Kapital

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Kapital (englisch capital) ist in der Soziologie die Ressource, die den Menschen für die Durchsetzung ihrer Ziele zur Verfügung steht, in der Volkswirtschaftslehre ein Produktionsfaktor und in der Betriebswirtschaftslehre die Finanzierung mit Eigen- und Fremdkapital auf der Passivseite der Bilanz von Unternehmen.

Etymologie

Etymologisch leitet sich das Wort von lateinisch capitalis („den Kopf“ oder „das Leben betreffend“) ab, dieses selbst lässt sich auf caput („Kopf“, „Hauptsache“) zurückverfolgen, zu welchem als Lehnwort das wohl in Venedig bereits im Jahre 1260 gebräuchliche cavedal entstand.[1] Dieses Wort übernahm auch Luca Pacioli, als er 1494 verlangte, dass das Kapitalkonto das letzte der Hauptbuchkonten sein müsse (italienisch in questo cavedal quale conviene essere sempre l’ultima partita di tutti li quademi).[2] Im Jahre 1519 erschien vom Hauptbuchhalter von Jakob Fugger, Matthäus Schwarz, das Buch Dreyerlei Buchhalten, worin er neben dem Journal und Schuldbuch auch ein Güterbuch („Kaput“) erwähnte.[3] 1527 tauchte das Kapital bei der Fuggerinventur als „Hauptguett und Zinns“ auf. Auch das Tagebuch des Lucas Rem aus 1532 bezeichnete das Handelskapital als „Hauptgut“ oder „Cavedal“.[4] Wolfgang Schweicker erwähnte 1549 in seinem Lehrbuch den Buchungssatz „Für Casa [Kasse, d. Verf.] an Cauedal oder Hauptgut“,[5] dem der Geschäftsvorfall der Kapitaleinzahlung zugrunde liegt.

Ab dem 16. Jahrhundert findet sich das italienische Lehnwort capitale („Vermögen“ im Sinne der Kopfzahl eines Viehbestandes) als Gegensatz zu den frisch geworfenen Tieren als „Zinsen“.[6][7]

Kapitalbegriffe in der Soziologie

Kapital meint im alltäglichen Sprachgebrauch Geld- oder Sachvermögen, das meist für den Güterumlauf bestimmt ist. Doch in der mehrdimensionalen Kultursoziologie von Pierre Bourdieu gibt es für Kapital mehrere Erscheinungsformen. Er ist der Meinung, dass der Austausch von Waren nur eine bestimmte Art unter diversen möglichen Formen von sozialem Austausch sei. Als Kapital bezeichnet er allgemein die Ressourcen, die den Menschen für die Durchsetzung ihrer Ziele zur Verfügung stehen, also die Voraussetzungen, die sie mitbringen in den Kampf auf den sozialen Feldern um ihre Position im sozialen Raum. Er nennt daher folgende Formen von Kapital: ökonomisches Kapital, kulturelles Kapital, soziales Kapital und symbolisches Kapital.

Ökonomisches Kapital ist nach Bourdieu materieller Reichtum, also z. B. der Besitz von Geld, Produktionsmitteln, Aktien und Eigentum welcher z. B. durch Eigentumsrechte institutionalisiert ist. Das, was man auch im herkömmlichen Sinn unter Kapital versteht also. Bourdieu ist der Meinung, dass ökonomischem Kapital in der heutigen Zeit zwar noch eine große Bedeutung zukommt, politische und gesellschaftliche Macht aber auch von anderen Einflüssen abhängig ist. Denn ökonomisches Kapital für sich allein kann keine Machtposition mehr garantieren, nur in Verbindung mit den beiden anderen Kapitalformen (soziales und kulturelles Kapital) kann damit wirkliche Macht ausgeübt werden.

Das kulturelle Kapital ist Bourdieu dabei besonders wichtig. Für ihn ist es dasjenige Kapital, über welches ein Mensch aufgrund seiner schulischen und außerschulischen Bildung verfügt, daher versteht er unter diesem Begriff vor allem Bildungskapital. Das kulturelle Kapital ist durch Familientradition vererbbar, wird also innerhalb einer Familie an die Kinder weitergegeben. Damit ist auch ein bestimmter Habitus verbunden. Der „Besitz“ von kulturellem Kapital ist auch von ökonomischem Kapital abhängig, da beispielsweise Schulbildung irgendwie finanziert werden muss. Bourdieu unterscheidet zwischen verschiedenen Teilformen des kulturellen Kapitals:

Inkorporiertes Kulturkapital
Mit Inkorporation ist die Verinnerlichung des kulturellen Kapitals gemeint; Die Aneignung von kulturellem Kapital ist in diesem Fall also ein Prozess, bei dem Kultur in den Körper inskribiert wird. Somit sind dies kulturelle Fähigkeiten und Fertigkeiten, sowie Wissensformen, die körpergebunden sind, also Bildung. Der Faktor Zeit spielt dabei eine große Rolle, da die Inkorporation, die von jedem Einzelnen immer wieder neu zu vollziehen ist, Zeit bedarf. Da z. B. nicht jede Familie gleich viel investieren kann in die Bildung ihrer Kinder, fördert diese Kapitalform soziale Ungleichheiten.
Objektiviertes Kulturkapital
Laut Bourdieu sind mit objektiviertem Kulturkapital kulturelle Güter gemeint, wie z. B. Gemälde oder Bücher. Der Erwerb solcher kultureller Güter ist stark an das ökonomische Kapital gebunden. Denn zum Kauf beispielsweise eines Gemäldes wird ökonomisches Kapital benötigt; das bewirkt aber zunächst nur einen Wechsel des Eigentumsrecht. Erst wenn man die eigentliche Bedeutung und den Sinn dieses Gemäldes versteht, kann man von objektivierten kulturellem Kapital sprechen.
Institutionalisiertes Kulturkapital
Die Institutionalisierung von kulturellem Kapital existiert in Form von schulischen Titeln und Bildungszertifikaten, wie z. B. Mittlere Reife, Abitur, Universitätsabschluss (Diplom, Master…). „Der schulische Titel ist ein Zeugnis für kulturelle Kompetenz, das seinem Inhaber einen dauerhaften und rechtlichen garantierten konventionellen Wert überträgt“ (Bourdieu, 1983).

Institutionalisierung durch akademische Titel ist wiederum eng verbunden mit ökonomischem Kapital. Während der Zeit der Ausbildung muss erstmal viel ökonomisches Kapital (und Zeit) investiert werden, doch nach Erwerb eines Bildungstitels lässt sich dieses kulturelle Kapital auch in ökonomisches Kapital verwandeln, da u. a. mit höheren Einkommen zu rechnen ist.

Die dritte Kapitalform, die Bourdieu einführt, ist das soziale Kapital. Bourdieu meint damit die Beziehungen, auf die ein Individuum zurückgreifen kann. Das bedeutet, dass man ein dauerhaftes Netzwerk, welches aus von mehr oder weniger institutionalisierten Beziehungen zu anderen Individuen besteht, ausnutzen kann. Somit ist das soziale Kapital eine Ressource, die auf der Zugehörigkeit zu einer Gruppe beruht und die den Individuen Zugang zu den Eigenschaften des gesellschaftlichen und sozialen Lebens bietet, wie z. B. Hilfeleistungen, Unterstützung, Anerkennung. Soziales Kapital funktioniert rein immateriell und symbolisch, sodass Bourdieu diese Kapitalform auch als symbolisches Kapital bezeichnet. Mit dem soziologischen Begriff Soziales Kapital bezeichnet Pierre Bourdieu (1983) die Gesamtheit der aktuellen und potentiellen Ressourcen, die mit der Teilhabe an dem Netz sozialer Beziehungen gegenseitigen Kennens und Anerkennens verbunden sind. Im Gegensatz zum Humankapital bezieht sich das soziale Kapital nicht auf natürliche Personen an sich, sondern auf die Beziehungen zwischen ihnen.

Das symbolische Kapital ist allgemein eine den anderen drei Kapitalformen übergeordnete Ressource. Sie kommt zustande durch gesellschaftliche Anerkennung und wirkt als Prestige oder Renommee. Das institutionalisierte kulturelle Kapital in Form von Bildungstiteln ist so immer auch symbolisches Kapital, da es von den anderen Individuen der Gesellschaft anerkannt wird. Soziales Kapital ist immer auch symbolisches Kapital, da es auf Anerkennung angewiesen ist, um als Machtmittel einsetzbar zu sein. Das symbolische Kapital verleiht einem Individuum im weitesten Sinne Kreditwürdigkeit, die einem zusteht aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe. Besitzer von symbolischem Kapital genießen somit Ansehen und damit ein bestimmtes Prestige.

Nach Bourdieu sind die verschiedenen Kapitalformen gegenseitig konvertierbar und transferierbar.

Weitere, nicht von Bourdieu geprägte Kapitalformen (Werte als Folge zunehmender Unschärfe) liegen in Informationen und Verbindungen:

geistiges Kapital
Summe dessen, was ein Mensch oder ein Unternehmen weiß, wie man sein Wissen einsetzt und wie schnell man neues Wissen erwirbt
menschliches Kapital
zwischenmenschliche Beziehungen
strukturelles Kapital
die gesamten Systeme, Verfahren und Strategien, die durch Erfahrung entstanden sind

Kapitalbegriff in der Volkswirtschaftslehre

Kapital ist aber nicht nur ein Begriff aus der Soziologie. Unter Kapital im volkswirtschaftlichen Sinne kann man alle bei der Erzeugung beteiligten Produktionsmittel verstehen, d. h. den Bestand an Produktionsausrüstung, der zur Güter- und Dienstleistungsproduktion eingesetzt werden kann. Diesen Bestand nennt man auch Kapitalstock und er enthält Güter wie Werkzeuge, Maschinen, Anlagen usw., also Güter, die in einem früheren Produktionsprozess erzeugt wurden.

Das Kapital in diesem Sinne ist der dritte Produktionsfaktor neben Arbeit und Boden.

Aber der Begriff wird nicht nur für die unmittelbar investierten Güter (Realkapital) benutzt, sondern auch für Geld, da Geld Verfügungsmacht über dieses Realkapital verschafft. Das Geld oder Geldkapital umfasst also finanzielle Mittel, die zur Erneuerung und Erweiterung des Kapitalstocks zur Verfügung stehen. Es spielt dabei keine Rolle, aus welchen Quellen wie Sparen, Unternehmensgewinn oder etwa Kredite Kapital zur Verfügung gestellt wird, denn kurzfristig ist für die Bildung von Realkapital nur Finanzierung, nicht aber vorausgehendes Sparen notwendig (Nettoinvestitionen). Im Gleichgewicht müssen allerdings geplante Realkapitalbildung und Sparen übereinstimmen.

Neben dem Real- und Geldkapital ist noch das auf Ausbildung und Erziehung beruhende Leistungspotenzial der Arbeitskräfte oder das Humankapital zu nennen. Dieser Begriff erklärt sich aus den zur Ausbildung dieser Fähigkeiten hohen finanziellen Aufwendungen und der damit geschaffenen Ertragskraft. Es wird davon ausgegangen, dass Humankapital bewusst durch Einsatz von Ressourcen wie Lernen und Trainieren produziert wird, aber auch „Learning by Doing“ unterstellt wird. In diesem Fall entsteht das Humankapital also als Nebenprodukt im Produktionsprozess.

Die Bildung von Kapital erhöht die Produktivität der übrigen Produktionsfaktoren und führt damit zu höheren Erträgen, die wiederum zur weiteren Kapitalbildung beitragen, aber auch die Voraussetzung einer besseren Entlohnung des Produktionsfaktors Arbeit sind.

Das Kapital besitzt – wie andere Wirtschaftsgüter – die Eigenschaft der Knappheit. Aus der Eigenschaft der Knappheit entsteht der Kapitalzins. Der Kapitalzins ist die Nutzungsgebühr des Kapitals. Die Knappheit des Kapitals kann natürlichen Ursprungs oder künstlich erzeugt worden sein. Das Kapital wird nur gegen eine Nutzungsgebühr, den Kapitalzins, eingesetzt.

Kapital entspricht aus betriebswirtschaftlicher Sicht (siehe unten ) in seiner Höhe dem Vermögen. Das Eigentum kann in wenigen Händen oder in einer einzigen Hand konzentriert sein („Kapitalkonzentration“). Das Unternehmen tritt dann als Oligopol oder als Monopol auf.

Kapital in der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR)

In der VGR wird in der Regel vom Vermögen, weniger von Kapital gesprochen (z. B. Reinvermögen, Anlagevermögen, aber auch Kapitalstock, Brutto- und Nettogeldvermögen). Sucht man gesamtwirtschaftliche Daten über „Kapital“, muss man also in der VGR nach Daten über „Vermögen“ suchen.

Kapitalbegriffe in der Betriebswirtschaftslehre

Kapital wurde bereits als zentraler Bestandsbegriff definiert. In der Betriebswirtschaftslehre gibt es einen weiteren klassischen und einen engeren modernen Kapitalbegriff. Beide Begriffsfassungen haben ihre eigene Berechtigung, allerdings sind die praktischen Konsequenzen der Begriffsunterschiede gering.

Klassischer betriebswirtschaftlicher Kapitalbegriff

Grundaufbau einer Bilanz

Die in ihren ersten Anfängen aus der Buchhaltungslehre hervorgegangene Betriebswirtschaftslehre orientiert sich stark an Bilanzen. Einer der Erzväter der deutschen Betriebswirtschaftslehre, Eugen Schmalenbach, sieht im Kapital die abstrakte Wertsumme der Bilanz als klassischen betriebswirtschaftlichen Kapitalbegriff. Der Grundaufbau einer Bilanz lässt sich in Kontoform darstellen. Da die Bilanzsumme auf Aktiv- und Passivseite gleich ist (Vermögen = Kapital), sind so verstanden die Positionen auf beiden Seiten Kapital nach unterschiedlichen Einteilungen.

Auf der Aktivseite findet man als bestandbezogenes Äquivalent des betrieblichen Kapitals das Vermögen, welches anzeigt, in welchen konkreten Formen das Kapital in der Unternehmung Verwendung gefunden hat (Mittelverwendung). Das Vermögen ist die Gesamtheit aller im Unternehmen eingesetzten Wirtschaftsgüter und Geldmittel, die in Anlage- und Umlaufvermögen unterschieden werden. Das Anlagevermögen umfasst die Güter, die dem Unternehmen auf längere Dauer zu dienen bestimmt sind und das Umlaufvermögen bilden die Wirtschaftsgüter, die für gewöhnlich innerhalb eines kurzen Zeitraums in die Produktion eingehen oder umgesetzt werden (Vorräte, Forderungen, Wertpapiere, Zahlungsmittel).

Merkmale von Eigen- und Fremdkapital

Auf der Passivseite findet man das Kapital als Summe aller von den Kapitalgebern zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel, d. h., sie zeigt an, woher die Mittel für die Vermögensgüter gekommen sind (Mittelherkunft). Üblicherweise wird es seiner Herkunft entsprechend in Eigenkapital (Beteiligungskapital) und Fremdkapital (Gläubigerkapital) gegliedert. Die Unterscheidung resultiert aus der rechtlich unterschiedlich geregelten Stellung der Eigen- und Fremdkapitalgeber. Eigenkapital umfasst jene Mittel, die von den Eigentümern einer Unternehmung zu deren Finanzierung aufgebracht oder als wirtschaftlicher Gewinn im Unternehmen belassen werden (Selbstfinanzierung). Das Fremdkapital hingegen ist die Bezeichnung für die ausgewiesenen Schulden der Unternehmung (Verbindlichkeiten und Rückstellungen mit Verbindlichkeitscharakter) gegenüber Dritten, die entweder rechtlich entstehen oder wirtschaftlich verursacht sind.

Zieht man vom Gesamtkapital oder Vermögen die Schulden (= Fremdkapital) ab, so erhält man das Eigenkapital oder auch Reinvermögen. Der Umstand, dass Vermögen und Kapital in verschiedenen Sichtweisen den gleichen Tatbestand darstellen, kommt auch im Sprachgebrauch zum Ausdruck, indem von gebundenem Kapital oder Vermögen oder auch betriebsnotwendigem Kapital oder Vermögen usw. gesprochen wird.

Monetärer betriebswirtschaftlicher Kapitalbegriff

Innerhalb der Betriebswirtschaft wird das Kapital normalerweise in Form von Geldmitteln in ein bestehendes oder neu zu gründendes Unternehmen eingebracht, jedoch kann man auf das Medium Geld verzichten und das Kapital im klassischen Sinne in Form von Forderungen oder in Form eines sonstigen Vermögensgegenstandes einbringen. In diesem Fall erfolgen – gedanklich aufgespaltet – die Zuführung von Kapital einerseits und die Bindung von Kapital in ein bestimmtes Vermögensgut andererseits in ein und demselben Vorgang. Modellhaft lässt sich dann Kapital einfach als Geldmittel betrachten, die im Unternehmen eingesetzt werden. Der monetäre Kapitalbegriff ist enger als der klassische, weil er sich auf eine bestimmte Vermögensart, die Geldmittel, bezieht und nicht auf das gesamte Vermögen. Er eignet sich speziell für die Erörterung von Liquiditätsfragen.

Kapitaldefinition bei Marx

Allgemeines

Nach Karl Marx ist Kapital ein Geldbetrag (G), der investiert wird, um eine höhere Summe (G’) zurückzuerhalten. Kapital wird nicht zum Konsum oder zur Schatzbildung verwendet, sondern investiert, um vergrößert zurückzukehren. Somit macht das Kapital einen Kreislauf durch, der sich aus einem Zirkulationsprozess und einem Produktionsprozess (jeweils im Marxschen Sinne) zusammensetzt. Die Kapitalvermehrung ist möglich durch den Kauf von Arbeitskraft. Im Produktionsprozess entsteht ein Wert, der umso größer ist, je länger die Arbeiter arbeiten. Dem Arbeiter wird nur ein Teil des so entstehenden Werts als Lohn erstattet. Was darüber hinaus an Wert entsteht, verbleibt beim Kapitalisten als Mehrwert (Arbeitswertlehre).

Den Reproduktionsprozess des Kapitals beschreibt Marx mit folgender Formel:

G - W … P … W' - G'

Geld G wird in Waren W investiert. Die Waren W werden im Produktionsprozess P als Produktionsmittel und menschliche Arbeitskraft verbraucht, um neue Waren W' zu schaffen. Die Punkte sollen bei Marx darstellen, dass hier der Zirkulationsprozess der Waren unterbrochen ist. Durch die Arbeitskraft wird dabei der Wert der Waren W erhalten und ein zusätzlicher Wert (Mehrwert) hinzugefügt. Damit ist der Wert der Waren W' höher als der Wert von W und die Waren W’ werden für das Äquivalent in Geld G’ verkauft.

Formen des Kapitals

Industrielles Kapital

Das Kapital durchläuft also verschiedene Formen, es macht verschiedene „Metamorphosen“ durch:

  • G Geldkapital
  • W Warenkapital
  • P Produktives Kapital
  • W' Warenkapital
  • G' Geldkapital

Für den Profit p gilt: p = G' - G

und für die Profitrate p' gilt:

„Lohnarbeit schafft Kapital, d. h. es schafft Eigentum, welches die Lohnarbeit ausbeutet und nur unter dieser Bedingung vermehren kann, dass es neue Lohnarbeit erzeugt, um sie von neuem auszubeuten.“ Diese Zusammenhänge sind in Marx’ Hauptwerk Das Kapital erläutert, seinem bekannten Hauptwerk zur politischen Ökonomie.

Die Produktion ist im Kapitalismus gemeinschaftlich, wird aber privat angeeignet. Die Lohnarbeit ist die Grundlage von Kapital. Die Lohnarbeit schafft Mehrwert, dieser kann vom Kapitalisten für seinen individuellen Konsum oder als Investition zur Akkumulation des Kapitals verwendet werden. „Ein Teil des Mehrwerts wird vom Kapitalisten als Revenue verzehrt, ein anderer Teil als Kapital angewandt oder akkumuliert.“ (Das Kapital, Band I, 7. Absch. Akkumulationsprozeß des Kapitals) Obwohl das Kapital von den Menschen gemacht, das Produkt menschlicher Arbeit ist, scheint es doch gegenüber den Menschen durch den Reichtum und die Macht, die es seinen Besitzern verleiht, eigene Kräfte zu haben, ähnlich wie ein Fetisch gegenüber den Menschen, die an ihn glauben, besondere Kräfte aufweist. Marx spricht deshalb vom Kapitalfetisch, neben dem Geld- und Warenfetisch.

Im Einzelnen unterscheidet Marx noch

sowie verschiedene Zusammensetzungen des Kapitals:

  • technische Zusammensetzung des Kapitals
  • Wertzusammensetzung des Kapitals
    • Von letzterer ist die organische Zusammensetzung des Kapitals, von Marx in Das Kapital auch kurzweg nur Zusammensetzung des Kapitals genannt, ein besonderer Fall.

Eine weitere Unterscheidung verschiedener Arten von Kapital:

  • Industrielles Kapital (Profit des Industriekapitals). Hier findet die eigentliche Produktion statt.
  • Handelskapital/kaufmännisches Kapital/merkantiles Kapital (Kapital Band III, 4. Abschn.) (Profit des Handelskapitals) Hier unterscheidet Marx zwei weitere Unterarten:

Handelskapital

Aus der Formel für den Kapitalkreislauf

G - W … P … W' - G'

ergibt sich, dass Geldkapital G durch Kauf der vom Kapitalisten benötigten Waren in die Form des Warenkapitals W übergehen muss, und dass umgekehrt Warenkapital W' verkauft werden muss, um wieder zu Geldkapital G' zu werden.

Dabei ist

W … P … W'

die Produktionsperiode, welche die Arbeitszeit umfasst. Während der Arbeitszeit wird der Mehrwert zugesetzt.[8] Dabei bildet

G - W und W' - G'

die Umlaufs- oder Zirkulationszeit, in welcher Ware W darauf wartet, in Geld G verwandelt zu werden und umgekehrt. Während dieses Wartens wird kein Wert zugesetzt.[9] In der Zirkulationszeit findet Kauf und Verkauf der Waren, Kauf von Produktionsmitteln, Verkauf der Produkte, statt. Für den industriellen Kapitalisten wäre es vorteilhaft, wenn er sofort nach Ende des Produktionsprozesses verkaufen und mit dem so eingenommene Geld gleich wieder einen neuen Produktionsprozess beginnen könnte. Er erreicht dies, zumindest aus einzelwirtschaftlicher Sicht, wenn Kauf und Verkauf soweit möglich dem kaufmännischen oder Kaufmannskapital übertragen werden. Gesamtwirtschaftlich ergibt sich eine Kostenersparnis, wenn die kaufmännischen Kapitalisten als Spezialisten dieses Geschäft kostengünstiger durchführen können als wenn jeder industrielle Kapitalist sich selbst um Kauf und Verkauf der Waren kümmern müsste. Das Kaufmannskapital verfügt über Geld, um Waren von den industriellen Kapitalisten zu kaufen, und über Waren, die noch an Abnehmer verkauft werden müssen. Marx bezeichnet das in dieser Funktion gebundene Kapital (Warenkapital oder Geldkapital) als

  • Warenhandlungskapital

Die technische Abwicklung aller beim industriellen und beim kaufmännischen Kapital anfallenden Geldgeschäfte, Vorräte an Geld, Einkassieren, Bezahlen, Buchhaltung, Verwendung von Geldbeständen für Kauf und Bezahlung offener Rechnungen, das in diesen Zirkulationskosten gebundene Kapital ist das

  • Geldhandlungskapital.

Zinstragendes Kapital

Zinstragendes Kapital im Gegensatz zum industriellen (fungierenden) und kaufmännischen Kapital

Industrielles Kapital (also Kapital, das im Produktionsprozess zur Anwendung kommt und insofern als Kapital fungiert (fungierendes Kapital), als es Mehrwert/Profit generiert) und kaufmännisches Kapital (also Kapital, das für das industrielle Kapital die Zirkulation übernimmt und einen Teil des Profits des industriellen Kapitals als seinen Profit aneignet), unterscheiden sich vom zinstragenden Kapital dadurch, dass bei letzterem das Kapital selbst als Ware ›ge-/verkauft‹ (d. h. geliehen) wird. Der Preis dieser Ware besteht im Zins. Neben seinem bisherigen Gebrauchswert als Geld (nämlich Äquivalentform für Waren zu sein), besitzt das zinstragende Kapital zusätzlich nun auch den Gebrauchswert, Profit generieren zu können (mögliches Kapital). Damit dieser Gebrauchswert zur Anwendung kommen kann (das Kapital also als Kapital fungieren kann), muss es geliehen und als industrielles Kapital zur Funktion/Anwendung gebracht werden. (Kapital Band III, 5. Abschnitt, 21. Kapitel „Das zinstragende Kapital“)[10]

Fiktives Kapital

Zirkuliert real vorhandenes Geld, spricht Marx von wirklichem Kapital. Bei Wertpapieren, Aktien und Krediten zirkuliert (neben dem wirklichen Kapital) ein Zahlungsversprechen bzw. bestimmte Kapitalansprüche – fiktives Kapital. Beide Arten unterscheiden sich durch die spezifische Weise, wie ihr Wert bestimmt wird. Der ›Wert‹ (Börsenkurs) von Papieren, Aktien und Anleihen (fiktives Kapital) korreliert nicht mehr mit der ursprünglich für diese Ansprüche bezahlten Wertsumme.[11]

Zinsfuß

[noch zu ergänzen]

Tendenzen des Kapitals

Wichtige Tendenzen des Kapitals sind bei Marx die

Das Finanzkapital wurde 1920 von Rudolf Hilferding in Das Finanzkapital, 1910 erschienen, untersucht.

Siehe auch

Literatur

  • Pierre Bourdieu: Ökonomisches Kapital - kulturelles Kapital - soziales Kapital. In: Reinhard Kreckel (Hrsg.): Soziale Ungleichheiten. (= Soziale Welt. Sonderband 2). Schwartz, Göttingen 1983, ISBN 3-509-01341-7, S. 183–198.
  • Werner Becker: Die Achillesferse des Marxismus, der Widerspruch von Kapital und Arbeit. Hoffmann und Campe, Hamburg 1974, ISBN 3-455-09156-3.
  • Heinz-J. Bontrup: Arbeit, Kapital und Staat. Plädoyer für eine demokratische Wirtschaft. 5. erweiterte und überarbeitete Auflage. PapyRossa, Köln 2013, ISBN 978-3-89438-326-8
  • Heinz-J. Bontrup: Volkswirtschaftslehre. Grundlagen der Mikro- und Makroökonomie. (= Managementwissen für Studium und Praxis). 2. unwesentlich veränderte Auflage. Oldenbourg, München u. a. 2004, ISBN 3-486-57576-7.
  • Erwin Dichtl, Otmar Issing (Hrsg.): Vahlens Großes Wirtschaftslexikon. Band 1: A–K. Vahlen, München 1987, ISBN 3-8006-1142-2.
  • Thorsten Hadeler (Red.): Gabler-Wirtschafts-Lexikon. (Die ganze Welt der Wirtschaft. Betriebswirtschaft – Volkswirtschaft – Recht – Steuern). Band 3: K – R. 15. vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage. Gabler, Wiesbaden 2000, ISBN 3-409-32998-6.
  • Niklas Luhmann: Kapital und Arbeit. Probleme einer Unterscheidung. In: Niklas Luhmann: Die Wirtschaft der Gesellschaft. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1988, ISBN 3-518-28752-4, S. 151–176 (= Kapitel 5).
  • Bernd Roeck, Doris Stöckly, Ulrich Ufer; Walter Keller (Hrsg.): Kapital: Kaufleute in Venedig und Amsterdam. Kein & Aber, Zürich 2012, ISBN 978-3-0369-5653-4.
  • Eugen Schmalenbach: Kapital, Kredit und Zins in betriebswirtschaftlicher Beleuchtung. Bearbeitet von Richard Bauer. 4. verbesserte und erweiterte Auflage. Westdeutscher Verlag, Köln u. a. 1961.
  • Rolf Schwinn: Betriebswirtschaftslehre. Oldenbourg, München u. a. 1993, ISBN 3-486-21675-9.
  • Henner Schierenbeck: Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre. Hauptband. 16. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Oldenbourg, München u. a. 2003, ISBN 3-486-27322-1.
  • Artur Woll: Allgemeine Volkswirtschaftslehre. (= Vahlens Handbücher der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften). 12. überarbeitete und ergänzte Auflage. Vahlen, München 1996, ISBN 3-8006-2091-X.

Weblinks

Wikiquote: Kapital – Zitate
Wiktionary: Kapital – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Alfred Schirmer: Wörterbuch der deutschen Kaufmannssprache – auf geschichtlichen Grundlagen. 1991, S. 93
  2. Luca Pacioli: Summa de Arithmetica, Geometria, Proportioni et Proportionalità. 1494, S. 417
  3. Balduin Penndorf: Entwicklungsgeschichte des Betriebslebens. 1951, S. 50
  4. Lucas Rem: Tagebuch. 1532, S. 37
  5. Wolfgang Schweicker: Zwifach Buchhalten sammt seinem Giornal. 1549, Vorr. I b
  6. Gerhard Köbler: Deutsches Etymologisches Wörterbuch. 1995 (koeblergerhard.de [PDF; 191 kB]).
  7. Friedrich Kluge, Elmar Seebold: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 22. Auflage. Walter de Gruyter, 2002, ISBN 3-11-017473-1 (books.google.de).
  8. Karl Marx: Das Kapital, Band II, 13. Kapitel
  9. Den Transport von Gütern zählt Marx zum Arbeitsprozess und damit zur Wertbildung.
  10. Michael Heinrich: Kritik der politischen Ökonomie. Eine Einführung. 3. Auflage. Schmetterling, Stuttgart 2005, ISBN 3-89657-593-7, S. 154–156.
  11. Michael Heinrich: Kritik der politischen Ökonomie. Eine Einführung. 3. Auflage. Schmetterling, Stuttgart 2005, ISBN 3-89657-593-7, S. 163.