Mein letztes Lebewohl), das er heimlich seiner Schwester gab. Das Gedicht wurde den philippinischen Revolutionären der damaligen Zeit zur Inspiration, wurde aber auch Jahrzehnte später von indonesischen Revolutionären vor entscheidenden Schlachten gelesen.

Denkmäler

Denkmal im Rizal-Park in Manila
Denkmal für José Rizal in Litoměřice

Im Rizal-Park, Manila, steht ein großes Denkmal an dem Ort, wo er erschossen wurde, das von dem Schweizer Richard Kissling geschaffen wurde, mit der Aufschrift: „I want to show to those who deprive people the right to love of country, that we indeed know how to sacrifice ourselves for our duties and convictions; death does not matter if one dies for those one loves – for his country and for others dear to him.“ (Ich möchte denen, die Leuten das Recht nehmen, ihr Land zu lieben, zeigen, dass wir in der Tat wissen, wie man sich für unsere Pflichten und Überzeugungen aufopfert; der Tod zählt nicht, wenn man für jene stirbt, die man liebt – für sein Land und für andere, die einem lieb sind.) 1972 prägten die Philippinen zu seinem Gedenken eine 1-Piso-Münze.

Des Weiteren gibt es in Manila, im Stadtbezirk Intramuros, die Festung Fuerza de Santiago aus spanischer Kolonialzeit, in der Rizal vor seiner Hinrichtung eingekerkert war. Die Festung beherbergt heute ein Museum, in dem unter anderem Ausstellungsstücke von und über Rizal zu sehen sind, zum Beispiel der Text des Gedichtes „Mi último adiós“ in mehreren Sprachen, auch auf Deutsch, und ein Schrein (Rizal Shrine) zu Ehren Rizals. Auch der Kerker ist noch vorhanden und kann besichtigt werden. In Dapitan City wurde am 23. April 2000 die Jose Rizal Memorial Protected Landscape eingerichtet; sie enthält das Haus, in dem Rizal in der Verbannung lebte.

Der 30. Dezember ist Rizal zu Ehren ein Nationalfeiertag auf den Philippinen.

Zwei Universitäten tragen den Namen von José Rizal, es sind die José Rizal University in Mandaluyong City und die José Rizal Memorial State University in Dapitan City.

Auch die Deutsche Schule Manila trug lange Zeit seinen Namen.

Eine Statue Rizals und Büsten seiner Weggefährten stehen auch im 1978 eingerichteten Rizal-Park in Wilhelmsfeld, Baden-Württemberg.

Rezeption

Schriften

  • Noli me tangere. Insel, Frankfurt am Main 1987, ISBN 3-458-14585-0. (deutsch; 100 Jahre nach der Urausgabe)
  • Die Rebellion. Aus dem philippinischen Spanisch übersetzt von Gerhard Walter Frey. MORIO Verlag, Heidelberg 2016, ISBN 978-3-945424-29-2. (Originaltitel "El Filibusterismo")

Literatur

  • Bernhard Dahm: José Rizal, Der Nationalheld der Filipinos. (= Persönlichkeit und Geschichte. Band 134). Muster-Schmidt, Göttingen/ Zürich 1989, ISBN 3-7881-0134-2.
  • Donko, Wilhelm: Österreich-Philippinen 1521–1898 – Österreichisch-philippinische Bezugspunkte, Beziehungen und Begegnungen während der Zeit der spanischen Herrschaft. Verlag epubli.de, Berlin 2011, ISBN 978-3-8442-0853-5. (Zum Thema J. Rizal und seine Freundschaft mit Ferdinand Blumentritt S. 243–292)
  • Gerhard Frey veröffentlichte 2005 in der Schriftenreihe Heidelberger Jahrbücher das Buch Konflikte. Er beschreibt im Kapitel: Gewalt oder Gewaltlosigkeit bei Konfliktlösungen: Alternativen bei Friedrich Schiller und José Rizal, die unterschiedlichen Ansätze zur Konfliktlösung der beiden in ihren Werken Wilhelm Tell und Noli me tangere. ISBN 3-540-27078-7.
  • Annette Hug: Wilhelm Tell in Manila. Roman, Verlag Das Wunderhorn, 1. Aufl. 17. März 2016, 192 S., ISBN 978-3884235188.

Weblinks

Commons: José Rizal – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Tilmann Baumgärtel: Unser Nationalheld – der kleine Augenarzt aus einer chinesischen Einwandererfamilie.
  2. Kurzbiographie von Bautista
  3. Oskar Weise, Der Orientalist Reinhold Rost (1897), S. 49 und 65
  4. srjarchives.tripod.com
  5. a b Robert A. Minder: Freimaurer Politiker Lexikon. Studienverlag, Innsbruck 2004, ISBN 3-7065-1909-7, S. 292.
  6. Biographie von Patricio G. Mariano
  7. Originale Rechtschreibung. Brief reproduziert z. B. in: Jindřich Tomas: José Rizal, Ferdinand Blumentritt and the Philippines in the New Age, 2008.