Kirnitzschtalbahn

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Kirnitzschtalbahn
Streckenlänge:bis 1969: 8,3 km
seit 1969: 7,9 km
Spurweite:1000 mm (Meterspur)
Stromsystem:600 V =
0,0 Hotel Lindenhof (bis 1969)
Forellenbrücke (bis 1969)
0,4 Stadtpark
Pflanzengarten
zum Depot
Depotweiche
Waldhäusel
Ostrauer Mühle (Zeltplatz)
Mittelndorfer Mühle
Forsthaus
Schneiderweiche
Nasser Grund
Beuthenfall
8,3 Lichtenhainer Wasserfall

Die Kirnitzschtalbahn ist eine Überlandstraßenbahn in der Sächsischen Schweiz in Sachsen. Die meterspurige Bahn verkehrt von Bad Schandau durch das landschaftlich reizvolle Kirnitzschtal bis zum Lichtenhainer Wasserfall. Die seit 1898 verkehrende Bahn dient vorrangig touristischen Zwecken. Heute wird sie von der Oberelbischen Verkehrsgesellschaft Pirna-Sebnitz mbH (OVPS) betrieben.

Streckenbeschreibung

Die Strecke der Kirnitzschtalbahn beginnt am Stadtpark Bad Schandau und endet am Lichtenhainer Wasserfall, unterwegs werden sieben weitere Zwischenhaltestellen bedient. Die gesamte Strecke ist eingleisig und in Seitenlage zur sächsischen Staatsstraße 165 (Kirnitzschtalstraße) angelegt. Etwas außerhalb von Bad Schandau, zwischen der zweiten und der dritten Haltestelle, befindet sich das Depotgebäude der Bahn – es liegt direkt an der Strecke. Zugbegegnungen können an den zwei Ausweichstellen stattfinden, diese befinden sich am Depot (sogenannte Depotweiche) sowie auf freier Strecke zwischen den Haltestellen Forsthaus und Nasser Grund (sogenannte Schneiderweiche). An den beiden Endpunkten ist ferner jeweils ein Umsetzgleis vorhanden.

Geschichte

1893 wurden erstmals Pläne für eine Straßenbahn von Bad Schandau über Lichtenhainer Wasserfall, Felsenmühle, Neumann-Mühle, Zeughaus nach Rainwiese (heute Mezní Louka in Tschechien) vorgestellt – diese Strecke wäre ca. 20 Kilometer lang gewesen. Damals stritt man sich, ob die Bahn mit Dampflok oder mit Elektroantrieb fahren sollte. Da sich ein Dampfantrieb als unwirtschaftlicher erwies, entschied man sich für den Elektroantrieb, allerdings musste dafür noch ein Kraftwerk gebaut werden. Außerdem wurde nur das wesentlich kürzere Teilstück bis zum Lichtenhainer Wasserfall verwirklicht; die ursprünglich geplante Streckenführung bis Rainwiese wurde aus wirtschaftlichen Gründen auch später nicht realisiert.

Die Endstation am Lichtenhainer Wasserfall um 1910

1898, am Pfingstsamstag um zwölf Uhr, fuhren die ersten Wagen vom Zentrum in Bad Schandau zum Lichtenhainer Wasserfall, wobei sich die Fahrtzeit wegen einiger Entgleisungen auf ca. 45 Minuten verlängerte. Die Kirnitzschtalbahn war von Beginn an eine reine Ausflugsbahn; sie verkehrte damals nur von Mai bis Oktober. Im Eröffnungsjahr konnten bereits 80.000 Fahrgäste gezählt werden. Markantestes Ereignis in der weiteren Geschichte der Bahn war das Unglück in der Nacht vom 26. auf den 27. Juli 1927, damals vernichtete ein Brand das Depot und den ganzen Wagenpark. Der Betrieb stand – mitten in der Hauptsaison – ca. zwei Wochen still, erst zum 12. August 1927 gelang es, den Betrieb mit geliehenen Wagen von der Lößnitzbahn wieder aufzunehmen. Diese verkehrten dann bis zum Saisonende am 31. Oktober 1927 im Kirnitzschtal, zum Saisonbeginn 1928 standen dann bereits wieder eigene Neufahrzeuge zur Verfügung. Im Kriegsjahr 1945 wurde der Betrieb eingestellt, da keine Ersatzteile vorhanden waren und auf Verschleiß gefahren wurde. Der Betrieb wurde allerdings noch im selben Jahr wieder aufgenommen.

Am 23. Juni 1969 wurde die Kirnitzschtalbahn um ca. 350 Meter Strecke auf ihre heutige Streckenlänge verkürzt, damals wurde die Innenstadtstrecke in Bad Schandau wegen des zunehmenden Individualverkehrsaufkommens stillgelegt. Neben der früheren Endhaltestelle Hotel Lindenhof wurde damals auch die Zwischenstation Forellenbrücke aufgelassen. Gleichzeitig wurde die neue Umsetzendstelle Stadtmühlenplatz – heute Stadtpark genannt – in Betrieb genommen.

Nur kurz nach der Verkürzung geschah am 21. Juli 1969 ein weiteres Unglück: Damals stürzte ein Triebwagen um – alle Insassen wurden verletzt. Wiederholt wurde in folge dieses Ereignisses über die Einstellung des Bahnbetriebes nachgedacht. Im Laufe der Jahre wurde dieses Vorhaben jedoch wieder ad acta gelegt. In den Jahren 1985 bis 1990 wurden die Betriebsanlagen der Kirnitzschtalbahn dann sogar umfassend erneuert; in den Jahren 2003 bis 2004 wurde dieses Vorhaben fortgeführt.

Ein Dreiwagenzug an der Haltestelle Waldhäusel (2003)

Die Kirnitzschtalbahn ist heute mit knapp acht Kilometern Länge der kleinste Straßenbahnbetrieb in Sachsen. Sie fährt das ganze Jahr hindurch: im Winter ein Kurs alle 70 Minuten und im Sommer drei Kurse im Halbstundentakt. Sie ist mehr denn je eine touristische Attraktion als ein normales öffentliches Verkehrsmittel. Dies zeigt sich auch darin, dass sie eines der wenigen Verkehrsmittel im VVO ist, welches nicht Bestandteil des Dresdner Semestertickets ist, und in der Tatsache, dass parallel zur Bahn auch eine häufig bediente Buslinie durch das Kirnitzschtal führt.

Aus dem Regionalplan Oberes Elbtal/Osterzgebirge geht hervor:

Die Kirnitzschtalbahn soll als ein historisch bedeutsames Verkehrsmittel zur Erschließung von Teilen der Sächsischen Schweiz erhalten und über die gegenwärtigen Endpunkte hinaus zur Elbe (Fähre, S-Bahn, Sächsische Dampfschifffahrt) bzw. zur Neumannmühle verlängert werden.

Diese Information zeigt, dass die Kirnitzschtalbahn eine wichtige Rolle im Fremdenverkehr in Bad Schandau spielt. Die Verlängerung ist zwar nicht absehbar, zeigt aber, dass die Kirnitzschtalbahn in den Schubladen des Freistaates Sachsen nicht untergegangen ist.

Fahrzeuge

Der historische Triebwagen 8 (Baujahr 1928) vor dem Depot
Ein Gothawagen beim Umsetzen in Bad Schandau

Der anfängliche Wagenpark bestand aus sechs verglasten Triebwagen und sechs Beiwagen ohne Scheiben mit Vorhängen. Diese Fahrzeuge wurden von Busch in Bautzen gebaut. Alle zwölf Fahrzeuge fielen dem Depotbrand vom 27. Juli 1927 zum Opfer und mussten ab dem 12. August 1927 durch die Leihfahrzeuge von der Lößnitzbahn ersetzt werden.

1928 konnten die Lößnitzbahnfahrzeuge wieder zurück nach Radebeul gehen, neue MAN-Trieb- und Beiwagen waren in Bad Schandau angekommen. Nur ein Lößnitzbahner blieb als Leihgabe als Arbeitsfahrzeug vorhanden und ging 1954, als die Verschrottung seiner Geschwister schon über 20 Jahre her war, zur Lockwitztalbahn, wo er bis 1968 im Linienverkehr im Einsatz stand.

1977 übernahm man fünf Triebwagen der Lockwitztalbahn, welche nach deren Stilllegung nicht mehr benötigt wurden. Die Fahrzeuge wurden von 1938 bis 1944 für die Straßenbahn Erfurt gebaut, darum nannte man sie auch die Erfurter. Diese Wagen bekamen um 1984/85 herum Kupplungen für normale Einheitsbeiwagen. 1984 kamen erstmals Einrichtungsbeiwagen des Typs B 2-62 im Depot an. Bei diesen Beiwagen wurde der Leipziger Wagenkasten auf ein Fahrgestell eines Hallenser Fahrzeugs gesetzt.

Zwischen 1992 und 1996 wurden drei Gotha-(Zweirichtungstriebwagen von der Plauener Straßenbahn und ein weiterer von den Zwickauer Straßenbahn übernommen. Des Weiteren wurden aus Zwickau in den Jahren 1996 und 1997 zwei weitere Gotha-Beiwagen übernommen.[1] Alle vorhandenen Gotha-Fahrzeuge wurden in den 1990er Jahren umfassend modernisiert. Damit konnten die Erfurter vollständig ersetzt werden.

Im Jahr 2007 kam der ehemalige Wagen 103 der Jenaer Nahverkehrsgesellschaft. Dieser Wagen war zwischenzeitlich vor dem Bahnhofsgebäude von Radeburg an der Lößnitzgrundbahn ausgestellt.[1][2]

Gastfahrzeuge

Im Jahr 1992 war erstmals ein Niederflurwagen bei der Kirnitzschtalbahn zu Gast. Dies war der MGT6D 500 der HAVAG aus Halle (Saale). Zum Einsatz kam er vom 13. Juli bis 19. August 1993. Ein Fahrzeug des gleichen Typs, nun aber der Wagen 612, sowie der historische Triebwagen 21 der Plauener Straßenbahn waren im Jahr 1998 auf der Fahrzeugschau „100 Jahre Kirnitzschtal“ zu sehen.[1][3]

Besonderheiten

  • Die Kirnitzschtalbahn ist neben der Woltersdorfer Straßenbahn und der Naumburger Straßenbahn einer von drei deutschen Straßenbahnbetrieben, die bis heute ausschließlich zweiachsige Fahrzeuge älterer Bauarten einsetzen.
  • Bemerkenswert ist die Fotovoltaikanlage auf dem Dach des Betriebshofs, welche insgesamt etwa 20 Prozent des für den Betrieb der Bahn benötigten elektrischen Stroms erzeugt.
  • Heutzutage sehr ungewöhnlich ist die Gleisführung in Seitenlage der Straße (in Richtung Lichtenhainer Wasserfall gesehen rechts), wie sie früher bei vielen eingleisigen Straßenbahnstrecken üblich war. Deshalb kommen die in Richtung Bad Schandau fahrenden Straßenbahnzüge dem normalen Fahrzeugverkehr auf der „falschen“ Seite entgegen, was eine erhöhte Aufmerksamkeit der Autofahrer erfordert.
  • Eine weitere Besonderheit ist der komplette Verzicht auf Signalanlagen, stattdessen wird mit Signalstäben gefahren. Nach diesem sogenannten Zugstabsystem darf immer nur diejenige Bahn einen bestimmten Streckenabschnitt befahren, deren Fahrer den entsprechenden Stab für den betreffenden Teilabschnitt hat. Insgesamt ist die Strecke dabei in drei Teilabschnitte unterteilt: Stadtpark–Depotweiche, Depotweiche–Schneiderweiche und Schneiderweiche–Lichtenhainer Wasserfall.
  • Obwohl es sich bei den Wagen der Kirnitzschtalbahn um Zweirichtungsfahrzeuge handelt, werden nur die Türen auf der bergwärts gesehen rechten Seite benutzt. Die meisten Beiwagen besitzen sogar nur einseitig Türen. Dies ist möglich, weil sich bei der Kirnitzschtalbahn alle Haltestellen auf der gleichen Seite befinden. Diese seltene Betriebsform (Zweirichtungsbetrieb mit einseitigen Türen) lässt sich sonst nur noch bei der Drachenfelsbahn, der Straßenbahn Gmunden und der italienischen Tranvia di Opicina beobachten.

Einzelnachweise

  1. a b c http://www.meyer-strassenbahn.de/kbahn/Seiten/kbahn-wagenpark.htm#Gastfahrzeuge
  2. Radeburger Straßenbahn fährt ab, Sächsische Zeitung vom 10. November 2007
  3. http://www.lokomotive.de/sachsen/kirn/90er.htm

Literatur

  • Helmut K. Mißbach: Sächsische Überlandstraßenbahnen seit 1898. Transpress Verlag, Stuttgart 2004, ISBN 3-613712-43-1

Weblinks