Friedrich Funder

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Friedrich Funder (* 1. November 1872 in Graz; † 19. Mai 1959 in Wien) war österreichischer Journalist und katholischer Publizist. Als langjähriger Herausgeber der christlich-sozialen Wiener Tageszeitung Reichspost (1894–1938) prägte er die politische Berichterstattung in der Monarchie und trug wesentlich zum raschen Aufstieg der Christlichsozialen Partei bei.[1]

Funder trat 1896 in die Reichspost ein und wurde 1902 ihr Chefredakteur sowie leitender Funktionär des Cartellverbandes (katholischer Studenten- und Akademikerverband). Er vertrat die christliche Soziallehre, eine Politik für den Mittelstand und eine slawenfreundliche Reform der Monarchie Österreich-Ungarns. Nach der Republiksgründung 1918 war er eine gewichtige Stimme gegen den allgemein gewünschten „Anschluss“ des nunmehrigen Kleinstaates an Deutschland. Sein politikhistorisches Buch Vom Gestern ins Heute schildert den Übergang des Kaiserreichs Österreich-Ungarn zur Republik Österreich und die brisanten Jahre der Zwischenkriegszeit. Zu Kriegsende aus dem KZ befreit, gründete er noch 1945 Die Furche, ein bis heute bestehendes Politik- und Ethik-Magazin.

Leben

Kindheit und Jugend

Friedrich Funder wurde als Sohn des Grazer Zuckerbäckers und Hobbypoeten Ludwig Funder geboren, der nach acht Wanderjahren durch Österreich, Deutschland und England in Sachsen einen kleinen Betrieb gegründet hatte (das Tagebuch seiner „Burschenjahre“ 1862–1869 wurde 2000 in Wien in einer sozialgeschichtlichen Buchreihe publiziert). Wirtschaftliche Schwierigkeiten zwangen Friedrichs Eltern, die Bäckerei 1879 aufzugeben. Die Familie zog in einen kleinen Industrieort bei Dresden, da sein Vater dort einen Arbeitsplatz fand. Diese Zeit erweckte im damals siebenjährigen Buben eine Vorahnung dessen, was Proletariat und Arbeitersein bedeutete. Auch prägte ihn die protestantische Umwelt, welche die katholische, österreichische Familie noch mehr in eine Ghetto-Situation brachte.

Im Jahre 1887 reiste die Familie Funder wieder zurück nach Graz und Friedrich besuchte ab diesem Zeitpunkt das „fürstbischöfliche Knabenseminar“, um Priester zu werden. Das Schulsystem von Sachsen unterschied sich stark von dem Österreichs, weshalb Friedrich einige Semester länger am Seminar verbringen musste. Seine Lehrer erkannten schon früh seine journalistische Begabung. Er betätigte sich in der von ihm mitbegründeten, geheimen literarischen Gesellschaft „Der Eichenbund“. Aus ihr entstand später die offizielle Schülerzeitung Walhalla. Funders Maturareise führte ihn 1892 nach Linz zum 3. österreichischen Katholikentag. An dieser Großveranstaltung wurde die Resolution gefasst, als Gegenpol zu der damals unumschränkt dominierenden liberalen Presse ein „modernes, unabhängiges Tagblatt für das christliche Volk Österreichs“ zu gründen. Aus diesem Projekt ging 1894 die Zeitung Reichspost hervor, deren Chefredakteur später Friedrich Funder wurde.

Die Wende zum Journalismus

Mit Zweifel, jedoch entschlossen Priester zu werden, immatrikulierte er an der Theologischen Fakultät der Universität Graz. Dort trat er am 30. Mai 1893 der KÖHV Carolina Graz im ÖCV bei. An den Grazer Hochschulen nahmen die Feindseligkeiten gegen diese, damals einzige bestehende katholische, farbentragende Korporation kritische Formen an. Im Oktober 1893 wurden 20 Mitglieder der Carolina von einigen Hundert rechts-nationalen Studenten angegriffen. Die Polizei war machtlos. Als Funder dies sah, legte er seinen Talar ab und gesellte sich zu den Angegriffenen. „Wurde dieses Häuflein katholischer Studenten bedrängt, so wollte ich wenigstens in seiner Mitte sein“, so schrieb Funder später in seinen Memoiren. Daraufhin wurde der Theologiestudent wegen angeblicher Gewalttätigkeit von der Polizei verhaftet, schließlich aber freigesprochen. Von diesem Ereignis geprägt, fasste er den Plan, katholischer Journalist zu werden. Die bürgerlich-liberale Presse berichtete über solche „Aktionen“ gewöhnlich im Sinne der rechtsgesinnten Burschenschaften. Daher formulierte Friedrich Funder für sich das Ziel, sich in den Dienst christlicher Massenaufklärung zu stellen.

Mit Unterstützung einiger Professoren gelangte er nach Wien, wo er seine juristischen Studien aufnahm. Dort wurde er Mitglied der KaV Norica Wien. Sein Geld verdiente er anfänglich als Privatlehrer und Korrekturleser bei der Zeitung Reichspost, die ihn 1896 als Redakteur aufnahm. Zwei Jahre später promovierte Friedrich Funder zum Doktor juris an der Universität Wien, womit eine steile Karriere begann. Bereits als 30-Jähriger wurde er 1902 Chefredakteur der wichtigsten christlich-sozialen Zeitung Österreich-Ungarns, der Reichspost, die er bis zu ihrem Verbot 1938 führte, und 1904 ihr Herausgeber. In dieser Position hatte er die Politik der Christlichsozialen Partei entscheidend beeinflusst und wurde so eine Schlüsselfigur der politischen Entwicklung vor dem Ersten Weltkrieg.

Funder unterstützte den politischen Trialismus, die slawenfreundlichen Reformversuche des Thronfolgers Franz Ferdinand. Die Reichspost selbst wurde für politisch interessierte Kreise und für katholische Leser der Mittelschicht konzipiert. Sie vertrat eine politisch konservative, christlich-soziale, aber wirtschaftlich antisemitische Linie und bildete ein starkes Gegengewicht zur mächtigen liberalen Presselandschaft.

Der „Ministermacher“

Friedrich Funder ging nicht persönlich in die Politik, sondern sicherte sich durch die Reichspost eine gewisse Unabhängigkeit. 1905 kam es zu den ersten Kontakten zwischen dem Chefredakteur der Reichspost und dem Thronfolger Franz Ferdinand. Friedrich Funder arbeitete in der „Werkstatt im Belvedere“ an einer Neuordnung Österreich-Ungarns mit und gehörte somit zu dem engen Kreis der Berater des Erzherzogs. Dessen Ermordung beendete die ehrgeizigen Pläne, an denen auch Funder mitgearbeitet hatte. In der Ersten Republik verhalf er dann vielen politisch engagierten Menschen und deren Ideen zu Publizität, stellte sich selbst aber nicht ins Rampenlicht der politischen Bühne. Dennoch, oder vielleicht gerade deswegen, wurde er zum „Ministermacher“ und zum engen politischen Berater von Ignaz Seipel, Engelbert Dollfuß und später von Kurt Schuschnigg.

Während der Zeit des autoritären Ständestaats (Austrofaschismus) war Funder ab 1. November 1934 Mitglied des Staatsrates und von diesem ab 27. November 1934 in den Bundestag gewählt, wo er Mitglied des Kulturpolitischen Ausschusses war.[2]

Registrierungskarte von Friedrich Funder als Gefangener in nationalsozialistischen Konzentrationslager Dachau

Im Konzentrationslager Dachau

Am 13. März 1938 wurde Funder von der Gestapo verhaftet und in das Konzentrationslager Dachau und später in das Todeslager Flossenbürg deportiert. Erst durch mühevolle Interventionen des Vatikan wurde er dort 1939 freigelassen. Das Gebäude der Reichspost war inzwischen geplündert worden, und die Zeitung musste eingestellt werden. Funder erhielt ein Schreibverbot und erst nach 1945 konnte er ein neues Wochenblatt mit dem Namen Die Furche gründen.

Zum 150. Geburtstag von Friedrich Funder wurde am ehemaligen Wohnhaus (Baden bei Wien, Eugengasse 1) eine Gedenktafel angebracht.

Für ein neues Miteinander

Nach dem Zweiten Weltkrieg rief Friedrich Funder immer wieder zum inneren Frieden, Miteinander und zum Ausgleich auf. Doch er war nicht immer so. Funder war während vieler Jahrzehnte oft ein harter Gegner der österreichischen Protestanten und ein Kämpfer von unbarmherziger Härte auf politischem Gebiet. Doch er hat nie aufgehört zu lernen. Den härtesten und schmerzlichsten Lernprozess musste er im KZ erfahren. Danach trat er bestimmend für die Zusammenarbeit der beiden großen politischen Lager ein, da ihm klar geworden war, dass der Wiederaufbau Österreichs nur mit vereinten Kräften geschehen konnte.

Friedrich Funder wurde auf dem Hietzinger Friedhof bestattet.[3]

Auszeichnungen

Literatur

Einzelnachweise

  1. Friedrich Funder: Vom Gestern ins Heute. Aus dem Kaiserreich in die Republik. Herold-Verlag, Wien 1952
  2. Gertrude Enderle-Burcel, Johannes Kraus: Christlich – Ständisch – Autoritär. Mandatare im Ständestaat 1934–1938. Hrsg.: Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes und Österreichische Gesellschaft für historische Quellenstudien, Wien 1991, ISBN 3-901142-00-2, S. 79 f.
  3. Friedrich Funder in der Verstorbenensuche bei friedhoefewien.at