Lakritz

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Lakritzstangen an einem Verkaufsstand in Stockholm
Lakritz-Formvarianten (Stange, Schnecke, Bär)

Lakritz oder Lakritze (über mittelhochdeutsch lakeritze und lateinisch liquiritia von griechisch glykyrrhíza „Süßwurz“[1]) ist der Wurzelextrakt (als eingedickter Saft) des Echten Süßholzes (Glycyrrhiza glabra). Zudem wird der Begriff für Produkte auf dessen Basis verwendet. Lakritz wird im Süden Deutschlands, Österreich, der Schweiz und in Südtirol auch Bärendreck genannt.[2][3] Lakritz ist auch in zahlreichen anderen Produkten wie Getränken enthalten.

Lakritz als Süßigkeit

Lakritztaler aus Hartlakritz (links) und Weichlakritz (rechts)

Insbesondere als Süßigkeit für Kinder ist Lakritz seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts in zahlreichen Formen beliebt, so als Schnecken, Rauten oder als Taler.

Bei der Herstellung von Lakritz werden die Inhaltsstoffe aus den Wurzeln des Echten Süßholzes als Rohlakritz extrahiert und eingedickt. Zusätzlich werden Zuckersirup, Mehl und Gelatine zugesetzt, um daraus die üblichen Lakritzformen herzustellen. Vermischt mit Stärke, Agar, Anis, Fenchelöl, Pektin und teilweise Salmiak werden die üblichen Lakritzvariationen hergestellt. Die schwarze Farbe, die Lakritzsüßigkeiten in der Regel haben, ist mit dem Farbstoff E 153 (Aktivkohle) künstlich verstärkt.

In den Niederlanden, Skandinavien und Finnland ist Lakritz (niederländisch drop, dänisch lakrids, finnisch lakritsi) sehr verbreitet und wird in den verschiedensten Geschmacksrichtungen und Formen als Süßigkeit angeboten. Hauptsächlich wird zwischen süßem und salzigem Lakritz unterschieden. Vor allem in Skandinavien wird der Lakritze Salmiak beigemischt, das im Geschmack sehr intensiv ist. Im süddeutschen Sprachraum, in der Schweiz sowie in Österreich wird die süße Lakritze mundartlich oft auch Bärendreck genannt, weil der aus Ulm stammende Nürnberger Süßwarenfabrikant Karl Bär (Firma Zucker-Bär in St. Leonhard, 1913 bis 1974/84) auf viele Lakritzarten teilweise europaweit Patente innehatte.[4] In Österreich ist Lakritze vergleichsweise wenig beliebt und schwieriger erhältlich, richtig salzige Varianten gibt es im allgemeinen Handel so gut wie gar nicht.

Lakritzkonfekt (liquorice allsorts)

Aus Großbritannien stammen die sogenannten liquorice allsorts, bei denen Stücke von Lakritz als Lakritzkonfekt mit verschieden aromatisierten, lakritzefreien Schichten umhüllt oder gefüllt werden; unter verschiedenen Markennamen werden liquorice allsorts international verkauft, in Deutschland wird das Lakritzkonfekt beispielsweise von Haribo als Konfekt und Bestandteil der Mischung Color-Rado vertrieben.

Lakritz als Getränk

In der arabischen Welt, besonders in Ägypten und Syrien, sind Aufgüsse aus Lakritzpulver, kühl getrunken, als Erfrischungsgetränk beliebt. Bekannt sind die Getränke unter ihrem arabischen Namen (arabisch عرقسوس, DMG ʿaraqsūs), wo ʿaraqsūs vor dem Fastenbeginn zum Sahurmahl getrunken wird. Das Getränk wird vorzugsweise von Straßenhändlern verkauft, die es aus kunstvoll gearbeiteten Kanistern an Passanten ausschenken.[5]

In Finnland ist der sogenannte Salmiakki Koskenkorva oder Salmiakki Kossu weitverbreitet. Es ist ein Mischgetränk auf Basis des Koskenkorva Viina (Kossu), eines wodkaähnlichen finnischen Schnapses. Die tiefschwarze Spirituose hat 32 Volumenprozent Alkohol und schmeckt intensiv nach Lakritze. Sie wird, besonders im norddeutschen Sprachraum, auch als Vogelsuppe bezeichnet. In Holstein wird Lakritz in Korn oder Köm aufgelöst und als Swarte Sööch (niederdeutsch für Schwarze Sau) getrunken.

Auch in Island gibt es Wodka-Mischgetränke mit Lakritzgeschmack. Die im Land beliebten Lakritzgummis Opal und Tópas sind beide als pechschwarze, alkoholische Getränke erhältlich und haben einen sehr scharfen und intensiven Geschmack. In Italien und Deutschland ist vor allem Lakritzlikör verbreitet.

Verbreitung und Verbrauch

Da das Süßholz aus dem Vorderen Orient herangeschafft werden musste, ist Lakritze vor allem in Küstenregionen bekannt und geschätzt. Stark verbreitet ist sein Genuss z. B. in den Küstenregionen Frankreichs, in Italien, in Skandinavien und in England. In Deutschland wurde Süßholz früher in unterschiedlichen Regionen vor allem im Süden angebaut, jedoch ging der Anbau stark zurück und wird heute nur noch von einzelnen Privatleuten und in Bamberg von der Bamberger Süßholz-Gesellschaft betrieben.[6]

Den weltweit höchsten Lakritzeverbrauch haben die Niederländer mit zwei Kilogramm pro Person und Jahr. In Deutschland ist der Verbrauch im Norden deutlich höher als im Süden; hier werden etwa 200 Gramm pro Person und Jahr verbraucht.[7] In Österreich ist der Verbrauch vernachlässigbar.

Zusammensetzung von Lakritzwaren

Glycyrrhizin

Lakritz kann den Elektrolythaushalt des Körpers beeinflussen, insbesondere den Verlust von Kalium, und zu Bluthochdruck, Kopfschmerzen und Ödemen führen. Diese Wirkung beruht darauf, dass einer der Hauptinhaltsstoffe der Lakritze (Glycyrrhizin) den Mineralocorticoidstoffwechsel beeinflusst.[8] Die mineralocorticoide Wirkung von Cortisol in den Hauptzellen des Nieren-Sammelrohrs und damit die Expression von ENaC, ROMK, der Na+/K+-ATPase sowie der Proteinkinase SGK1 werden verstärkt. Normalerweise wird Cortisol in den Hauptzellen durch die 11β-Hydroxysteroiddehydrogenase 2 inaktiviert. Lakritze hemmt dieses Enzym. Derselbe Mechanismus hemmt auch den Abbau von 4-(Methylnitrosamino)-1-(3-pyridyl)-1-butanon (NNK). NNK trägt als wichtiges Karzinogen der Zigarette zum Lungenkrebsrisiko bei.[9] Die deutsche Tabakverordnung erlaubt den Zusatz von Lakritz als Aromastoff, der Gehalt in verschiedenen Zigarettenmarken kann auf der Website des BMEL nachgeschlagen werden.[10] Auch kann Lakritze möglicherweise beim Verzehr in der Schwangerschaft nachhaltig die kognitive und körperliche Entwicklung der Kinder beeinflussen, so warnt eine Langzeitstudie aus Finnland von 2017.[11]

Lakritz hat zudem eine antibakterielle und antimykotische Wirkung.[12] Die antivirale Wirkung des Wirkstoffs Glycyrrhizin wurde in verschiedenen Untersuchungen gegen das HIV-1, das Hepatitis C-Virus und auch Coronaviren nachgewiesen.[13][14]

Obwohl derzeit noch keine gesetzlichen Höchstgrenzen für Glycyrrhizin festgelegt worden sind, warnt das Bundesinstitut für Risikobewertung dennoch vor übermäßigem Lakritzgenuss. Lakritzprodukte, die mehr als 200 Milligramm Glycyrrhizin pro 100 Gramm Lakritze enthalten, müssen in Deutschland als Starklakritz gekennzeichnet sein.

Salmiak-Beimischung

Ein weiterer charakteristischer Bestandteil von Lakritzwaren ist Ammoniumchlorid, auch Salmiak genannt (siehe Salmiakpastillen). In Deutschland dürfen Lebensmittel ohne Warnhinweis auf der Verpackung nicht mehr als 2 Prozent Salmiak enthalten. Lakritzwaren mit einem höheren Gehalt an Salmiak müssen einen Warnhinweis auf der Verpackung haben. Dieser lautet:

  1. Erwachsenenlakritz – kein Kinderlakritz bei Gehalten über 2 bis 4,49 %
  2. Extra stark, Erwachsenenlakritz – kein Kinderlakritz bei Gehalten über 4,49 bis 7,99 %[15]

Sonstiges

  • Im Film Goldrausch konnte der Schauspieler Charlie Chaplin seine Schuhe und Schnürsenkel verspeisen, weil diese Requisiten aus Lakritze gefertigt waren.
  • Napoleon Bonaparte soll stets Süßholzpulver bei sich getragen haben.[7]
  • Bärendreck respektive Lakritz hat auch in der Schweizer Kriminalliteratur seine Spuren hinterlassen.[16]
  • Die Lakritzmünzen der Firma Haribo wurden ab 1925 als Negertaler, umgangssprachlich auch Negergeld, vertrieben; wegen der rassistischen Konnotation des Ausdrucks wurden sie 1993 umbenannt.[17]

Literatur

  • Max Wichtl: Teedrogen und Phytopharmaka. 4. Aufl. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2002, ISBN 3-8047-1854-X.
  • Tim Richardson: Sweets. The History of Temptation. Bantam Books, New York NY 2002/2003, ISBN 978-0-553-81446-0.
  • Klaus-D. Kreische: Lakritz – Die schwarze Leidenschaft. Thorbecke, Ostfildern 2010, ISBN 978-3-7995-0291-7.
  • Klaus-D. Kreische: Lakritz – Traktat einer Reise in die Welt der schwarzen Süßigkeit. Oktober-Verlag, Münster (Westfalen) 2012, ISBN 978-3-941895-31-7.
  • Klaus-D. Kreische: Die Lakritzfibel. Tredition, Hamburg 2019, ISBN 978-3-7482-6276-3.
  • Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. Band IV, 3. Teil. Carl Hanser, München 1924, S. 1454–1457; unveränderter Nachdruck: Weißdorn, Jena 1964, DNB 457052384.
Commons: Lakritzwaren – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Lakritze – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Friedrich Kluge, Alfred Götze: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 20. Auflage. Hrsg. von Walther Mitzka. De Gruyter, Berlin / New York 1967; Neudruck („21. unveränderte Auflage“) ebenda 1975, ISBN 3-11-005709-3, S. 420.
  2. Lakritz: Wie die Süßigkeit entsteht und wie gesund sie ist | Galileo. Abgerufen am 27. November 2021 (deutsch).
  3. In neuem Gewand: Bilder von der Zucker-Bär-Villa. Abgerufen am 27. November 2021.
  4. Haidi Costard: Wie die Nürnberger zum Bärendreck kamen. In: St. Leonhard und Schweinau - Mehr als Schlachthof und Gaswerk, Geschichte Für Alle e. V., Nürnberger Stadtteilhefte #5, Nürnberg 2002, S. 48–49.
  5. Amany Abdel-Moneim: Keeping cool in Ramadan. Al-Ahram Weekly, 3. September 2003, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 28. Mai 2013; abgerufen am 7. August 2014.
  6. Die Geschichte des Bamberger Süßholzanbaus. Auszug aus der Festschrift zum 125-jährigen Vereinsjubiläum des Oberen Gärtnervereins Bamberg: Denn wos a rechtä Gärtnä is, …, Gerhard Handschuh, Bamberg 1988, OCLC 631823596
  7. a b Michael Witt: Naschkatzen, Süßholzraspler, in Die Rheinpfalz am Sonntag, 12. August 2007, S. 19.
  8. Black Licorice: Trick or Treat? US Food & Drug Administration, Consumer Updates, 25. Oktober 2011 (engl.).
  9. Edmund Maser (2004) Significance of reductases in the detoxification of the tobacco-specific carcinogen NNK In: Trends in Pharmacological Sciences. Band 25: Seiten 235–237, doi:10.1016/j.tips.2004.03.001 (engl.).
  10. Datenbank mit Zusatzstoffen in Tabakprodukten auf den Seiten des BMEL, abgerufen am 19. Juli 2014.
  11. aerzteblatt.de: Studie: Lakritz in der Schwangerschaft schadet der Entwicklung des Kindes, abgerufen am 9. Februar 2017.
  12. L. Wang, R. Yang, B. Yuan, Y. Liu, C. Liu: The antiviral and antimicrobial activities of licorice, a widely-used Chinese herb. In: Acta pharmaceutica Sinica. B. Band 5, Nummer 4, Juli 2015, S. 310–315, doi:10.1016/j.apsb.2015.05.005, PMID 26579460, PMC 4629407 (freier Volltext) (Review).
  13. Hans-Peter Hanssen: Glycyrrhizin gegen Infektionen nach Verbrennungen. In: www.deutsche-apotheker-zeitung.de. 22. Januar 2010, abgerufen am 25. September 2020.
  14. C. Bailly, G. Vergoten: Glycyrrhizin: An alternative drug for the treatment of COVID-19 infection and the associated respiratory syndrome? In: Pharmacology & therapeutics. Band 214, 10 2020, S. 107618, doi:10.1016/j.pharmthera.2020.107618, PMID 32592716, PMC 7311916 (freier Volltext) (Review).
  15. BVL - Allgemeinverfügungen nach § 54 LFGB - Lakritzerzeugnisse mit einem Ammoniumchloridgehalt von mehr als 2 % bis 7,99 % sowie mit oder ohne Zusatz des Farbstoffes Carbo medicinalis vegetabilis (E 153). Zu Nr. 1994-006-00. Abgerufen am 18. Januar 2020.
  16. Stefan Haenni: Berner Bärendreck, Gmeiner Verlag, 2019, ISBN 978-3-8392-2484-7
  17. Trevor Jones: Harrap's standard German and English dictionary. Teil 1, Band L-R, S. N 26 s. v. Negergeld. – Manfred Paeffgen: Das Bild Schwarz-Afrikas in der öffentlichen Meinung der Bundesrepublik Deutschland (1949–1972). München 1976, ISBN 3-8039-0130-8, S. 98. – Bettina Grosse de Cosnac: Ein Bär geht um die Welt. Haribo – Vom Bonbonkocher zum König der Gummibärchen. Eine deutsche Familiensaga. Hamburg 2003, ISBN 3-203-77521-2, S. 151. – Schwarze Kunst. In: Der Spiegel, 10. Februar 1965, online.