Pyrophyllit

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Pyrophyllit
Hellgrüner (fast weißer) Pyrophyllit auf massigem Quarz aus dem Mattertal in der Schweiz
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Prl[1]

Chemische Formel Al2[(OH)2|Si4O10][2]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VIII/H.09
VIII/H.09-010

9.EC.10
71.02.01.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem triklin (Pyrophyllit-1A) oder monoklin (Pyrophyllit-2M1)[2]
Kristallklasse; Symbol triklin-pinakoidal oder monoklin-prismatisch
Raumgruppe siehe Kristallstruktur
Gitterparameter siehe Kristallstruktur
Formeleinheiten siehe Kristallstruktur
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 1 bis 2[3]
Dichte (g/cm3) gemessen: 2,65 bis 2,90; berechnet: 2,81[3]
Spaltbarkeit vollkommen nach {001}[3]
Bruch; Tenazität biegsam, aber nicht elastisch
Farbe weiß, grau, grünlich, gelb
Strichfarbe weiß
Transparenz durchscheinend bis undurchsichtig
Glanz Fettglanz, Perlmuttglanz, matt
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,534 bis 1,556[4]
nβ = 1,586 bis 1,589[4]
nγ = 1,596 bis 1,601[4]
Doppelbrechung δ = 0,062[4]
Optischer Charakter zweiachsig negativ
Achsenwinkel 2V = gemessen: 53 bis 62°; berechnet: 46 bis 60°[4]

Das Mineral Pyrophyllit ist ein häufig vorkommendes Schichtsilikat mit der chemischen Zusammensetzung Al2[(OH)2|Si4O10][2]. Es kristallisiert polytyp im triklinen Kristallsystem als Pyrophyllit-1A und monoklinen Kristallsystem als Pyrophyllit-2M1 und entwickelt meist radialstrahlige Büschel aus nadeligen Kristallen bis etwa 8 cm Größe oder blättrige, körnige bis massige Mineral-Aggregate von weißer, grauer, grünlicher oder gelber Farbe bei weißer Strichfarbe.

Die meist durchscheinenden bis undurchsichtigen Kristalle zeigen einen fettigen bis perligen Glanz, massige Aggregate dagegen sind matt. Pyrophyllit besitzt nur eine geringe Mohshärte von etwa 1 bis 2, lässt sich also ähnlich wie Talk schon mit dem Fingernagel ritzen.

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erstmals entdeckt wurde Pyrophyllit in der Gold-Lagerstätte von Berezovskoye, in der Oblast Swerdlowsk (Ural) in Russland und beschrieben 1829 durch R. Hermann, der das Mineral aufgrund seines charakteristischen Verhaltens vor dem Lötrohr nach den griechischen Worten πυρο- pyro für Feuer und φύλλον phyllon für Blatt benannte.[5]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Pyrophyllit zur allgemeinen Abteilung der „Schichtsilikate (Phyllosilikate)“, wo er zusammen mit Ferripyrophyllit, Kegelit, Macaulayit, Minnesotait, Talk und Willemseit eine eigenständige Gruppe bildete.

Die seit 2001 gültige und von der IMA verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Pyrophyllit ebenfalls in die Abteilung der „Schichtsilikate“ ein. Diese Abteilung ist allerdings inzwischen präziser unterteilt nach der Struktur der Schichten, so dass das Mineral entsprechend seinem Aufbau in der Unterabteilung der „Schichtsilikate (Phyllosilikate) mit Glimmertafeln, zusammengesetzt aus tetraedrischen und oktaedrischen Netzen“ zu finden ist, wo es nur noch zusammen mit Ferripyrophyllit die unbenannte Gruppe 9.EC.10 bildet.

Auch die Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Pyrophyllit in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Schichtsilikatminerale“ ein. Hier ist er zusammen mit Brinrobertsit, Ferripyrophyllit, Minnesotait, Talk, und Willemseit Mitglied der „ Pyrophyllit-Talk-Gruppe“ mit der System-Nr. 71.02.01 innerhalb der Unterabteilung „Schichtsilikate: Schichten von sechsgliedrigen Ringen mit 2:1-Lagen“.

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pyrophyllit kristallisiert polytyp, das heißt, es bildet Kombinationen schichtartiger Struktureinheiten mit trikliner und monokliner Symmetrie, die als Pyrophyllit-1A und Pyrophyllit-2M1 bezeichnet werden.

Pyrophyllit-1A kristallisiert triklin in der Raumgruppe C1 (Raumgruppen-Nr. 1, Stellung 2)[6]Vorlage:Raumgruppe/1.2 oder C1 (Nr. 2, Stellung 3)[6]Vorlage:Raumgruppe/2.3 mit den Gitterparametern a = 5,16 Å; b = 8,97 Å; c = 9,35 Å; α = 91,2°; β = 100,5° und γ = 89,6° sowie 2 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[2]

Pyrophyllit-2M1 kristallisiert monoklin in der C2/c (Nr. 15)Vorlage:Raumgruppe/15 mit den Gitterparametern a = 5,14 Å; b = 8,91 Å; c = 18,60 Å und β = 100,0° sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[2]

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pyrophyllit ist in Schwefelsäure nur schwer löslich, beim Glühen sondert es Wasser ab. Vor dem Lötrohr blättert er sich fächer- oder wurmförmig auf, ohne allerdings zu schmelzen. Diese Eigenschaft führte auch zu seiner entsprechenden Benennung.

Modifikationen und Varietäten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Agalmatolith ist eine grüne Varietät des Pyrophyllit und wird wegen seiner der Jade ähnlichen Farbe oft mit ihr verwechselt oder fälschlicherweise als solche bezeichnet.

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rutil mit Überkrustungen aus Pyrophyllit aus der Champion Mine, White Mountain, Kalifornien

Pyrophyllit bildet sich in hydrothermal in Gängen und Hohlräumen von Vulkaniten und als Ablagerung in schieferartigen, metamorphen Gesteinen. Begleitminerale sind unter anderem Kyanit, Andalusit, Topas, verschiedene Glimmer und Quarz.

Weltweit konnte Pyrophyllit bisher (Stand: 2010) an rund 500 Fundorten nachgewiesen werden, so unter anderem in Argentinien, Australien, Belgien, Bolivien, Brasilien, Bulgarien, Chile, China, Deutschland, Dominikanische Republik, Ecuador, Eswatini, Fidschi, Finnland, Frankreich, Griechenland, Indonesien, Israel, Italien, Japan, Kanada, Kolumbien, Madagaskar, Marokko, Mazedonien, Mexiko, Mongolei, Myanmar, Namibia, Norwegen, Österreich, Panama, Papua-Neuguinea, Peru, Philippinen, Portugal, Rumänien, Russland, Schweden, Schweiz, Serbien, Slowakei, Spanien, Südafrika, Südkorea, Taiwan, Türkei, Ungarn, Usbekistan, im Vereinigten Königreich, in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) und in Vietnam.[7]

Verwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die kunsthandwerkliche Verwendung dieses Materials hat eine recht lange Tradition. So wurden beispielsweise schon im 11. Jahrhundert in Kiew Kreuze und Medaillons mit Heiligenbildnissen aus Pyrophyllit hergestellt.[8]

Heute findet das Mineral als Feuerfestmaterial, Isoliermaterial, sowie als Füllstoff in der Papier- und Kunststoffindustrie Verwendung.

In China wird Pyrophyllit aus der Provinz Zhejiang huāyàoshí 花药石 und huārǔshí 花乳石 genannt und ist ein beliebtes Material zum Schnitzen von traditionellen Siegeln.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Pyrophyllite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  2. a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 662.
  3. a b c Pyrophyllite, In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF 73,8 kB)
  4. a b c d e Pyrophyllite bei mindat.org
  5. History and Perspectives of clay science – Pyrophyllite (Hermann, 1829) (Memento vom 22. Mai 2013 im Internet Archive) (englisch)
  6. a b Die Nummerierung dieser Achsenstellung entspricht nicht der Reihenfolge der International Tables for Crystallography, da diese dort nicht aufgeführt wird.
  7. Fundortliste für Pyrophyllit beim Mineralienatlas und bei Mindat
  8. Matsui, Belichenko: Mining, processing and trade in amber from the late Palaeolithic age till the Middle ages in the territory of the present-day Ukraine. In: Trade Routes of Amber. Kaliningrad 2011, S. 43–54.